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Ausführungsbestimmungen zu § 3 Nr. 6 und § 4 der Verordnung über die Zuständigkeiten im Ausländerrecht (Allgemeine Weisung Nr. 09/2020 im Aufenthaltsrecht - AW-AuslR Nr. 9/2020)

Ausführungsbestimmungen zu § 3 Nr. 6 und § 4 der Verordnung über die Zuständigkeiten im Ausländerrecht (Allgemeine Weisung Nr. 09/2020 im Aufenthaltsrecht - AW-AuslR Nr. 9/2020)
vom 10. Dezember 2020

geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 20. Juli 2021

1. Anlass für die Regelung

Mit § 3 Nr. 6 i. V. m. § 4 der Verordnung über die Zuständigkeiten im Ausländerrecht vom 9. Juli 2019 (AuslRZV) wurde die Zuständigkeit für den Vollzug von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen auf die Zentrale Ausländerbehörde des Landes Brandenburg (ZABH) übertragen.

Diese Allgemeine Weisung legt Verfahrensschritte und Abläufe fest, welche notwendig sind, um die Durchführung der Aufgabe zu regeln und eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen der ZABH und den kommunalen Ausländerbehörden zu gewährleisten. Sie gibt darüber hinaus einen Überblick über den für die Aufgabenerledigung relevanten Rechtsrahmen. Sie dient der einheitlichen Auslegung der gesetzlichen Tatbestände und, soweit diese ein Ermessen eröffnen, dessen einheitlicher Anwendung im Land Brandenburg.

Das gesamte Verfahren vom Zeitpunkt der Prüfung der Einzelfälle bis zum Vollzug der Ausreisepflicht lässt sich in mehrere Abschnitte gliedern. Den kommunalen Ausländerbehörden und der ZABH kommen hierbei verschiedene Verantwortlichkeiten zu, welche im Folgenden dargestellt werden. Unter Nummer 3 dieser Allgemeinen Weisung wird dargestellt, welche Regelungen aus dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und dem Asylgesetz (AsylG) die Ausländerbehörden in der Regel prüfen sollten, bevor sie eine ausreisepflichtige Person der ZABH für den Vollzug von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen melden. Nummer 4 betrifft den Zuständigkeitsbereich der ZABH und enthält u. a. Regelungen zum Meldeverfahren und zu notwendigen Abstimmungen zwischen den Behörden, Nummer 4.4 enthält Vorgaben zur Vorbereitung und die Nummer 4.5 zum Vollzug der Abschiebung durch die ZABH.

Ferner dient diese Allgemeine Weisung der Regelung der Zusammenarbeit der kommunalen Ausländerbehörden mit der Task Force „Abschiebung Straftäter“, die zum 01.08.2020 ihre Arbeit aufgenommen hat. Oberste Zielsetzung der Task Force ist es, die konsequente Rückführung ausländischer Straftäter im Land Brandenburg zu forcieren und die kommunalen Ausländerbehörden bei der Herbeiführung der vollziehbaren Ausreisepflicht dieser Personen zu unterstützen und zu entlasten. Dies erfordert eine enge und vertrauensvolle Abstimmung aller Beteiligten.

2. Vorrang der freiwilligen Rückkehr

2.1 Rückkehrberatung

Die freiwillige Rückkehr ausreisepflichtiger Personen, insbesondere von Familien mit minderjährigen Kindern, in ihre Herkunftsländer genießt grundsätzlich Vorrang vor der Abschiebung gemäß § 58 AufenthG. Dazu sind alle rechtlichen, finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten zu nutzen, um den Ausreisepflichtigen eine wirkungsvolle Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung der freiwilligen Ausreise zukommen zu lassen. Ein Drittstaatsangehöriger gilt als freiwillig ausgereist, wenn er eigenständig und ohne staatliche Zwangsmaßnahmen Deutschland mit der Absicht verlässt, sich in einem anderen Drittstaat außerhalb der Dublin-Mitgliedstaaten dauerhaft niederzulassen. Eine Ausreisepflicht muss nicht vorliegen.

2.1.1 Absehen von der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise

Die freiwillige Rückkehr ausreisepflichtiger Personen hat grundsätzlich keinen Vorrang, wenn

  1. die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist (§ 58 Absatz 1 Satz 1 AufenthG) oder
  2. aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint (§ 58 Absatz 1 Satz 1 AufenthG).
2.1.2 Rückkehrberatung

Die Ausländerbehörde nimmt die Rückkehrberatung gemäß der nachfolgend dargestellten Verfahrensweise vor einer Meldung zum Vollzug der Abschiebung an die ZABH wahr.

Ausländische Personen sind im Rahmen von § 25 VwVfG durch die Ausländerbehörde auf die Möglichkeiten und Vorteile einer freiwilligen Ausreise hinzuweisen und entsprechend zu beraten. Gibt die ausländische Person zu erkennen, dass die freiwillige Ausreise ernsthaft und zeitnah beabsichtigt ist und ist diese auch tatsächlich möglich, soll grundsätzlich die Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise auch dann eingeräumt werden, wenn die gesetzliche Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß §§ 58 Absatz 1 Satz 1, 59 AufenthG bereits abgelaufen ist.

Hat seit Eintreten der vollziehbaren Ausreisepflicht keine Rückkehrberatung mehr stattgefunden und möchte die Ausländerbehörde den Fall dennoch kurzfristig an die ZABH melden, weist sie auf die ausstehende Rückkehrberatung hin. Die ZABH nimmt die Rückkehrberatung in diesen Fällen ausnahmsweise selbst vor, sofern dies erforderlich ist (s. o. 2.1.1). Soweit infolge der Beratung der ernsthafte Wille zur freiwilligen Ausreise bekundet wird, kann eine erneute angemessene Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt werden.

2.1.3 Freiwillige Ausreise im Rahmen des Dublin-Verfahrens

Die Zuständigkeit für Verfahren, die unter den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO), fallen, liegt beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die nach Landesrecht zuständigen Ausländerbehörden leisten dem BAMF Amtshilfe und die betroffenen Personen sind im Regelfall unter Anwendung von Verwaltungszwang an den zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen. Für Überstellungen nach der Dublin-III-Verordnung ist der „Leitfaden Dublinverfahren“ (vgl. Information Nr. 58/2019 vom 20.08.2019) des BAMF zu beachten. Auf die dortigen Ausführungen zur Möglichkeit der freiwilligen Ausreise in das Herkunftsland wird verwiesen. Zur Förderung der freiwilligen Ausreise in den Herkunftsstaat können Mittel aus dem Landesprogramm zur Förderung der freiwilligen Rückkehr von Drittstaatsangehörigen in Anspruch genommen werden.

Im Fall einer selbstorganisierten oder mit Landesmitteln geförderten Ausreise in den Herkunftsstaat ist sicherzustellen, dass die gewährte Ausreisefrist zur freiwilligen Ausreise innerhalb der vom BAMF vorgegebenen Frist zur Überstellung in den zur Aufnahme verpflichteten Mitgliedstaat liegt. Die freiwillige Ausreise in den Herkunftsstaat darf nicht die Möglichkeit der Rücküberstellung in einen anderen EU-Mitgliedstaat beeinträchtigen.

2.2 Intensivierung der Rückkehrberatung

2.2.1 Grundsatz

Ausreisepflichtige sind, möglichst noch vor, spätestens aber bei Eintritt der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht, von der Ausländerbehörde auf die Möglichkeiten der freiwilligen Ausreise, insbesondere der Rückkehrhilfen, und auf die Konsequenzen einer nicht freiwilligen Ausreise hinzuweisen. Dies sollte in der Regel in einem Gespräch erfolgen, ein schriftlicher Hinweis kann auch genügen, soweit er für die betroffene Person verständlich ist.

Hierbei sollte auf die Leistungseinschränkungen gemäß § 1a Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für vollziehbar Ausreisepflichtige hingewiesen werden. Nach Ablauf des festgesetzten Ausreisetermins erhalten sie nur noch die notwendigsten Leistungen, die außerdem nicht als Geldleistung, sondern als Sachleistungen erbracht werden sollen (§ 1a Absatz 1 Satz 4 AsylbLG). Die Ausländerbehörden teilen den zuständigen Sozialämtern mit, sobald eine ausreisepflichtige Person den Ausreisetermin nicht wahrgenommen hat und die Ausreise aus Gründen, die die ausreisepflichtige Person zu vertreten hat, nicht stattfinden konnte (§ 90 Absatz 3 AufenthG). Die Mitteilung bezieht sich auf alle bekannten Umstände, welche erheblich sind, damit das Sozialamt eine eigene Einschätzung bezüglich der Leistungskürzung vornehmen kann.

Zeigt die ausreisepflichtige Person Interesse an einer Ausreise innerhalb der Ausreisefrist, so ermöglicht die Ausländerbehörde eine Beratung zur freiwilligen Rückkehr durch eigene Beschäftigte oder vermittelt die Person an den zuständigen Migrationssozialdienst oder an die IOM (Internationale Organisation für Migration) -Informations- und Rückkehrberatungsstelle in Berlin und Brandenburg. In Ausnahmefällen (s.o. 2.1.2) kann sie auch auf die Unterstützung der ZABH zurückgreifen.

2.2.2 Personen aus sicheren Herkunftsstaaten

Die Notwendigkeit einer intensiven Rückkehrberatung gilt insbesondere für ausländische Personen, die aus dem Kreis der sicheren Herkunftsstaaten gemäß Anlage II zu § 29a AsylG stammen. Um den Rückkehrwillen dieses Personenkreises ohne flüchtlingsrechtlich relevanten Schutzbedarf zu fördern, soll bereits im Rahmen der Registrierung in der Erstaufnahme auf die erfolgten Verschärfungen des AsylG, AsylbLG und AufenthG hingewiesen werden. Auf folgende Aspekte ist hierbei insbesondere hinzuweisen:

  1. Verbleib in der Erstaufnahmeeinrichtung – auch bei Folgeanträgen – bis zum Abschluss des Verfahrens bzw. bis zur Ausreise/Abschiebung (§§ 47 Absatz 1a und 59a AsylG), um eine raschere Beendigung des Aufenthalts aus der Erstaufnahmeeinrichtung heraus zu gewährleisten. Bei minderjährigen Kindern und ihren Eltern oder anderen Sorgeberechtigten sowie ihren volljährigen, ledigen Geschwistern ist § 47 Absatz 1a Satz 2 AsylG zu beachten. In besonderen Ausnahmefällen kann es jedoch in Anwendung der §§ 48 bis 50 AsylG dazu kommen, dass die Asylsuchenden auf die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt werden. In diesen Fällen soll eine erneute Rückkehrberatung nach Eintritt der Rechtskraft der Ablehnungsentscheidung durch die zuständige Ausländerbehörde erfolgen.
  2. Verbot der Ausübung einer Erwerbstätigkeit während des Asylverfahrens, wenn die Einreise nach dem 31.08.2015 erfolgte (§ 61 Absatz 2 Satz 4 AsylG). Dies gilt auch für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) gemäß § 60a Absatz 6 Satz 1 Nr. 3 AufenthG, wenn der nach dem 31.08.2015 gestellte Asylantrag abgelehnt wurde. Eine Beschäftigungserlaubnis ist gemäß § 60a Absatz 6 Nr. 3 AufenthG auch zu versagen, wenn der Asylantrag zurückgenommen oder nicht gestellt wurde. Eine Rücknahme, die auf Grund einer Beratung des BAMF erfolgte, führt nicht zu einem Beschäftigungsverbot. Bei unbegleiteten Minderjährigen sind Verzicht und Rücknahme des Asylantrages unschädlich, wenn diese im Interesse des Kindeswohls erfolgten.
  3. Keine vorherige Androhung und Fristsetzung der Abschiebung (§ 34a Absatz 1 Satz 3 AsylG).

Asylsuchende aus sicheren Herkunftsstaaten sind außerdem darauf hinzuweisen, dass das BAMF nach den Bestimmungen des § 11 Absatz 7 Nr. 1 AufenthG ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für längere Zeit anordnen kann, wenn ihr Asylantrag u.a. nach § 29a Absatz 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Bei einer Rücknahme des Asylantrags, verbunden mit einer freiwilligen Ausreise, bleibt ihnen hingegen die Möglichkeit erhalten, aus ihrem Heimatland einen Aufenthaltstitel zu Arbeitszwecken zu beantragen.

2.2.3 Dokumentationspflicht

Die erfolgte Rückkehrberatung ist in der Ausländerakte zu dokumentieren. Aus der Dokumentation soll sich die Art und Weise (gesprächsweise oder schriftlich), der Zeitpunkt und das Ergebnis der Beratung ergeben. Sofern die ausreisepflichtige Person kein Interesse an der freiwilligen Ausreise zeigt, vereinbarte Beratungstermine unentschuldigt nicht wahrnimmt oder selbst bzw. durch Bevollmächtigte eine freiwillige Ausreise ausdrücklich ablehnt, ist dies in einem entsprechenden Aktenvermerk festzuhalten.

2.2.4 Frist zur freiwilligen Ausreise - Ermessenausübung

Ergibt die Rückkehrberatung, dass tatsächlich eine freiwillige Ausreise beabsichtigt ist, die jedoch aus nachvollziehbaren Gründen (bspw. besondere Dauer des Aufenthalts, Vorhandensein schulpflichtiger Kinder oder das Bestehen anderer sozialer, familiärer Bindungen) innerhalb der Ausreisepflicht nicht erfolgen kann, soll die freiwillige Ausreise weiterhin ermöglicht werden. Die Ausreisefrist kann in diesen Fällen angemessen verlängert werden (§ 59 Absatz 1 Satz 4 AufenthG). Auf die Information Nr. 13/2017 vom 28.02.2017 sowie auf Nummer 2.1.3 dieser Weisung wird hingewiesen.

Im Fall der Rücknahme des Asylantrags, der Klage oder des Verzichts auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14a Absatz 3 AsylG kann der ausländischen Person eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn sie oder er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt (§ 38 Absatz 3 AsylG).

2.2.5 Fördermöglichkeiten

Die Möglichkeiten einer Ausreise über die derzeitigen Programme REAG und GARP, ERRIN und das Landesprogramm des Landes Brandenburg zur Förderung der freiwilligen Rückkehr von Drittstaatsangehörigen sind sowohl bei der Ausländerbehörde als auch bei der ZABH auszuschöpfen. Auf eine unabhängige Rückkehrberatung durch IOM ist durch die ZABH und durch die Ausländerbehörde in geeigneter Form hinzuweisen.

3. Prüfung der vollziehbaren Ausreisepflicht durch die Ausländerbehörde

Die zuständige Ausländerbehörde prüft gemäß § 24 VwVfG von Amts wegen vor jeder Anmeldung einer ausländischen Person zur Abschiebung durch die ZABH, ob die vollziehbare Ausreisepflicht im Einzelfall vorliegt und den Betroffenen kein Bleiberecht nach dem AufenthG in der jeweils geltenden Fassung zusteht. Bei Personen, deren Ausreise beschleunigt werden soll, leitet sie die erforderlichen Schritte ggf. mit Unterstützung der ZABH ein. Sie ist zudem für die Festlegung von Wiedereinreiseverboten zuständig, soweit es sich nicht um Asylfälle handelt.

3.1 Prüfung der vollziehbaren Ausreisepflicht

Eine Person ist vollziehbar ausreisepflichtig, wenn einer der Tatbestände des § 58 Absatz 2 AufenthG erfüllt ist. § 58 Absatz 2 Satz 1 AufenthG führt hierbei die Fälle auf, in denen die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht unmittelbar kraft Gesetzes eintritt.

Voraussetzung der Vollziehbarkeit ist bei allen Tatbeständen des § 58 AufenthG, dass eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder eine solche bereits abgelaufen ist.

Ferner ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den die ausländische Person gemäß § 50 Absatz 1 AufenthG ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist, vgl. § 58 Absatz 2 Satz 2 AufenthG. Soweit ein Asylverfahren durchgeführt wurde, ist vor einer Meldung an die ZABH die Vollziehbarkeitsmitteilung des BAMF abzuwarten. Wenn nach Mitteilung der ablehnenden Entscheidung des BAMF im Asylverfahren bzw. nach Mitteilung über den Abschluss des Gerichtsverfahrens die Vollziehbarkeitsmitteilung unverhältnismäßig lang, d.h. mehr als drei Wochen nach Ablauf der Rechtsmittelfrist, noch aussteht, wird empfohlen, das BAMF zu kontaktieren, um den aktuellen Verfahrensstand zu erfragen. Wenn kein Asylverfahren anhängig war/ist, ist die Bestands- oder Rechtskraft der ausländerbehördlichen Rückkehrentscheidung abzuwarten, soweit nicht die sofortige Vollziehung angeordnet wurde.

3.2 Prüfung von Bleiberechten, Abschiebungsverboten und Abschiebungshindernissen

Nach Erhalt der Vollziehbarkeitsmitteilung des BAMF bzw. nach Eintritt der Vollziehbarkeit der ausländerbehördlichen Rückkehrentscheidung soll die Ausländerbehörde innerhalb von längstens 4 Wochen, soweit sie dafür zuständig ist, prüfen, ob Anhaltspunkte für das Vorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten, nicht nur vorübergehenden innerstaatlichen Abschiebungshindernissen oder konkreten Bleiberechtsperspektiven sowie ggf. die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise (s.o. 2.) bei der vollziehbar ausreisepflichtigen Person vorliegen.

Bevor die Ausländerbehörden eine vollziehbar ausreisepflichtige Person gemäß § 4 AuslRZV an die ZABH für die Durchführung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen melden, prüfen sie im Rahmen der §§ 24; 25 VwVfG von Amts wegen in jedem Einzelfall und soweit Anhaltspunkte bestehen, ob der ausreisepflichtigen Person ein Bleiberecht nach dem AufenthG zusteht. Des Weiteren prüft sie, sofern hierfür eine eigene Zuständigkeit besteht, ob ein innerstaatliches Abschiebungshindernis gemäß § 60a AufenthG bzw. ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 AufenthG der Abschiebung entgegensteht, soweit entsprechende Anhaltspunkte gegeben sind. Auf die Verpflichtung der Ausländerbehörden auf eine sachdienliche Antragstellung gemäß § 82 Absatz 3 AufenthG hinzuwirken, wird hingewiesen.

