Hinweis: brandenburg.de hat seine Internet-Seiten auf barrierefreien Zugriff optimiert und verwendet deshalb standardisiertes CSS (Stylesheets). Sollte Ihr Browser dieses nicht korrekt anzeigen, unterstützt er nicht die üblichen Webstandards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

A | A | A |
Letzte gültige Fassung Änderungshistorie

ARCHIV

Hinweise zur Vollstreckung von Geldforderungen nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg


vom 5. Juni 2000
(ABl./00, [Nr. 25], S.311)

Außer Kraft getreten am 18. Juni 2014 durch Bekanntmachung des MI vom 28. Mai 2014
(ABl./14, [Nr. 24], S.794)

Das Ministerium des Innern und das Ministerium der Finanzen geben zur Anwendung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg (VwVGBbg) vom 18. Dezember 1991 (GVBl. S. 661), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 26. November 1998 (GVBl. I S. 218, 219), für die Beitreibung von Geldforderungen folgende Hinweise:

Inhaltsübersicht

1. Vollstreckbare Geldforderungen (zu § 1)
2. Vollstreckungsbehörden (zu § 2)
3. Vollstreckung durch Behörden der Finanz- und Justizverwaltung (zu § 3)
4. Vollstreckungsschuldner (zu § 4)
5. Verfahren (zu § 5)
6. Voraussetzungen für die Vollstreckung (zu § 6)
7. Einwendungen gegen den Anspruch; Erstattungsanspruch (zu § 7)
8. Vollziehungsbeamte (zu § 8)
9. Auftrag und Ausweis des Vollziehungsbeamten (zu § 9)
10. Angabe des Schuldgrundes (zu § 10)
11. Kosten (zu § 11)
12. Pfändung einer Geldforderung (zu § 12)
13. Sicherungsverfahren (zu § 13)
14. Befriedigung durch Verwertung von Sicherheiten (zu § 14)
15. Kosten (zu § 37)
16. Vollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts (zu § 38)

1. Vollstreckbare Geldforderungen (zu § 1)

1.1 Gegenstand der Beitreibung

Der Beitreibung im Verwaltungszwangsverfahren unterliegen Geldforderungen des Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes oder einer anderen unter Landesaufsicht stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts sowie Forderungen öffentlich-rechtlicher Natur solcher Personen, denen durch Gesetz hoheitliche Aufgaben übertragen sind (so genannte Beliehene - § 1 Abs. 1 Satz 2 VwVGBbg; siehe hierzu auch die Verordnung zur Bestimmung von Vollstreckungsbehörden vom 11. September 1992, GVBl. II S. 598, geändert durch die Verordnung vom 7. Juli 1993, GVBl. II S. 301). Geldforderungen öffentlich-rechtlicher Natur der genannten Personen können ohne ausdrückliche gesetzliche Zulassung im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben werden. Nur aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmungen können auch privatrechtliche Forderungen im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben werden. Landesrechtliche Regelungen, die eine Vollstreckung privatrechtlicher Forderungen im öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvollstreckungsverfahren zulassen, sind in Brandenburg bisher nicht ergangen.

1.2 Ausführung von Bundesgesetzen

(nicht besetzt)

1.3 Zulässigkeit der Verwaltungsvollstreckung aus öffentlich-rechtlichen Verträgen

Voraussetzung der Zulässigkeit der Verwaltungsvollstreckung aus schriftlichen öffentlich-rechtlichen Verträgen und gesetzlich zugelassenen schriftlichen Erklärungen ist, dass der Vollstreckungsschuldner sich zu einer Geldleistung verpflichtet und sich ihretwegen der Verwaltungsvollstreckung unterworfen hat (§ 61 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg, VwVfGBbg, sowie § 60 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch, SGB X). Eine Vollstreckung aus einseitigen Unterwerfungserklärungen ist nur zulässig, wenn dies gesetzlich zugelassen ist.

2. Vollstreckungsbehörden (zu § 2)

2.1 Zuständigkeit und Aufgabencharakter

2.1.1 Die Aufgabe der Beitreibung von Geldforderungen wird von besonderen Vollstreckungsbehörden wahrgenommen. Der Aufgabencharakter (Selbstverwaltungsangelegenheit, Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung, Auftragsangelegenheit oder Landesaufgabe) richtet sich grundsätzlich nach dem Charakter der Aufgabe, für die vollstreckt werden soll, wenn die Vollstreckungsbehörde „Teil” der Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ist, deren Forderung es beizutreiben gilt. Die Beitreibung der Forderung ist dann lediglich ein Teil der jeweiligen materiellen Aufgabe und insofern teilt sie auch deren Charakter. Die Vollstreckung ist also nur ein Annex des zugrunde liegenden Verwaltungsaktes1).

2.1.2 Forderungen des Landes werden grundsätzlich von den Landkreisen und kreisfreien Städten im Wege der Auftragsverwaltung beigetrieben (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwVGBbg), soweit nicht die Vollstreckungsbehörden der Finanzverwaltung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 3 Abs. 1 VwVGBbg) oder die Behörden der Justizverwaltung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 3 Abs. 2 VwVGBbg) zuständig sind.

2.1.3 In der Verordnung zur Bestimmung von Vollstreckungsbehörden vom 11. September 1992 (GVBl. II S. 598), geändert durch Verordnung vom 7. Juli 1993 (GVBl. II S. 301), hat der Minister des Innern bestimmt, für welche Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts sowie für welche Personen, denen durch Gesetz hoheitliche Aufgaben übertragen worden sind, bestimmte kommunale Behörden öffentlich-rechtliche Geldforderungen vollstrecken (§ 2 Abs. 4 Satz 2, 2. Alternative VwVGBbg). Fehlen entsprechende Vorschriften, so bestimmt das Ministerium des Innern im Einzelfall eine Vollstreckungsbehörde und den an sie abzuführenden Kostenbeitrag (§ 2 Abs. 4 Satz 2, 1. Alternative VwVGBbg).

2.1.4 Nach geltendem Recht üben nur wenige Körperschaften (die nicht Gebietskörperschaften sind), Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts die Befugnisse der Vollstreckungsbehörde selbst aus. Hierzu zählen die Zweckverbände, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde den Zweckverband für seine öffentlich-rechtlichen Geldforderungen zur Vollstreckungsbehörde bestimmt hat. Für Körperschaften, die nicht in § 2 Abs. 1 VwVGBbg genannt sind, rechtsfähige Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sind vielfach kommunale Vollstreckungsbehörden kraft Gesetzes tätig (vgl. Verordnung zur Bestimmung von Vollstreckungsbehörden). In diesen Fällen - wo die Gemeinde also nicht selbst Vollstreckungsgläubiger ist, sondern Vollstreckungsersuchen anderer Behörden durchzuführen hat - wird die kommunale Vollstreckungsbehörde stets in Erfüllung eigener, ihr gesetzlich zugewiesener Aufgaben tätig, deren Rechtscharakter durch den gesetzlichen Zuweisungsakt bestimmt wird. Die Aufgaben des Vollstreckungsgläubigers und der Vollstreckungsbehörde sind durch besondere gesetzliche Vorschriften verschiedenen Gebietskörperschaften übertragen worden, wodurch der Zusammenhang zwischen Verwaltungsakt und Vollstreckungsmaßnahme aufgehoben ist2) (vgl. Nummer 2.1.1). Durch die Aufgabenzuweisung ist die kommunale Vollstreckungsbehörde die Vollstreckungsbehörde z. B. der Handwerkskammer oder des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg und leistet insoweit nicht etwa Amtshilfe.

2.1.5 Amtshilfe (Vollstreckungshilfe) liegt dann vor, wenn es sich um ein Ersuchen von Vollstreckungsbehörde zu Vollstreckungsbehörde handelt. Sie liegt nicht vor, wenn Vollstreckungsgläubiger, die über keine eigene Vollstreckungsbehörde verfügen, sich der Vollstreckungsbehörde bedienen, die für sie kraft Gesetzes vorgesehen oder durch die zuständige Behörde bestimmt ist (s. Nummer 2.1.4 letzter Satz).

2.1.6 Innerhalb der kommunalen Behörden nehmen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 der Gemeindekassenverordnung (GemKVO) vom 23. Juni 1992 (GVBl. II S. 315), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 4. Juli 1995 (GVBl. II S. 499), die Gemeindekassen die Aufgaben der Vollstreckung wahr.

