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Verwaltungsvorschriften für bilingualen Unterricht an den allgemein bildenden und beruflichen Schulen im Land Brandenburg (VV-Bilingualer Unterricht - VVBilU)

Verwaltungsvorschriften für bilingualen Unterricht an den allgemein bildenden und beruflichen Schulen im Land Brandenburg (VV-Bilingualer Unterricht - VVBilU)
vom 12. Mai 2022
(Abl. MBJS/22, [Nr. 22], S.270)

Auf Grund des § 146 des Brandenburgischen Schulgesetzes (BbgSchulG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 02. August 2002 (GVBI. I S. 78) bestimmt die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport:

Inhalt

1 Geltungsbereich
2 Begriffsbestimmungen
3 Einrichtung bilingualer Unterrichtsformen
4 Unterricht
5 Leistungsfeststellung und Leistungsbewertung
6 Abiturprüfungen
7 Bescheinigungen
8 Lehrkräfte und Fachkonferenzen
9 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Anlage 1 Bescheinigung über den Besuch des bilingualen Sachfachunterrichts zum Abschluss der Jahrgangsstufe 10

Anlage 2 Bescheinigung über den Besuch des bilingualen Sachfachunterrichts zum Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife

1 Geltungsbereich

Diese Verwaltungsvorschriften gelten für die Erteilung von bilingualem Unterricht in allen Bildungsgängen an den allgemein bildenden Schulen und den beruflichen Schulen. Sie ergänzen die in den jeweiligen Verordnungen und deren Verwaltungsvorschriften getroffenen Regelungen zu bilingualem Unterricht.1

2 Begriffsbestimmungen

(1) Bilingualer Unterricht ist Sachfachunterricht, der überwiegend in einer modernen Fremdsprache durchgeführt wird.

(2) Sachfächer im Sinne der Regelung sind alle nicht-sprachlichen Fächer, d. h. alle Unterrichtsfächer mit Ausnahme von Deutsch und den Fremdsprachen.

(3) Bilingualer Unterricht wird in folgenden Organisationsformen angeboten:

  1. als kontinuierlich erteilter bilingualer Sachfachunterricht
    1. als bilingualer Zug, d. h. fremdsprachiger Unterricht in mindestens einem Sachfach, der spätestens in der Jahrgangsstufe 9 beginnt, mindestens zwei Schuljahre dauert und bis zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife fortgesetzt werden kann,
    2. als phasenweise erteilter bilingualer Sachfachunterricht, d. h. ein mindestens einjähriger fremdsprachiger Unterricht in mindestens einem Sachfach,
  2. als in Modulform erteilter bilingualer Sachfachunterricht

    Bilinguale Module sind eine inhaltlich und organisatorisch offene Umsetzung bilingualen Unterrichts, in der in einem Sachfach über einen zeitlich und/oder inhaltlich begrenzten Abschnitt des Unterrichts die Zielsprache als überwiegende Unterrichtssprache verwendet wird. Zum modularen Angebot im weiteren Sinn sind auch bilinguale Projekte zu rechnen, die im Rahmen der verbindlichen Stundentafel durchgeführt werden.

3 Einrichtung bilingualer Unterrichtsformen

(1) Bilingualer Unterricht gemäß Nummer 2, Absatz 3, Punkt 1.a und b kann auf Antrag der Schule im Rahmen der Kontingentstundentafel eingerichtet werden. Die Genehmigung erteilt das staatliche Schulamt. Dem Antrag auf Genehmigung beim staatlichen Schulamt ist die schuleigene Konzeption zum bilingualen Unterricht beizufügen, die Bestandteil des Schulprogramms ist. Dabei sind insbesondere die Unterstützungsmaßnahmen zum Erwerb einer vertieften Sprachkompetenz sowie begleitende Projekte wie Schüleraustausch-programme, Schulpartnerschaften, Kontakte zu Institutionen oder Einrichtungen in den Ländern, in denen die Zielsprache Amts- oder Arbeitssprache ist, darzustellen. Die Wahl des entsprechenden Sachfachs ist zu begründen. Bilingualer Unterricht gemäß Nummer 2, Absatz 3, Punkt 1.a und b kann nur eingerichtet werden, wenn die vorgeschriebenen Frequenzrichtwerte und Bandbreiten für die Klassenbildung in der jeweiligen Schulform gemäß VV-Unterrichtsorganisation erreicht werden.