Insbesondere ist wie bisher auch zu prüfen, ob es sich bei den Betroffenen um schutzbedürftige Personen im Sinne des Art. 3 Nr. 9 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie) handelt. Das Ergebnis der Prüfung der Schutzbedürftigkeit ist schriftlich festzuhalten. Die ZABH ist in der Meldung zur Abschiebung auf eine etwaig bestehende Schutzbedürftigkeit hinzuweisen.

3.2.1 Bleiberechte

Bei der Prüfung von Bleiberechten kommen insbesondere die nachfolgend genannten Regelungen in Betracht:

  • § 25a AufenthG (Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden; Vorgaben zur Anwendung der Regelung finden sich in der Allgemeinen Weisung zu § 25a AufenthG in der jeweils geltenden Fassung)
  • § 25b AufenthG (Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration)
    Es wird um Beachtung der Verfahrenshinweise der Informationen Nr. 19/2016 vom 31.5.2016 und Nr. 39/2020 vom 11.05.2020 (Anwendungshinweise des BMI zu §§ 60c und 60d AufenthG, S. 27) in der jeweils geltenden Fassung gebeten.
  • § 25 Abs. 4 S. 2 AufenthG (Aufenthaltsgewährung wegen des Vorliegens außergewöhnlicher Härte, vgl. Ziff. 25.4.2.1 – 25.4.2.8 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009 des Bundesministeriums des Innern (AVV BMI))
  • § 25 Abs. 5 AufenthG (Aufenthaltserlaubnis für langfristig Geduldete)
  • § 23a AufenthG (Härtefallverfahren, vgl. Brandenburger Härtefallkommissionsverordnung)

Es wird darauf hingewiesen, dass die dargestellten Bleiberechtsregelungen regelmäßig nicht im laufenden Verfahren zur Überstellung nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (Dublin-III-VO) Anwendung finden können. Für diese Fälle besteht keine eigene Zuständigkeit der Brandenburger Ausländerbehörden, da die Überstellung in Amtshilfe für den Bund vollzogen wird (vgl. VGH Mannheim Beschl. v. 13.2.2019 – 11 S 401/19, BeckRS 2019, 2621). Die Überstellung in den anderen Mitgliedstaat genießt hier regelmäßig Vorrang. Personen, bei denen das BAMF eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylG oder eine Abschiebungsandrohung nach § 34a Absatz 1 Satz 4 AsylG erlassen hat, werden der ZABH durch die Ausländerbehörden nach Ablauf der Rechtsmittelfrist des § 34a Absatz 2 Satz 1 AsylG gemeldet, sofern kein Eilantrag nach § 80 Absatz 5 VwGO gestellt wurde und im Übrigen nach rechtskräftiger Entscheidung des Verwaltungsgerichts über den Eilantrag.

3.2.2 Abschiebungsverbote und Abschiebungshindernisse

Soweit die Ausländerbehörde für die Prüfung von innerstaatlichen Abschiebungshindernissen gemäß §§ 60a ff. AufenthG bzw. zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten gemäß § 60 AufenthG zuständig ist, prüft sie auch diese und sieht bei deren Vorliegen von einer Meldung an die ZABH ab. Die Ausländerbehörde und die ZABH sind im Asylverfahren an die Entscheidung des BAMF zu zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten gemäß § 60 Absätze 5 und 7 AufenthG gebunden.

Es wird ferner darauf hingewiesen, dass das BAMF im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG – anders als sonst im Asylverfahren – nicht nur alle zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote, sondern auch die innerstaatlichen Abschiebungshindernisse, die sowohl bis zur Erstellung des Bescheides als auch nachträglich auftreten, prüft und ggfls. feststellt. Daneben besteht keine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde oder der ZABH. Auf die Ausführungen zu Nummer 4.5.1 dieser Allgemeinen Weisung wird verwiesen.

Bei der Prüfung von Abschiebungshindernissen kommen insbesondere die nachfolgenden Regelungen in Betracht:

  • § 60c AufenthG (Ausbildungduldung)
    Es wird um Beachtung der Verfahrenshinweise der Information Nr. 39/2020 vom 11.05.2020 (Anwendungshinweise des BMI zu §§ 60c und 60d AufenthG) in der jeweils geltenden Fassung gebeten.
  • § 60d AufenthG (Beschäftigungsduldung)
    Es wird um Beachtung der Verfahrenshinweise der Information Nr. 39/2020 vom 11.05.2020 (Anwendungshinweise des BMI zu §§ 60c und 60d AufenthG) in der jeweils geltenden Fassung gebeten.
  • § 60a Absatz 2 Satz 3 AufenthG (Ermessensduldung)
    Es wird um Beachtung der Verfahrensweise der Allgemeinen Weisung zur Duldungserteilung in ihrer jeweils geltenden Fassung gebeten. Insbesondere, soweit eine ausländische Person glaubhaft geltend macht, Opfer rechtsmotivierter Gewalt geworden zu sein, besteht die Möglichkeit, ihr ein Bleiberecht zu gewähren. Die Vorschriften der Erlasse Nr. 8/2016 vom 21.12.2016 und Nr. 3/2017 vom 12.05.20017 sind zu beachten.
  • § 60a Absätze 2c und 2d AufenthG (Duldung aus gesundheitlichen Gründen)
    Es wird um Beachtung der Verfahrensweise der Allgemeinen Weisung zur Duldungserteilung in ihrer jeweils geltenden Fassung gebeten.
  • § 60b AufenthG (Duldung für Personen mit ungeklärter Identität)
    Es wird um Beachtung der Verfahrenshinweise der Information Nr. 39/2020 vom 11.05.2020 (Anwendungshinweise des BMI zu § 60b AufenthG) in der jeweils geltenden Fassung gebeten. Ist die ausländische Person ausschließlich wegen fehlender Rückreisepapiere geduldet, ist eine Meldung nach § 4 AuslRZV an die ZABH dennoch vorzunehmen.
  • § 43 Absatz 3 AsylG (Duldung zur Ermöglichung der gemeinsamen Ausreise einer Familie)
    Befindet sich ein Familienangehöriger der ausreisepflichtigen Person noch im laufenden Asylverfahren kann – wenn nicht bereits wegen des Vorliegens eines rechtlichen Abschiebungshindernisses eine Duldungserteilung geboten ist – ebenfalls eine Ermessensduldung erteilt werden.

Ist nach dem Vorhergehenden die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder einer Duldung geboten oder liegt ein Abschiebungsverbot vor, sieht die Ausländerbehörde von einer Meldung an die ZABH zur Durchführung von Rückführungsmaßnahmen ab, es sei denn, die Duldungserteilung beruht auf § 60b AufenthG. Betrifft das Vollzugshindernis nur einen absehbaren Zeitraum von höchstens acht Wochen (bspw. akute Erkrankung), soll eine Meldung auch vor Wegfall des Vollzugshindernisses getätigt werden. Dabei ist die ZABH auf das noch vorliegende vorübergehende Vollzugshindernis gesondert hinzuweisen.

3.2.3 Zuständigkeit für die Erteilung von Duldungen

Die Zuständigkeit für Duldungserteilungen oder Verlängerungen bzw. deren Widerruf bleibt trotz Meldung einer ausreisepflichtigen Person an die ZABH zum Vollzug der Abschiebung bei der weiterhin für alle übrigen aufenthaltsrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Ausländerbehörde. Nach Meldung einer Person an die ZABH werden Duldungen grundsätzlich für einen Zeitraum von höchstens vier Wochen verlängert oder erteilt. Wenn die Duldung für einen längeren Zeitraum ausgestellt werden soll, ist dies in jedem Einzelfall mit der ZABH abzustimmen. Die Befristung der Duldungsentscheidung kann ggf. auch mit einer auflösenden Bedingung versehen werden, soweit die Voraussetzungen hierfür vorliegen, vgl. § 61 Absatz 1f AufenthG. Sollte die ZABH im Einzelfall einen anderen Duldungszeitraum befürworten, setzt sie sich hierzu mit der zuständigen Ausländerbehörde in Verbindung und stimmt das weitere Vorgehen mit dieser ab. Soweit die ausreisepflichtige Person nach Meldung gemäß § 4 AuslRZV einen Antrag auf Duldungserteilung bei der Ausländerbehörde stellt, informiert diese hierüber die ZABH und spricht das weitere Vorgehen mit ihr ab.

3.3 Einreise- und Aufenthaltsverbot

Die gemäß § 77 Absatz 1 Satz 1 Nr. 9 AufenthG schriftlich zu erteilende Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 1 AufenthG ist im Falle der Ausweisung gemäß § 11 Absatz 2 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. In sonstigen Fällen soll sie regelmäßig zusammen mit der Abschiebungsandrohung erlassen werden, soweit diese durch die Ausländerbehörde oder die ZABH ergeht. In Fällen des § 15a AufenthG erlässt die ZABH - wenn notwendig - die Abschiebungsandrohung. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit der aufschiebenden Bedingung der Abschiebung zu versehen. Die ausreisepflichtige Person hat so die Möglichkeit, effektiven Rechtsschutz gegen die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu erlangen. Die Ausgestaltung als Soll-Vorschrift führt dazu, dass die Behörde lediglich in einem atypischen Fall von der Regelung abweichen kann (intendiertes Ermessen). Wird die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots demnach zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben, ist das Vorliegen des atypischen Falls gesondert zu begründen.

Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots entscheidet die Ausländerbehörde gemäß § 11 Absatz 3 AufenthG nach eigenem Ermessen, die Länge darf – außer beim Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 Absätze 5 – 5b AufenthG – fünf Jahre nicht überschreiten. Zu unterscheiden ist zwischen der Ausweisung oder Abschiebung aufgrund aufenthaltsrechtlicher Verstöße und der Aufenthaltsbeendigung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Oft werden sich beide Konstellationen überschneiden.

Bei der Ermessensentscheidung geht die Ausländerbehörde in zwei Schritten vor.

Sie trifft in einem ersten Schritt eine Prognoseentscheidung über den voraussichtlichen Zeitpunkt der Zweckerreichung der zugrundeliegenden Maßnahme.

Zweck eines Einreise- und Aufenthaltsverbots bei aufenthaltsrechtlichen Verstößen ist die Sanktionierung der Nichtbeachtung der Ausreisepflicht durch Fernhaltung vom Bundesgebiet und die generalpräventive Zielrichtung, andere ausländische Personen zur Einhaltung der Ausreisepflicht anzuhalten. Trägt die ausländische Person keine Anhaltspunkte vor, die für diese Prognoseentscheidung erheblich sein können und liegt der Behörde als entscheidungserheblicher Anhaltspunkt lediglich die Missachtung der Ausreiseverpflichtung vor, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot von 30 Monaten angemessen sein (vgl. OVG Münster Beschluss vom 01.06.2017 – 4 A 1252/17; VG Cottbus Urteil vom 12.5.2020 – 5 K 2635/17). Ebenfalls herangezogen werden kann die Tatsache, dass die Person bereits mehrmals ausgewiesen oder abgeschoben wurde oder gegen ihre Mitwirkungspflichten aus § 48 oder § 60b AufenthG verstoßen hat.

Bei einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung können weitere Erwägungen eine Rolle spielen. Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ergibt sich nicht nur aus der Verurteilung wegen begangener Straftaten, sondern kann auch dann vorliegen, wenn andere schutzwürdige Belange betroffen sind. Zu nennen wären beispielsweise Belange des Arbeitsmarkts wie die Verhinderung von Lohndumping oder die Verringerung der finanziellen Belastung durch steuerfinanzierte Sozialleistungen. Bei schweren Straftaten kann die Ausländerbehörde eine Gefahrenprognose zur weiteren Straffälligkeit vornehmen, sie muss hierbei jedoch die Persönlichkeit der betroffenen Person insgesamt in den Blick nehmen. Bei der Ausweisung wegen strafrechtlicher Verurteilungen oder wenn von der Person eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, soll die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes zehn Jahre nicht überschreiten (§ 11 Absatz 5 AufenthG). § 11 Absatz 5a AufenthG zählt Fallkonstellationen auf, in denen das Einreise- und Aufenthaltsverbot 20 Jahre betragen soll. In diesen Fällen ist eine Verkürzung der Frist oder eine Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes grundsätzlich ausgeschlossen. Ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot kann nur in den Fällen des § 11 Absatz 5b AufenthG erlassen werden.

Für eine kürzere Befristungsentscheidung kann beispielsweise die konkrete Möglichkeit einer Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland und die damit einhergehende legale Migration sprechen.

In einem zweiten Schritt ist das Ergebnis der Prognoseentscheidung an höherrangigem Recht zu messen und die Fristbemessung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ggf. zu relativieren. Insbesondere Art. 2 und 6 GG und Art. 8 EMRK spielen hier eine Rolle. Familiäre Bindungen finden regelmäßig nur Berücksichtigung, wenn es sich um die Belange von Eltern und minderjährigen Kindern handelt oder in anderen Fällen, wenn die verwandtschaftlichen Beziehungen von gegenseitiger Verantwortung geprägt sind (Beistandsgemeinschaft) (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2016 – 21 K 7126/15.A).

Gemäß § 11 Absatz 6 AufenthG kann auch für freiwillig ausgereiste Personen ein Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Voraussetzung ist, dass die Ausreise nicht innerhalb der Ausreisefrist stattgefunden hat und die Fristüberschreitung erheblich und schuldhaft ist. Die Beurteilung, ob die Überschreitung der Ausreisepflicht erheblich ist, entscheidet sich am Einzelfall. Laut Gesetzesbegründung ist bei einer Ausreisefrist von 30 Tagen eine Fristüberschreitung von 10 Tagen als erheblich anzusehen. Fehlendes Verschulden liegt beispielsweise bei Krankheit, fehlender Reisemöglichkeiten oder falscher Zustellung durch die Behörde vor. Das fehlende Verschulden ist von der ausreisepflichtigen Person nachzuweisen.

Es bleibt darauf hinzuweisen, dass Widerspruch und Klage gegen die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots aufschiebende Wirkung entfalten. Die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs entfällt gemäß § 84 Absatz 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG nur bei der Befristungsentscheidung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots. Insoweit sollte geprüft werden, ob im begründeten Einzelfall ein besonderes Vollziehungsinteresse vorliegt und die sofortige Vollziehung angeordnet werden kann.

3.4 Priorisierte Bearbeitung des Asylverfahrens durch das BAMF

Bei straffälligen Asylbewerbern besteht die Möglichkeit der priorisierten Bearbeitung des Asylverfahrens durch das BAMF im sog. „PRIO-Verfahren“. Die Ausländerbehörden können eine Verfahrensbeschleunigung mittels eines durch das BAMF zur Verfügung gestellten standardisierten Meldeformulars einleiten. Die Verfahrensvorgaben des BAMF sind zu beachten.

3.5 Task Force Abschiebung Straftäter

Aufgabe der Task Force ist es, die kommunalen Ausländerbehörden in den Verfahren der Rückführung von Personen, welche die öffentliche Sicherheit und Ordnung nachhaltig gefährden, zu unterstützen, damit sie konsequent und zügig in ihre Herkunftsländer bzw. aufnahmebereite Drittstaaten zurückgeführt werden können.

Von der Behandlung in der Task Force ausgeschlossen sind jedoch die ausländischen Personen, die im Zusammenhang mit politisch motivierter Kriminalität stehen. In diesen Fällen soll unverzüglich die Geschäftsstelle der Landesarbeitsgruppe SAGA benachrichtigt werden (SAGA@mik.brandenburg.de).

3.5.1 Organisation der Task Force

Die Leitung der Task Force sowie die Fachaufsicht über die ZABH und die Sonderaufsicht über die kommunalen Ausländerbehörden obliegen dem Fachreferat für Ausländerrecht im Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg (MIK). Operative Aufgaben zur Unterstützung der kommunalen Ausländerbehörden werden durch die Stabsstelle Abschiebung Straftäter bei der ZABH wahrgenommen. Anfragen und Meldungen an die Task Force sind entsprechend dem unter Nummer 3.5.3 geregelten Meldeverfahren an die jeweiligen Funktionspostfächer zu senden:

MIK: taskforce@mik.brandenburg.de (für Erstmeldungen und Grundsatzfragen)

ZABH: zabh.task-force@zabh.brandenburg.de (für Fragen zu Task Force-Fällen)

3.5.2 Priorisierung

Voraussetzung für die Behandlung eines Falles in der Task Force ist die örtliche Zuständigkeit einer Brandenburger Ausländerbehörde sowie das Vorliegen einer nachhaltigen Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die Task Force priorisiert daher die Aufenthaltsbeendigung und Rückführung folgender Personengruppen:

  • Vollziehbar ausreisepflichtige ausländische Straftäter, die sich in Haft befinden (Haftfälle)
    (Diese Priorisierung soll sicherstellen, dass bei Vorliegen der Rückführungsvoraussetzungen die Rückführung direkt aus der Hafteinrichtung erfolgen kann.)
  • Vollziehbar ausreisepflichtige ausländische Straftäter auf freiem Fuß
    (Diese Priorisierung betrifft Straftäter, bei denen eine Gefährdung der sozialen Integration durch eine sich verfestigende kriminelle Entwicklung besteht. Hierzu gehören Intensiv- bzw. Mehrfachstraftäter, die den Rechtsfrieden durch besonders schwere Straftaten wie Gewalt- oder erhebliche Eigentumsdelikte gestört haben).
  • Vollziehbar ausreisepflichtige ausländische Personen, bei denen eine Gefährdung der Persönlichkeit und sozialen Integration durch eine sich verfestigende kriminelle Entwicklung besteht und/oder deren Verhalten geeignet ist, den Rechtsfrieden dauerhaft und erheblich zu beeinträchtigen.

Um die erforderliche Priorisierung zu ermöglichen, erfolgt ein Monitoring der eingebrachten Fälle.

Unabhängig von der Priorisierung in der Task Force prüft die zuständige Ausländerbehörde den Einsatz von Maßnahmen, die geeignet sind, die Gefahr für den Rechtsfrieden bis zur Abschiebung zu beseitigen oder zumindest zu verringern (z.B. durch Verfügung von Aufenthaltsbeschränkungen und Meldeauflagen).

