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Einrichtung einer Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Land Brandenburg

Einrichtung einer Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Land Brandenburg
vom 17. November 2022
(JMBl/23, [Nr. 2], S.38)

I.

Einrichtung einer Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität bei der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg

Der Landtag des Landes Brandenburg hat in seiner 33. Sitzung am 27. Januar 2021 beschlossen:

„Der Landtag fordert die Landesregierung auf, einen Beauftragten gegen Hasskriminalität bei der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg zu bestellen. Zur effektiven Verfolgung von Hate-Speech-Delikten und digitaler Gewalt sollen das Fachwissen und die erforderlichen Ressourcen zentral gebündelt werden. Neben der Koordinierung der Zusammenarbeit bei überregionalen Verfahren im Bereich der Hassgewalt wird der Beauftragte gegen Hasskriminalität mit der Aufgabe der Beratung der Staatsanwaltschaften in fachspezifischen Fragen betraut. Dabei soll auch die juristische Aus- und Fortbildung an veränderte Herausforderungen des strafbaren Hasses im Netz für die Strafverfolgung angepasst werden.

Die Umsetzung erfolgt im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel und Personalstellen des Ministeriums der Justiz.“

In Umsetzung dieses Beschlusses ist bei der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg zum 1. Juli 2021 eine Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität eingerichtet worden.

II.

Aufgaben der Zentralstelle

  1. Der Zentralstelle obliegen die Koordination und Kooperation mit anderen Bundes- und Landesbehörden und -einrichtungen, insbesondere BKA, Bundes- und Landespolizeien und Verfassungsschutz. Zudem gewährleistet sie den Kontakt und den Informationsaustausch mit der Koordinierungsstelle „Tolerantes Brandenburg“ sowie zivilgesellschaftlichen Betroffenenverbänden.
  2. Die Zentralstelle initiiert und koordiniert den fachlichen Austausch zwischen den für die Verfolgung von Hasskriminalität zuständigen Abteilungen der Staatsanwaltschaften des Landes Brandenburg.
  3. In Verfahren mit überregionalem Bezug koordiniert sie zudem die Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden.
  4. Des Weiteren berät sie die Staatsanwaltschaften in fachspezifischen Fragestellungen u. a. durch Auswertung von Literatur und Rechtsprechung.
  5. Zur Zuständigkeit der Zentralstelle gehört auch das „Controlling“ von Hasskriminalität, d. h. sie übt in Einzelfällen die Fachaufsicht über die Staatsanwaltschaften des Landes aus, macht ihnen Vorgaben von allgemeinen Bearbeitungshinweisen und ermittelt Defizite bei der Verfolgung von Hasskriminalität.
  6. Darüber hinaus ermittelt die Zentralstelle Aus- und Fortbildungsbedarf im Hinblick auf neue Herausforderungen der Hasskriminalität und veranlasst diesen.
  7. Bei Presse- und Öffentlichkeitsarbeit arbeitet die Zentralstelle mit der Pressesprecherin bzw. dem Presssprecher der Generalstaatsanwaltschaft bzw. den Pressesprecherinnen und Pressesprechern der örtlichen Staatsanwaltschaften zusammen.
  8. Über ihre Tätigkeit erstellt die Zentralstelle jährlich einen Bericht.

III.

Definition „Hasskriminalität“

In Anlehnung an die Definition der Hasskriminalität des Bundeskriminalamtes wird der Bekämpfung von Hasskriminalität im Land Brandenburg folgende Definition zugrunde gelegt:

Hasskriminalität bezeichnet politisch motivierte Straftaten, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung der Täterin/des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie aufgrund von Vorurteilen der Täterin/des Täters bezogen auf

  • Nationalität
  • ethnische Zugehörigkeit
  • Hautfarbe
  • Religionszugehörigkeit
  • sozialen Status
  • physische und/oder psychische Behinderung oder Beeinträchtigung
  • Geschlecht/sexuelle Identität
  • sexuelle Orientierung
  • äußeres Erscheinungsbild oder ähnliche Eigenschaften oder Zugehörigkeiten von Menschen

begangen werden.

Bei der Würdigung der Umstände der Tat ist neben anderen Aspekten auch die Sicht der/des Betroffenen miteinzubeziehen.

Die politische Motivation der Straftat ergibt sich dabei gerade daraus, dass sie aufgrund von Vorurteilen der vorgenannten Art begangen wird.

Straftaten der Hasskriminalität können

  • sich unmittelbar gegen eine Person oder Personengruppe, eine Institution oder ein Objekt/eine Sache richten, welche(s) seitens der Täterin/des Täters einer der oben genannten gesellschaftlichen Gruppen zugerechnet wird (tatsächliche oder zugeschriebene Zugehörigkeit)

oder

  • sich im Zusammenhang mit den vorgenannten Vorurteilen der Täterin/des Täters gegen ein beliebiges Ziel richten.

