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Gemeinsamer Erlass des Ministeriums des Innern und für Kommunales und des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung zur Organisation, zu den Zuständigkeiten und Aufgaben von Verkehrsunfallkommissionen im Land Brandenburg

Gemeinsamer Erlass des Ministeriums des Innern und für Kommunales und des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung zur Organisation, zu den Zuständigkeiten und Aufgaben von Verkehrsunfallkommissionen im Land Brandenburg
vom 10. Dezember 2019
(ABl./19, [Nr. 52], S.1501)

Außer Kraft getreten am 10. Oktober 2023 durch Gemeinsamen Erlass des MIK und MIL vom 13. September 2023
(ABl./23, [Nr. 41], S.1043)

1 Grundsätze

Auf Grundlage der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 44 der Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) haben zur Bekämpfung der Verkehrsunfälle Straßenverkehrsbehörde, Straßenbaubehörde und Polizei eng zusammenzuarbeiten, um zu ermitteln, wo sich die Unfälle häufen, worauf diese zurückzuführen sind und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um unfallbegünstigende Besonderheiten zu beseitigen.

Hierzu sind Unfallkommissionen einzurichten, deren Organisation, Zuständigkeiten und Aufgaben durch diesen Erlass geregelt werden.

2 Organisation

2.1 In Brandenburg werden eingerichtet:

  • eine Landesunfallkommission
  • eine Autobahnunfallkommission
  • örtliche Verkehrsunfallkommissionen in den ­kreisfreien Städten
  • örtliche Verkehrsunfallkommissionen in den Landkreisen
  • örtliche Verkehrsunfallkommissionen in den großen kreisangehörigen Städten sowie
  • örtliche Verkehrsunfallkommissionen übergangsweise im Rahmen des Standarderprobungsgesetzes in ausgewählten Städten mit einer Einwohnerzahl von über 20 000 Einwohnern.

2.2 Unfallkommissionen sind durch die Straßenverkehrsbehörde einzurichten.

2.3 Die Landesunfallkommission (LUK) wird organisiert und geleitet durch den Leiter/die Leiterin der obersten Straßenverkehrsbehörde. Der Landesunfallkommission gehören als ständige Mitglieder Vertreter der obersten Straßenverkehrsbehörde, der obersten Straßenbaubehörde, des Ministeriums des Innern und für Kommunales, des Polizeipräsidiums und des Landesbetriebes Straßenwesen Brandenburg an. Sachverständige sollen thematisch und regelmäßig hinzugezogen werden.

2.4 Die Autobahnunfallkommission (AUK) wird bis zum Übergang der straßenverkehrsrechtlichen Aufgaben im Zusammenhang mit der Verwaltung der Bundesautobahnen auf das Fernstraßen-Bundesamt oder auf die auf Grund des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes beliehene Gesellschaft privaten Rechts durch den Leiter/die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde Autobahn des Landesbetriebes Straßenwesen organisiert und geleitet. Ständige Mitglieder sind Vertreter der örtlich zuständigen Polizei und der Autobahnmeistereien.

2.5 Die örtliche Verkehrsunfallkommission (VUK) wird durch den Leiter/die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde organisiert und geleitet. Ständige Mitglieder sind Vertreter der örtlich zuständigen Polizei, der Straßenverkehrsbehörde sowie entscheidungsbefugte Vertreter der Straßenbaulastträger.

2.6 Entsprechend der Tagesordnung sind weitere Behörden oder Institutionen beratend in die Tätigkeit der Verkehrs­unfallkommission einzubeziehen wie zum Beispiel Vertreter von Forst- und Schulbehörden, Verkehrsunternehmen, Stadtplaner, Blinden- und Behindertenverbänden, Verkehrswachten, Jagdvereine.

2.7 Die Sitzungen der Verkehrsunfallkommissionen haben bei Bedarf quartalsweise, ansonsten mindestens einmal jährlich nach Vorlage der Unfallzahlen des Vorjahres stattzufinden. Ein Bedarf kann bei Vorliegen von Unfallhäufungsstellen beziehungsweise thematischen Unfallhäufungsbereichen gegeben sein.

2.8 Den Tagungsort bestimmt der Leiter/die Leiterin der Verkehrsunfallkommission.

2.9 Nach Ablauf der 14-tägigen Nachprüfzeit gelten Beschlüsse als verbindlich. Die beteiligten Behörden sind an die gemeinsamen Beschlüsse der Unfallkommission gebunden und zur zeitnahen Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen verpflichtet. Die Straßenverkehrsbehörde ist umgehend zu unterrichten, wenn gefasste Beschlüsse nicht wie vorgesehen umgesetzt werden können.