2.2 Landkreise und kreisfreie Städte als Vollstreckungsbehörden für Forderungen des Landes

Bei der Beitreibung von Forderungen des Landes durch die Landkreise und kreisfreien Städte unterliegen diese, da es sich bei der Aufgabe um eine Auftragsangelegenheit des Landes handelt, der Dienst- und Fachaufsicht nach den §§ 9 und 11 des Landesorganisationsgesetzes (LOG) analog. Dies gilt insbesondere für Forderungen aus Bußgeldverfahren, bei denen nach den §§ 92 bis 104 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) die den Bescheid erlassende Landesbehörde über Zahlungserleichterungen und Verrechnung von Teilbeträgen nach den §§ 93 und 94 OWiG entscheidet. Zu beachten ist, dass das OWiG einen anderen Begriff der Vollstreckungsbehörde als das VwVGBbg verwendet. Vollstreckungsbehörde im Sinne des § 92 OWiG ist die Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat. Dies bedeutet, dass z. B. in Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren die Zentrale Bußgeldstelle der Polizei des Landes Brandenburg als Dienststelle des Polizeipräsidiums Oranienburg Vollstreckungsbehörde der den Bußgeldbescheid erlassenden Behörde ist, während nach dem VwVGBbg der zuständige die Geldbuße beitreibende Landkreis die Vollstreckungsbehörde ist. Über Zahlungserleichterungen und Verrechnungen von Teilbeträgen nach den §§ 93 und 94 OWiG entscheidet die Zentrale Bußgeldstelle der Polizei des Landes Brandenburg und nicht der Landkreis oder die kreisfreie Stadt als Vollstreckungsbehörde der Landesforderungen. Nach dem VwVGBbg ist Vollstreckungsbehörde die Behörde des zuständigen Landkreises, die nach dem VwVGBbg die Forderung beitreibt. Die Befugnis zur Vollstreckung durch die Landkreise und kreisfreien Städte ist keineswegs auf Sachpfändungen beschränkt. Vielmehr haben die Landkreise und kreisfreien Städte auch Forderungspfändungen wegen Landesforderungen durchzuführen. Weisungsbefugt im Rahmen der Auftragsverwaltung ist die Stelle, die die Geldforderung vereinnahmt.

2.3 Vollstreckungsbehörden bei Geldforderungen des Bundes und bundesunmittelbarer Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts

Auch Geldforderungen des Bundes und bundesunmittelbarer Körperschaften und der Anstalten des öffentlichen Rechts werden von kommunalen Vollstreckungsbehörden (als eigene Aufgabe und nicht im Rahmen der Amtshilfe; siehe Nummer 2.1.5) beigetrieben, wenn Bundesgesetze und darauf beruhende Zuständigkeitsregelungen dies vorsehen. Hierbei handelt es sich allerdings teilweise um Forderungen, die nur im Innenverhältnis dem Bund zustehen, während nach außen das Land als Vollstreckungsgläubiger gilt. Entsprechende bundesrechtliche Regelungen gehen den Bestimmungen des § 2 Abs. 1 Satz 2  Nr. 3 und Abs. 6 VwVGBbg vor. Aus diesem Grund steht den Landkreisen und kreisfreien Städten in den Fällen, in denen bundesrechtliche Regelungen ihre Zuständigkeit begründen, kein Kostenbeitrag nach § 2 Abs. 6 Satz 1 VwVGBbg zu. In Fällen der Vollstreckungshilfe (Amtshilfe) für andere Bundesländer stehen den Vollstreckungsbehörden ebenfalls keine Kostenbeiträge nach § 2 Abs. 6 VwVGBbg zu.

2.4 Öffentlich-rechtliche Vereinbarung zur Übertragung von Vollstreckungszuständigkeiten

Auf Grund der Regelung des § 2 Abs. 2 VwVGBbg können amtsfreie Gemeinden oder Ämter mit dem örtlich zuständigen Landkreis eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung treffen, wonach der Landkreis für die amtsfreien Gemeinden oder Ämter die Vollstreckungsaufgaben wahrnimmt. Diese Regelung soll ermöglichen, dass kleinere Ämter und amtsfreie Gemeinden auf die Einrichtung eines eigenen Vollstreckungsdienstes aus Kostengründen verzichten können. Eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde ist für diese Fälle nicht vorgesehen. Allerdings ist es nach wie vor erforderlich, die öffentlich-rechtliche Vereinbarung gemäß § 24 Abs. 3 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg (GKG) amtlich bekannt zu machen. Da die Gründe, die für eine Übertragung der Vollstreckungszuständigkeit im Wege einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung sprechen, im Laufe der Zeit entfallen können, empfiehlt es sich, öffentlich-rechtliche Vereinbarungen nur für einen bestimmten Zeitraum abzuschließen. Ansonsten ist die Vorschrift des § 23 Abs. 5 GKG zu beachten, wonach eine Regelung über die Kündigung vorzusehen ist.

2.5 Zweckverbände als Vollstreckungsbehörden

Im Einzelfall kann aufgrund der Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 3 VwVGBbg die zuständige Aufsichtsbehörde den Zweckverband für seine öffentlich-rechtlichen Geldforderungen zur Vollstreckungsbehörde bestimmen. Eine solche Bestimmung kann dann in Betracht kommen, wenn der Zweckverband über genügend Leistungskraft verfügt und die Zahl der Vollstreckungsfälle ausreichend groß ist, um eine Aufgabenübertragung zu rechtfertigen. Da es sich bei der Bestimmung der Aufsichtsbehörde um einen Verwaltungsakt handelt, sind die betroffenen amtsfreien Gemeinden und Ämter, die aufgrund einer Genehmigung Zuständigkeiten verlieren, vor Erlass des Verwaltungsaktes nach § 28 VwVfGBbg zu hören. Die Bestimmung zur Vollstreckungsbehörde ist nach § 39 VwVfGBbgzu begründen. Ein Zweckverband, der eine Aufgabenübertragung begehrt, hat keinen Rechtsanspruch darauf, dass dem Antrag entsprochen wird. Bei der Entscheidung, ob der Zweckverband zur Vollstreckungsbehörde bestimmt werden soll, sind die Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Vollstreckungsaufgaben durch die bisherigen Träger zu berücksichtigen. Insbesondere ist zu prüfen, ob die Verlagerung der Aufgaben zu einer weniger effektiven Aufgabenwahrnehmung durch die bisherigen Träger für den übrig gebliebenen Bereich ihrer Vollstreckungsaufgaben führt, weil etwa die Fallzahlen für die Vollstreckungen so gering werden, dass die Kosten des Vollstreckungsdienstes pro verbleibenden Vollstreckungsauftrag überproportional steigen. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Gesetzgeber es als Regelfall angesehen hat, dass die Mitglieder der Zweckverbände die Vollstreckung für die Verbände durchführen, weil sie als ortsnähere Körperschaft diese im Regelfall kostengünstiger durchführen können. Bei der Beurteilung dieser Fragen steht der Aufsichtsbehörde ein weites Ermessen zu. Selbst wenn alle Mitgliedsgemeinden mit der Übertragung einverstanden sind, kann die Aufsichtsbehörde die Übertragung ablehnen. Da ein Antragsteller nur einen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Beurteilungsspielraums und Ermessensspielraums bei einer Entscheidung über die Aufgabenübertragung hat, ist es nach § 36 Abs. 2 VwVfGBbg auch möglich, die Genehmigung mit einer Nebenbestimmung zu versehen. Als solche Nebenbestimmungen kommen Befristung und Widerrufsvorbehalt in Betracht, um die Auswirkungen der Aufgabenverlagerung unter Kontrolle halten zu können. Es empfiehlt sich, statt einer Befristung einen Widerrufsvorbehalt vorzusehen. Soweit eine Genehmigung erteilt wird, sollten auch die Satzungen der Zweckverbände daraufhin überprüft werden, ob Bestimmungen vorhanden sind, die die Übernahme von Beamten und Angestellten im Fall der Änderung der Aufgaben des Verbandes gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 GKG regeln. Die Bestimmung von Vollstreckungsbehörden sollte veröffentlicht werden.

