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Anfragen und Auskunftsersuchen für wissenschaftliche Zwecke

Anfragen und Auskunftsersuchen für wissenschaftliche Zwecke
vom 8. April 1999
(JMBl/99, [Nr. 5], S.59)

zuletzt geändert durch Allgemeine Verfügung vom 14. Februar 2008
(JMBl/08, [Nr. 3], S.30)

Außer Kraft getreten am 1. Februar 2013 durch Allgemeine Verfügung vom 7. Dezember 2012
(JMBl/13, [Nr. 1], S.2)

I.

Für die Behandlung von Anfragen, Auskunftsersuchen und Anträgen auf Akteneinsicht oder Durchführung von Befragungen, die von wissenschaftlichen Institutionen oder Einzelpersonen zur Durchführung von Forschungsvorhaben oder sonstigen wissenschaftlichen Ausarbeitungen an Justizbehörden gerichtet werden, gelten unbeschadet der Regelungen des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes folgende Richtlinien:

1. Zuständigkeit

1.1 Vorbehaltlich der Nummern 1.2 bis 1.4 entscheidet der Leiter der Behörde, die über die Daten verfügt, die be­treffenden Akten führt oder bei der die Befragung stattfinden soll. Soweit das Justizprüfungswesen betroffen ist, entscheidet der Präsident des Gemeinsamen Juristischen Prüfungsamtes der Länder Berlin und Brandenburg.

1.2 Betrifft das Ersuchen um Unterstützung eines Forschungsvorhabens erkennbar mehrere Gerichte oder Staatsanwaltschaften, entscheiden die Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg und des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg und der Generalstaatsanwalt als übergeordnete Behörde jeweils für ihren Geschäftsbereich.

1.3 Soweit das Ersuchen mehrere Justizvollzugsanstalten betrifft oder anstaltsübergreifende Belange berührt werden und bei Forschungsvorhaben bei einzelnen Justizvollzugsanstalten, die für den Strafvollzug von besonderem Interesse sind, entscheidet das MdJ.

1.4 Das MdJ entscheidet auch, wenn erkennbar mehrere Geschäftsbereiche betroffen sind oder wenn für die Durchführung des Forschungsvorhabens die Zusammenarbeit mit einem anderen Landes- oder mit einem Bundesministerium erforderlich ist oder wenn eine Auslandsberührung vorliegt.

1.5 Für den Fall, dass die Entscheidung dem MdJ obliegt und Belange der gemeinsamen Fachobergerichte berührt werden, ist das Einvernehmen mit der zuständigen Senatsverwaltung in Berlin herzustellen.

2. Geschäftliche Behandlung

2.1 Allgemeines

Forschungsvorhaben sind zu unterstützen, sofern rechtliche Gründe oder dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Erfordert das Ersuchen umfangreiche Ermittlungen (z. B. die Heranziehung und Auswertung von Akten), die mit erheblichem personellen, organisatorischen, oder kostenverursachenden Einsatz verbunden wären, oder zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Dienstgeschäfte führen würden, so soll es, wenn nicht ein überwiegendes Interesse allgemeiner, dienstlicher oder wissenschaftlicher Art an dem Forschungsvorhaben besteht, unter Hinweis auf die Geschäftsbelastung der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten abgelehnt werden.

2.2 Übermittlung personenbezogener Daten

2.2.1 Die Voraussetzungen für eine Datenverarbeitung mit Einwilligung der Betroffenen (z. B. bei Befragungen und Interviews) richten sich nach §§ 4, 28 Abs. 1 BbgDSG.

2.2.2 Soweit bereichsspezifische gesetzliche Regelungen fehlen, beurteilt sich die datenschutzrechtliche Zulässigkeit für die Übermittlung personenbezogener Daten ohne Einwilligung der Betroffenen an andere Stellen oder Personen nach § 28 Abs. 2 BbgDSG. Danach dürfen Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten personenbezogene Daten ohne Einwilligung für ein bestimmtes Forschungsvorhaben erheben, speichern, verändern, nutzen und an andere Stellen oder Personen zu diesem Zweck übermitteln, wenn

  • schutzwürdige Belange des Betroffenen wegen der Art der Daten, wegen ihrer Offenkundigkeit oder wegen der Art der Verwendung nicht beeinträchtigt werden,
  • eine Rechtsvorschrift dies vorsieht oder
  • das MdJBE als zuständige oberste Aufsichtsbehörde festgestellt hat, dass das öffentliche Interesse an der Durchführung des Forschungsvorhabens die schutzwürdigen Belange des Betroffenen überwiegt und der Zweck der Forschung nicht auf andere Weise oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erreicht werden kann.

2.2.3 Ein Überwiegen des öffentlichen Interesses liegt in der Regel dann vor, wenn ein Allgemeininteresse an der Durchführung gerade dieses Forschungsvorhabens besteht.
Bei Prüfungsarbeiten oder Dissertationen ist hiervon regelmäßig nur dann auszugehen, wenn sie Teil eines größeren Vorhabens - z. B. einer Universität - sind. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die persönlichkeitsrechtliche Bedeutung von personenbezogenen Daten nicht allein vom Inhalt der Daten, sondern von ihrem Verwendungszusammenhang abhängt, und dass die Wissenschaft in den meisten Forschungsgebieten nicht an der Identität der einzelnen Personen, sondern allein an dem Individuum als Träger bestimmter Merkmale interessiert ist.

2.2.4 Der wissenschaftliche Zweck der Datenverarbeitung muss unter Nennung eines konkreten Forschungsziels dargelegt werden.

2.2.5 Soweit die Vorschriften des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes auf den Empfänger keine Anwendung finden, muss dieser eine schriftliche Verpflichtungs- und gegebenenfalls Unterwerfungserklärung abgeben, deren Inhalt sich im Einzelnen auf § 28 Abs. 4 BbgDSG ergibt.

2.2.6 Die Entscheidung, mit der eine Übermittlung personenbezogener Daten gestattet wird, ist mit der Auflage zu verbinden, die Daten zu einem möglichst frühen Zeitpunkt der Verarbeitung zu anonymisieren oder zu löschen.

2.3 Unterrichtung des Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht

2.3.1 Soweit ein Forschungsvorhaben innerhalb des Landes Brandenburg durchgeführt wird, haben die öffentlichen Stellen, die die Daten übermitteln, den Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht zu unterrichten (§ 28 Abs. 2 Satz 4 BbgDSG).

2.3.2 Erfolgt die Datenübermittlung an Personen oder Stellen außerhalb des Geltungsbereichs des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes, so ist die für den Empfänger zuständige Datenschutzkontrollbehörde zu unterrichten (§ 28 Abs. 4 Satz 2 BbgDSG).

II.

Diese Allgemeine Verfügung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Potsdam, den 8. April 1999

Der Minister der Justiz und für Bundes- und Europaangelegenheiten
In Vertretung

Dr. Faupel