3.5.3 Meldeverfahren

Um die prioritäre Rückführung sicherheitsrelevanter Personen zu gewährleisten, ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit der kommunalen Ausländerbehörden mit der Task Force erforderlich. Wird der kommunalen Ausländerbehörde eine Person bekannt, welche die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne der priorisierten Personengruppen nachhaltig gefährdet, meldet sie dies unverzüglich unter Verwendung des entsprechenden Meldeformulars (Anlage 6) an die Task Force im MIK. Anhand der übermittelten Erkenntnisse wird im MIK geprüft, ob der Fall grundsätzlich die Kriterien für eine Aufnahme in die Task Force erfüllt. Die Einstufung als Task Force-Fall erfolgt stets unter Berücksichtigung der Gesamtumstände im Einzelfall. Wird die Person in der Task Force aufgenommen, prüft die Stabsstelle der ZABH das Bestehen der vollziehbaren Ausreisepflicht und der Abschiebungsvoraussetzungen. Sie erstellt einen Vermerk mit Empfehlungen für das weitere Verfahren und übermittelt diesen an die zuständige Ausländerbehörde. Diese entscheidet sodann, ob und ggf. in welchem Umfang Unterstützung durch die Task Force bei der Durchführung des weiteren Verfahrens erforderlich ist, und stellt ein entsprechendes Ersuchen an die Task Force. Das Ersuchen soll i.d.R. schriftlich erfolgen und die konkrete Unterstützungshandlung bezeichnen. In Eilfällen kann von diesem Verfahren abgewichen werden.

Die kommunale Ausländerbehörde bleibt auch bei Aufnahme eines Falles in die Task Force bis zur Feststellung und Meldung der vollziehbaren Ausreisepflicht für die Bearbeitung zuständig (vgl. Übergang der Zuständigkeit auf die ZABH unter Nummer 4). Sobald sich der Bearbeitungsstand eines in der Task Force aufgenommenen Falles maßgeblich ändert, informiert sie unverzüglich die Task Force, um dieser die erforderliche Koordinierung der Verfahren im Land Brandenburg zu ermöglichen.

Auf Anforderung sind der ZABH alle für den jeweiligen Auftrag erforderlichen Akteninhalte zu übermitteln.

Sofern die Task Force selbst Kenntnis eines Sachverhaltes erhält, der die Behandlung in der Task Force nahelegt, informiert sie die zuständige Ausländerbehörde hierüber und fordert die Übermittlung der dort vorliegenden Erkenntnisse zur Person oder zum Sachverhalt an. Im Übrigen verbleibt es beim o.g. Verfahren.

3.5.4 Unterstützung durch die Task Force

Da die kommunale Ausländerbehörde für die aufenthaltsrechtlichen Belange zuständig bleibt, kann die Task Force nur beratend oder im Rahmen der Amtshilfe auf Ersuchen im konkreten Fall unterstützen. Eine Unterstützung kann insbesondere erfolgen durch:

  • Beratung im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Task Force-Fällen
  • Anhörung der betroffenen Person im Rahmen eines Ausweisungs- oder Freizügigkeitsverlustverfahrens
  • Erstellung von Bescheidentwürfen (z.B. Ausweisung, Verlustfeststellung des Rechts auf Freizügigkeit, räumliche Beschränkung, Meldeauflage, Wohnsitzauflage, Leistungskürzung)
  • Rückkehrberatung bei Haftfällen
  • Priorisierung und Unterstützung bei der Identitätsklärung, Passersatzpapierbeschaffung, Aufenthaltsermittlung und Rückführung
  • Unterstützung im Rahmen der priorisierten Bearbeitung von Asylverfahren oder Anregungen von Widerrufsverfahren beim BAMF
  • Einholung des Einvernehmens der Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden bei Vollmachtserteilung
  • Beantragung von Vorbereitungs- oder Mitwirkungshaft bei Vollmachtserteilung
  • Prozessvertretung bei Vollmachtserteilung
  • Koordinierung der Zusammenarbeit beteiligter Behörden.

Sofern die Task Force einen Bescheidentwurf erstellt, prüft die zuständige Ausländerbehörde, ob und inwieweit sie sich diesen zu eigen macht. Der Bescheid wird dann durch die zuständige Ausländerbehörde ausgefertigt und zugestellt.

3.5.5 Besonderheiten bei inhaftierten ausreisepflichtigen Personen

Ziel sollte stets die Rückführung aus der Haft heraus sein. Die Meldung nach § 4 AuslRZV an die ZABH (vgl. Nummer 4.1.1) zur Durchsetzung der Ausreisepflicht soll daher unverzüglich mit Eintritt der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht erfolgen. Die notwendige Beteiligung der Vollstreckungsbehörde im Sinne des § 456a StPO erfolgt durch die ZABH. Dieser soll von der meldenden Ausländerbehörde eine entsprechende Vollmacht erteilt werden, die der Meldung beigefügt wird.

Bei inhaftierten Unionsbürgern erfolgt die Meldung nach § 4 AuslRZV an die ZABH mit Bestands- bzw. Rechtskraft der Verlustfeststellung des Freizügigkeitsrechts, bei Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit spätestens mit Zugang des Verwaltungsaktes bei der betroffenen Person.

4. Übergang der Zuständigkeit für den Vollzug der Abschiebung auf die ZABH gemäß §§ 3 Nr. 6, 4 AuslRZV

Gemäß § 3 Nr. 6 AuslRZV ist die ZABH zuständig für die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger ausländischer Personen, bei denen kein nicht nur vorübergehendes Abschiebungshindernis vorliegt. Erforderlich für den Zuständigkeitsübergang ist neben dem Vorliegen der unter Nummer 3 genannten Voraussetzungen eine Mitteilung im Sinne des § 4 AuslRZV. Im Folgenden werden der Zuständigkeitsübergang, notwendige Abstimmungen zwischen den beteiligten Behörden sowie die Vorbereitung des Vollzugs der Abschiebung dargestellt.

4.1 Zeitpunkt der Meldung einer ausreisepflichtigen Person an die ZABH

Die Mitteilung i. S. d. § 4 AuslRZV durch die Ausländerbehörde an die ZABH erfolgt erst dann, wenn die unter Nummer 3 dieser Weisung dargestellte Prüfung ergeben hat, dass die ausländische Person vollziehbar ausreisepflichtig ist, kein nur vorübergehendes Abschiebungshindernis vorliegt und die Abschiebung zur Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht notwendig ist und Maßnahmen zur Förderung der freiwilligen Ausreise gescheitert sind.

Wenn ein Asylverfahren durchgeführt worden ist bzw. ein solches angestrebt, aber als unzulässig abgelehnt worden ist, hat die Meldung an die ZABH in der Regel spätestens vier Wochen nach Zugang der Vollziehbarkeitsmitteilung des BAMF zu erfolgen. In allen übrigen Fällen spätestens 4 Wochen nach Bestands- oder Rechtskraft der ausländerbehördlichen Rückkehrentscheidung.

Soweit nach Eintritt der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht das Einvernehmen der Strafverfolgungsbehörden gemäß § 72 Absatz 4 Satz 1 AufenthG zum Vollzug der Ausreisepflicht erforderlich ist, holt dies die ZABH bei der die strafrechtlichen Ermittlungen leitenden Staatsanwaltschaft ein. Eine entsprechende Vollmacht ist in der Regel durch die meldende Ausländerbehörde auszustellen. Wenn die Ausländerbehörde nach Meldung der ausreisepflichtigen Person an die ZABH zum Vollzug der Ausreisepflicht Kenntnis über die Aufnahme strafrechtlicher Ermittlungen oder Erhebung öffentlicher Klage gegen diese Person erlangt, informiert sie hierüber unverzüglich die ZABH.

Bei Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürgern) erfolgt die Meldung an die ZABH mit Bestands- bzw. Rechtskraft der Verlustfeststellung des Freizügigkeitsrechts, bei Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit spätestens mit Zugang des Verwaltungsaktes bei der betroffenen Person.

4.1.1 Form der Meldung

Die Meldung erfolgt anhand des als Anlage 1 beigefügten Meldeformulars an das Funktionspostfach zabh.ausreise@zabh.brandenburg.de. Grundsätzlich sollen Meldungen von mehreren abzuschiebenden Familienangehörigen gleichzeitig vorgenommen werden und in elektronischer Form erfolgen.

4.1.2 Begleitdokumentation

Neben dem Meldeformular übermittelt die Ausländerbehörde entweder eine Kopie der Ausländerakte an die ZABH oder bei besonders umfangreichen Akten einen Aktenauszug, welcher Kopien der für die weitere Bearbeitung relevanten Dokumente enthält. Dies sind insbesondere Folgende:

  • Anhörungsprotokoll und Asylbescheid aus dem Erstverfahren beim BAMF
  • Bestandskrafts- und Vollziehbarkeitsmitteilung vom BAMF
  • Mitteilung des Verwaltungsgerichts über die Klageerhebung bzw. die Stellung eines Eilantrages
  • Gerichtsentscheidung im Asylverfahren (Beschluss, Urteil, Gerichtsbescheid)
  • Rechtskraft- und Vollziehbarkeitsmitteilung vom BAMF
  • Asylbescheid aus dem aktuellen Folgeverfahren beim BAMF und/oder Mitteilung gemäß § 71 Abs. 5 AsylG zur Fortsetzung des Vollzugs
  • DÜ-Bescheid, Fristenmitteilung und Überstellungsmodalitäten vom BAMF
  • Kopie der aktuellen Duldung
  • Aktueller BZR Auszug (max. 4 Wochen alt)
  • Ergebnis einer aktuellen LKA Sicherheitsabfrage (max. 4 Wochen alt)
  • Ausdruck der Sachverhalts-Historie aus der ABH Fachanwendung
  • Vermerk zur erfolgten (oder abgelehnten) Rückkehrberatung (max. 6 Monate alt)
  • Pass oder Passersatzdokumente; Ausweisdokumente; Urkunden, in denen Angaben zu Wohnort und/oder Personenstand des Ausreisepflichtigen enthalten sind (sogen. Sachbeweise) und, sofern erforderlich, ein aktueller Passersatzantrag, sofern verfügbar
  • Mitteilung bzw. Einschätzung zum gewöhnlichen Aufenthalt der ausreisepflichtigen Person
  • Mitteilung über körperliche, gesundheitliche oder psychische Beeinträchtigungen der ausreisepflichtigen Person, welche dessen Reisetauglichkeit beeinflussen könnten, insbesondere Angaben zu etwaigen Suchterkrankungen und Medikationen
  • Angaben zu Bevollmächtigten, Beiständen und Angehörigen mit Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland
  • Besondere Hinweise zu Gewaltbereitschaft, potentieller Suizidalität, Widerstandsleistungen, o.ä.

Die ZABH kann weitere notwendige Dokumente von den Ausländerbehörden anfordern. Später zur Akte genommene Dokumente (wie zum Beispiel gerichtliche Verfügungen, Mitteilungen des BAMF oder Schreiben der Ermittlungsbehörden) sind in Kopie der ZABH zu übersenden, soweit sie für die Abschiebung relevant sein können.

4.2 Verfahren bei der ZABH

Nach Erhalt des per E-Mail übersandten Meldeformulars sowie der kopierten Ausländerakte bzw. des Aktenauszuges bestätigt die ZABH gegenüber der Ausländerbehörde den Eingang der Meldung und die Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen im Hinblick auf die gemeldeten vollziehbar ausreisepflichtige(n) Person(en).

Die ZABH überprüft, ob nach Aktenlage Hinweise für das Vorliegen der unter Nummer 3.2.2 dargestellten Vollzugs- bzw. Abschiebungshindernisse ersichtlich sind. Soweit dies notwendig ist, setzt sie sich mit der zuständigen Außenstelle des BAMF zu den Einzelfällen in Verbindung, insbesondere um zu verifizieren, dass alle Vollzugsvoraussetzungen gegeben und keine Folgeverfahren oder verwaltungsgerichtliche Eilverfahren anhängig sind.

Stehen der Abschiebung keine wesentlichen Hindernisse tatsächlicher oder rechtlicher Art entgegen, leitet die ZABH den Abschiebungsvorgang ein und teilt dies der Ausländerbehörde mit.

Stellen Betroffene nach dieser Mitteilung einen Antrag auf Erteilung einer Ausbildungsduldung gemäß § 60c AufenthG, setzt sich die Ausländerbehörde mit der ZABH in Verbindung und erfragt, ob diese bereits konkrete aufenthaltsbeendende Maßnahmen i.S.d. § 60c Absatz 2 Nummer 5 AufenthG (s. Information Nr. 39/2020 vom 11.05.2020 Anwendungshinweise des BMI zu § 60c AufenthG)) eingeleitet hat. Ist dies der Fall, wird an der Abschiebung festgehalten. Andernfalls werden aufenthaltsbeendende Maßnahmen durch die ZABH bis zum Abschluss der Prüfung der Anträge ausgesetzt. Über die vorübergehende Aussetzung ergeht eine schriftliche Mitteilung der ZABH an die Ausländerbehörde.

Stellt die ZABH nach der Meldung Umstände rechtlicher oder tatsächlicher Art fest, die im Ergebnis dem Vollzug der Abschiebung entgegenstehen, stellt sie die weitere Bearbeitung des Vorgangs vorerst ein. Dies teilt sie der Ausländerbehörde unter Benennung der entgegenstehenden Gründe schriftlich mit. Die ZABH und die Ausländerbehörde stimmen sich über das weitere Vorgehen ab.

4.3 Priorisierung von einzelnen Personengruppen bei der ZABH

Die ZABH priorisiert bei der Planung der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die nachstehenden Personenkreise. Auch die Ausländerbehörden sind aufgefordert, diese Personenkreise im Hinblick auf die Meldung bei der ZABH zu priorisieren:

  • Vollziehbar ausreisepflichtige ausländische Personen, die im Zusammenhang mit politisch motivierter Kriminalität stehen und von denen eine besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eine terroristische Gefahr i.S.d. § 54 Absatz 1 Nr. 2-5 AufenthG ausgeht (Behandlung in der Länderarbeitsgruppe SAGA).
  • Vollziehbar ausreisepflichtige ausländische Personen, die in der Task Force Abschiebung Straftäter behandelt wurden, vgl. Nummer 3.5.2.

4.4 Vorbereitung der Abschiebung

Die ZABH ist nach Meldung der Ausländerbehörde gemäß § 4 AuslRZV für die Planung und Durchführung der Abschiebung der gemeldeten vollziehbar ausreisepflichtigen Person(en) zuständig. Durch die Meldung an die ZABH wird deren spezielle Zuständigkeit für die Vorbereitung, Koordinierung und den Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen einschließlich der Geltendmachung der Kosten der Abschiebung bezogen auf den konkreten Einzelfall begründet. Die Zuständigkeit der ZABH für die Abschiebung schließt demzufolge alle vorbereitenden Maßnahmen zur Sicherung der Aufenthaltsbeendigung ein. Dies sind u.a. die Passersatzbeschaffung, Botschaftsvorführungen zum Zweck der Identitätsklärung, ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Reisefähigkeit, Reisebuchung sowie sonstige Maßnahmen nach § 46 und § 61 AufenthG zur Sicherung der Abschiebung. Da die grundsätzliche aufenthaltsrechtliche Zuständigkeit aber bei der Ausländerbehörde verbleibt, ist eine Abstimmung zwischen ZABH und Ausländerbehörde notwendig. Die Ausländerbehörden und die ZABH benennen hierfür feste Ansprechpartner.

4.4.1 Informationspflichten der Ausländerbehörden

Die Ausländerbehörde erteilt der ZABH auf Anforderung Auskunft zum Sachverhalt. Sie leitet der ZABH unverzüglich den Schriftverkehr mit der betroffenen Person, deren Prozessbevollmächtigten und anderen Behörden und Gerichten weiter, sofern dieser für die Rückführung von Belang ist. Dies gilt insbesondere, sobald die Ausländerbehörde Kenntnis von laufenden Asylfolgeantragsverfahren, eingelegten Rechtsmitteln sowie Bestands-, Vollzugs- oder Rechtskraftmitteilungen des BAMF erhält. Sie teilt der ZABH ebenfalls unverzüglich mit, wenn sie nach der Meldung an die ZABH Kenntnis von möglichen Vollzugs- oder Abschiebungshindernissen wie Krankheit des Betroffenen oder eines Familienangehörigen, fortgeschrittene Schwangerschaft, Geburt eines Kindes etc. erhält. Es ist abzusichern, dass Rückführungsmaßnahmen nur bei vollziehbarer Ausreisepflicht betrieben werden.

4.4.2 Maßnahmen zur Aufenthaltsermittlung

Die ZABH veranlasst erforderlichenfalls Maßnahmen zur Aufenthaltsermittlung des Betroffenen. Stellt sich heraus, dass die Person unbekannten Aufenthalts ist, bittet sie die Ausländerbehörde um die Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung in den Fahndungsmitteln der Polizei gemäß § 50 Absatz 6 Satz 1 AufenthG vor. Besteht ein Abschiebungshaft- oder Gewahrsamsgrund, wird die Person zur Festnahme ausgeschrieben und ein Gewahrsams- bzw. Abschiebungshaftantrag durch die ZABH vorbereitet, vgl. Nummer 5.2. Die Ausschreibung zur Fahndung nimmt die Ausländerbehörde nach Aufforderung durch die ZABH vor.

4.4.3 Passersatzpapierbeschaffung

Die ZABH plant die Abschiebungsmaßnahme. Dafür leitet sie, soweit dies notwendig ist, die Passersatzpapierbeschaffung ein.

Die ZABH (nach landesinterner Verteilung tritt an die Stelle der ZABH bis zur Meldung der vollziehbar ausreisepflichtigen Person zwischenzeitlich die Ausländerbehörde) prüft bereits während des laufenden Asylverfahrens die Vollständigkeit und Gültigkeit der benötigten Reisedokumente (§ 15 Absatz 2 Nr. 4 und 5 und Absatz 3 AsylG) und fordert die entsprechende Mitwirkung der ausländischen Person an.