2.6 Vollstreckungsbehörden der Landesfinanzverwaltung und im sozialgerichtlichen Verfahren

Vollstreckungsbehörden der Landesfinanzverwaltung sind die Finanzämter gemäß § 249 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung (AO). Zu beachten ist, dass im sozialgerichtlichen Verfahren eine besondere Zuständigkeitsregelung gilt. Soll aus gerichtlichen Entscheidungen oder Vergleichen, aus Anerkenntnissen und aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen im sozialgerichtlichen Verfahren vollstreckt werden, so bestimmt sich die zuständige Vollstreckungsbehörde gemäß § 200 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 7 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialgerichtsbarkeit im Land Brandenburg vom 3. März 1992 (GVBl. I S. 86), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 14. Februar 1994 (GVBl. I S. 15), und § 2 VwVGBbg nach der für den jeweiligen Gläubiger der Forderung geltenden Zuständigkeitsregelung. Forderungen des Landes als Partei im Sozialgerichtsverfahren werden also von denjenigen Vollstreckungsbehörden beigetrieben, die für die das Land vertretende Behörde zuständig sind.

2.7 An die Vollstreckungsbehörde zu zahlender Kostenbeitrag

2.7.1 Kostenbeitrag nach § 3 der Verordnung zur Bestimmung von Vollstreckungsbehörden

In § 3 der Verordnung zur Bestimmung von Vollstreckungsbehörden ist der von den Vollstreckungsgläubigern an die Vollstreckungsbehörde zu zahlende Kostenbeitrag festgesetzt. Dieser Kostenbeitrag ist nicht auf den Vollstreckungsschuldner abwälzbar. Der Kostenbeitrag kann nicht in das Ersuchen im Rahmen der zugewiesenen Vollstreckung als zusätzliche „Kostennote” aufgenommen werden. Der Kostenbeitrag soll Ausgleich für den beim Vollstreckungsgläubiger ersparten Aufwand für die Einrichtung einer eigenen „Vollstreckungsstelle” sein. Er gehört damit zum normalen Verwaltungsaufwand, den der Vollstreckungsgläubiger zu tragen hat. Zusätzlich zu dem Kostenbeitrag sind die Kosten der Vollstreckung nach § 11 Abs. 2 VwVGBbg zu zahlen. Soweit Behörden aufgrund der Regelung des § 2 der Verordnung zur Bestimmung von Vollstreckungsbehörden tätig werden, nehmen sie eigene, ihnen gesetzlich zugewiesene Aufgaben wahr. Aus diesem Grund liegt kein Fall der Amtshilfe vor.

2.7.2 Kostenbeitrag nach § 2 Abs. 6 VwVGBbg für die Landkreise und kreisfreien Städte

Für die Landkreise und kreisfreien Städte, die auf Grund des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwVGBbg tätig werden, sind die öffentlich-rechtlichen Landesforderungen nur als durchlaufende Gelder zu behandeln. Sie sind an das Land abzuführen. Hierbei kann der Kostenbeitrag der tatsächlich beigetriebenen Beträge nach § 2 Abs. 6 Satz 1 VwVGBbg einbehalten werden. Soweit Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos sind, erhalten die Landkreise und kreisfreien Städte nur die uneinbringlichen Kosten (§ 37 Abs. 1 Satz 1 VwVGBbg) ersetzt. Diese sind quartalsweise bei der Landeshauptkasse bzw. der jeweils zuständigen Außenstelle zu beantragen.

2.8 Vollstreckungsersuchen

Vollstreckungsersuchen an Behörden, die aufgrund gesetzlicher Regelung für die Vollstreckung zuständig sind, oder an Behörden, die im Wege der Amtshilfe die Vollstreckung nach den §§ 4 bis 8 VwVfGBbg durchführen, sollen alle erforderlichen Angaben enthalten und nach Möglichkeit die erbetene Maßnahme (wie Pfändung, Versteigerung oder sonstige Verwertung, Verfahren zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung) bezeichnen. Will die ersuchende Behörde bestimmte Vermögensgegenstände pfänden lassen, muss sie diese genau angeben. Soll in Grundstücke vollstreckt werden, muss die ersuchende Behörde diese auf der Basis des amtlichen Verzeichnisses nach § 2 Abs. 2 der Grundbuchordnung benennen und sagen, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen. Eine ausdrückliche Bescheinigung der ersuchenden Behörde, dass die Forderung vollstreckbar ist, wird vom Gesetz nicht gefordert. Eine solche Vollstreckbarkeitsbescheinigung wird jedoch dringend empfohlen. Auch im Rahmen der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen obliegt die Prüfung der Vollstreckungsvoraussetzungen nicht dem Vollstreckungsgericht, auch hier wird die Anbringung der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit der Forderung empfohlen.

2.9 Befugnisse der Vollstreckungsbehörde

Die Befugnis der Vollstreckungsbehörde nach § 2 Abs. 8 VwVGBbg zur selbständigen Wahrnehmung der dem Vollstreckungsgläubiger zustehenden verfahrensrechtlichen Befugnisse nach dem VwVGBbg erstreckt sich nicht auf die Wahrnehmung materieller Gläubigerrechte, die wie das Recht zur Stundung oder Niederschlagung der Forderung sich nicht aus dem VwVGBbg ergeben. Aus § 12 VwVGBbg folgt auch, dass die Vollstreckungsbehörde nicht automatisch gepfändete Forderungen selbst einziehen darf. Sie kann allerdings zur Einziehung der gepfändeten Forderungen ausdrücklich bevollmächtigt werden.

3. Vollstreckung durch Behörden der Finanz- und Justizverwaltung (zu § 3)

Das VwVGBbg ist dann nicht anzuwenden, wenn eine Geldforderung im Sinne des § 1 VwVGBbg von Vollstreckungsbehörden der Finanzverwaltung oder der Justizverwaltung beizutreiben ist, sei es aufgrund eigenen Rechts oder sei es im Wege der Amtshilfe. Die Finanzbehörden richten sich nur nach den allerdings weitgehend mit den Vorschriftendes VwVGBbg übereinstimmenden Vorschriften der AO, und zwar auch dann, wenn sie als Vollstreckungsbehörden für andere Gläubiger tätig werden, wie bei der Einziehung der Kirchensteuer nach § 9 des Brandenburgischen Kirchensteuergesetzes vom 25. Juni 1999 (GVBl. I S. 251). Im Übrigen gelten die Verwaltungsvorschriften für Vollziehungsbeamte der Finanzverwaltung des Bundes vom 29. April 1980 (BStBl. I S. 194), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 21. April 1992 (BStBl. I S. 279). Für die Justizverwaltung finden für die Einziehung der dort bezeichneten Ansprüche die Vorschriften der Justizbeitreibungsordnung bzw. des Brandenburgischen Justizkostengesetzes Anwendung. Werden Vollstreckungsbeamte der Justizverwaltung (Gerichtsvollzieher) im Verwaltungszwangsverfahren für andere als Justizbehörden tätig, so sind für sie die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) maßgebend. Allerdings ersetzt der Auftrag der Vollstreckungsbehörden die sonst nach § 724 ZPO erforderliche vollstreckbare Ausfertigung.

4. Vollstreckungsschuldner (zu § 4)

Jede Vollstreckungsmaßnahme richtet sich gegen einen oder mehrere jeweils genau zu bezeichnenden Vollstreckungsschuldner. Das Gesetz unterscheidet:

4.1 Selbstschuldner

Selbstschuldner gemäß § 4 Abs. 1 Buchstabea VwVGBbg haben eine Leistung kraft Gesetzes oder aufgrund eines in der Regel öffentlich-rechtlichen Vertrages aus eigenen Mitteln an den Vollstreckungsgläubiger zu bewirken. Auch der Gesamtrechtsnachfolger ist Selbstschuldner, z. B. im Fall der Erbfolge oder bei Verschmelzungen von Gesellschaften. Die Möglichkeit, gemäß den §§ 1975 bis 1992 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) die Haftung auf den Nachlass zu beschränken, macht den Erben nicht zum Haftungsschuldner. Denn Nachlassverbindlichkeiten sind gemäß § 1967 BGB Verbindlichkeiten des Erben.

