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Verwaltungsvorschrift zur Ausführung von § 7 Satz 2 der Brandenburgischen Bauordnung (VV Vorbereitung Grundstücksteilung)

Verwaltungsvorschrift zur Ausführung von § 7 Satz 2 der Brandenburgischen Bauordnung (VV Vorbereitung Grundstücksteilung)
vom 11. August 2022

Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung und des Ministeriums des Innern und für Kommunales (Az. 581-34)

1. Grundsätzliches

1.1 Die Verwaltungsvorschrift regelt das Zusammenwirken von Bauaufsichtsbehörden, Katasterbehörden sowie Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und -ingenieuren bei der Ausführung des § 7 Satz 2 der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO). Sie richtet sich daher an die Landkreise, kreisfreien Städte und die Großen kreisangehörigen Städte, denen die Aufgabe der unteren Bauaufsichtsbehörde übertragen ist, sowie an die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und -ingenieure.

1.2 Für die Durchführung von Liegenschaftsvermessungen im Sinne von § 7 Satz 2 BbgBO sind die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und -ingenieure sowie die Katasterbehörden zuständig. Sie werden im Folgenden als Vermessungsstellen bezeichnet.

1.3 Die Regelung des § 7 Satz 2 BbgBO bewirkt, dass bei der beabsichtigten Teilung eines Grundstücks, das bebaut oder dessen Bebauung genehmigt ist, bereits im Rahmen der vorbereitenden Liegenschaftsvermessung eine Überprüfung erfolgt, die der Entstehung rechtswidriger Verhältnisse entgegenwirkt. Hiervon bleibt die Verantwortung der Grundstückseigentümerin oder des Grundstückseigentümers für die Einhaltung der baurechtlichen Bestimmungen unberührt.

1.4 Zur abschließenden und rechtssicheren Beurteilung komplexer Sachverhalte bei beabsichtigten Grundstücksteilungen, insbesondere bei Zerlegungsmessungen mit bereits bestehenden baurechtswidrigen Zuständen und Fragen des Brandschutzes, können durch die Vermessungsstellen Anfragen an die unteren Bauaufsichtsbehörden gestellt werden. Die unteren Bauaufsichtsbehörden tragen im Rahmen ihrer Beratungsaufgaben zeitnah zu einer baurechtlichen Einschätzung des Sachverhalts bei.

2. Anwendungsbereich

2.1 § 7 Satz 2 BbgBO erstreckt sich ausschließlich auf Grundstücke, die bebaut sind oder deren Bebauung nach § 63 und § 64 BbgBO genehmigt ist. Bauanzeigeverfahren nach § 62 BbgBO werden von § 7 Satz 2 BbgBO nicht erfasst.

2.2 Bestehende baurechtswidrige Zustände auf einem Grundstück stehen einer die Teilung vorbereitenden Liegenschaftsvermessung grundsätzlich nicht entgegen. Die Teilung muss vielmehr kausal für das (erstmalige) Entstehen eines baurechtswidrigen Zustandes sein. Der Teilung von seit langem bebauten Grundstücken, die nicht in Übereinstimmung mit den aktuellen bauordnungsrechtlichen Vorschriften stehen, stehen daher bauordnungswidrige Zustände nur entgegen, wenn diese durch die Teilung verschärft bzw. verfestigt werden1.

2.3 Mögliche Verstöße gegen andere öffentlich-rechtliche Vorschriften (z. B. Denkmalschutz, Wasserrecht) werden von § 7 BbgBO nicht erfasst. Erkennt die Vermessungsstelle solche möglichen Verstöße, informiert sie die Eigentümerin oder den Eigentümer darüber.

3. Bauordnungsrecht

3.1 § 7 Satz 1 BbgBO bestimmt, dass durch die Teilung eines Grundstücks, das bebaut oder dessen Bebauung genehmigt ist, keine Verhältnisse geschaffen werden dürfen, die den Vorschriften der BbgBO oder aufgrund der BbgBO widersprechen. Es sind insbesondere die folgenden Anforderungen zu beachten:

  • Bebauung des Grundstücks mit Gebäuden gemäß § 4 Absatz 1 und 2 BbgBO,
  • Zufahrten nach § 5 Absatz 1 Satz 4 BbgBO,
  • Abstandsflächen, Abstände gem. § 6 BbgBO und § 87 Absatz 2 BbgBO,
  • Brandwände gem. § 30 BbgBO Absatz 2 Satz 1, sowie
  • Bedachungen gem. § 32 BbgBO.