Bei anerkannten Schulen in freier Trägerschaft ist der Antrag unter Wahrung der Vorschriften zur Änderung eines Genehmigungsbescheides durch den Träger beim für Schule zuständigen Ministerium zu stellen; Frequenzrichtwerte sind nicht entscheidungsrelevant.

(2) Die Schule informiert und berät Schülerinnen und Schüler sowie die Erziehungsberechtigten in angemessener Weise über die Angebote und die Ausgestaltung des bilingualen Unterrichts an der Schule.

(3) Wird bilingualer Unterricht in der Primarstufe durchgeführt, erfolgt eine Darlegung der Stundenverteilung bei der Sicherung des verpflichtend ab Jahrgangsstufe 3 zu erteilenden Fremdsprachenunterrichts.

(4) Für die Aufnahme in den bilingualen Unterricht gemäß Nummer 2, Absatz 3, Punkt 1.a und b im Rahmen der verfügbaren Kapazitäten ist an Schulen in öffentlicher Trägerschaft ein Antrag der Erziehungsberechtigten, bei Volljährigkeit ein Antrag der Schülerin oder des Schülers an die Schulleiterin oder den Schulleiter zu stellen. Die Entscheidung über die Aufnahme einer Schülerin oder eines Schülers in den bilingualen Unterricht gemäß Nummer 2, Absatz 3, Punkt 1.a und b trifft in diesem Fall die Schulleiterin oder der Schulleiter. Die Schulleiterin oder der Schulleiter kann Mitglieder der Schulleitung, der erweiterten Schulleitung oder andere geeignete Lehrkräfte der Schule bestimmen, die sie oder ihn bei der Entscheidung unterstützen. Für die Teilnahme am bilingualen Unterricht gemäß Nummer 2, Absatz 3, Punkt 2 ist kein Aufnahmeverfahren erforderlich. 

(5) Schülerinnen und Schüler in der Einführungsphase und in der Qualifikationsphase an Gesamtschulen und beruflichen Gymnasien sowie Schülerinnen und Schüler in der Qualifikationsphase an Gymnasien können an einem bilingualen Bildungsangebot in der Regel nur teilnehmen, wenn:

  • sie in der Zielsprache in der Sekundarstufe I an einem bilingualen Bildungsangebot teilgenommen und verstärkten Unterricht in der Zielsprache erhalten haben oder
  • sie in einem Land, in dem die Zielsprache Amtssprache ist, einen mindestens halbjährigen Auslandsaufenthalt nachweisen oder
  • für sie die Zielsprache Muttersprache oder Amtssprache des Herkunftslandes ist.

(6) Ein Ausscheiden aus dem bilingualen Zug ist auf Antrag der Erziehungsberechtigten, bei Volljährigkeit auf Antrag der Schülerin oder des Schülers, erstmals nach zwei Schuljahren, danach am Ende der Jahrgangsstufe 10 sowie am Ende der Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe möglich. Der Wechsel in eine nicht bilinguale Parallelklasse oder Lerngruppe erfolgt grundsätzlich zu Beginn des jeweils folgenden Schuljahres. In begründeten Ausnahmefällen, insbesondere wenn die Mängel in der Zielsprache so gravierend sind, dass eine Schülerin oder ein Schüler auf absehbare Zeit voraussichtlich nicht mindestens ausreichende Leistungen erzielen wird, kann die Klassenkonferenz auf Antrag der Erziehungsberechtigten bis einschließlich Jahrgangsstufe 9 ein früheres Ausscheiden zulassen, jedoch nur zum Ende eines Schulhalbjahres. Ein Anspruch auf einen Wechsel innerhalb der Schule besteht nur, wenn freie Plätze in einem Regelzug vorhanden sind.

(7) Bilingualer Unterricht gemäß Nummer 2, Absatz 3 kann abgebrochen oder nicht mehr angeboten werden, wenn schulorganisatorische Gründe vorliegen.