4.2 Haftungsschuldner

Nach § 4 Abs. 2 Buchstabe b VwVGBbg haben Haftungsschuldner für die Leistung, die ein anderer schuldet, an seiner Stelle oder neben ihm mit ihrem eigenen Vermögen regelmäßig uneingeschränkt kraft Gesetzes einzustehen. Ihre Haftung kann beruhen:

  1. auf Vorschriften des öffentlichen Rechts, insbesondere auf Steuergesetzen, wie z. B. den §§ 69 bis 77 AO oder § 11 Abs. 2 des Grundsteuergesetzes (GrStG), aber auch auf Sozialversicherungsgesetzen, Kostenordnungen und anderen Vorschriften, wie der gesamtschuldnerischen Steuerhaftung des Kommanditisten nach § 171 des Handelsgesetzbuchs (HGB), und
  2. auf Vorschriften des bürgerlichen Rechts, wie § 2382 BGB (Haftung des Erbschaftskäufers für die Nachlassverbindlichkeiten), § 25 HGB (Haftung desjenigen, der ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt), § 128 HGB (Haftung der Gesellschafter für Schulden einer offenen Handelsgesellschaft) oder § 1489 BGB (Haftung des überlebenden Ehegatten für Gesamtgutsverbindlichkeiten).

Einzelheiten des Umfangs der Haftung der Haftungsschuldner sind in § 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 266 AO geregelt. Für die Haftung des Ehegatten ist § 263 AO und für die Erbenhaftung § 265 AO anzuwenden. Auch gegen einen Haftungsschuldner ist ein Leistungsbescheid erforderlich.

4.3 Verhältnis von Selbstschuld und Haftungsschuld

Selbst- und Haftungsschuldner sind Gesamtschuldner. Es steht grundsätzlich im Ermessen der Vollstreckungsbehörde, welchen von beiden sie in Anspruch nimmt. Aus dem Verhältnis von  Selbstschuld und Haftungsschuld ergibt sich aber, dass die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners einer besonderen Begründung bedarf (vgl. Bundesfinanzhof, BStBl. 1973 II S. 573). Hierfür reicht aus, dass die Vollstreckung gegen den Selbstschuldner Schwierigkeiten bereitet oder dass der Haftungsschuldner in größerem Umfang zum Bedürfnis, den Anspruch zu vollstrecken, beigetragen hat als der Selbstschuldner.

4.4 Duldungsschuldner

Duldungsschuldner sind verpflichtet, die dem Hauptschuldner obliegende Leistung regelmäßig aus fremden Mitteln zu bewirken, die ihrer Verwaltung unterliegen, und notfalls die Vollstreckung in diese Vermögenswerte zu dulden. Ihre Verpflichtung kann auf Vorschriften des öffentlichen Rechts gemäß § 4 Abs. 2 und 3 VwVGBbg und auf Vorschriften des bürgerlichen Rechts, wie z. B. bei Eltern, wenn sie Sachen eines minderjährigen Kindes nicht für dieses, sondern in eindeutig persönlichem Gewahrsam haben, beim Testamentsvollstrecker gemäß § 748 ZPO oder beim Nießbraucher gemäß § 737 ZPO, beruhen.

4.4.1 Besondere Fälle der öffentlich-rechtlichen Duldungspflicht bilden die öffentlichen Lasten als dingliche Verwertungsrechte, die auf öffentlichem Recht beruhen (§ 4 Abs. 3 VwVGBbg). In diesen Fällen muss der Eigentümer auch wegen solcher rückständiger Leistungen, die er nicht persönlich zu bewirken hatte, die Vollstreckung in das eigene belastete Grundvermögen dulden oder durch freiwillige Leistungen aus eigenen Mitteln abwenden. Als öffentliche Last werden in bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften (so § 77 Abs. 2 AO) nur solche Abgaben ausdrücklich bezeichnet, die in einem inneren Zusammenhang mit dem Grundstück stehen, insbesondere für Leistungen geschuldet werden, die seiner dauernden Werterhaltung oder Wertsteigerung dienen. Beispiele für öffentliche Lasten sind die Grundsteuer (§ 12 GrStG), die Erschließungsbeiträge, die Kehr- und Überprüfungsgebühren gemäß § 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 4 des Schornsteinfegergesetzes in der Neufassung vom 10. August 1998 (BGBl. I S. 2071), die Ausgleichsleistungen für Mehrwerte im Umlegungsverfahren nach § 64 Abs. 2 und 3 des Baugesetzbuchs sowie Kanalanschlussbeiträge und Beiträge für straßenbauliche Maßnahmen gemäß § 8 Abs. 9 des Kommunalabgabengesetzes (KAG).

4.4.2 Auch gegen Duldungsschuldner muss ein Leistungsbescheid ergehen. Ihnen ist nach § 28 VwVfGBbg rechtliches Gehör vor Erlass des Bescheides zu gewähren.

5. Verfahren (zu § 5)

Für das Vollstreckungsverfahren verweist § 5 VwVGBbg auf bestimmte Vorschriften in der Abgabenordnung. Insbesondere wird auf folgende Bestimmungen verwiesen:

5.1 Vollstreckung gegen Ehegatten (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 263 AO und §§ 739, 740, 741, 743, 744 a und 745 ZPO analog)

5.1.1 Zugunsten der Gläubiger eines Ehegatten wird vermutet, dass die im Besitz eines oder beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem Vollstreckungsschuldner gehören (§ 1362 BGB). Soweit die Eigentumsvermutung nach § 1362 BGB reicht, gilt, unbeschadet der Rechte Dritter, für die Durchführung der Vollstreckung nur der Vollstreckungsschuldner als Gewahrsamsinhaber und Besitzer (§ 739 ZPO analog). Bei ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten bestimmten Sachen wird im Verhältnis der Ehegatten zueinander und zu den Gläubigern vermutet, dass sie dem Ehegatten gehören, für dessen Gebrauch sie bestimmt sind. Leben die Ehegatten nicht nur vorübergehend getrennt, so gilt die Eigentumsvermutung nicht hinsichtlich der Sachen, die sich im Besitz des Ehegatten befinden, der nicht Vollstreckungsschuldner ist. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass der Vollstreckungsschuldner nur an den Sachen Gewahrsam hat, die sich in seiner tatsächlichen Gewalt befinden.

5.1.2 Leben die Ehegatten in Gütergemeinschaft (§§ 1415 bis 1518 BGB) und verwaltet einer von ihnen das Gesamtgut allein, ist zur Vollstreckung in das Gesamtgut ein Leistungsbescheid (§ 6 VwVGBbg) gegen diesen Ehegatten erforderlich und genügend. Verwalten die Ehegatten das Gesamtgut gemeinschaftlich, ist die Vollstreckung in das Gesamtgut nur zulässig, wenn gegen beide Ehegatten ein Leistungsbescheid vorliegt (§ 740 ZPO analog). Betreibt ein Ehegatte, der das Gesamtgut nicht oder nicht allein verwaltet, selbständig ein Erwerbsgeschäft, so genügt zur Vollstreckung in das Gesamtgut ein Leistungsbescheid gegen diesen Ehegatten, es sei denn, dass bei Bekanntgabe des Leistungsbescheids ein Einspruch gegen den Betrieb des Erwerbsgeschäfts oder ein Widerruf der Einwilligung des anderen Ehegatten zu dessen Betrieb im Güterrechtsregister eingetragen war (§ 741 ZPO analog). Haben die Ehegatten am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland im gesetzlichen Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft des Familiengesetzbuchs der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik gelebt, so gelten gemäß Artikel 234 § 4 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB), soweit die Ehegatten nichts anderes vereinbart haben, von diesem Zeitpunkt an die Vorschriften über den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

5.1.3 Nach Beendigung der Gütergemeinschaft ist vor der Auseinandersetzung die Vollstreckung in das Gesamtgut nur zulässig, wenn sich der Leistungsbescheid gegen beide Ehegatten richtet oder der eine Ehegatte zur Leistung und der andere zur Duldung der Vollstreckung verpflichtet ist (§ 743 ZPO analog). Eine Duldungspflicht des anderen Ehegatten besteht in Ansehung des Gesamtgutes nur hinsichtlich einer Gesamtgutsverbindlichkeit (§ 437 BGB). Wird eine Gesamtgutsverbindlichkeit in diesem Fall nicht vor der Auseinandersetzung berichtigt (§ 1475 BGB), so haftet der zuvor duldungspflichtige Ehegatte auch persönlich als Gesamtschuldner mit den zugeteilten Gegenständen (§ 1480 BGB). Im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft ist zur Vollstreckung in das Gesamtgut ein gegen den überlebenden Ehegatten ergangener Leistungsbescheid erforderlich und genügend (§ 745 Abs. 1 ZPO analog). Ein vor Eintritt der fortgesetzten Gütergemeinschaft ergangener Leistungsbescheid ist zur Vollstreckung in das Gesamtgut nur dann hinreichend, wenn es gegen den überlebenden Ehegatten gerichtet war oder die Vollstreckung in das Gesamtgut bereits begonnen hatte. Andernfalls ist ein Leistungsbescheid dem überlebenden Ehegatten nochmals bekannt zu geben. Für eine Vollstreckung nach Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft ist
§ 745 Abs. 2 ZPO analog zu beachten.