3 Zuständigkeiten

3.1 Landesunfallkommission

Die Landesunfallkommission ist zuständig für die

  • Beobachtung der mittel- und langfristigen Entwicklung des Unfallgeschehens
  • Fachaufsicht über die Arbeit der AUK und der VUK
  • Verallgemeinerung von Maßnahmen der Unfallkommissionen, die sich als besonders wirksam herausgestellt haben
  • Mitwirkung bei der Behandlung der Rechtsvorschriften für den Straßenverkehr
  • Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Verkehrsversuchen
  • Förderung der Fortbildung und des Erfahrungsaustausches
  • Bereitstellung eines elektronischen Unfallauswerteprogramms für die Straßenverkehrsbehörden und den Landes­betrieb Straßenwesen Brandenburg
  • Entscheidungsverfügung über eventuell zur Verfügung stehende Haushaltsmittel für die Verkehrssicherheits­arbeit im Land Brandenburg im Rahmen der Umsetzung des Verkehrssicherheitsprogramms 2024.

3.2 Autobahnunfallkommission

Die Autobahnunfallkommission ist für das Erkennen und Beseitigen von Unfallhäufungsstellen beziehungsweise thematischen Unfallhäufungsbereichen auf den Bundesauto­bahnen des Landes Brandenburg zuständig.

3.3 Örtliche Verkehrsunfallkommissionen

Die Verkehrsunfallkommissionen sind zuständig für das Erkennen und Beseitigen von Unfallhäufungsstellen beziehungsweise thematischen Unfallhäufungsbereichen im öffentlichen Verkehrsraum ihres Zuständigkeitsbereiches (unabhängig von der Straßenbaulast) mit Ausnahme der Bundesautobahnen.

4 Aufgaben der Autobahnunfallkommission und der ­örtlichen Verkehrsunfallkommission

4.1 Aufgaben der Straßenverkehrsbehörde

Der Leiter/die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde lädt ein, bestimmt den Teilnehmerkreis und unterzeichnet das Protokoll.

Der Leiter/die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde erstellt die Meldung zur Berichterstattung an die Landesunfallkommission und kontrolliert die Umsetzungen der Maßnahmen.

Der Leiter/die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde führt eine Liste der Unfallhäufungsstellen und der thematischen Unfallhäufungsbereiche in elektronischer Form.

Der Leiter/die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde ist verantwortlich für die Überwachung der Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen. Der Leiter/die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde informiert die Landesunfallkom­mission, wenn beschlossene Maßnahmen nicht wie vorgesehen umgesetzt werden.

Zur Klärung von geeigneten Verbesserungsmaßnahmen lädt die Straßenverkehrsbehörde zu Ortsbesichtigungen - ins­besondere auch Verkehrsschauen - ein, dabei sind die ­Unfallkriterien zu berücksichtigen.

4.2 Aufgaben der Vertreter der Polizei

Der Vertreter der Polizei analysiert monatlich das Verkehrsunfallgeschehen und meldet dem Leiter/der Leiterin der Verkehrsunfallkommission unfallauffällige Bereiche.

Unfallauffällig sind Bereiche, wenn sich innerhalb oder außerhalb geschlossener Ortschaften (mit Ausnahme von Parkplätzen)

  • innerhalb eines Jahres an Knotenpunkten beziehungsweise auf einer Strecke von 200 bis 500 m (auf BAB 1 000 m einer Richtungsfahrbahn) fünf gleichartige Unfälle (gleicher Unfalltyp oder gleiche Unfallumstände) oder drei Verkehrsunfälle mit Personenschaden oder
  • innerhalb von drei Jahren an Knotenpunkten beziehungsweise auf einer Strecke von 200 bis 500 m (bei BAB 1 000 m einer Richtungsfahrbahn) fünf Unfälle mit Personenschaden

ereignet haben.

Bei Unfallhäufungsstellen mit Beteiligung von Wild kann der Grenzwert durch die Unfallkommission je nach Örtlichkeit höher gesetzt werden. Darüber hinaus können nach dem „Merkblatt zur Örtlichen Unfalluntersuchung in Unfallkommissionen“ Ausgabe 2012 (M-Uko) der FGSV Unfallhäufungsstellen erkannt und bearbeitet werden.

Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang sind grundsätzlich zu untersuchen.

Die Meldung an den Leiter/die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde erfolgt mithilfe standardisierter Formulare. Der Meldung ist eine Darstellung der Unfallabläufe (zum Beispiel Unfalldiagramm) beizufügen. Hierbei sind alle Unfälle des Untersuchungsbereiches zu zeigen.

Der Vertreter der Polizei analysiert einmal jährlich das Unfallgeschehen nach erkannten thematischen Schwerpunkten. Die Ergebnisse dieser Analyse sind anschließend in der Unfallkommission gemeinsam auszuwerten.

4.3 Aufgaben der Vertreter von Straßenbaulastträgern

Die Vertreter der Straßenbaulastträger haben darauf hinzuwirken, dass die Beschlüsse der Unfallkommission, soweit diese bauliche Maßnahmen oder straßenverkehrsrechtliche Anordnungen betreffen, mit der erforderlichen Priorität ­geplant und umgesetzt werden.