Sie veranlasst spätestens nach Eintritt der vollziehbaren Ausreisepflicht die Beschaffung neuer oder die Verlängerung bereits vorhandener Pass- oder Passersatzpapiere. Sie berücksichtigt dabei die Verhältnisse im jeweiligen Herkunftsland und die voraussichtliche Verfahrensdauer. Sie fertigt den entsprechenden Antrag unter Beteiligung der ausreisepflichtigen Person. Soweit Botschaftsvorführungen im Rahmen der Identitätsklärung notwendig werden, organisiert und vollzieht diese die ZABH. Es wird darauf hingewiesen, dass Botschaftsvorführungen erst nach Abschluss des Asylverfahrens ohne Zuerkennung eines Schutzstatus zulässig sind. Erforderliche Fingerabdrücke sind jedoch von der zuständigen Ausländerbehörde vorab von der betroffenen Person abzunehmen (erkennungsdienstliche -Behandlung).

Passersatzpapiere sind in jedem Verfahrensstadium ausschließlich über die Clearingstelle der ZABH zu beschaffen. Dies gilt auch für Personen, die der ZABH noch nicht zur Rückführung gemäß § 4 AuslRZV gemeldet wurden. In diesen Fällen wird die ZABH im Wege der Amtshilfe (§§ 4 ff. VwVfG) tätig, ansonsten in eigener Zuständigkeit.

Für das Land Brandenburg hat das BAMF gemäß § 75 Nr. 13 AufenthG die gesamte Passersatzpapierbeschaffung im Wege der Amtshilfe übernommen. Die Clearingstelle der ZABH ist zentraler Ansprechpartner für das BAMF, andere Bundesbehörden und ausländische Vertretungen. Die von den Ausländerbehörden an die Clearingstelle der ZABH gerichteten Anträge zur Passersatzpapierbeschaffung übermittelt diese an das BAMF.

4.4.4 Buchung von Transportmitteln

Die ZABH unternimmt die notwendigen Schritte, um den Transport ins Heimatland zu organisieren. Sie ist zuständig für die Buchung von Flugtickets oder sonstigen Beförderungsmitteln und die Buchung von durch die Bundespolizei und/oder die Landespolizei begleiteten Rückführungen. Auch Rückführungen mit einem Charter werden ausschließlich durch die ZABH vorbereitet.

Liegt Bedarf für eine Chartermaßnahme vor, meldet die ZABH diesen der Bundespolizei und organisiert den Charterflug gemeinsam mit der Bundespolizei und gegebenenfalls Frontex. Die ZABH organisiert bei Bedarf Sammeltransporte für die Beförderung zum Flughafen.

4.4.5 Vorbereitung von Ordnungsverfügungen, Schriftsätzen und Anträgen

Wird im Zuge der Planung der Abschiebungen deutlich, dass zur Durchsetzung der Ausreisepflicht der Erlass von Ordnungsverfügungen oder als ultima ratio die Beantragung von Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam notwendig ist, stimmt sich die ZABH mit der zuständigen Ausländerbehörde ab. Die ZABH bereitet die Texte der entsprechenden Verfügungen und Anträge vor und übermittelt diese an die zuständige Ausländerbehörde zur Ausfertigung und Zustellung. Für den Erlass der Verfügungen und Anträge bleibt die Ausländerbehörde zuständig. Soweit die betroffene Person hiergegen Rechtsmittel einlegt, übernimmt die ZABH in diesen Fällen nach entsprechender Bevollmächtigung durch die Ausländerbehörde deren Prozessvertretung. Das Kostenrisiko liegt dann bei der ZABH.

Die Ausländerbehörden unterstützen die ZABH grundsätzlich bei allen vorbereitenden und vollziehenden Maßnahmen. Die ZABH nimmt bei der Vorbereitung und dem Vollzug der Abschiebung im gebotenen Maße Rücksicht auf die Belange der Ausländerbehörden.

4.4.6 Einsatzplanungsbesprechung

Sind alle Vorbereitungen für die Durchführung der Abschiebung getroffen, findet eine Einsatzplanungsbesprechung zwischen der ZABH und der zuständigen Ausländerbehörde statt. Bei der Durchführung der Maßnahme berücksichtigt die ZABH die Hinweise und Anregungen der Ausländerbehörde angemessen. Insbesondere werden von der Ausländerbehörde Hinweise zu sicherheitsrelevanten Sachverhalten und lokalen Besonderheiten mitgeteilt, damit die ZABH über die Notwendigkeit einer begleiteten Rückführung entscheiden kann. Es liegt in der Verantwortung der Ausländerbehörde, während der gesamten Zeit der Vorbereitung und der Durchführung der Maßnahme die ZABH über zwischenzeitlich eingetretene Abschiebungsverbote oder Abschiebungshindernisse zu informieren.

4.4.7 Keine Ankündigung des Abschiebungstermins

Steht der Rückführungstermin fest, teilt die ZABH diesen den Ansprechpartnern in der Ausländerbehörde mit. § 59 Absatz 1 Satz 8 AufenthG legt das Verbot der Ankündigung des Abschiebungstermins fest. Danach darf der ausreisepflichtigen Person der Termin der Abschiebung nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise nicht mehr angekündigt werden. Die Androhung der Abschiebung, die der ausreisepflichtigen Person bekannt gegeben wird, enthält unmissverständlich die Ankündigung, dass nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise die Ausreisepflicht zwangsweise durchzusetzen ist. Den Betroffenen ist daher bewusst, dass sie innerhalb der freiwilligen Ausreisefrist das Land verlassen müssen, da sonst die Abschiebung droht. Sie können sich mithin auf die jederzeitige Abschiebung einstellen. Mit der Regelung soll verhindert werden, dass Ausreisepflichtige an dem mitgeteilten Termin nicht zur Verfügung stehen und sich der mit hohem Verwaltungsaufwand geplanten Maßnahme entziehen. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird Rechnung getragen, da die Ausreisepflichtigen mit der Abschiebungsandrohung eindeutig über die Rechtsfolge einer nicht rechtzeitig erfolgten freiwilligen Ausreise informiert worden sind. Gleiches gilt für einen erneuten Abschiebungsversuch nach einer gescheiterten Rückführungsmaßnahme. Auch in diesem Fall darf der Abschiebungstermin der betroffenen Person nicht angekündigt werden.

Soll die Abschiebung einer ausländischen Person gemeinsam mit anderen Ausreisepflichtigen erfolgen, z.B. im Zuge einer Rückführung mit einem Charterflug, so hat die Bekanntgabe des Termins ebenfalls zu unterbleiben.

§ 59 Absatz 1 Satz 8 AufenthG gilt nicht für vollziehbar Ausreisepflichtige, deren Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt war. Die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung ist gemäß § 60a Absatz 5 Satz 4 AufenthG mindestens einen Monat vorher anzukündigen. Ein konkreter Abschiebungstermin muss nicht bekanntgegeben werden. Die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Das von der ZABH gefertigte Ankündigungsschreiben stellt die Ausländerbehörde der betroffenen Person zu. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn die ausreisepflichtige Person die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzliche falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt. Das Verbot der Ankündigung der Abschiebung gilt ebenfalls gemäß § 59 Absatz 5 Satz 2 AufenthG nicht bei Haftfällen. Die Abschiebung von inhaftierten Personen soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

In den Fällen, in welchen eine Ausreisepflicht nach der Dublin-III-VO besteht, findet § 59 Absatz 1 Satz 8 AufenthG keine zwingende Anwendung.

4.4.8 Abstimmungen mit der Bundespolizei

Die ZABH kündigt der Bundespolizei eine vorgesehene Abschiebung rechtzeitig vorher an und klärt die erforderlichen organisatorischen Maßnahmen (z.B. Flugbegleitung durch Bundespolizeibeamte) mit dieser ab. Bei Flügen innerhalb des Bundesgebietes (Anschlussflüge oder Flüge mit einer Zwischenlandung auf einem anderen deutschen Flughafen) entscheidet die ZABH über die Erforderlichkeit von Flugbegleitungen. Die Begleitung erfolgt in diesen Fällen grundsätzlich durch Bedienstete der ZABH, es sei denn, die Bundespolizei erklärt sich zu einer Flugbegleitung bereit.

4.4.9 Abstimmungen mit der Landespolizei

Besteht die Notwendigkeit, dass der Zugriff und/oder der Transport zum Flughafen, zur Grenzübergangsstelle oder ins Zielland von der Landespolizei begleitet wird, stellt die ZABH gemäß § 50 BbgPolG ein Vollzugshilfeersuchen an die Koordinierungsstelle für Rückführungen (KostRück) im Polizeipräsidium. Die Verfahrensschritte und Voraussetzungen hierfür sind nachfolgend in Nummer 6 geregelt. Die ZABH übernimmt grundsätzlich für die Landespolizei die Buchung von Transportmitteln und Unterkünften, soweit die Verwaltungsvollstreckungsmaßnahme nicht innerhalb eines Tages realisiert werden kann. Sie stimmt sich hierzu mit der KostRück ab.

4.5 Vollzug der Rückführungsmaßnahme

Der Vollzug der Abschiebung liegt in der Zuständigkeit der ZABH. Es ist nicht erforderlich, dass Vertreter der Ausländerbehörden beim Vollzug der Maßnahme vor Ort anwesend sind. Von montags bis freitags sollte zwischen 8:00 Uhr und 17:00 Uhr sichergestellt sein, dass bei der Ausländerbehörde eine Ansprechperson erreichbar ist. Soweit die Erreichbarkeit der Ausländerbehörde auch an den Wochenenden und Feiertagen im Ausnahmefall zwingend erforderlich ist, ist dies im Vorfeld der Maßnahme durch die ZABH abzustimmen.

Die Abschiebung ist eine spezialgesetzlich geregelte Form des unmittelbaren Zwanges. Sie ist daher als letzte Maßnahme zur Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht nur zulässig, wenn keine von der Ausländerbehörde bzw. nach Meldung von der ZABH zu prüfenden innerstaatlichen Vollzugshindernisse bestehen. Die ZABH hat im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Abschiebungsvorbereitung anhand der Aktenlage (oder durch ein Gespräch) erneut zu überprüfen, ob es sich bei den Ausreisepflichtigen um schutzbedürftige Personen im Sinn des Art. 3 Nr. 9 der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) handelt. Es wird empfohlen, das Ergebnis der Prüfung schriftlich festzuhalten. Die beteiligten Behörden sind im Rahmen der ihnen bei der Vorbereitung und Durchführung der Abschiebung obliegenden Aufgaben verpflichtet, ihre Maßnahmen so zu gestalten, dass die Belastungen für die abzuschiebenden Personen so gering wie möglich gehalten werden. Es ist bei der Vorbereitung der Abschiebung sicherzustellen, dass die Interessen der Betroffenen umfassend berücksichtigt werden, insbesondere wenn es sich um schutzbedürftige Personengruppen wie Familien oder alleinerziehende Elternteile mit schulpflichtigen oder minderjährigen Kindern, Schwangere, lebensältere, behinderte oder erkrankte Personen handelt. Unbegleitete Minderjährige sind nur abzuschieben, soweit ihre Betreuung dadurch sichergestellt ist, dass sie im Rückkehrstaat einem Mitglied ihrer Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben werden (§ 58 Absatz 1a AufenthG).

Gemäß § 58 Absatz 4 AufenthG ist das Rückführungspersonal der ZABH befugt, die abzuschiebende Person zum Zweck der Abschiebung kurzfristig festzuhalten, um sie zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen. Darüber hinaus ist ein kurzzeitiges Festhalten i.S.d. Vorschrift beispielsweise dann notwendig, wenn bis zum Abflug Wartezeit zu überbrücken ist oder Wartezeiten entstehen, weil Beförderungen gebündelt erfolgen sollen. Es wird klargestellt, dass, soweit die Maßnahme nur kurzzeitig und auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß beschränkt ist, lediglich eine – keine richterliche Anordnung erfordernde – Freiheitsbeschränkung vorliegen kann, wobei immer die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Soweit die Abschiebung einer Familie vollzogen wird, sind die unter Nummer 4.5.3 „Abschiebungen von Familien“ niedergelegten Regelungen zu beachten. Die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit sind zu wahren.

4.5.1 Überstellungen nach der Dublin-III-VO

Reist eine ausländische Person aus einem sicheren Drittstaat ein, kann sie sich grundsätzlich nicht auf Artikel 16a Abatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes berufen (§ 26a AsylG). Sie wird nicht als asylberechtigt anerkannt. In diesem Fall ordnet das BAMF gemäß § 34a AsylG die Abschiebung in den zuständigen Mitgliedstaat, in einen anderen sicheren Drittstaat gemäß Anlage I zu § 26a AsylG oder in einen nach § 29 Absatz 1 Nr. 1 AsylG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

Das BAMF prüft im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG – anders als sonst im Asylverfahren – nicht nur alle zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote, sondern auch innerstaatliche Abschiebungshindernisse, die sowohl bis zur Erstellung des Bescheides als auch nachträglich auftreten. Daneben besteht keine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde oder der ZABH. Sie sind an die Entscheidung des BAMF gebunden. Das BAMF hebt die Abschiebungsanordnung ggfls. auf oder weist die ZABH an, die Vollziehung auszusetzen.

Werden Reiseunfähigkeit oder sonstige medizinische Belange (z.B. Suizid-Gefahr) als Abschiebungshindernisse begründet und schlüssig vorgetragen, ist eine erforderliche ärztliche Untersuchung durch die ZABH in Amtshilfe für das BAMF zu veranlassen. Die Kosten für die Beauftragung von Ärzten zur Feststellung der Reisefähigkeit oder Prüfung sonstiger gesundheitlicher Fragestellungen, die Abschiebungshindernisse betreffen, trägt das BAMF.

Bei Überstellungen nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.6.2013 (Dublin-III-VO) sind gemäß Art. 30 Absatz 1 und 3 der Verordnung keine Sicherheitsleistungen zu erheben.

Einzelheiten zum Verfahren sind der Information Nr. 16/2015 vom 08.5.2015 zu entnehmen. Darüber hinaus ist der Dublin-Leitfaden des BAMF (Information Nr. 58/2019 vom 19.8.2019) zu beachten.

4.5.2 Betreten und Durchsuchen der Wohnung während des Abschiebungsvollzuges

Weigert sich die abzuschiebende Person, die Tür zu öffnen, und liegt die Vermutung nahe, dass sich in einer Wohnung abzuschiebende Personen verborgen halten, kann es notwendig werden, die Wohnung gegen den Willen des Wohnungsinhabers zu betreten oder zu durchsuchen.

Beide Verhaltensweisen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie einen Eingriff in das Grundrecht der Betroffenen aus Art. 13 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) darstellen und deswegen besonderer Sorgfalt bedürfen.

Während für die Durchsuchung der Wohnung immer ein richterlicher Beschluss notwendig ist (Ausnahme Gefahr im Verzug s. § 58 Absatz 8 AufenthG), stellt das Betreten der Wohnung des Ausreisepflichtigen einen sonstigen Eingriff nach Art. 13 Absatz 7 GG dar: Ein richterlicher Beschluss ist hierfür nicht erforderlich.

Wohnung

Der Begriff der Wohnung i.S.d. Art. 13 GG umfasst alle zu privaten Wohnzwecken gewidmeten Räumlichkeiten. Hierzu können auch Räumlichkeiten in Gemeinschaftsunterkünften zählen, soweit sie einzelnen Bewohnern zur Verfügung gestellt worden und zur Entfaltung der Privatsphäre geeignet sind. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn dem Bewohner ein Schlüssel zum Betreten und Verschließen seines ihm zugewiesenen Raumes vom Betreiber der Gemeinschaftsunterkunft ausgehändigt worden ist. Bei einem Schlafsaal, der 10 oder mehr Personen zur Verfügung steht, ist dies jedoch nicht anzunehmen (AG Kerpen, Beschluss vom 22.01.2004 – 68 XIV 3/04), da hier in der Regel dem einzelnen Bewohner kein individueller Rückzugsort zur Verfügung steht. Als „Wohnung“ ist nicht die Gemeinschaftsunterkunft als solche zu betrachten, sondern nur das Zimmer, dass dem Bewohner zugewiesen wurde, in dem er schläft und seine persönlichen Dinge aufbewahrt (VGH München Beschluss vom 22.4.2002 – 15 ZB 01.30409).

Betreten der Wohnung

Es handelt sich beim bloßen Betreten der Wohnung der abzuschiebenden Person zum Zweck seiner Ergreifung um einen unter Art. 13 Absatz 7 GG fallenden sonstigen Eingriff, der in § 58 Absatz 5 AufenthG eine spezialgesetzliche Grundlage findet. Voraussetzung für das Betreten der Wohnung sind Tatsachen, aus denen zu schließen ist, dass sich die abzuschiebende Person dort befindet. Ein bloßes Betreten der Wohnung liegt immer dann vor, wenn die ausreisepflichtige Person sich ohne weiteres durch den Eintritt in die Wohnung feststellen lässt und sie sich nicht zu verbergen sucht, vgl. VG Oldenburg Urt. v. 6.6.2012 – 11 A 3099/12, BeckRS 2012, 51643.

Beim Betreten zur Nachtzeit müssen gemäß § 58 Absatz 7 AufenthG zudem Tatsachen vorliegen, die befürchten lassen, dass die Abschiebung des Betroffenen ohne diese Maßnahme ansonsten vereitelt werden würde. Allein die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache in diesem Sinne. Hierbei ist aber zu beachten, dass zur Organisation der Abschiebung i.S.d. Vorschrift nur solche Gestaltungsmöglichkeiten der Abschiebung gehören, auf welche die ZABH als Vollstreckungsbehörde Einfluss hat (VG Trier, Beschluss v. 05.12.2019 - 11 N 4989/19.TR -). Äußere Umstände oder das eigenständige Mitwirken Dritter, das die ZABH nicht beeinflussen kann und welchem sie sich anpassen muss, wie Vorgaben der Mitgliedstaaten im Rahmen von Dublin-Überstellungen zur Empfangszeit und -ort, gehören nicht zur Organisation gemäß § 58 Absatz 7 Satz 2 AufenthG. Unter Nachtzeit versteht man gemäß § 12 VwVGBbg und einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12.3.2019 (Az. 2 BvR 675/14) die Zeit zwischen 21 Uhr abends und 6 Uhr morgens.