5.1.4 Leben die Ehegatten gemäß Artikel 234 § 4 Abs. 2 EGBGB im Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft, sind für die Vollstreckung in Gegenstände des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens die §§ 740 bis 744, 774 und 860 ZPO entsprechend anzuwenden (§ 744 a ZPO).

5.2 Vollstreckung in Nießbrauch an einem Vermögen (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit§ 264 AO und § 737 ZPO analog)

5.2.1 Aus Leistungsbescheiden wegen Forderungen, die vor der Bestellung eines Nießbrauchs an einem Vermögen (§ 1085 BGB) gegen den Besteller entstanden sind, kann in Gegenstände des dem Nießbrauch unterliegenden Vermögens vollstreckt werden, wenn gegen den Nießbraucher ein vollstreckbarer Leistungsbescheid aufDuldung der Vollstreckung ergangen ist (§ 737 Abs. 1 ZPO analog; § 1086 BGB). Für die Dauer des Nießbrauchs haftet der Nießbraucher persönlich neben dem Besteller  gesamtschuldnerisch für Zinsen solcher Forderungen gegen den Besteller, die vor Bestellung des Nießbrauchs an dem Vermögen entstanden und verzinslich waren, sowie unter den gleichen Voraussetzungen für diejenigen wiederkehrenden Leistungen, die bei ordnungsgemäßer Verwaltung aus den Einkünften des Vermögens bestritten werden (§ 1088 BGB). Die Haftung nach Satz 2 ist durch Leistungsbescheid (Haftungsbescheid) geltend zu machen (Nummer 6.1).

5.2.2 Nummer 5.2.1 gilt bei dem Nießbrauch an einer Erbschaft für die Nachlassverbindlichkeiten entsprechend (§ 737 Abs. 2 ZPO analog).

5.3 Vollstreckung in einen Nachlass und gegen Erben (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit§ 265 AO, §§ 1958, 1960 Abs. 3, § 1961 BGB und §§ 747, 748, 778, 779, 781 bis 784 ZPO analog sowie § 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 266 AO, § 2187 BGB und § 781 ZPO analog)

5.3.1 Eine Vollstreckung, die vor dem Tode des Vollstreckungsschuldners bereits begonnen hatte, wird in seinen Nachlass fortgesetzt, ohne dass es eines weiteren Leistungsbescheids oder dessen erneuter Bekanntgabe gegen den Erben, Nachlasspfleger oder ähnliche Personen bedarf. Die Vollstreckung kann auf alle Gegenstände ausgedehnt werden, die zum Nachlass gehören. Ist bei einer Vollstreckungshandlung die Zuziehung des Vollstreckungsschuldners nötig, so hat, wenn die Erbschaft noch nicht angenommen oder der Erbe unbekannt oder es ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat, die Vollstreckungsbehörde bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk die Vollstreckung ausgeführt werden soll, die Bestellung eines einstweiligen besonderen Vertreters zu beantragen. Die Bestellung hat zu unterbleiben, wenn ein Nachlasspfleger bestellt ist oder wenn die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zusteht (§ 779 ZPO analog).

5.3.2 Hat die Vollstreckung zu Lebzeiten des Vollstreckungsschuldners noch nicht begonnen, ist sie in den Nachlass vor Annahme der Erbschaft nur zulässig, wenn auf Antrag der Vollstreckungsbehörde ein Nachlasspfleger bestellt (§ 1961 BGB) und diesem der Leistungsbescheid, aus dem vollstreckt werden soll, bekannt gegeben worden ist. Die Bestellung eines Nachlasspflegers ist nicht erforderlich, wenn ein verwaltungsbefugter Testamentsvollstrecker vorhanden ist (§ 2213 BGB). Der Testamentsvollstrecker tritt insoweit an die Stelle eines Nachlasspflegers. Steht dem Testamentsvollstrecker keine Verwaltungsbefugnis oder eine solche nur hinsichtlich einzelner Nachlassgegenstände zu, so bedarf es vor Annahme der Erbschaft durch den Erben der Bestellung eines Nachlasspflegers, dem der Leistungsbescheid bekannt zu geben ist; zur Vollstreckung in die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlassgegenstände ist der Leistungsbescheid auch ihm bekannt zu geben.

5.3.3 Zur Vollstreckung in einen Nachlass wegen einer Forderung, die vor dem Tode des Erblassers begründet, jedoch diesem gegenüber noch nicht geltend gemacht worden ist, bedarf es eines Leistungsbescheids gegen den Nachlasspfleger oder den verwaltungsbefugten Testamentsvollstrecker, solange der Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen hat. Die Bestellung eines Nachlasspflegers ist gegebenenfalls zu beantragen. Nummer 5.3.1 Satz 4 gilt entsprechend.

5.3.4 Unterliegt ein Nachlass der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers, so ist zur Vollstreckung in den Nachlass ein Leistungsbescheid gegen den Testamentsvollstrecker abweichend von Nummer 5.3.3 auch dann erforderlich und genügend, wenn der Erbe die Erbschaft angenommen hat. Nach Annahme der Erbschaft durch den Erben ist zur Vollstreckung in den der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlass ein auf Duldung gerichteter Leistungsbescheid gegen diesen genügend, wenn dem Erben der auf Zahlung gerichtete Leistungsbescheid bekannt gegeben worden ist (§ 748 ZPO analog). Der Annahme der Erbschaft steht der Ablauf der Ausschlagungsfrist des § 1944 BGB gleich (§ 1943 BGB).

5.3.5 Der Erbe kann auch nach Annahme der Erbschaft oder Ablauf der Ausschlagungsfrist die Haftung auf den Nachlass beschränken. Die Beschränkung der Erbenhaftung bleibt unberücksichtigt, bis auf Grund derselben von dem Erben Einwendungen gegen die Vollstreckung erhoben werden (§ 781 ZPO analog).

5.3.6 Die Einreden des Erben nach den §§ 2014 und 2015 BGB führen dazu, dass die Vollstreckung innerhalb der genannten Fristen auf solche Maßnahmen beschränkt wird, die zur Vollziehung eines Arrests zulässig sind (§ 782 ZPO analog). § 7 Abs. 4 VwVGBbg ist zu beachten.

5.3.7 Der Erbe haftet unbeschränkt für die Nachlassverbindlichkeiten (§ 2013 BGB), wenn er

  1. die nach § 1994 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers gesetzte Frist zur Inventarerrichtung versäumt hat,
  2. Inventaruntreue im Sinne des § 2005 Abs. 1 BGB begangen hat oder
  3. auf die Beschränkung der Erbenhaftung gegenüber den Nachlassgläubigern oder dem das Verfahren betreibenden Gläubiger verzichtet hat.

Die Vollstreckungsbehörde hat gegebenenfalls auf die Errichtung eines Inventars (§ 1993 BGB) hinzuwirken.

5.3.8 Der Vermächtnisnehmer haftet bei geltend gemachter Erschöpfungseinrede (§ 2187 Abs. 3, § 1992 BGB) nur mit dem Wert des vermachten Gegenstandes. Nummer 5.3.5 Satz 2 ist anzuwenden.

5.4 Vollstreckung in Sachen

5.4.1 Die Vollstreckung in bewegliche Sachen obliegt den Vollziehungsbeamten (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 285 Abs. 1 AO; s. auch § 8 Abs. 1 VwVGBbg). Die Vollstreckungsbehörde bestimmt den Einsatz und überwacht die Tätigkeit der Vollziehungsbeamten. Zur Einhaltung der Vorschriften z. B. über Kosten, Pfändungsverbote und -beschränkungen, Vorwegpfändungen, Austauschpfändungen kann die Vollstreckungsbehörde auf Grund ihrer sachlichen Kompetenz Dienstanweisungen für ihre Vollziehungsbeamten erlassen.