Die Vertreter der Straßenbaulastträger melden die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen an den Leiter/die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde und die Polizei, unabhängig davon, ob eine Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde erforderlich ist.

Das in den Richtlinien für das Sicherheitsaudit von Straßen (RSAS), eingeführt durch Runderlass des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung, Abteilung 4 - Nr. 6/2019 - Verkehr vom 7. Oktober 2019, enthaltene Sicherheitsaudit im Bestand kann anlassbezogen sowohl präventiv als auch reaktiv für die Bundesfernstraßen und für die Landesstraßen durchgeführt werden.

4.4 Gemeinsame Aufgaben aller Mitglieder einer Verkehrs­unfallkommission

Die Ergebnisse der örtlichen Untersuchung dienen der Polizei und den kommunalen Verantwortungsträgern zur Planung und Durchführung einer wirkungsvollen Verkehrs­prävention/
-überwachung und darüber hinaus den Verkehrs­behörden für verkehrsregelnde sowie den Straßenbaubehörden für straßenbauliche Maßnahmen.

Die Polizei, die Straßenverkehrsbehörde und die Straßenbaubehörde prüfen gemeinsam, welche Verbesserungsmaßnahmen infrage kommen. Externe Berater können bei Bedarf hinzugezogen werden.

Als Maßnahmen zur Reduzierung des Verkehrsunfallgeschehens kommen kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen in Betracht.

Sofern Maßnahmen von verschiedenen Behörden beziehungsweise Einrichtungen zu veranlassen oder umzusetzen sind, ist die Koordinierung und Abstimmung durch den Leiter/die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde sicherzustellen.

Kurzfristige, erfolgversprechende Maßnahmen sind auch dann umzusetzen, wenn mittel- beziehungsweise langfristige Maßnahmen in Planung sind beziehungsweise wenn in absehbarer Zeit eine völlige Umgestaltung der Örtlichkeit geplant ist.

5 Fachaufsicht gegenüber den Verkehrsunfallkommissionen

Die Fachaufsicht gegenüber den Verkehrsunfallkommissionen nimmt die Landesunfallkommission wahr.

Jede Verkehrsunfallkommission erstellt einen Jahresbericht, der bis spätestens 31. Januar des Folgejahres der Landesunfallkommission vorzulegen ist. Die Landesunfallkommission entwirft hierfür Formblätter.

Die Landesunfallkommission wählt anhand des Unfallgeschehens und der Jahresberichte Unfallkommissionen aus, die unter besondere Fachaufsicht zu stellen sind.

Kann zwischen den Teilnehmern der Verkehrsunfallkommission kein Konsens zu straßenverkehrsrechtlichen beziehungsweise straßenbaulichen Maßnahmen in Bezug auf eine Unfallhäufungsstelle beziehungsweise des thema­tischen Unfallhäufungsbereiches gefunden werden oder kommt ein Beteiligter bei der Umsetzung einer zugesagten Maßnahme in Verzug beziehungsweise weigert sich ein Beteiligter, eine von der Unfallkommission beschlossene Maßnahme umzusetzen, ist die Landesunfallkommission zu unterrichten.

6 Öffentlichkeitsarbeit

Unter Nutzung der regionalen und überregionalen Medien (Presse, Rundfunk, Fernsehen, Internet) ist kontinuierlich zu Untersuchungen und Beseitigungen von Unfallhäufungen zu informieren. Veröffentlichungen können zum Beispiel

  • Bilanzen über die Verkehrsunfallentwicklung im jeweiligen Verantwortungsbereich
  • Erfolge und Handlungsbedarf bei der Beseitigung von Unfallhäufungen und
  • die Tätigkeit der Verkehrsunfallkommission im abgelaufenen Berichtszeitraum

enthalten.

Verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit ist die jeweils örtlich zuständige Straßenverkehrsbehörde.

7 Fortbildung

Als Vertreter der oben genannten Behörden in den Verkehrsunfallkommissionen sind nur entscheidungsbefugte Personen einzusetzen, die für diese Tätigkeit qualifiziert sind.

8 Schlussbestimmungen

Dieser Erlass tritt am 1. Januar 2020 in Kraft. Er wird im Amtsblatt für Brandenburg bekannt gemacht.

Der Gemeinsame Erlass des Ministeriums des Innern und für Kommunales und des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung zur Organisation, zu den Zuständigkeiten und Aufgaben von Verkehrsunfallkommissionen im Land Brandenburg vom 2. Dezember 2014 (ABl. 2015 S. 36) tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2019 außer Kraft.

Sollten im Zuge verwaltungsorganisatorischer Veränderungen beziehungsweise technischer Entwicklungen Inhalte des Erlasses unzutreffend werden, gilt der Erlass sinngemäß weiter.

Dieser Erlass gilt bis zum 31. Dezember 2024.