Ist die Tat durch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonst menschenverachtende Beweggründe oder Ziele im Sinne von § 46 Absatz 2 Satz 2 Fallgruppe 1 StGB bestimmt, liegt regelmäßig Hasskriminalität vor.

IV.

Wahrnehmung der Aufgaben der Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität

Die in Ziffer I genannten Aufgaben der Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität werden bei der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg von einer Dezernentin und einem Dezernenten entsprechend dem geltenden Geschäftsverteilungsplan der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg wahrgenommen.

Der jährliche Tätigkeitsbericht der Zentralstelle wird jeweils zum 30. April des auf das Jahr des Tätigkeitsberichts folgenden Geschäftsjahres erstellt werden.

V.

Bearbeitungszuständigkeiten/Verfahrensbehandlung bei den Staatsanwaltschaften des Landes

1.
Ermittlungsverfahren, die Straftaten der Hasskriminalität im Sinne der Definition zu Ziffer II zum Gegenstand haben, werden grundsätzlich in der politischen Abteilung der jeweils örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft konzentriert, sofern nicht die Sonderzuständigkeit der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Cottbus gemäß Ziffer I.2b der Allgemeinen Verfügung des Ministers der Justiz zur Bestimmung der Staatsanwaltschaft Cottbus zur Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Computer- und Datennetzkriminalität, datenschutzrechtlicher Verstöße sowie gewaltdarstellender, pornographischer oder sonstiger jugendgefährdender Schiften vom 7. März 2014 (3262-III.002/05) besteht oder es sich um ein Verfahren von besonderer Bedeutung oder besonderem Umfang handelt.

Eventuell bei einer örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft eingehende Verfahren sind im Falle der Bearbeitungszuständigkeit der Schwerpunktabteilung in Cottbus dieser zur Prüfung der Übernahme vorzulegen.

Verfahren von besonderer Bedeutung oder besonderem Umfang sind dem Generalstaatsanwalt zum Zwecke der Prüfung der Übernahme gemäß § 145 Absatz 1 GVG vorzulegen.

Um ein Verfahren von besonderer Bedeutung handelt es sich, wenn sich das Verfahren gegen Mitglieder der Bundes- oder einer Landesregierung, gegen Mitglieder des Bundes- oder eines Landtages oder gegen herausgehobene Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens richtet.

Besonders umfangreich ist ein Verfahren in der Regel, wenn es sich

  • gegen eine große Zahl von Beschuldigten richtet oder
  • eine große Anzahl von Strafanzeigen/Straftaten verfahrensgegenständlich sind

und voraussichtlich Erhebung der öffentlichen Klage zur gro­ßen Strafkammer erfolgen wird.

2.
Werden gegen eine Beschuldigte/einen Beschuldigten mehrere Ermittlungsverfahren, die Hasskriminalität im Sinne der Definition zu Ziffer III zum Gegenstand haben, bei verschiedenen Staatsanwaltschaften des Landes geführt, ist die Konzentration an einem Standort unter den Aspekten Verfahrensschwerpunkt, Wohnort, Fortschritt der Ermittlungen etc. zu prüfen. Die Abstimmung erfolgt unmittelbar zwischen den beteiligten Staatsanwaltschaften. Im Streitfall entscheidet der Generalstaatsanwalt.

3.
Bei den Staatsanwaltschaften des Landes werden Ansprechpartner für die Bekämpfung von Hasskriminalität bestellt.

Die Aufgabe des Ansprechpartners für technische Fragen bei unter Nutzung von Datennetzen begangenen Straftaten der Hasskriminalität obliegt den Dezernentinnen und Dezernenten der Schwerpunktabteilung bzw. ihrer Leiterin oder ihrem Leiter.

VI.

Berichtspflichten

Ungeachtet im Einzelfall bestehender Berichtspflichten nach BeStra fertigen die Leitenden Oberstaatsanwältinnen/die Leitenden Oberstaatsanwälte zum Stichtag 30. März eines Jahres einen Bericht an den Generalstaatsanwalt, der sich zu Eingang und Erledigung der im vergangenen Geschäftsjahr wegen Hasskriminalität im Sinne der Definition zu Ziffer II bearbeiteten Ermittlungsverfahren, eventuelle Schwierigkeiten bei der Verfahrensbearbeitung oder der Zusammenarbeit mit anderen Behörden und gegebenenfalls bestehenden Fortbildungsbedarf verhält. Zudem sollen jeweils der Sachverhalt und der Verfahrenstand zu zwei für bedeutsam erachteten Verfahren dargestellt werden.

VII.

Erreichbarkeit

Der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg
Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität
Steinstraße 61
14776 Brandenburg an der Havel
Telefonnummer: 03381/2082-0
Telefaxnummer: 03381/2082-290
E-Mail: ZSt-HK-BB@gsta.brandenburg.de

VIII.

Inkrafttreten

Die Rundverfügung tritt mit Wirkung vom 17. November 2022 in Kraft und ersetzt die Rundverfügung vom 1. Juli 2021.

gez. Dr. Behm