5.4.2 Die Vollstreckungsbehörde ordnet die Versteigerung gepfändeter Sachen sowie der Sicherheiten im Sinne von § 14 VwVGBbg schriftlich an (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 296 Abs. 1 AO). In der Versteigerungsanordnung ist eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher die Versteigerung auszuführen ist. Für die Bestimmung der Frist ist § 298 Abs. 1 AO zu beachten. Wird nach Maßgabe des § 305 AO eine andere Person mit der Versteigerung beauftragt, ist in der Versteigerungsanordnung zu bestimmen, dass der Versteigerungserlös an die Kasse der Vollstreckungsbehörde abzuliefern ist.

5.5 Verwertung

5.5.1 Gepfändete Wertpapiere, die einen Börsen- oder Marktpreis haben, sind von der Vollstreckungsbehörde unverzüglich durch ein Kreditinstitut zum Tageskurs zu verkaufen. Wertpapiere ohne Börsen- oder Marktpreis sind nach den allgemeinen Vorschriften zu versteigern, sofern keine besondere Verwertung (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 305 AO, Nummer 5.6.3) zweckmäßig ist. Lautet ein gepfändetes Wertpapier auf einen Namen, so ist die Vollstreckungsbehörde berechtigt, die Umschreibung auf den Namen des Käufers oder, wenn es sich um ein auf einen Namen umgeschriebenes Inhaberpapier handelt, die Rückverwandlung in ein Inhaberpapier zu erwirken und die hierzu erforderlichen Erklärungen an Stelle des Vollstreckungsschuldners abzugeben (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 303 AO). Sind Forderungen aus Wechseln und anderen Papieren, die durch Indossament übertragen werden können, sowie Postsparguthaben gepfändet worden (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 312 AO), ordnet die Vollstreckungsbehörde die Einziehung der Forderung durch besondere Verfügung an (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 314 AO). Die Bestimmungen zu § 12 VwVGBbg gelten entsprechend.

5.5.2 Hat der Vollziehungsbeamte Kostbarkeiten gepfändet, lässt die Vollstreckungsbehörde die Pfandsachen nach ihrem Verkaufswert, Gold- und Silbersachen auch nach ihrem Metallwert, durch einen Sachverständigen schätzen (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 295 AO und § 813 Abs. 1 Satz 2 ZPO). In der Versteigerungsanordnung ist anzugeben, wie hoch der Sachverständige den Verkaufswert, bei Gold- und Silbersachen auch den Metallwert, der Pfandsachen geschätzt hat. Der mit der Versteigerung Beauftragte darf Gold- und Silbersachen nicht unter ihrem Metallwert zuschlagen (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 300 Abs. 3 Satz 1 AO). Wird kein Gebot, das den Metallwert erreicht, abgegeben, so lässt die Vollstreckungsbehörde die Gold- und Silbersachen aus freier Hand verkaufen. Der Verkaufspreis darf den Gold- oder Silberwert und die Hälfte des gewöhnlichen Verkaufswerts nicht unterschreiten.

5.5.3 Gemäß § 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 305 AO kann die Vollstreckungsbehörde auf Antrag des Vollstreckungsschuldners oder aus besonderen Zweckmäßigkeitsgründen anordnen, dass eine Sache in anderer Weise, als in den §§ 296 bis 304 AO bestimmt ist, zu verwerten ist. Als andere Art der Verwertung kommt zum Beispiel der freihändige Verkauf einer Pfandsache in Betracht. Besondere Zweckmäßigkeitsgründe für eine abweichende Verwertung liegen grundsätzlich vor, wenn durch sie - unter Vermeidung unangemessener Nachteile des Vollstreckungsschuldners - ein höherer Erlös erzielt werden kann. Über einen Antrag des Vollstreckungsschuldners entscheidet die Vollstreckungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen. Liegt kein Antrag des Vollstreckungsschuldners vor, soll der Vollstreckungsschuldner vor Anordnung der besonderen Verwertung angehört werden.

5.5.4 Die Vollstreckungsbehörde kann die Verwertung gepfändeter Sachen unter Anordnung von Zahlungsfristen zeitweilig aussetzen, wenn die alsbaldige Verwertung unbillig wäre (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 297 AO). Weitere Voraussetzung für eine Aussetzung der Verwertung ist, dass hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Vollstreckungsschuldner die in Aussicht genommenen Zahlungsfristen einhalten kann und will. Die Aussetzung der Verwertung ist unbillig, wenn der Vollstreckungsschuldner die Verwertung nur hinauszögern will.

5.6 Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen

5.6.1 Auf die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen sind neben den §§ 322, 323 AO die §§ 864 bis 871 ZPO und das Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (ZVG) anzuwenden (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 322 Abs. 1 Satz 2 AO).

5.6.2 Soll in das unbewegliche Vermögen vollstreckt werden, hat die Vollstreckungsbehörde zu entscheiden, ob die Eintragung einer Sicherungshypothek, Zwangsversteigerung, Zwangsverwaltung oder mehrerer dieser Vollstreckungsmaßnahmen nebeneinander beantragt werden sollen. Gemäß § 866 Abs. 3 ZPO darf die Eintragung einer Sicherungshypothek nur beantragt werden, wenn der rückständige Betrag 1 500 Deutsche Mark übersteigt; Zinsen bleiben dabei unberücksichtigt, soweit sie als Nebenforderung geltend gemacht sind. Verschiedene Forderungen der Vollstreckungsbehörde werden bei der Berechnung der Wertgrenze zusammengerechnet. Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung soll die Vollstreckungsbehörde gemäß § 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 322 Abs. 4 AO nur beantragen, wenn festgestellt ist, dass der Geldbetrag durch die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen nicht beigetrieben werden kann, oder wenn die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen die Belange des Vollstreckungsschuldners in nicht vertretbarer Weise beeinträchtigen würde.

5.6.3 Die Eintragung einer Sicherungshypothek, die Zwangsversteigerung oder die Zwangsverwaltung eines Grundstücks kann beantragt werden, wenn der Vollstreckungsschuldner als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist (§ 17 Abs. 1, § 146 Abs. 1 ZVG; § 39 Abs. 1 der Grundbuchordnung, GBO). Abweichend von § 146 Abs. 1 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 ZVG kann gemäß § 147
Abs. 1 ZVG die Zwangsverwaltung wegen eines Anspruchs aus einem im Grundbuch eingetragenen Recht auch dann beantragt werden, wenn der Vollstreckungsschuldner nicht Eigentümer, aber Eigenbesitzer des Grundstücks ist. Ist ein Grundstück, dessen Eigentümer der Vollstreckungsschuldner ist, im Grundbuch nicht auf seinen Namen eingetragen, kann die Eintragung einer Sicherungshypothek, die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung erst beantragt werden, nachdem seine Eintragung als Eigentümer des Grundstücks erfolgt ist. Die Vollstreckungsbehörde kann die Berichtigung des Grundbuchs beantragen, wenn sie seine Unrichtigkeit durch öffentliche Urkunden (§ 415 ZPO) nachweisen kann (§§ 14, 22 Abs. 1, § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO; vgl. § 792 ZPO). Kann die Vollstreckungsbehörde diesen Nachweis nicht führen, kann sie den Anspruch auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs, der dem Vollstreckungsschuldner gegen den im Grundbuch Eingetragenen zusteht, pfänden (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 321 Abs. 1 und 3 AO, § 894 BGB).

5.6.4 Der Antrag, der auf Eintragung einer Sicherungshypothek gerichtet ist, muss das zu belastende Grundstück übereinstimmend mit dem Grundbuch oder durch Hinweis auf das Grundbuchblatt bezeichnen (§ 28 Satz 1 GBO). Sollen mehrere Grundstücke des Vollstreckungsschuldners mit der Sicherungshypothek belastet werden, hat die Vollstreckungsbehörde in dem Antrag zu bestimmen, wie der Geldbetrag auf die einzelnen Grundstücke verteilt werden soll (§ 867 Abs. 2 ZPO). Die Mindestsumme in Höhe von 1 500 Deutsche Mark nach § 866 Abs. 3 Satz 1 ZPO gilt entsprechend. In dem Antrag auf Zwangsversteigerung oder auf Zwangsverwaltung eines Grundstücks ist das Grundstück, in das vollstreckt werden soll, zu bezeichnen (§ 146 Abs. 1, § 16 Abs. 1 ZVG). Dem Antrag ist eine Bescheinigung des Grundbuchamtes darüber beizufügen, wer als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist. Gehören Vollstreckungsgericht und Grundbuchamt demselben Amtsgericht an, kann die Beibringung durch Bezugnahme auf das Grundbuch ersetzt werden (§ 17 Abs. 2 Satz 2, § 146 Abs. 1 ZVG). In dem Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek, auf Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung ist zu bestätigen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen (§ 322 Abs. 3 Satz 2 AO). Der Antrag ist dem Vollstreckungsgericht oder Grundbuchamt - in der Regel gegen Empfangsbekenntnis - zuzustellen. Nach der Zustellung hat die Vollstreckungsbehörde dem Vollstreckungsschuldner eine Durchschrift des Antrags zu übersenden.