3.2 Die Anforderungen ergeben sich aus dem geltenden Bauordnungsrecht. Der Teilung von bebauten Grundstücken, die nicht in Übereinstimmung mit den aktuellen bauordnungsrechtlichen Vorschriften stehen, stehen bauordnungswidrige Zustände nur entgegen, wenn diese durch die Teilung verschärft bzw. verfestigt werden (vgl. Nr. 2.2).

4. Bauplanungsrecht

4.1 § 19 Abs. 2 BauGB bestimmt nur für den Geltungsbereich eines Bebauungsplans, dass durch die Teilung eines Grundstücks keine Verhältnisse eintreten dürfen, die gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans verstoßen. Damit soll allgemein verhindert werden, dass durch die Teilung die neuen Grundstücke künftig nicht entsprechend der planungsrechtlichen Festsetzungen bebaut werden können. Die Anwendung des § 7 Satz 2 BbgBO ist jedoch auf bebaute Grundstücke oder Grundstücke, deren Bebauung genehmigt ist, beschränkt. Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans sind für diese Fälle insbesondere die folgenden Anforderungen zu beachten:

  • Festsetzungen zur Grundflächenzahl, Grundfläche (§ 19 BauNVO)
  • Festsetzungen zur Geschossflächenzahl, Geschossfläche (§ 20 BauNVO)
  • Festsetzungen zur Baumassenzahl, Baumasse (§ 21 BauNVO)
  • Festsetzungen zur Bauweise (§ 22 BauNVO)
  • Festsetzungen zu Mindestmaßen für die Größe, Breite und Tiefe von Grundstücken (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 BauGB)
  • Festsetzungen zur Wohnflächenregelungen im besonderen Wohngebiet (§ 4a Abs. 4 Nr. 2 BauNVO) oder Kerngebiet (§ 7 Abs. 4 Nr. 2 BauNVO)

4.2 Liegt ein Grundstück im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans gemäß § 30 Abs. 3 BauGB, beschränkt sich die Prüfung auf die im Bebauungsplan geregelten Bestimmungen. Die Planersatzbestimmungen nach § 34 und § 35 BauGB bleiben außer Betracht.

5. Bedingungen für die die Teilung vorbereitende Liegenschaftsvermessung

5.1 Können durch die Eintragung einer Baulast (auch einer Vorratsbaulast) auf dem bestehenden Grundstück oder auf einem Nachbargrundstück rechtwidrige Zustände auf den neu entstehenden Grundstücksteilen vermieden werden, kann die die Teilung vorbereitende Liegenschaftsvermessung abgeschlossen werden, sobald die Baulast in das Baulastenverzeichnis eingetragen ist.

5.2 Können durch die Eintragung einer Baulast auf dem bestehenden Grundstück oder auf einem Nachbargrundstück rechtwidrige Zustände auf den neu entstehenden Grundstücksteilen nicht vermieden werden, kann entsprechend § 7 Satz 2 BbgBO die die Teilung vorbereitende Liegenschaftsvermessung erst abgeschlossen werden, wenn die erforderliche Abweichung nach § 67 Absatz 1 BbgBO zugelassen oder die erforderliche Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans nach § 31 Absatz 2 BauGB erteilt wurde.

5.3 § 4 Abs. 2 BbgBO enthält kein grundsätzliches Verbot, ein Gebäude auf mehreren Grundstücken zu errichten. Die Zulässigkeit einer Überbauung ergibt sich aus den dort getroffenen Bestimmungen. Zu prüfen sind insbesondere § 6 BbgBO und § 30 BbgBO.

5.4 Bei der die Teilung vorbereitenden Liegenschaftsvermessung sind zum Abriss bestimmte Gebäude wie bestehende Gebäude zu behandeln. Wenn durch die Teilung durch ein zum Abriss bestimmtes Gebäude § 6 BbgBO, § 30 BbgBO oder eine andere bauordnungsrechtliche Vorschrift verletzt wird, ist für den Abschluss der die Teilung vorbereitenden Liegenschaftsvermessung eine öffentlich-rechtliche Sicherung, z. B. eine (temporäre) Vereinigungsbaulast erforderlich. Die Zusicherung der Eigentümerin oder des Eigentümers, dass das Gebäude abgerissen werden soll, reicht nicht aus.

5.5 Bei einer Teilung, durch die auch ein bestehendes Gebäude aufgeteilt werden soll, sind in der Regel durch die Eigentümerin oder den Eigentümer erst die bauordnungsrechtlichen, insbesondere brandschutzrechtlichen baulichen Voraussetzungen zu schaffen. Ggf. haben daher der Teilung bauordnungsrechtliche Verfahren (Nutzungsänderung, Baugenehmigung) vorauszugehen. Die die Teilung vorbereitende Liegenschaftsvermessung ist zurückzustellen bis die entsprechenden bauordnungsrechtlichen Verfahren abgeschlossen sind.