4 Unterricht

(1) Dem bilingualen Unterricht gemäß Nummer 2, Absatz 3, Punkt 1.a und b kann eine zweijährige Vorbereitungsphase durch einen erweiterten Fremdsprachenunterricht mit jeweils mindestens einer zusätzlichen Wochenstunde vorangestellt werden.

(2) Anstelle des vorbereitenden erweiterten Fremdsprachenunterrichts können Schulen den bilingualen Unterricht mit jeweils mindestens einer zusätzlichen verpflichtenden Wochenstunde verstärken.

(3) Für den bilingualen Unterricht gelten der Rahmenlehrplan 1-10 Berlin/Brandenburg sowie die Rahmenlehrpläne für die gymnasiale Oberstufe Brandenburg für die jeweiligen Zielfremdsprachen und Sachfächer in der jeweils geltenden Fassung. Die Förderung der sprachlichen Fähigkeit in der Zielsprache findet unterrichtsbegleitend statt. Darüber hinaus ist durch die unterrichtende Lehrkraft die Kenntnis der im fremdsprachigen Sachfachunterricht vermittelten Fachbegriffe auf Deutsch zu gewährleisten.

5 Leistungsfeststellung und Leistungsbewertung

(1) Bei der Leistungsbewertung im bilingualen Unterricht sind die fachlichen Leistungen im Sachfachunterricht zu beurteilen. Es gelten die curricularen Vorgaben des Sachfachs.

(2) Leistungsfeststellungen werden in der Sprache durchgeführt, in der das jeweilige Sachfach überwiegend unterrichtet worden ist. Im bilingualen Unterricht gemäß Nummer 2, Absatz 3, Punkt 1.a und b werden bei fremdsprachlich zu erbringenden Leistungen nur die Leistungen bewertet, die dem Sachfach zuzuordnen sind. Bei Verständnisproblemen oder fehlender Fachterminologie kann in Ausnahmefällen auf die deutsche Sprache zurückgegriffen werden.

(3) In Sachfächern mit bilingualen Modulen gemäß Nummer 2, Absatz 3, Punkt 2 können schriftliche Arbeiten fremdsprachige Elemente enthalten. In der gymnasialen Oberstufe sind fremdsprachige Elemente in Klausuren zu Beginn eines jeden Schulhalbjahres anzukündigen.  

(4) Die im Rahmen des erweiterten Fremdsprachenunterrichts gemäß Nummer 4, Absatz 1 erbrachten Leistungen fließen in die Gesamtnote für die jeweilige Zielsprache ein.

(5) Die Leistungen der Schülerinnen und Schüler im bilingualen Unterricht gemäß Nummer 2, Absatz 3, Punkt 1.a und b sind ausgleichs- und versetzungsrelevant.

(6) Die in der gymnasialen Oberstufe im Rahmen des Seminarkurses anzufertigende schriftliche Arbeit oder Dokumentation sowie die damit verbundene Präsentation können in der Zielsprache erfolgen, wenn der zu Grunde liegende Seminarkurs im bilingualen Unterricht besucht wurde. Gleiches gilt für die Erstellung der schriftlichen Arbeit oder Dokumentation sowie das Kolloquium im Rahmen der Besonderen Lernleistung und den Anderen Leistungsnachweis.

6 Abiturprüfungen

(1) Abiturprüfungen werden in der Sprache durchgeführt, in der das jeweilige Sachfach in der Qualifikationsphase überwiegend unterrichtet worden ist.

(2) Wird ein fremdsprachiges Sachfach als schriftliches Abiturprüfungsfach gewählt, erstellt die Schule eigene Aufgabenvorschläge gemäß § 23 Absatz 3 Gymnasiale-Oberstufe-Verordnung.

(3) Sofern ein Fach mit bilingualen Modulen gemäß Nummer 2, Absatz 3, Punkt 2 als Abiturprüfungsfach gewählt wird, findet die Prüfung in deutscher Sprache statt.

7 Bescheinigungen

(1) Die Teilnahme am erweiterten Fremdsprachenunterricht und am bilingualen Unterricht ist auf dem Zeugnis unter „Bemerkungen“ auszuweisen.