5.6.5 Wird bei Vollstreckung gegen einen Erben die Eintragung einer Sicherungshypothek auf ein Grundstück beantragt, das im Grundbuch noch auf den Namen des Erblassers eingetragen ist, ist zum Zwecke der vorherigen Umschreibung die Erbfolge durch öffentliche Urkunden nachzuweisen (§ 29 Abs. 1, § 35 GBO). Soweit die nach Satz 1 erforderlichen Urkunden bei den Akten des Grundbuchamtes sind, soll die Vollstreckungsbehörde in dem Antrag auf die Urkunden Bezug nehmen. Befinden sich die Urkunden bei den Akten eines anderen Grundbuchamtes, hat die Vollstreckungsbehörde die Urkunden zu beschaffen (vgl. § 792 ZPO) und sie mit dem Antrag dem Grundbuchamt vorzulegen. Abweichend von Satz 1 kann die Eintragung einer Sicherungshypothek für Rückstände des Erblassers, für die der Vollstreckungsschuldner als Gesamtrechtsnachfolger in Anspruch genommen wird, auch ohne vorherige Umschreibung beantragt werden, wenn dem Erblasser bereits der Leistungsbescheid bekannt gegeben worden war (vgl. § 40 Abs. 1 GBO). Die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung eines ererbten Grundstücks kann auch dann beantragt werden, wenn anstelle des Vollstreckungsschuldners noch der Erblasser als Eigentümer eingetragen ist (§ 17 Abs. 1, § 146 Abs. 1 ZVG). Es genügt, wenn die Erbfolge durch Urkunden glaubhaft gemacht wird, sofern sie nicht bei dem Amtsgericht als Vollstreckungsgericht offenkundig ist (§ 17 Abs. 3 ZVG).

5.6.6 Richtet sich die Vollstreckung gegen einen Nachlasspfleger oder Nachlassverwalter, kann die Eintragung einer Sicherungshypothek, die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung auch in ein zum Nachlass gehöriges Grundstück beantragt werden, das im Grundbuch noch auf den Namen des Erblassers eingetragen ist, selbst wenn gegen den Erblasser kein Leistungsbescheid erlassen wurde. Entsprechendes gilt, wenn gegen einen Testamentvollstrecker in ein Grundstück vollstreckt werden soll, das seiner Verwaltung unterliegt (§ 40 GBO; § 17 Abs. 1, § 146 Abs. 1 ZVG). Die Erbfolge und die Bestellung zum Nachlasspfleger oder Nachlassverwalter sowie die Befugnis des Testamentvollstreckers, über das Grundstück zu verfügen, sind bei der Eintragung einer Sicherungshypothek entsprechend Nummer 5.6.5 Satz 1 bis 3 und bei der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung entsprechend Nummer 5.6.5 Satz 6 darzulegen.

5.6.7 Ist nach Eintragung einer Sicherungshypothek, einer Schiffshypothek oder eines Registerpfandrechts an einem Luftfahrzeug ein Eigentumswechsel eingetreten, hat die Vollstreckungsbehörde gegen den Rechtsnachfolger einen Duldungsbescheid zu erlassen, bevor sie die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung aus diesem Recht beantragt (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 323 AO). Ein Duldungsbescheid ist in den Fällen der Nummer 5.3.1 Satz 1 nicht erforderlich.

5.6.8 Lehnt das Grundbuchamt einen Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek ab, so steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde  (§§ 71 bis 81 GBO) zu.

5.6.9 Ansprüche auf Entrichtung öffentlicher Lasten eines Grundstücks gewähren im Zwangsversteigerungsverfahren ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 und 7 ZVG). Im Zwangsverwaltungsverfahren werden laufende Beträge öffentlicher Lasten ohne weiteres Verfahren aus den Überschüssen gezahlt (§ 155 Abs. 2, § 156 Abs. 1 ZVG). Die in Satz 1 bezeichneten Ansprüche werden - soweit sie nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind - bei der Verteilung des Versteigerungserlöses nur dann berücksichtigt, wenn sie spätestens in dem Termin, den das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zur Verteilung des Versteigerungserlöses anberaumt hat, bei diesem angemeldet worden sind (§ 114 ZVG). Zwecks Rangwahrung sind die Ansprüche spätestens bis zum Versteigerungstermin anzumelden (§ 37 Nr. 4, § 110 ZVG).

5.7 Pfändung und Einziehung eines Herausgabeanspruchs und anderer Vermögensrechte

5.7.1 Für die Pfändung von Ansprüchen auf Herausgabe oder Leistung von Sachen, zum Beispiel beweglichen Sachen, Liegenschaften, Schiffen, Luftfahrzeugen, die dem Vollstreckungsschuldner gegen einen Dritten (Drittschuldner) zustehen, gelten die Bestimmungen über die Pfändung und Einziehung einer Geldforderung nach § 5 VwVGBbg in Verbindung mit den §§ 309 bis 317 AO entsprechend (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 318 Abs. 1 AO; vgl. insoweit auch Bestimmungen zu § 12). In der Einziehungsverfügung ordnet die Vollstreckungsbehörde an, dass der Drittschuldner nach Eintritt der Fälligkeit

  1. bewegliche Sachen an einen in der Einziehungsverfügung zu bezeichnenden Vollziehungsbeamten oder
  2. unbewegliche Sachen an einen vom Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zu bestellenden Treuhänder

herauszugeben hat (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 318 Abs. 2 bis 4 AO).

5.7.2 Die Vollstreckungsbehörde hat in den Fällen der Nummer 5.7.1 Buchstabe a den Vollziehungsbeamten mit der Entgegennahme der Sache zu beauftragen und in den Fällen der Nummer 5.7.1 Buchstabe b bei dem zuständigen Amtsgericht als Vollstreckungsgericht die Bestellung des Treuhänders zu beantragen. Dem Antrag ist eine Ausfertigung der Pfändungsverfügung und Einziehungsverfügung beizufügen. Den Beschluss, durch den das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht den Treuhänder bestellt, lässt die Vollstreckungsbehörde dem Drittschuldner und dem Vollstreckungsschuldner zustellen; dies kann zusammen mit der Zustellung der Pfändungsverfügung und Einziehungsverfügung geschehen.

5.8 Verfahren zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 284 AO)

5.8.1 Die Vollstreckungsbehörde kann unter den Voraussetzungen des § 284 Abs. 1 AO vom Vollstreckungsschuldner die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses verlangen und ihn zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vorladen. Die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist dem Vollstreckungsschuldner selbst zuzustellen.

5.8.2 Von der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung soll Abstand genommen werden, wenn nach Überzeugung der Vollstreckungsbehörde feststeht, dass das vom Vollstreckungsschuldner vorgelegte Vermögensverzeichnis vollständig und wahrheitsgemäß ist.

5.8.3 Die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung ist unzulässig,

  1. wenn die letzte Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung durch den Vollstreckungsschuldner im Schuldnerverzeichnis noch nicht gelöscht ist und weniger als drei Jahre zurückliegt, es sei denn, es ist anzunehmen, dass er später Vermögen erworben hat oder dass ein bisher mit ihm bestehendes Arbeitsverhältnis aufgelöst worden ist (§ 284 Abs. 4 AO; in diesem Fall bedarf es nicht der Voraussetzungen des § 284 Abs. 1 AO);
  2. solange über einen gegen die Anordnung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung eingelegten Rechtsbehelf nicht unanfechtbar entschieden ist, es sei denn, dass in gleicher Sache frühere Einwendungen dieser Art bereits unanfechtbar zurückgewiesen worden sind oder erstmalig ein Rechtsbehelf erst nach dem Termin für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung eingelegt worden ist. Der Rechtsbehelf entfaltet nur dann aufschiebende Wirkung, wenn er begründet worden ist (§ 284 Abs. 6 Satz 2 und 3 AO).