Das Betreten der Wohnung eines Dritten zum Zweck der Abschiebung ist stets eine Wohnungsdurchsuchung und erfordert grundsätzlich einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss gemäß § 58 Absatz 8 Satz 1 AufenthG. Bei einem der abzuschiebenden Person zugewiesenen Mehrbettzimmer, in dem auch andere Personen wohnen, handelt es sich jedoch in der Regel um die Wohnung des Ausreisepflichtigen und nicht um die Wohnung eines Dritten. Wenn konkrete Erkenntnisse vorliegen, dass die abzuschiebende Person sich dauerhaft nicht in der ihm zugewiesenen Unterkunft (Zimmer) aufhält, sondern seinen Lebensmittelpunkt in ein anderes Zimmer oder eine sonstige Unterkunft eigenmächtig verlagert hat, so ist diese gewählte Unterkunft, auch wenn sie mit Dritten geteilt wird, als „ihre“ Wohnung anzusehen.

Eine allgemeine Vermutung, dass sich die abzuschiebende Person dauerhaft in einer anderen Unterkunft aufhält, beispielsweise, weil sich Angehörige einer Volks- oder Staatszugehörigkeit „immer“ in einem bestimmten Teil der Gemeinschaftsunterkunft aufhalten, reicht jedoch nicht aus.

Konkrete Erkenntnisse können insbesondere wiederholte Beobachtungen des Personals der Gemeinschaftsunterkunft oder des dort eingesetzten Wachpersonals sowie Angaben anderer Bewohner der Unterkunft sein, dass sich der Betroffene regelmäßig in einem bestimmten Zimmer, auch über Nacht, aufhalte. Ein weiteres Indiz für einen eigenmächtigen "Wohnungswechsel“ können das komplette Fehlen persönlicher Dinge in der dem Abzuschiebenden zugewiesenen Unterkunft (Zimmer) sein. Ferner spricht der Besitz eines Schlüssels für den ungehinderten Zutritt zur gewählten Unterkunft für einen „Wohnungswechsel“. Vorgenannte Erkenntnisse sind schriftlich, unter Angabe des Datums der Beobachtung bzw. der Meldung, zu notieren und im Bedarfsfall vorzuhalten.

Soweit dem Rückführungspersonal der ZABH konkrete Anhaltspunkte darüber vorliegen, dass sich die abzuschiebende Person in der Wohnung eines Dritten (vorübergehend) aufhält, ist der Dritte in geeigneter Form aufzufordern, dem Personal der ZABH, zwecks Ergreifung der abzuschiebenden Person, freiwillig Zugang zur Wohnung zu verschaffen. Auch hier reicht eine allgemeine Vermutung, dass sich die abzuschiebende Person in der Wohnung eines Dritten aufhält, nicht aus. Konkrete Anhaltspunkte im oben genannten Sinn können auch hier z.B. Zeugenbeobachtungen, Protokollnotizen oder Angaben anderer Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft sein, die sich auf eine ganz bestimmte Wohnung beziehen. Sollte der Zutritt verweigert werden, ist unverzüglich der Versuch zu unternehmen, einen richterlichen Bereitschaftsdienst beim zuständigen Verwaltungsgericht zu erreichen, um einen Durchsuchungsbeschluss zu erwirken. Ist der richterliche Bereitschaftsdienst nicht erreichbar, kann im begründeten Einzelfall und unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit, von Gefahr in Verzug gemäß § 58 Absatz 8 Satz 1 AufenthG ausgegangen werden. Satz 2, wonach die Annahme von Gefahr in Verzug nicht allein darauf gestützt werden kann, dass die abzuschiebende Person nicht in seiner Wohnung angetroffen wurde sowie das Erfordernis einer Niederschrift über die Durchsuchung gemäß § 58 Absatz 9 Satz 4 AufenthG sind zu beachten. Bei der Annahme von Gefahr in Verzug sind auch die annahmebegründenden Umstände schriftlich festzuhalten und auf Verlangen vorzuhalten.

Wohnungsdurchsuchung

Kennzeichnend für den Begriff der Wohnungsdurchsuchung ist das ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen zur Ermittlung eines Sachverhaltes, um etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung nicht von sich aus offenlegen oder herausgeben will (BVerfG, Beschluss vom 3.4.1979 – 1 BvR 994/76).

Für Wohnungsdurchsuchungen zum Zwecke der Abschiebung gelten die Vorschriften des § 58 Absatz 6 bis 10 AufenthG. Wohnungsdurchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde (ZABH) angeordnet werden, siehe oben. Der Durchsuchungsbeschluss ist von der ZABH, ggf. mit Vollmacht der zuständigen Ausländerbehörde, beim zuständigen Verwaltungsgericht zu beantragen, vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.04.2020, OVG 2 L 5/20. § 58 Absatz 9 AufenthG legt die Rechte des Inhabers der zu durchsuchenden Wohnung und die Beiziehungspflichten sowie Niederschriftpflichten der Behörde fest. Die Ausführungen zum Betreten von Wohnungen zur Nachtzeit gelten auch für Wohnungsdurchsuchungen zwischen 21 Uhr und 6 Uhr.

4.5.3 Abschiebungen von Familien

Bei der Abschiebung von Familien sind die Bedürfnisse von minderjährigen Kindern besonders zu berücksichtigen. Ein möglichst schonender Abschiebungsvollzug ist sicherzustellen. Wenn nicht unbedingt notwendig, ist auf eine Begleitung durch die Polizei zu verzichten.

Grundsätzlich wird davon abgesehen, zum Vollzug einer Abschiebungsmaßnahme die betroffenen Personen aus der Kindertagesstätte, der Schule, der Jugendhilfeeinrichtung, dem Krankenhaus oder von der Arbeitsstelle abzuholen. Ist die Abholung aus einer der o.g. Einrichtungen notwendig, um eine Person, die eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt oder die bereits mehrmals straffällig in Erscheinung getreten ist, abzuschieben, können Abweichungen von der Regelung verhältnismäßig sein.

Werden bei einer Abschiebung nicht alle Familienangehörige angetroffen und droht somit eine Trennung minderjähriger Kinder von ihren Familien, sind die eingeleiteten Maßnahmen auszusetzen und die eingeleitete Abschiebung abzubrechen, wenn nicht sichergestellt ist, dass minderjährige Kinder in der Obhut eines Elternteils verbleiben. Auch im Übrigen sind bei drohenden, nicht nur vorübergehenden Familientrennungen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung die Grundsätze des Art. 6 GG (besonderer Schutz der Familie) sowie aus Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu berücksichtigen. Soweit Zweifel bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhaltes bestehen, kann das Referat 21 im MIK kontaktiert werden. Für die Beurteilung, welcher Zeitraum als vorübergehend angesehen wird, sind die Umstände des Einzelfalls zu beachten. Bei einer beabsichtigten Familientrennung im Rahmen von Dublin-Überstellungen ist der Dublin-Leitfaden des BAMF (Information 58/2019 vom 19.8.2019) zu beachten, es muss eine Abstimmung mit dem Überstellungsreferat des BAMF stattfinden.

4.5.4 Abholungen zur Nachtzeit

Die Abholung der Betroffenen wird vorzugsweise für die Tageszeit geplant. Grundsätzlich gilt, dass die Vollstreckung der Ausreisepflicht in der Zeit zwischen 21 und 6 Uhr sowie an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen nur im Einzelfall erfolgen darf. Eine Vollstreckung in dem genannten Zeitraum bzw. an den genannten Tagen ist nur dann in Erwägung zu ziehen, wenn dies im Hinblick auf den Abflugtermin aus Zeitgründen erforderlich ist. Auf die unter Nummer 4.5.2 gemachten Ausführungen hinsichtlich des Ausschlusstatbestandes des § 58 Absatz 7 Satz 2 AufenthG (Organisation der Abschiebung) wird hingewiesen. Als erforderliche Vorlaufzeit ist insbesondere der Zeitraum einzurechnen, der notwendig ist, damit sich die abzuschiebende Person ohne unverhältnismäßige Eile reisefertig machen und das Begleitgepäck packen kann. Weiter sind die Zeiten für eine eventuelle Aufenthaltsermittlung und eine Zusammenführung von Familien, die Fahrtzeiten zum Flughafen inklusive etwaiger verkehrs- oder witterungsbedingter Verzögerungen sowie die Wartezeiten, die üblicherweise bei einer der Rückführung dienenden Flugreise zu beachten sind oder die aus der Sicht der Bundespolizei für die Durchführung der Formalitäten am Flughafen erforderlich sind, zu berücksichtigen. Für Sammelabschiebungen und Charter-Maßnahmen sind die Vorgaben der Bundespolizei hinsichtlich des Zeitpunktes der Übergabe zu beachten und ausreichend Zeit für die gesicherte Zuführung einzukalkulieren.

Wird ausnahmsweise eine Vollstreckung zur Nachtzeit erforderlich, trifft die ZABH als Vollstreckungsbehörde die Entscheidung. Diese und die sie tragenden Gründe sind schriftlich festzuhalten. Die Vollstreckung zur Nachtzeit darf nur aus den vorstehend aufgeführten Gründen vorgenommen werden. Dass abzuschiebende Personen während der Nachtzeit, insbesondere in den frühen Morgenstunden erfahrungsgemäß am besten zu Hause erreicht werden, rechtfertigt die Maßnahme allein nicht. Mit der Abschiebung selbst darf frühestens zu dem Zeitpunkt begonnen werden, der zur Gewährleistung der vorstehend aufgeführten Vorlaufzeit erforderlich ist.

4.5.5 Ausschreibung zur Fahndung

Wird die abzuschiebende Person zum Zeitpunkt des vorgesehenen Beginns der Abschiebungsmaßnahme nicht zu Hause angetroffen und bleibt die weitere Aufenthaltsermittlung erfolglos, veranlasst die ZABH über die Ausländerbehörde die Ausschreibung zur Fahndung.

4.5.6 Mitnahme von Gepäck

Der abzuschiebenden Person ist die Mitnahme solchen Gepäcks zu ermöglichen, das im Transportmittel ohne Erschwerung der Abschiebung befördert werden kann und durch dessen Mitnahme dem Land keine zusätzlichen Kosten entstehen. Die Mitnahme weiteren Gepäcks (z. B. Gepäck, das den von den Fluggesellschaften für einen kostenlosen Transport zugelassenen Gewichtsrahmen überschreitet) kommt nur dann in Betracht, wenn die abzuschiebende Person für die zusätzlichen Kosten aufkommt oder wenn ersichtlich ist, dass der Betrag aus einer etwaig einbehaltenen Sicherheitsleistung (vgl. Nummer 7.2) bestritten werden kann.

Gegenstände, die von der abzuschiebenden Person dazu genutzt werden könnten, den Zweck der Maßnahme zu vereiteln, können auf Verlangen des Rückführungspersonals der ZABH, für die Dauer des Transports zum Zielort der Abschiebungsmaßnahme, außer Reichweite dieser Person aufbewahrt werden. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist zu beachten. Sie sind nach Abschluss der Maßnahme der Person wieder auszuhändigen. Die ZABH trägt dafür Sorge, dass einbehaltenes bzw. separat aufbewahrtes Eigentum bis zur Rückgabe an den Abzuschiebenden nicht abhandenkommt und ordnungsgemäß gelagert wird.

Will oder muss die abzuschiebende Person bei einer Abschiebung oder Ausreise Eigentum zurücklassen, ist sie zur Abgabe einer schriftlichen Erklärung zu veranlassen, durch die sie

  1. entweder eine verfügungsberechtigte Person benennt, der sie die weitere Sorge für ihr Eigentum überträgt und die gegebenenfalls die Verwertung ihres Eigentums übernimmt oder
  2. auf ihr Eigentum verzichtet.

Um den reibungslosen Ablauf der Rückführungsmaßnahme zu gewährleisten, kann diese Erklärung auch schon im Vorhinein erwirkt werden, beispielsweise anlässlich einer Vorsprache der ausreisepflichtigen Person zur Duldungsverlängerung.

Wird eine solche Erklärung nicht abgegeben, muss auf Grund der Umstände des Einzelfalls entschieden werden, ob die Ausländerin oder der Ausländer den Besitz der Sache in der Absicht aufgegeben hat, auf das Eigentum zu verzichten. Unter Umständen hat die Ausländerin oder der Ausländer eine Sache auch verloren. Sie unterliegt dann den fundrechtlichen Vorschriften. Die Verwertung des Eigentums im Rahmen der Vollstreckung bleibt unberührt.

Sachen, die am Flughafen zurückgelassen werden müssen, sind von der ZABH zurückzunehmen und bis zu ihrer Übergabe an den Verfügungsberechtigten oder bis zu ihrer Verwertung sachgemäß einzulagern.

Sind öffentlich-rechtliche Forderungen gegen die abzuschiebende Person offen, ist das Eigentum nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg durch die für die jeweilige Forderung zuständige Vollstreckungsbehörde zu verwerten. Hat die abzuschiebende Person nicht auf ihr Eigentum verzichtet, ist ihr der Erlös – soweit möglich – zu überlassen. Sofern dies nicht möglich sein sollte, ist der Erlös des verwerteten Eigentums zu hinterlegen (Rechtsgedanke des § 372 Satz 2 BGB).

4.5.7 Dolmetscher, Vertrauenspersonen und Bevollmächtigte

Wünscht die abzuschiebende Person, eine Dolmetscherin oder einen Dolmetscher hinzuzuziehen, ist dem durch die ZABH zu entsprechen, wenn dadurch die Abschiebung nicht verhindert oder verzögert wird und die Hinzuziehung ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist. Wenn möglich, sind Dolmetscher per Video einzusetzen. Der abzuschiebenden Person ist auf Wunsch Gelegenheit zu geben, ihren Rechtsanwalt, ihre Rechtsanwältin oder eine sonstige Vertrauensperson telefonisch zu informieren. Wird entweder von der abzuschiebenden Person, von ihrem Rechtsbeistand oder einer sonstigen Vertrauensperson begehrt, ein persönliches Gespräch zu ermöglichen, ist dem nur zu entsprechen, soweit die Abschiebung dadurch nicht verhindert oder verzögert wird.

4.5.8 Gesundheitliche Abschiebungshindernisse

Trägt die abzuschiebende Person gesundheitliche Abschiebungshindernisse vor, gelten die Regelungen der Allgemeinen Weisung zur Duldungserteilung in ihrer jeweils geltenden Fassung. Die Ausländerbehörde informiert die ZABH unverzüglich, wenn die abzuschiebende Person ein gesundheitliches Abschiebungshindernis geltend macht.

4.5.9 Reisegeld

Sofern keine Eigenmittel vorhanden sind, ist grundsätzlich einmalig bei Bedarf zur Deckung der Heimreisekosten im Heimatland ein Reisegeld in Höhe von maximal 50 Euro pro volljähriger Person und maximal 25 Euro pro minderjähriger Person zu zahlen. Bei Abschiebung eines Familienverbandes (Kernfamilie) sind maximal 150 Euro pro Familie zu zahlen. Es besteht jedoch kein Anspruch auf Reisegeld. Die Zahlung ist zu dokumentieren und als Nachweis der Abrechnung beizufügen. Wenn die Abschiebungsmaßnahme abgebrochen werden muss, ist das ausgehändigte Reisegeld umgehend durch die Ausreisepflichtigen zurückzuerstatten. Über die Rückerstattungspflicht bei Abbruch der Rückführungsmaßnahme sind die abzuschiebenden Personen vor Aushändigung des Reisegeldes in geeigneter Form zu belehren. Die Belehrung zur Rückerstattungspflicht sowie die Rückerstattung selbst sind schriftlich zu dokumentieren. Im Rahmen von Überstellungen nach der Dublin-III-Verordnung wird kein Reisegeld ausgezahlt.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Bundespolizei erwartet, dass den abzuschiebenden Personen Verpflegungspakete mitgegeben werden.

4.5.10 Asylfolgeantrag

Bringt die abzuschiebende Person während der Abschiebung unmissverständlich zum Ausdruck, dass sie einen Asylfolgeantrag stellen will, klärt die ZABH unter Hinzuziehung des BAMF und persönlicher Kontaktaufnahme mit der abzuschiebenden Person, ob die Abschiebung fortzuführen oder abzubrechen ist. Befürchtet die ZABH, dass es kurz vor der Abschiebung noch zu einem Folgeantrag der betroffenen Person kommen wird, wird empfohlen, vor der Abschiebung das BAMF zu kontaktieren, um zu erörtern, ob die Anwesenheit von entscheidungsbefugtem Personal des BAMF am Flughafen möglich und notwendig ist. Dieses kann ggfls. über den Folgeantrag noch vor Ort entscheiden.

4.5.11 Überstellung an die Bundespolizei

Nach Überstellung der abzuschiebenden Person an die Bundespolizei ist diese für die weitere Durchführung der Abschiebung verantwortlich. Für begleitende Landespolizei ist die Vollzugshilfe beendet, falls die Voraussetzungen für eine zwangsweise Rückverbringung oder anderweitige Anschlussmaßnahme nicht vorliegen. Soweit das Personal der ZABH die abzuschiebende Person zum Flughafen gebracht hat, bleibt dieses grundsätzlich bis zum Abflug des Flugzeuges am Flughafen.

Ergeben sich kurzfristig Hindernisse für die Abschiebung, stimmt die ZABH das weitere Vorgehen mit der Bundespolizei und der ggfls. begleitenden oder durchführenden Landespolizei ab. Mit den vor Ort zuständigen Beamten der Bundespolizei wird ebenfalls abgestimmt, was im Falle des Abbruchs der Rückführung veranlasst werden soll. Haftfälle sind bei bestehendem Haftbefehl stets zurück in die entsprechenden Vollzugseinrichtungen zu verbringen. Im Rahmen der Abschiebungshaftanordnung bzw. der Ausreisegewahrsamsanordnung gilt dies nur, soweit die Voraussetzungen der Haft- bzw. Gewahrsamsanordnung unverändert fortbestehen. In den letztgenannten Fällen ist die ZABH unverzüglich zu kontaktieren. Wenn die ZABH zum Ergebnis kommt, dass die Haft- bzw. Gewahrsamsvoraussetzungen nach Abbruch der Maßnahme nicht mehr vorliegen, ist die Person unverzüglich auf freien Fuß zu setzen.