5.6 In die Grenzniederschrift sollen keine Aussagen zu baurechtlichen Tatbeständen aufgenommen werden.

5.7 Die Anforderungen des § 7 Satz 2 BbgBO müssen zum Zeitpunkt des Einreichens der Vermessungsschriften bei der Katasterbehörde erfüllt sein. Die Prüfung der Vermessungsschriften, ob sie nach Form und Inhalt zur Übernahme in das Liegenschaftskataster geeignet sind, richtet sich nach der Verwaltungsvorschrift zur Qualitätskontrolle bei der Fortführungsentscheidung über die Vermessungsschriften.

6. Verfahren bei Abweichung, Ausnahme und Befreiung

6.1 Stellt die Vermessungsstelle bei der Liegenschaftsvermessung fest, dass durch die geplante Teilung Rechtsverstöße entstehen könnten, informiert sie die Eigentümerin oder den Eigentümer über die grundsätzliche Möglichkeit der Zulassung von Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen. Zur Erlangung rechtsmittelfähiger Bescheide muss die Eigentümerin oder der Eigentümer oder ein von ihr oder ihm Bevollmächtigter einen schriftlichen entsprechenden Antrag bei der unteren Bauaufsichtsbehörde bzw. im Ausnahmefall des § 67 Abs. 4 BbgBO bei der Gemeinde stellen.

6.2 Wird der Antrag auf Abweichung, Ausnahme oder Befreiung abgelehnt, kann die Antragstellerin oder der Antragsteller Widerspruch einlegen und ggf. Klage erheben. Während des Verwaltungsstreitverfahrens kann die Liegenschaftsvermessung nicht fortgeführt werden.

7. Verfahren bei der Begründung einer Baulast

7.1 Besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass baurechtswidrige Zustände auf den neu entstehenden Grundstücksteilen durch die Eintragung einer Baulast auf dem bestehenden Grundstück oder den Nachbargrundstücken vermieden werden können, informiert die Vermessungsstelle die Eigentümerin oder den Eigentümer über diese Möglichkeit.

7.2 Das Verfahren richtet sich nach der Verwaltungsvorschrift zu § 84 der Brandenburgischen Bauordnung - Einrichtung und Führung des Baulastenverzeichnisses (VV-Baulasten). Wird die Verpflichtungserklärung von einer Vermessungsstelle vorbereitet, sollen die amtlichen Mustererklärungen der Anlage 2 zur VV-Baulasten verwendet werden. Nach Eintragung der Baulast übergibt die untere Bauaufsichtsbehörde der Eigentümerin oder dem Eigentümer bzw. der Vermessungsstelle kurzfristig eine Kopie der Eintragung, damit die die Teilung vorbereitende Liegenschaftsvermessung abgeschlossen werden kann. 

7.3 Werden die rechtswidrigen Zustände durch die Eintragung einer Baulast auf dem noch zu teilenden Grundstück vermieden, werden im Baulastenblatt die Flurstücksbezeichnung des noch ungeteilten Grundstücks und die reservierten neuen Flurstücksnummern angegeben.

8. Baulasterklärung - Beglaubigung der Unterschrift

8.1 Wird die Unterschrift der Eigentümerin oder des Eigentümers nicht vor der unteren Bauaufsichtsbehörde geleistet oder vor ihr anerkannt, muss sie öffentlich beglaubigt werden. Die Beglaubigung bestätigt, dass die im Beglaubigungsvermerk namentlich aufgeführte Person und der Erklärende identisch sind. Ob die Erklärung inhaltlich richtig ist und dem Willen der erklärenden Person entspricht, ist nicht Gegenstand der Beglaubigung.

8.2 Die Person, deren Unterschrift beglaubigt wird, muss der Vermessungsstelle bekannt sein oder sich durch Ausweisdokumente ausgewiesen haben. Die Angabe der Ausweisnummer und Gültigkeitsdauer ist nicht erforderlich.

9. Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Die Verwaltungsvorschrift tritt am 1. September 2022 in Kraft.

Für das Ministerium für
Inneres und Kommunales  
Im Auftrag

11.08.2022

gez.

Andre Schönitz

Für das Ministerium für
Infrastruktur und Landesplanung
Im Auftrag

11.08.2022

gez.

Jan-Dirk Förster

____________________________
1 VG Potsdam, Urteil vom 23.02.2012, 4 K 2197/09

Anlagen