(2) Schülerinnen und Schüler, die den bilingualen Unterricht gemäß Nummer 2, Absatz 3, Punkt 1.a und b erfolgreich absolviert haben, erhalten zusammen mit dem Abschluss- oder Abgangszeugnis oder mit dem Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife eine Bescheinigung gemäß Anlage 1 oder 2. Der bilinguale Zug oder der phasenweise erteilte bilinguale Sachfachunterricht gilt als erfolgreich absolviert, wenn mindestens ausreichende Leistungen am Ende der Jahrgangsstufe 10 bzw. mindestens fünf Punkte im letzten Kurshalbjahr der Qualifikationsphase der gymnasialen Oberstufe erreicht worden sind.

(3) Die Bescheinigung wird in Deutsch und an Schulen im Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden in deutscher und in sorbischer/wendischer Sprache (zweisprachige Bescheinigung) ausgestellt.

(4) Schülerinnen und Schüler, die aus dem bilingualen Unterricht gemäß Nummer 2, Absatz 3, Punkt 1.a und b vorzeitig ausscheiden, erhalten eine Teilnahmebestätigung, die den Umfang des in der Zielsprache erteilten bilingualen Unterrichts unter Angabe des Sachfachs in den entsprechenden Jahrgangsstufen ausweist.

8 Lehrkräfte und Fachkonferenzen

(1) Bilingualer Unterricht gemäß Nummer 2, Absatz 3, Punkt 1.a und b wird von Lehrkräften mit einer Lehrbefähigung für das unterrichtete Sachfach erteilt, die auch eine Lehrbefähigung für die Zielsprache haben oder deren Muttersprache bzw. Amtssprache des Herkunftslandes die Zielsprache ist. Lehrkräfte, die im Ausland unterrichtet und fremdsprachliche Kompetenzen erworben haben, müssen ein fremdsprachliches Niveau, das vergleichbar mit dem Niveau der Lehrkräfte mit Lehrbefähigung ist bzw. mindestens eine der Niveaustufe C1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER) entsprechende Sprachkompetenz nachweisen. Die gesetzlichen Bestimmungen zur Erteilung von Unterrichtsgenehmigungen für den Einsatz von Lehrkräften an Ersatzschulen bleiben unberührt.

(2) Die Durchführung bilingualen Unterrichts gemäß Nummer 2, Absatz 3, Punkt 1.a und b setzt voraus, dass der Schule mindestens zwei Lehrkräfte mit den in Absatz 1 angeführten Qualifikationen zur Verfügung stehen.

(3) Die Durchführung bilingualen Unterrichts gemäß Nummer 2, Absatz 3, Punkt 2 setzt voraus, dass der Schule mindestens eine Lehrkraft mit den in Absatz 1 angeführten Qualifikationen zur Verfügung steht.

(4) Die Schulleitung beauftragt eine im bilingualen Unterricht eingesetzte Lehrkraft, die Aufgaben der Koordinierung, Organisation, Beratung, Unterstützung und konzeptionellen Weiterentwicklung des bilingualen Unterrichts zu übernehmen.

(5) Um die fremdsprachliche und sachfachliche Qualität des bilingualen Unterrichts zu sichern, haben sich die Fachkonferenzen des jeweiligen Sachfachs und der Zielsprache miteinander abzustimmen. Solange an einer Schule bilinguale Angebote gemäß Nummer 2, Absatz 3 bestehen, ist in jedem Schulhalbjahr mindestens eine gemeinsame Fachkonferenz abzuhalten.

9 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschriften treten am 1. August 2022 in Kraft und mit Ablauf des 31. Juli 2027 außer Kraft.

Potsdam, den 12. Mai 2022

Die Ministerin für
Bildung, Jugend und Sport

Britta Ernst

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1 Für die Organisation des Bildungsganges Abibac, die Gestaltung der Lehrpläne und die Prüfungsordnung zum gleichzeitigen Erwerb der deutschen Allgemeinen Hochschulreife und des französischen Baccalauréat gilt die Verwaltungsabsprache zwischen dem Bevollmächtigten der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten im Rahmen des Vertrags über die deutsch-französische Zusammenarbeit und dem Minister für Erziehung, Hochschulwesen und Forschung der Französischen Republik.

Anlagen

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