Soweit keine Abschiebung aus der Haft erfolgt, entscheidet die ZABH im Falle des Abbruchs der Maßnahme, ob Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam bis zu einem weiteren Abschiebungsversuch beantragt wird. Ist dies nicht der Fall und ist keine anderweitige Anschlussmaßnahme vorgesehen, ist die Ausländerin oder der Ausländer unverzüglich auf freien Fuß zu setzen. Unterliegt eine ausländische Person einer räumlichen Beschränkung, ist sie – gegebenenfalls zwangsweise und unter Einbeziehung der zuständigen Polizeidienststelle – an den ursprünglichen Aufenthaltsort zurückzubringen. Eine erneute Anmeldung der Person zum Vollzug der Abschiebung bei der ZABH ist nicht notwendig. Die ZABH informiert die Ausländerbehörde über den Abbruch der Maßnahme. Die betroffene Person bleibt im Rückführungspool der ZABH und diese plant die weiteren Abschiebungsmaßnahmen.

4.5.12 Nachbesprechung

Die ZABH informiert die Ausländerbehörde über die Aufenthaltsbeendigung und übermittelt dieser sämtliche Informationen und Dokumente für die Komplettierung der Ausländerakte. Anlassbedingt finden zwischen der ZABH und den Ausländerbehörden Regionalkonferenzen statt, um die Verwaltungsabläufe abzustimmen.

5. Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam

5.1 Grundsatz

Abschiebungen sind grundsätzlich aus der Freiheit heraus durchzuführen (Direktabschiebung). Die mit der Anordnung von Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam verbundene Freiheitsentziehung ist nur als letztes Mittel zur Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung zu betrachten.

Eine Ausländerin oder ein Ausländer darf nicht ohne richterliche Entscheidung in Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam genommen werden (vgl. Artikel 104 Absatz 2 Satz 1 GG, § 62, § 62b AufenthG). Dies gilt auch dann, wenn eine Freiheitsentziehung nur kurzfristig andauert. Im Fall einer vorläufigen Ingewahrsamnahme gemäß § 62 Absatz 5 AufenthG ist die richterliche Entscheidung unverzüglich herbeizuführen.

Abschiebungshaft ist nur solange zulässig, wie sinnvolle Maßnahmen zur Vorbereitung der Abschiebung getroffen werden können. Die Abschiebung aus der Haft heraus ist deshalb unverzüglich zu betreiben.

5.2 Beantragung von Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam; Zuständigkeiten

Die Beantragung von Abschiebungshaft ist nach § 62 AufenthG sowohl zur Vorbereitung der Ausweisung (Absatz 2) als auch zur Sicherung der Abschiebung (Absatz 3), als auch zur Durchführung von Maßnahmen nach § 82 Absatz 4 Satz 1 AufenthG für die Dauer von höchstens 14 Tagen (Mitwirkungshaft nach Absatz 6) möglich. In jedem Fall darf Abschiebungshaft nur beantragt werden, wenn die Abschiebung ohne die Inhaftierung wesentlich erschwert oder vereitelt würde.

Die Beantragung von Ausreisegewahrsam kann gemäß § 62b AufenthG anstelle der Sicherungshaft ebenfalls zur Sicherung der Durchführbarkeit der Abschiebung für einen Zeitraum von längstens 10 Tagen erfolgen.

Das Verfahren über die Anordnung der Abschiebungshaft und des Ausreisegewahrsams richtet sich gemäß § 106 Absatz 2 Satz 1 AufenthG nach Buch 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Gemäß § 417 Absatz 1 FamFG kann die Freiheitsentziehung durch das zuständige Amtsgericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde angeordnet werden. Rechtlich zuständig für die Beantragung von Abschiebungshaft sind nach erfolgter kommunaler Verteilung gemäß § 417 Absatz 1 FamFG unbeschadet des § 71 Absatz 3 und 5 AufenthG die Ausländerbehörden (§ 71 Absatz 1 AufenthG und § 2 Absatz 3 letzter Satz AuslRZV). Eine effektive Wahrnehmung des Abschiebungsvollzugs erfordert es, dass die ZABH, soweit im Einzelfall zur Sicherung der Abschiebung erforderlich, schnell und rechtssicher einen Abschiebungshaft- oder Gewahrsamsantrag fertigt und beim zuständigen Amtsgericht stellt. Die kommunale Ausländerbehörde sollte der ZABH aus diesem Grund im begründeten Einzelfall eine Prozessvollmacht erteilen, die die ZABH bevollmächtigt, einen Abschiebungshaft- oder Gewahrsamsantrag bei Gericht zu stellen und im jeweiligen Verfahren nach dem FamFG die Prozessvertretung einschließlich etwaiger Haftprüfungen für die Ausländerbehörde wahrzunehmen. Das Prozesskostenrisiko trägt die ZABH.

Generell wird angeregt, dass die Ausländerbehörden der ZABH für die Beantragung in Eilfällen Vollmachten für die Vertretung bei den Amtsgerichten in Abschiebungshaftsachen nach § 62 AufenthG und Freiheitsentziehungen nach § 62b AufenthG erteilen. Auf diese Weise wird die ZABH in die Lage versetzt, jederzeit, insbesondere aber an Wochenenden oder auch sonst außerhalb der Bürozeiten, Anträge zur Sicherung der Abschiebung in Eilfällen zu stellen.

Soweit Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam im Einzelfall erforderlich ist, sind zu allen Tatsachen des § 417 Absatz 2 Nr. 1 – 5 FamFG Angaben zu machen. Insbesondere ist die Erforderlichkeit der Abschiebungshaft bzw. des Ausreisegewahrsams darzulegen. Hierzu gehört auch, dass kein milderes und gleichgeeignetes Mittel zur Verfügung steht, um die Abschiebung zu sichern.

Als mildere Mittel kommen in Betracht:

  • die Direktabschiebung,
  • bei Minderjährigen die Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung (auf die Ausführungen zum Umgang mit besonders schutzbedürftigen Personen unter Nummer 5.13 wird verwiesen),
  • die Beschlagnahme von Pässen oder sonstigen Reisedokumenten,
  • die räumliche Beschränkung des Aufenthaltes, verknüpft mit der Erteilung von Wohnsitz- und Meldeauflagen,
  • die Nutzung eines Ausreisegewahrsams bei Haftanträgen,
  • die Vereinbarung von Sicherheitsleistungen oder Garantien durch Vertrauenspersonen.

Mit dem Antrag zur Anordnung von Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam ist dem anordnenden Gericht die Ausländerakte der ausreisepflichtigen Person vorzulegen. Damit die ZABH im Rahmen der Prozessvollmacht die Vertretung der Ausländerbehörde vor Gericht vornehmen kann, muss sie spätestens zu diesem Zeitpunkt über eine vollständige Kopie der Ausländerakte verfügen.

Zuständig für die Festnahme der abzuschiebenden Personen ist die ZABH. Für die Modalitäten der Einlieferung einer ausreisepflichtigen Person in eine Abschiebungshafteinrichtung oder Ausreisegewahrsamseinrichtung ist die für die Einrichtung geltende Gewahrsamsordnung in ihrer jeweils geltenden Fassung maßgeblich.

Die ZABH hat sich zu vergewissern, dass die abzuschiebende Person, die in einer Abschiebungshafteinrichtung oder einer Ausreisegewahrsamseinrichtung untergebracht wird, im Besitz des Haft- bzw. Gewahrsamsbeschlusses ist. Die ZABH hat sie während der Dauer der Haft ausländer- und asylverfahrensrechtlich, einschließlich der Gewährung von Asylbewerberleistungen nach dem AsylbLG zu betreuen und sie – soweit rechtlich zulässig – rechtzeitig über den Zeitpunkt der Abschiebung zu informieren, vgl. § 59 Absatz 5 Satz 2 AufenthG.

Die ZABH hat die abzuschiebende Person ferner über ihre Rechte nach Art. 36 Absatz 1b) des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen zu unterrichten, auch dann, wenn dies durch das über den Antrag entscheidende Gericht bereits erfolgt ist/erfolgen wird. Die Belehrung der abzuschiebenden Person, seine Reaktion hierauf und, sofern verlangt, die unverzügliche Unterrichtung der konsularischen Vertretung von der Inhaftierung sind aktenkundig zu machen (vgl. BGH, Beschl. v. 18.11.2010 – V ZB 165/10).

5.3 Abschiebung aus der Untersuchungs- und Strafhaft

Wird eine ausländische Person in Untersuchungs- oder Strafhaft genommen, unterrichtet die Justizvollzugsanstalt die für den Sitz der Justizvollzugsanstalt zuständige Ausländerbehörde. Diese stellt die für die inhaftierte Person gemäß § 2 Abs. 3 AuslRZV zuständige Ausländerbehörde fest und teilt ihr mit, dass sich die ausländische Person in der Justizvollzugsanstalt in Haft befindet. Gleichzeitig unterrichtet sie die Task Force von dem Vorliegen eines neuen Haftfalles, so dass diese die inhaftierte Person in das Haft-Monitoring aufnehmen kann.

Für den Fall, dass die Entlassung kurzfristig erfolgt, teilt die Justizvollzugsanstalt dies der zuständigen Ausländerbehörde – gegebenenfalls fernmündlich – mit. Die zuständige Ausländerbehörde ist verpflichtet, die ZABH hiervon unverzüglich zu unterrichten, sofern die betroffene Person vollziehbar ausreisepflichtig ist und der ZABH bereits zum Vollzug der Abschiebung gemeldet wurde. Im Übrigen unterrichtet sie die Task Force von der bevorstehenden Haftentlassung.

Eine abzuschiebende Person, die sich in Untersuchungs- oder Strafhaft befindet, ist, soweit möglich, direkt aus der Haft abzuschieben. Hierfür sind alle erforderlichen Maßnahmen, insbesondere die Beteiligung der ZABH, so rechtzeitig vorzunehmen, dass die Abschiebung ohne Beantragung von Abschiebungshaft aus der Strafhaft durchgeführt werden kann (vgl. § 59 Absatz 5 AufenthG). Dies wird insbesondere in Fällen, in denen sich die ausländische Person längere Zeit in Strafhaft befindet, möglich sein. Auf das Verfahren nach Nummer 4.1 zur Erlangung des ggf. erforderlichen Einvernehmens der Strafverfolgungsbehörden gemäß § 72 Absatz 4 AufenthG und die notwendige Beteiligung der Strafvollstreckungsbehörde gemäß § 456a StPO wird hingewiesen. Um Beachtung der Allgemeinen Verfügung des Ministers der Justiz vom 20. März 1997 (JMBl/97, [Nr. 4], S. 38), zuletzt geändert durch Allgemeine Verfügung des Ministers der Justiz vom 2. Februar 2011 (JMBl/11, [Nr. 3], S. 18) wird gebeten.

Sicherungshaft kann ausnahmsweise im Anschluss an die Strafhaft oder Untersuchungshaft nach Maßgabe des § 62 Absatz 3 Sätze 1 und 2 AufenthG angeordnet werden. Das Ende der Strafhaft muss jedoch feststehen, da die Sicherungshaft nicht auf Vorrat angeordnet werden darf. Voraussetzung ist allerdings, dass die Abschiebung aus von der ZABH nicht zu vertretenden Gründen (z.B. fehlende Flugverbindung u.a.) ausnahmsweise nicht bis zum Ende der Strafhaft durchgeführt werden kann. Die Anordnung von Sicherungshaft entspricht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit nur, wenn von der Ausländerbehörde oder von der ZABH mit der in solchen Fällen gebotenen Beschleunigung zuvor vergeblich versucht wurde, die Abschiebung aus der Strafhaft heraus zu ermöglichen. Im Haftantrag sind entsprechende Angaben zu machen und zu belegen.

5.4 Vorbereitungshaft

Die Anordnung von Vorbereitungshaft (§ 62 Absatz 2 AufenthG) ist nur dann zulässig, wenn nach dem Ergebnis der Sachverhaltsermittlung eine Ausweisung nach § 53 AufenthG oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG rechtlich möglich und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, über die erforderliche Ausweisung jedoch nicht sofort entschieden werden kann, z.B., weil die erforderlichen Nachweise zur Stützung eines begründeten Verdachts auf Ausweisungsgründe noch erbracht werden müssen. Diese Voraussetzungen liegen z. B. dann nicht vor, wenn mit einer Ausweisung grundsätzlich nicht zu rechnen ist, weil die Person bereits wegen unerlaubter Einreise nach § 58 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG kraft Gesetzes vollziehbar ausreisepflichtig ist.

Vorbereitungshaft ist insbesondere zulässig, wenn die Ausweisung innerhalb von sechs Wochen nach Antritt der Haft verfügt und die Abschiebung in dieser Zeit durchgeführt werden kann. Die Abschiebung, die auf Grund der beabsichtigten Ausweisung vollzogen werden soll, muss außerdem rechtlich und tatsächlich möglich und ohne die Vorbereitungshaft wesentlich erschwert oder gefährdet sein. Ob wesentliche Erschwerung, Gefährdung oder Vereitelung der Abschiebung angenommen werden können, ist anhand konkreter Verdachtsmomente festzustellen. Im Haftantrag sind die hierfür maßgebenden Umstände anzugeben.

Die unmittelbar bevorstehende Entlassung der abzuschiebenden Person aus der Untersuchungshaft kann Anlass für die Beantragung von Vorbereitungshaft geben (vgl. Nr. 62.1 AVV BMI).

Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten (§ 62 Absatz 2 Satz 2 AufenthG). Sie darf nur ausnahmsweise darüber hinaus verlängert werden, wenn sich der Erlass aus besonderen, nicht vorhersehbaren Gründen verzögert. Gemäß Nr. 62.1.3 der AVV BMI ist eine längere Dauer z. B. denkbar, wenn der Erlass der Ausweisungsverfügung durch Umstände hinausgezögert wird, die von der abzuschiebenden Person zu vertreten sind. Ist die Überschreitung der regulären Höchstdauer von vornherein absehbar, kommt Vorbereitungshaft i.d.R. von Anfang an nicht in Betracht. Es wäre unverhältnismäßig, die Freiheitsentziehung sofort auf eine längere Dauer festzulegen (vgl. BGH, B. v. 09.02.2012 – V ZB 305/10).

5.5 Sicherungshaft

Bei der Sicherungshaft handelt es sich um eine Maßnahme zur Sicherung der Abschiebung. Sie stellt weder eine Strafhaft noch eine Beugemaßnahme oder eine Ersatzfreiheitsstrafe dar.

§ 62 Absatz 3 AufenthG regelt abschließend, aus welchen Gründen eine Ausländerin oder ein Ausländer zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen sind. Die Haft ist grundsätzlich erforderlich, wenn einer oder mehrere der genannten Haftgründe vorliegen. Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nr. 2 AufenthG kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn die abzuschiebende Person glaubhaft macht, dass sie sich der Abschiebung nicht entziehen will (§ 62 Absatz 3 Satz 2 AufenthG). Fluchtgefahr gemäß § 62 Absatz 3 Nr. 1 AufenthG wird widerleglich vermutet, wenn ein Sachverhalt gemäß § 62 Absatz 3a AufenthG vorliegt. Die Einführung der widerleglichen Vermutung ändert jedoch nichts am Amtsermittlungsgrundsatz im behördlichen und gerichtlichen Verfahren. Im Abschiebungshaftantrag sind aus diesem Grund nach wie vor alle Umstände nachvollziehbar darzulegen, die im konkreten Einzelfall den Haftgrund der Fluchtgefahr begründen. Auf die Ausführungen in den Anwendungshinweisen des BMI zu § 62 AufenthG Ziffer 1 ff. wird ausdrücklich hingewiesen. Absatz 3b der Regelung zeigt Sachverhalte auf, die als konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen von Fluchtgefahr gewertet werden können.

Bei der Beantragung von Sicherungshaft ist zu berücksichtigen, dass § 62 Absatz 3 Satz 3 AufenthG eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips darstellt. Im Regelfall darf die Dauer von drei Monaten Haft nicht überschritten werden und eine Haftdauer von sechs Monaten (§ 62 Absatz 4 Satz 1 AufenthG) nicht ohne weiteres als verhältnismäßig angesehen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 14.04.2011 – V ZB 76/11). Die Verlängerung der Sicherungshaft um bis zu zwölf Monate ist zulässig, wenn es die abzuschiebende Person zu vertreten hat, dass die ZABH einen längeren Zeitraum für die Durchführung der Abschiebung benötigt (§ 62 Absatz 4 Satz 2 AufenthG), z. B. wenn die abzuschiebende Person ihren Pass vernichtet hat oder sich weigert, an der Beschaffung eines Passes mitzuwirken.

Sicherungshaft darf jedoch nicht beantragt werden, wenn von vornherein feststeht, dass die Abschiebung aus Gründen, die die abzuschiebende Person nicht zu vertreten hat, innerhalb der nächsten drei Monate nicht durchgeführt werden kann (§ 62 Absatz 3 Satz 3 AufenthG). Dies kann der Fall sein, wenn eine Reiseunfähigkeit wegen stationärer Krankenhausbehandlung vorliegt.

Diese Regelungen erfordern eine Prognose, dass die Abschiebung innerhalb von drei Monaten durchgeführt werden kann. Hierzu sind dem Haftrichter konkrete Angaben zum Ablauf des Verfahrens und zu dem Zeitraum, in welchem die einzelnen Schritte unter normalen Bedingungen durchlaufen werden können, vorzulegen. Anzugeben ist, ob und innerhalb welchen Zeitraums Abschiebungen in das betreffende Land üblicherweise möglich sind, welchen Zeitraum beispielsweise eine Pass- oder Passersatzbeschaffung, die organisatorische Abwicklung, die Flugbuchung oder die erforderliche Durchführung eines Rückübernahmeverfahrens voraussichtlich in Anspruch nimmt, von welchen Voraussetzungen dies abhängt und ob diese im konkreten Fall vorliegen. Diese konkreten Angaben sind erforderlich, damit das Gericht in die Lage versetzt wird, eine eigene Prognoseentscheidung zu treffen. Eine derartige Prognose hat auch dann zu erfolgen, wenn die abzuschiebende Person eine ihr obliegende Mitwirkung verweigert hat. Liegt eine schuldhafte Mitwirkungsverweigerung vor, ist in die Prognose einzustellen, wie das weitere Verfahren bei einer pflichtmäßigen Mitwirkung der Ausländerin oder des Ausländers üblicherweise abgelaufen wäre. Verbleibt dann im Ergebnis der Prognose eine Ungewissheit, geht diese bei der erstmaligen Anordnung der Haft für drei Monate zu Lasten des Betroffenen (vgl. BGH – Beschluss vom 01.3.2012, V ZB 206/11).

Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

5.6 Mitwirkungshaft

Um die Identitätsklärung oder die Feststellung der Reisefähigkeit durch eine ärztliche Untersuchung zu ermöglichen, kann die betroffene Person höchstens für die Dauer von 14 Tagen gemäß § 62 Absatz 6 AufenthG in Mitwirkungshaft genommen werden. Die Mitwirkungshaft ist als letztes Mittel nur zulässig, wenn Mitwirkungspflichten, auf die die betroffene Person bereits hingewiesen wurde, verletzt wurden. Die Mitwirkungshaft dient ausschließlich der Durchsetzung von Anordnungen nach § 82 Absatz 4 Satz 1 AufenthG und darf nicht zu anderen Zwecken, wie beispielsweise der Sanktion, gebraucht werden. Ferner muss eine hinreichende Aussicht auf Abschiebung bestehen und der Zweck der Haft muss erreichbar sein. Dies ist in der Regel nur der Fall, wenn der konkrete Termin, beispielsweise zur Anhörung zwecks Identitätsklärung, bereits feststeht. Für den Haftvollzug gelten die Vorschriften des § 62a AufenthG entsprechend. Auf die Anwendungshinweise des BMI zu § 62 AufenthG, Ziffer 6 wird hingewiesen.

5.7 Vorläufiger Gewahrsam ohne vorherige richterliche Anordnung zur Sicherstellung der Sicherungshaft

§ 62 Absatz 5 Satz 1 AufenthG sieht vor, dass die für den Haftantrag zuständige Behörde eine abzuschiebende Person ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen kann, wenn die Voraussetzungen der Sicherungshaft (§ 62 Absatz 3 Satz 1 AufenthG) vorliegen, die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und der begründete Verdacht vorliegt, dass sich die Ausländerin oder der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will. Mit dieser Bestimmung soll die richterliche Vorführung zur Anordnung von Sicherungshaft von vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern sichergestellt werden. Die Voraussetzungen für eine Gewahrsamnahme nach § 62 Absatz 5 Satz 1 AufenthG liegen nämlich nicht vor, wenn eine vorherige richterliche Anordnung, ggf. im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 427 FamFG, eingeholt werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt jede Freiheitsentziehung und damit auch eine Gewahrsamnahme nach § 62 Absatz 5 Satz 1 AufenthG grundsätzlich eine vorherige richterliche Anordnung voraus. Eine nachträgliche richterliche Entscheidung ist nur dann zulässig, wenn der mit der Freiheitsentziehung verfolgte verfassungsrechtlich zulässige Zweck nicht erreichbar wäre, sofern der Festnahme die richterliche Entscheidung vorangehen müsste. In diesem Fall fordert Art. 104 Absatz 2 Satz 2 GG, dass die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen ist. Nach § 62 Absatz 5 Satz 2 AufenthG ist die abzuschiebende Person unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen. Damit sind konkret geplante Festnahmen allein zum Zweck der Gewahrsamsbegründung nicht ohne vorherige Einschaltung eines Richters zulässig; § 62 Absatz 5 Satz 1 AufenthG ist in diesen Fällen nicht anwendbar.

Eine richterliche Anordnung zur vorläufigen Freiheitsentziehung ist dann entbehrlich, wenn die Inhaftnahme nicht planbar, der Aufenthalt der ausreisepflichtigen Person nicht bekannt oder sie in den polizeilichen Fahndungsregistern zur Festnahme ausgeschrieben ist und die Voraussetzungen des § 62 Absatz 5 AufenthG erfüllt sind.

5.8 Ausreisegewahrsam

Der Ausreisegewahrsam gemäß § 62b AufenthG soll der Sicherstellung des Vollzugs der Abschiebungsmaßnahme, insbesondere bei Maßnahmen, die mit hohem organisatorischen Aufwand geplant werden, dienen. Darüber hinaus stellt er ein milderes Mittel gegenüber der Sicherungshaft dar und kann dazu dienen, Abholungen während der Nachtzeit oder in den frühen Morgenstunden zu vermeiden und so die Belastungen für die Betroffenen so gering wie möglich zu halten, ohne die Abschiebungsmaßnahme zu gefährden. Die Anordnung des Ausreisegewahrsams steht, wie jede freiheitsentziehende Maßnahme, unter dem Richtervorbehalt. Im begründetem Einzelfall sieht § 62b Absatz 4 AufenthG jedoch vor, dass eine Ingewahrsamnahme ausnahmsweise auch ohne vorherige richterliche Anordnung in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen des Ausreisegewahrsams (§ 62b Absatz 1 AufenthG) vorliegen, die richterliche Anordnung des Ausreisegewahrsams nicht vorher eingeholt werden kann und der begründete Verdacht besteht, dass sich die ausreisepflichtige Person dem Ausreisegewahrsam entziehen will. Die übrigen Ausführungen unter Nummer 5.9 gelten auch hier.

Das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals der Fluchtgefahr im Sinne des § 62 Absatz 3 AufenthG ist für die Anordnung des Ausreisegewahrsams nicht erforderlich. Der Ausreisegewahrsam kann für höchstens 10 Tage angeordnet werden, eine Verlängerung ist ausgeschlossen.

Eine Ingewahrsamnahme nach § 62b AufenthG scheidet im Rahmen einer sogenannten Dublin-Überstellung aus. Die Haft im Dublin-Verfahren ist in Art. 28 der Verordnung Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-VO) geregelt und setzt regelmäßig das Vorliegen von Fluchtgefahr voraus.

Hinsichtlich der übrigen Anordnungsvoraussetzungen wird auf die Anwendungshinweise des BMI zu § 62b AufenthG verwiesen.

5.9 Haft bzw. Gewahrsamsantrag

Im Hinblick auf die Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Absatz 1 GG) ist es regelmäßig erforderlich, dass der Haft- bzw. Gewahrsamsantrag der betroffenen Person rechtzeitig vor ihrer Anhörung in Kopie ausgehändigt und spätestens im Rahmen der Anhörung übersetzt wird (BGH - Beschluss vom 21.7.2011, V ZB 141/11). In Abstimmung mit den Gerichten veranlasst die ZABH die Vorführung so rechtzeitig, dass vor der Anhörung der Haft- bzw. Gewahrsamsantrag ausgehändigt und durch für die Anhörung regelmäßig hinzuzuziehende Dolmetscher übersetzt werden kann.

Bei der Beantragung einer Verlängerung der Abschiebungshaft soll die Akte der ausländischen Person vorgelegt werden. Für die Zulässigkeit des Antrages gelten die Voraussetzungen für die erstmalige Anordnung nach § 425 Absatz 3, 417 Absatz 2 FamFG entsprechend. Es ist auszuführen, dass die maßgeblichen Gründe, die zur Anordnung der Haft geführt haben, weiterhin vorliegen und zusätzlich die Voraussetzungen für eine Verlängerung gegeben sind. Dieses setzt voraus, dass die Abschiebung aus Gründen, die die ausländische Person zu vertreten hat, nicht durchgeführt werden konnte. Im Verlängerungsantrag ist deshalb darzustellen,

  1. welche Maßnahmen bisher zur Vorbereitung der Abschiebung getroffen wurden (mit Datum und konkreter Bezeichnung),
  2. aus welchen Gründen die Abschiebung während der bisherigen Haftdauer nicht möglich war,
  3. wann mit der Abschiebung voraussichtlich zu rechnen ist und
  4. weshalb die Verlängerung der Haft noch verhältnismäßig ist.

Die ZABH prüft von Amts wegen in regelmäßigen Abständen, ob die rechtlichen Voraussetzungen der Abschiebungshaft noch vorliegen und vermerkt dies in den Akten. Der Vollzug der Abschiebungshaft ist von der ZABH unverzüglich bis zu einer Woche auszusetzen (§ 424 Absatz 1 Satz 3 FamFG) und die Aufhebung der Freiheitsentziehung unverzüglich zu beantragen, wenn die für deren Anordnung maßgebenden Gründe entfallen sind (§ 426 Absatz 2 FamFG). Dazu zählt beispielsweise der nachträgliche Wegfall des Haftgrundes, der Wegfall der vollziehbaren Ausreisepflicht oder die längerfristige oder dauerhafte Unmöglichkeit der Abschiebung.

Eine Verlängerung des Ausreisegewahrsams und der Mitwirkungshaft sind dagegen nicht möglich.

5.10 Fortbestehen der Haftanordnung bei Scheitern der Abschiebung

Nach § 62 Absatz 4a AufenthG bleibt die Anordnung der Sicherungshaft bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, wenn die Abschiebung gescheitert ist. Zu prüfen ist, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Haftanordnung weiter vorliegen.

5.11 Abschiebungshaftvollzug

Abschiebungshaft wird in Brandenburg grundsätzlich in der Abschiebungshafteinrichtung des Landes vollzogen, sofern eine solche in Betrieb ist. Ausreisegewahrsam wird ebenfalls in einer Landeseinrichtung vollzogen, sofern hierfür ausreichend landeseigene Plätze zur Verfügung stehen. Das Verfahren des Vollzuges regelt dann die Gewahrsamsordnung (GewahrsO) der jeweiligen Landeseinrichtung.

Stehen in Brandenburg keine Abschiebungshaft- oder Ausreisegewahrsamsplätze zur Verfügung, kann unter Inanspruchnahme von Amtshilfe ein Haft- oder Gewahrsamsplatz in den Einrichtungen der anderen Länder gesucht werden. Auf die Möglichkeit der Haftplatzsuche über das ZUR wird hingewiesen (Information Nr. 71/2017 vom 23.10.2017). Es gelten dann zusätzlich die entsprechenden Regelungen am Sitz der jeweiligen Einrichtungen. Für die Haft- oder Gewahrsamsplatzsuche ist die ZABH zuständig.

Darüber hinaus ist sowohl für die Abschiebungshaft als auch für den Ausreisegewahrsam Folgendes zu beachten:

  1. Bei der Inhaftierung schutzbedürftiger Personen im Sinne des Art. 3 Nr. 9 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie) ist auf die spezielle Situation dieser Personen besondere Rücksicht zu nehmen. Auf die Ausführungen zu den milderen Mitteln unter Nummer 6.2 wird verwiesen. Steht kein milderes Mittel zur Verfügung, ist den altersgemäßen Bedürfnissen Minderjähriger in der Haft bzw. dem Gewahrsam angemessen Rechnung zu tragen.          
    Es sind besondere Anstrengungen zu unternehmen, um Minderjährige aus der Haft zu entlassen und in ihrem Alter gemäßen Unterkünften unterzubringen. In Haft oder Gewahrsam befindliche Familien müssen eine gesonderte Unterbringung erhalten, die ein angemessenes Maß an Privatsphäre gewährleistet. Schwangere bzw. Mütter innerhalb der gesetzlichen Mutterschutzvorschriften (§ 3 MuSchG) sollen grundsätzlich nicht in Abschiebungshaft genommen werden (Nr. 62.0.5 AVV BMI). Bei Hinweisen zum Vorliegen einer Schwangerschaft ist die Gewahrsams- bzw. Haftfähigkeit in jedem Einzelfall durch eine ärztliche Untersuchung feststellen zu lassen. Bei Anhaltspunkten für eine Gewahrsams- bzw. Haftunfähigkeit zu Inhaftierender (z.B. schwere körperliche Erkrankungen, bei denen in der Haft- bzw. Gewahrsamseinrichtung keine adäquate Unterbringung und medizinische Versorgung sichergestellt werden kann, sowie psychische Störungen mit dem Risiko einer relevanten Eigen- oder Fremdgefährdung sowie Betäubungsmittelabhängigkeit mit Entzugsproblematiken oder Suizidalität) ist die Gewahrsams- bzw. Haftfähigkeit ebenfalls durch ärztliche Untersuchung festzustellen.
  2. Liegen Hinweise für eine gesundheitliche Beeinträchtigung (z.B. körperliche Erkrankungen, Behinderungen, psychische Störungen, Betäubungsmittelabhängigkeit) vor, so ist vor Stellung eines Haft- bzw. Gewahrsamsantrages eine Hafttauglichkeitsuntersuchung durch die ZABH zu veranlassen. Diese hat durch eine Ärztin oder einen Arzt mit entsprechender Qualifizierung zu erfolgen.
  3. Führt die gesundheitliche Beeinträchtigung nicht zur Gewahrsams- bzw. Haftunfähigkeit, zu einem zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbot oder einem innerstaatlichen Vollzugshindernis, ist die Gewahrsams- bzw. Abschiebungshafteinrichtung darüber zu unterrichten. Das Vorliegen des besonderen Ausnahmefalls ist im Gewahrsams- bzw. Haftantrag zu begründen. Insbesondere ist darzustellen, aus welchen Gründen Gewahrsam bzw. Abschiebungshaft geboten ist und weshalb mildere Mittel nicht zur Verfügung stehen.

6. Zuständigkeit der Polizei im Rahmen der Abschiebung

6.1 Vollzugshilfe

Die Landespolizei leistet grundsätzlich nach Anforderung der ZABH gemäß § 50 BbgPolG Vollzugshilfe bei der Durchführung von Abschiebungen. Das Verfahren der Vollzugshilfe richtet sich nach § 51 BbgPolG. Das Formular „Vollzugshilfe gemäß § 50 BbgPolG“ (Anlage 2) ist von der ZABH auszufüllen und an die Koordinierungsstelle für Rückführungen (KostRück) zu senden. Auf dem Formular ist insbesondere zwingend die Folgemaßnahme zu vermerken, die im Falle eines Scheiterns der Abschiebung durch die ZABH angeordnet wird. Die ZABH weist die Polizei auf alle Sachverhalte hin, die für die erfolgreiche und sichere Durchführung der Maßnahme notwendig sind. Über die Zweckmäßigkeit der Vollzugshilfe entscheidet gemäß § 50 Absatz 2 BbgPolG i.V.m. § 1 Absatz 1 VwVfGBbg, § 5 Absatz 4 Alternative 2 VwVfG die ersuchende Behörde, mithin die ZABH.

Im Interesse der Schonung polizeilicher Ressourcen wägt die ZABH in jedem Einzelfall vor Stellung eines Vollzugshilfeersuchens ab, ob die Rückführungsmaßnahme so gestaltet werden kann, dass

  • polizeiliche Unterstützung vor Ort entbehrlich ist,
  • lediglich der Zugriff ggf. einschließlich einer Durchsuchung polizeilich zu sichern und im Widerstandsfalle durchzusetzen ist oder
  • lediglich der Transport polizeilich zu sichern ist.

Plant die ZABH eine unbegleitete Rückführung, prüft sie sorgfältig, ob auf das Vollzugshilfeersuchen an die Landespolizei verzichtet werden kann. Ein Verzicht kommt insbesondere in den folgenden Fallkonstellationen in Frage:

  • Die Person ist seit mehr als drei Wochen unbekannten Aufenthaltes, so dass es unwahrscheinlich ist, dass sie am Tag der Rückführung an ihrer Meldeadresse angetroffen wird.
  • Die Person ist bisher nicht durch gewalttätige Handlungen aufgefallen, insbesondere ist sie nicht wegen Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit oder Bedrohung in Erscheinung getreten, so dass davon ausgegangen werden kann, dass unmittelbare Zwangsanwendung im Zuge der Abschiebung nicht notwendig wird.
  • Es handelt sich um eine Familienabschiebung.

Ein Verzicht kommt grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn eine Abschiebung aus einer Sammelunterkunft heraus erfolgen soll, insbesondere, wenn die Gefahr von Solidarisierungshandlungen Dritter gegeben ist. Hier genügt in der Regel die Sicherung des Zugriffs bzw. die Sicherung des Vollzugs einer Durchsuchungsmaßnahme. Den Transport der abzuschiebenden Personen stellt die ZABH in diesen Fällen mit eigenem Personal sicher. Bei Sammeltransporten oder bei abzuschiebenden Personen, welche als gewaltbereit eingestuft werden, kann die Polizei im Rahmen der Vollzugshilfe zur Unterstützung herangezogen werden. Soweit im Einzelfall anderes gilt, teilt die ZABH dies im Rahmen des Ersuchens um Vollzugshilfe mit.

Plant die ZABH eine begleitete Rückführung, wird ausnahmslos polizeiliche Vollzugshilfe für die gesamte Maßnahme beantragt.

Im Interesse der polizeilichen Einsatzplanung stellt die ZABH das Vollzugshilfeersuchen so früh wie möglich. Eine spätere Stornierung des Vollzugshilfeersuchens ist für die Polizei weniger belastend, als die Durchführung einer zeitnahen Maßnahme und das damit verbundene Erfordernis, kurzfristig Personal zur Verfügung zu stellen.

Die Vollzugshilfe beinhaltet insbesondere

  • die Überstellung der ausreisepflichtigen Person von dem von der ZABH angegebenen Ort zur Grenzbehörde (z. B. Grenzübergangsstelle oder Flughafen),
  • das Festhalten der ausreisepflichtigen Person während der Überstellung (freiheitsbeschränkende Maßnahme, die ihre Rechtsgrundlage in § 58 Absatz 4 AufenthG findet),
  • die Überstellung der ausreisepflichtigen Person zu Gerichtsterminen,
  • die Vorführung der ausreisepflichtigen Person bei der Auslandsvertretung zum Zweck der Ausstellung von Heimreisedokumenten und/oder
  • die Sicherung des Zugriffs bei Abholung der abzuschiebenden Person bzw. die Sicherung des Vollzugs einer Durchsuchungsmaßnahme.

6.2 Eigene Transportzuständigkeit der Polizei

In Anwendung des § 71 Absatz 5 AufenthG liegt die Zuständigkeit für die Durchführung von Abschiebungen (Transport) bei den folgenden Personengruppen bei der Polizei:

  • ausländische Personen, die aufgrund ihres die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdenden Verhaltens in der Landesarbeitsgruppe SAGA oder in der Task Force Abschiebung Straftäter behandelt werden
  • Vollziehbar ausreisepflichtige Personen, die von der Ausländerbehörde wegen unbekannten Aufenthalts zur Fahndung ausgeschrieben sind.

Diese polizeiliche Zuständigkeit betrifft allein die Übernahme der abzuschiebenden Personen, die anfallenden Transporte (z.B. Verbringung zum jeweiligen Überstellungsort, zur Abschiebungshafteinrichtung und zu Gerichtsterminen) und die Überstellung an die Bundespolizei oder eine andere in- oder ausländische Behörde sowie die Rückführung und Überstellung in die Haft oder den Gewahrsam, sofern die Abschiebung abgebrochen werden muss. Ein Vollzugshilfeersuchen muss hierfür bei den oben genannten Personengruppen nicht gesondert gestellt werden. Mit dem Meldeformular (Anlage 8) übermittelt die ZABH der Polizei die rechtlichen Voraussetzungen und alle für die Durchführung des Transports relevanten Informationen, insbesondere auch die vorliegenden Gefährdungserkenntnisse rechtzeitig vorab.

Das weitere gemeinsame Vorgehen wird in Zusammenarbeit der beiden Stellen koordiniert. Mitarbeitende der ZABH müssen während der gesamten Rückführungsmaßnahme telefonisch erreichbar sein, um ggf. Entscheidungen nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz zu treffen. Die Zuständigkeit für alle Maßnahmen, die nicht den Transport betreffen, verbleibt bei der ZABH. Scheitert die Übergabe, so entscheidet die ZABH über die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung der Rückreise in die letzte Unterkunft oder veranlasst, sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen, Sicherungshaft oder andere geeignete Sicherungsmaßnahmen nach dem AufenthG.

6.3 Kosten der polizeilichen Vollzugshilfe

Das Polizeipräsidium zeigt den bei der Begleitung von Rückführungsmaßnahmen angefallenen Aufwand (gefahrene Kilometer und die Anzahl der eingesetzten Personen) gegenüber der ZABH an, damit diese die Kosten beim Kostenschuldner feststellen und einziehen kann. Können Rückführungskosten von einem Kostenschuldner nach § 66 AufenthG beigetrieben werden, ist der anteilige Betrag für die Vollzugshilfemaßnahme von der ZABH einzubehalten und an die Polizei zu überweisen.

7. Kosten der Abschiebung

7.1 Zuständigkeit der ZABH

Die ZABH ist zuständige Stelle, für die Feststellung und Einziehung der Kosten gegenüber dem Kostenschuldner nach § 66 AufenthG.

7.2. Kostenschuldner; Sicherheitsleistung

Die Kosten der Zurückschiebung oder Abschiebung sind gemäß § 66 Absatz 1 AufenthG von der abzuschiebenden Person zu tragen.

Neben der abzuschiebenden Person haften für die Kosten der Zurückschiebung oder Abschiebung die in § 66 Absatz 2 bis 4 AufenthG genannten Personen.

Die ZABH hat nach § 67 Absatz 3 Satz 1 AufenthG die Kosten der Vorbereitung und Durchführung der Rückführung bei den Kostenschuldnern nach § 66 AufenthG zu erheben.

Von dem Kostenschuldner kann gemäß § 66 Absatz 5 AufenthG eine Sicherheitsleistung verlangt werden.

Vorhandene Barmittel der ausländischen Person, die die Höhe eines monatlichen Taschengeldes nach § 3 Absatz 1 AsylbLG übersteigen, können bei der Abschiebung durch die ZABH bis zur Höhe der voraussichtlich gemäß § 67 AufenthG zu erhebenden Kosten als Sicherheitsleistung gemäß § 66 Absatz 5 AufenthG eingezogen werden. Erfolgt die Einziehung am Flughafen, wird die Ermessensentscheidung in Abstimmung mit den anwesenden Beamten der Bundespolizei getroffen.

Als Sicherheitsleistung können auch verwertbare Sachwerte einbehalten werden. Hierbei handelt es sich im Regelfall um pfändbare bewegliche Sachen, deren Pfändung in einem angemessenen Verhältnis zu dem entstehenden Verwaltungsaufwand steht und deren Verwertung mit geringem Aufwand möglich scheint.

Die ZABH prüft, ob eine Inanspruchnahme der abgeschobenen Person oder Dritter (§§ 66 bis 68 AufenthG) in Betracht kommt, und erlässt im Einzelfall einen Leistungsbescheid. Die ZABH fordert hierbei auch Abschiebungskosten an. Abschiebungskosten, die weder durch die ausländische Person noch durch Dritte gedeckt sind, werden als Forderungsnachweise dokumentiert. Sie sind von dem Kostenschuldner vor Wiedereinreise durch Leistungsbescheid einzufordern.

7.3 Umfang der Kostenhaftung gemäß § 67 AufenthG

Der Umfang der Kostenhaftung ist in § 67 AufenthG geregelt. Die ZABH erhebt diese durch Leistungsbescheid in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten (§ 67 Absatz 3 AufenthG).

7.4 Kostenerstattung gegenüber der Ausländerbehörde

Die etwaigen bei der Ausländerbehörde entstehenden Personalkosten für die Kommunikation und Abstimmung mit der ZABH gemäß § 4 AuslRZV werden im Rahmen einer Fallpauschale erstattet (§ 44 Absatz 2 OBG). Für die Berechnung der Pauschale wird auf der Grundlage der Erfahrungen der ZABH mit Abschiebungen von einem Arbeitsaufwand von fünf Stunden pro Abschiebungsfall ausgegangen. Soweit eine Familie zur Abschiebung gemeldet wird, stellt jede volljährige Person für sich betrachtet einen Abschiebungsfall dar. Minderjährige Kinder sind dem sorgeberechtigten Elternteil zuzurechnen und stellen keinen zusätzlichen Abschiebungsfall dar.

Dieser zeitliche Aufwand berücksichtigt den Abstimmungsbedarf zwischen der ZABH und der jeweiligen Ausländerbehörde zur Aktenvollständigkeit, zum Aufenthalt der Person, zu Haft- Gewahrsams- und Ordnungsverfügungen, zu Abschiebungshindernissen, zur Passersatzpapierbeschaffung, zur Ausreisefähigkeit, zur Einsatzplanungsbesprechung, zum Abschiebungsvollzug und zur Fallnachbereitung. Die Prüfung möglicher Bleiberechte und Abschiebungshindernisse sowie die Sicherstellung der Beratung zur freiwilligen Ausreise gehört zum Aufgabenbereich der ABH und ist somit nicht Teil des erstattungsfähigen Arbeitsaufwandes. Das Stundenentgelt richtet sich nach der Entgeltgruppe 8, Stufe 6 TVöD-Tarifgebiet Ost. Die Fallpauschale wird den Ausländerbehörden unabhängig vom Erfolg der jeweiligen Rückführungsmaßnahme erstattet. Die Berechnung und Höhe der Fallpauschale unterliegt der unter Nr. 10 niedergeschriebenen Evaluation.

Fallen darüber hinaus ausnahmsweise bei der Ausländerbehörde erstattungsfähige Kosten gemäß § 67 AufenthG an, so kann sie diese gegenüber der ZABH auf der Grundlage von § 44 Absatz 2 OBG geltend machen und erhält diese erstattet. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass gemäß § 3 Nr. 6 AuslRZV grundsätzlich keine Zuständigkeit der Ausländerbehörde für die Vorbereitung und Durchführung von Abschiebungsmaßnahmen besteht. Aus diesem Grund ist die Notwendigkeit der kostenverursachenden Maßnahme gegenüber der ZABH zu begründen, es sei denn, die Ausländerbehörde handelt im Rahmen eines Amtshilfeersuchens der ZABH. Es gelten für die nachfolgenden Positionen die angegebenen Pauschalen. Sofern im Einzelfall höhere und notwendige Kosten als die nachfolgenden Sätze nachgewiesen werden, werden diese erstattet. Die Abrechnung der Ausländerbehörden gegenüber der ZABH erfolgt quartalsweise.

7.4.1 Beförderungskosten
  1. Öffentliche Verkehrsmittel 

    Hierzu gehören Kosten durch Flug, Eisenbahn, Bus und andere öffentliche Verkehrsmittel. Diese Kosten sind in tatsächlicher Höhe erstattungsfähig und durch detaillierte Rechnung bzw. die Kopie des Tickets nachzuweisen.
  2. Dienstkraftfahrzeuge  

    Grundlagen für die Erstattung der Kosten bei der Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen sind die bei der ZABH entstandenen und durch Kostenblätter nachgewiesenen bzw. mit Hilfe der Kapitalwertmethode/Barwertmethode (VV zu § 7 LHO) ermittelten Kosten. Werden mit einem Dienstfahrzeug Fahrten zum Zwecke der Ab- und Zurückschiebung durchgeführt, so werden folgende Entschädigungssätze erstattet:  

    Pkw                  0, 45 Euro/km  
    Transporter        0, 58 Euro/km 

    Voraussetzung für eine Erstattung ist die Vorlage der Ablichtung des Fahrtenbuches.
  3. Dienstleistungsunternehmen 

    Bei Inanspruchnahme eines Dienstleistungsunternehmens werden als Höchstsatz für Personalkosten 20 Euro pro Stunde und 0,65 Euro pro gefahrenen Kilometer erstattet. Diese Höchstsätze verstehen sich inklusive der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

    Die detaillierten Abrechnungen sind beizufügen.
    Die haushaltsrechtlichen Grundsätze sind bei der Auswahl und dem Einsatz des Dienstleistungsunternehmens zu beachten.

    Personalkosten, die nicht durch eine erforderliche amtliche Begleitung entstanden sind, sind nicht erstattungsfähig.
7.4.2 Dolmetscherkosten

Die Erstattung der Dolmetscherkosten erfolgt nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

Bei der Abrechnung der Dolmetscherkosten ist in geeigneter Form nachzuweisen, dass diese im Rahmen einer Anhörung gemäß § 28 Absatz 1 VwVfG angefallen sind. Weiterhin sind Kosten erstattungsfähig, welche für vorbereitende Maßnahmen einer Abschiebung entstehen (z. B. nochmalige Selbstangabe, Bestätigung der Reisefähigkeit durch einen Arzt) und Kosten für Maßnahmen, die den Abbruch einer Abschiebung verhindern, z. B. bei Renitenz der abzuschiebenden Person.

7.4.3 Kosten für Passpapiere

Auslagen für Passersatzpapiere und Passbilder werden in tatsächlicher Höhe erstattet, soweit sie keine Verwaltungsgebühren enthalten. Die Kostenerstattung erfolgt nach Vorlage entsprechender Belege.

7.4.4 Nicht erstattungsfähige Kosten

Nicht erstattungsfähig gemäß § 44 Absatz 2 OBG sind die nachfolgend aufgeführten Kosten:

  1. Verwaltungsgebühren, die bei der Beschaffung von Passersatzpapieren anfallen (§ 8 Absatz 1 VwVfG). Diese Leistungen sind im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) erstattungsfähig. Im Übrigen werden Auslagen unter 35,00 Euro gemäß § 8 Absatz 1 Satz 2 VwVfG nicht erstattet.
  2. Kosten, die durch einen anderen Rechtsträger zu erstatten sind (z. B. Polizei, Bundespolizei oder Gerichte).
  3. Kosten der Heimunterbringung; dies sind Leistungen nach dem AsylbLG. Kostenträger ist das örtlich zuständige Sozialamt.
  4. Kosten für eine medizinische Betreuung; dies sind Leistungen nach dem AsylbLG. Kostenträger ist das örtlich zuständige Sozialamt.
  5. Kosten für Übergepäck der abzuschiebenden Person.
7.4.5 Kosten der Vollzugshilfe

Wird eine kostenpflichtige Maßnahme im Wege der Amtshilfe durchgeführt, erfolgt die Durchführung der Amtshilfe nach dem für die ersuchte Behörde geltenden Recht (§ 7 VwVfG). Nr. 7.3. bleibt unberührt.

Abschiebungskosten, die der Ausländerbehörde eines anderen Bundeslandes durch eine Abschiebung im Wege der Amtshilfe tatsächlich entstehen, sind dieser durch die ZABH auf Antrag nach Maßgabe des § 8 VwVfG zu erstatten. Stehen auf Grund einer von der ausländischen Person einbehaltenen Sicherheitsleistung ausreichende Mittel zur Verfügung oder ist ersichtlich, dass die Abschiebungskosten von der ausländischen Person oder einem anderen Kostenschuldner durch Leistungsbescheid erhoben werden können, sind der Ausländerbehörde des anderen Bundeslandes auch sonstige Abschiebungskosten nach § 67 Absatz 1 AufenthG zu erstatten (§ 8 Absatz 2 VwVfG).

Führt die ZABH eine Abschiebung im Wege der Amtshilfe für eine Behörde aus einem anderen Bundesland durch, beantragt sie bei der ersuchenden Behörde die Erstattung der Kosten entsprechend den vorstehenden Grundsätzen.

8. Statistik

8.1 Ausreisestatistik

Die ZABH erstellt im Auftrag des MIK eine Ausreisestatistik nach beigefügter Anlage 3. Die Ausländerbehörden berichten der ZABH bis zum 10. des Folgemonats in Form der ausgefüllten Anlage 4 über stattgefundene freiwillige Ausreisen.

8.2 Datenübemittlung zur Strukturierung und Systematisierung des Abschiebungsvollzugs im Land Brandenburg

Die ZABH erstellt zur Strukturierung und Systematisierung des Abschiebungsvollzugs eine Übersicht aller nach dem AZR ausreisepflichtigen Personen im Land Brandenburg. Hierfür berichten die Ausländerbehörden MIK, Referat 21 (auslaenderangelegenheiten@mik.brandenburg.de) quartalsmäßig zum 30.9., 30.12., 30.3. und zum 30.6. eines Jahres in Form der ausgefüllten Anlage 5 das Ergebnis ihrer Sichtung aller nach dem AZR ausreisepflichtigen Personen in ihrem Zuständigkeitsbereich. In der Tabelle sind folgende Sachverhalte zu erfassen:

a. Ausreisepflichtige insgesamt (Spalte1)
Hier ist die Anzahl der Personen geordnet nach Herkunftsland anzugeben, die nach dem AZR gemäß § 50 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) oder nach § 7 FreizügG/EU (Unionsbürger) ausreisepflichtig sind.

b. Davon mit Reisepapieren (von Spalte 1)
Einzutragen ist hier die Anzahl der nach dem AZR ausreisepflichtigen Personen, bei denen ein gültiger Reisepass oder ein gültiges Passersatzpapier vorliegt.

c. Davon DÜ-Fälle (von Spalte 1)
Hier ist die Anzahl der nach dem AZR ausreisepflichtigen Personen zu erfassen, bei denen das BAMF aufgrund der Zuständigkeit eines anderen europäischen Mitgliedstaates oder sicheren Drittstaates nach der Dublin-III-Verordnung den Asylantrag als unzulässig abgelehnt und gemäß § 34a Absatz 1 AsylG die Überstellung in diesen angeordnet hat.

d. Vollziehbar Ausreisepflichtige insgesamt (Spalte 4)
Einzutragen ist hier die Anzahl der nach dem AZR ausreisepflichtigen Personen, bei denen die bestehende Ausreisepflicht gemäß § 58 Absatz 2 AufenthG vollziehbar ist. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf Nummer 4.1 dieser Weisung hingewiesen.

e. Davon mit nicht nur vorübergehenden Abschiebungshindernissen (von Spalte 4)
Hier ist die Anzahl der vollziehbar ausreisepflichtigen Personen einzutragen, bei denen nicht nur ein vorübergehendes Abschiebungshindernis nach §§ 60a ff. AufenthG vorliegt. Vorübergehend ist ein Abschiebungshindernis, soweit es nur einen absehbaren Zeitraum (z. B. akute Erkrankung) betrifft, vgl. Ziffer 3.2.2. Nicht nur vorübergehende Abschiebungshindernisse stellen auch die Duldungstatbestände des § 60b (Duldung für Personen mit ungeklärter Identität), des § 60c (Ausbildungsduldung) und des § 60d (Beschäftigungsduldung) dar. Bei der Duldung nach § 60b AufenthG liegt ein nicht nur vorübergehendes Abschiebungshindernis vor, soweit die Beschaffung von Reisepapieren aufgrund der ungeklärten Identität, einer Identitätstäuschung oder anderer, nicht im Verantwortungsbereich der Behörde liegenden Hindernisse, nicht innerhalb der nächsten neun Monate möglich ist und die ZABH der zuständigen Ausländerbehörde dies mitgeteilt hat. Davon unberührt bleiben Vollzugshindernisse, die neben dem Duldungstatbestand des § 60b AufenthG bestehen. Diese sind gesondert zu prüfen.

f. Davon nicht nur vorübergehend unbekannten Aufenthalts (von Spalte 4)
Hier ist die Anzahl der vollziehbar ausreisepflichtigen Personen einzutragen, die nicht nur vorübergehend unbekannten Aufenthalts sind. Eine vollziehbar ausreisepflichtige Person gilt als nicht nur vorübergehend unbekannten Aufenthalts, soweit der zuständigen Ausländerbehörde seit mehr als einem Monat keine Erkenntnisse zum Aufenthaltsort der Person vorliegen beziehungsweise keine Meldeadresse bekannt ist, unter der der Betroffene erreichbar ist. Auch Kirchenasylfälle sind hier mitzuzählen.

g. Davon in Auslieferungs-/Strafhaft (von Spalte 1)
Hier ist die Anzahl der ausreisepflichtigen Personen einzutragen, die sich in Auslieferungs- oder Strafhaft befinden. Der Antritt der Auslieferungs- und Strafhaft wird gemäß § 74 Absatz 2 AufenthV den ABHs durch die Strafvollzugsbehörde mitgeteilt.

9. Inkrafttreten

Diese Allgemeine Weisung tritt mit Bekanntgabe in Kraft. Gleichzeitig treten die Allgemeine Weisung Nr. 7/2019 vom 28. August 2019 und die Allgemeine Weisung Nr. 4/2020 vom 3. Juni 2020 außer Kraft.

Die Regelungen dieser Allgemeinen Weisung werden innerhalb von fünf Jahren ab Inkrafttreten auf ihre Wirksamkeit evaluiert.