Die Vollstreckungsbehörde hat von Amts wegen festzustellen, ob im Schuldnerverzeichnis eine Eintragung darüber besteht, dass der Vollstreckungsschuldner innerhalb der letzten drei Jahre eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat (§ 284 Abs. 4 Satz 3 AO).

5.8.4 Die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung darf nicht erzwungen werden, wenn der Vollstreckungsschuldner nicht bereit ist, die eidesstattliche Versicherung vor einer anderen als der für seinen Wohnsitz örtlich zuständigen Vollstreckungsbehörde abzugeben. In diesem Falle hat die Vollstreckungsbehörde die örtlich zuständige Vollstreckungsbehörde um Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zu ersuchen.

5.8.5 Verweigert der Vollstreckungsschuldner ohne Grund die Vorlage des Vermögensverzeichnisses oder die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung oder erscheint er ohne ausreichende Entschuldigung nicht zu dem anberaumten Termin vor der zuständigen Vollstreckungsbehörde (§ 284 Abs. 5 Satz 1 AO), kann die Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Vollstreckungsschuldner seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat (§ 899 Abs. 1 ZPO), um Anordnung der Erzwingungshaft ersuchen (§ 284 Abs. 8 AO). Im Übrigen ist das Ersuchen unter den gleichen Voraussetzungen zulässig wie die Anordnung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. In dem Ersuchen ist zu bestätigen, dass der Vollstreckungsschuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet ist und die Voraussetzungen zur Anordnung der Haft vorliegen. Dem Ersuchen sind beizufügen:

  1. eine beglaubigte Abschrift der Anordnung über die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und
  2. eine Zweitschrift des Ersuchens.

Das Ersuchen ist dem Amtsgericht zuzustellen, in der Regel gegen Empfangsbekenntnis. Gleichzeitig ist dem Vollstreckungsschuldner eine Durchschrift des Ersuchens zu übersenden. Lehnt das Amtsgericht das Ersuchen der Vollstreckungsbehörde ab, die Haft anzuordnen, ist die sofortige Beschwerde nach den §§ 793, 577 Abs. 2 ZPO gegeben (§ 284 Abs. 9 AO). Die Vorschriften der §§ 901, 902, 904 bis 906, 909 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 sowie der §§ 910 und 913 bis 915 h ZPO sind sinngemäß anzuwenden. Für die Verhaftung des Vollstreckungsschuldners auf Grund der Haftanordnung des Amtsgerichts ist der Gerichtsvollzieher zuständig. Die Vollstreckungsbehörde hat dem Gerichtsvollzieher den geschuldeten Betrag sowie den Schuldgrund mitzuteilen und ihn zu ermächtigen, den geschuldeten Betrag anzunehmen und über den Empfang eine Quittung zu erteilen. Der Vollstreckungsschuldner kann die Verhaftung dadurch abwenden, dass er den geschuldeten Betrag in voller Höhe an den Gerichtsvollzieher zahlt oder nachweist, dass ihm eine Zahlungsfrist bewilligt worden oder die Schuld erloschen ist. Die Verhaftung kann auch dadurch abgewendet werden, dass der Vollstreckungsschuldner dem Gerichtsvollzieher eine Entscheidung vorlegt, aus der sich die Unzulässigkeit der Maßnahme ergibt, oder eine Post- oder Bankquittung vorlegt, aus der sich ergibt, dass er den geschuldeten Betrag eingezahlt hat. Ist der verhaftete Vollstreckungsschuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bereit (§ 902 ZPO), hat ihn der Gerichtsvollzieher grundsätzlich zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung vorzuführen. Abweichend hiervon kann das Amtsgericht des Haftortes die eidesstattliche Versicherung abnehmen, wenn sich der Sitz der Vollstreckungsbehörde nicht im Bezirk des Amtsgerichts befindet oder wenn die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung durch die Vollstreckungsbehörde nicht möglich ist. Das Amtsgericht kann unter den gleichen Voraussetzungen wie die Vollstreckungsbehörde von der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung absehen.

5.8.6 Ist der Vollstreckungsschuldner nicht selbst handlungsfähig (§ 79 AO), ist die eidesstattliche Versicherung vom Vertreter des Vollstreckungsschuldners abzugeben.

5.8.7 Nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung hat die Vollstreckungsbehörde dem Amtsgericht, in dessen Bezirk der Vollstreckungsschuldner seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthalt hat (§ 899 Abs. 1 ZPO), Namen, Vornamen, Geburtsnamen und Anschrift des Vollstreckungsschuldners sowie den Tag der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zur Aufnahme in das Schuldnerverzeichnis mitzuteilen und eine beglaubigte Abschrift des Vermögensverzeichnisses zu übersenden.

5.8.8 Hat ein Vollstreckungsschuldner in einer auf Betreiben der Vollstreckungsbehörde abgelegten eidesstattlichen Versicherung vorsätzlich unvollständige oder falsche Angaben gemacht (§ 156 des Strafgesetzbuchs), darf nach § 30 Abs. 5 AO bei der Strafverfolgungsbehörde Strafanzeige erstattet werden.

5.8.9 Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung kann auch verlangt werden, wenn wegen Herausgabe einer Urkunde, die über eine von der Vollstreckungsbehörde gepfändete Forderung des Vollstreckungsschuldners besteht, die Vollstreckung gegen den Vollstreckungsschuldner versucht, die Urkunde aber nicht vorgefunden worden ist (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 315 Abs. 3 AO). Die Nummern 5.8.1 bis 5.8.6 und 5.8.8 gelten sinngemäß.

5.9 Durchsuchung von Wohnungen (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 287 AO)

5.9.1 Die Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen sowie von Behältnissen gemäß § 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 287 AO ist nur zulässig, wenn

  1. die angetroffene Person (der Vollstreckungsschuldner, eine erwachsene Person, die zu seiner Familie gehört oder in ihr beschäftigt ist, ein Bevollmächtigter oder Mitgewahrsamsinhaber) die Durchsuchung freiwillig gestattet,
  2. die Einholung einer richterlichen Anordnung zur Durchsuchung der Wohnung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde oder
  3. eine richterliche Anordnung zur Durchsuchung der Wohnung vorliegt.

Die Begriffe „Wohn- und Geschäftsräume” umschreiben den Begriff „Wohnung” im Sinne des Artikels 13 des Grundgesetzes (GG). Zur Wohnung gehören alle Räumlichkeiten, die den häuslichen oder beruflichen Zwecken ihres Inhabers dienen, insbesondere die eigentlichen Wohnräume sowie Arbeits-, Betriebs- und andere Geschäftsräume, dazugehörige Nebenräume und der angrenzende befriedete Besitz (Hofraum, Garten).

5.9.2 Haben mehrere Personen Mitgewahrsam an der Wohnung des Vollstreckungsschuldners, haben diese in den Fällen der Nummer 5.9.1 die Durchsuchung zu dulden (§ 287 Abs. 5 AO).

5.9.3 Gestattet die angetroffene Person die Durchsuchung nicht, so ist sie vom Vollziehungsbeamten nach den Gründen zu befragen, die sie gegen die Durchsuchung geltend machen will.

5.9.4 Die Einholung einer richterlichen Anordnung zur Durchsuchung der Wohnung kann dann den Erfolg der Durchsuchung gefährden, wenn z. B. Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der Vollstreckungsschuldner pfändbare Sachen in der Zwischenzeit beiseite schafft. Dies gilt namentlich, wenn an pfändbaren Sachen offensichtlich nur Bargeld oder Kostbarkeiten vorhanden sind. Der Erfolg der Durchsuchung istregelmäßig bei der Vollziehung einer Arrestanordnung (§ 13 VwVGBbg) gefährdet. Ob der Erfolg der Durchsuchung durch die Einholung einer richterlichen Anordnung zur Durchsuchung gefährdet ist, entscheidet der Vollziehungsbeamte nach Prüfung in eigener Verantwortung.

5.9.5 Einer richterlichen Anordnung gemäß Nummer 5.9.1 Buchstabe c bedarf auch das bloße Betreten der Wohnräume, sofern nicht der Wohnungsinhaber oder eine andere berechtigte angetroffene Person (Nummer 5.9.1 Buchstabe a) dem Betreten zugestimmt hat. Das bloße Betreten und Besichtigen von reinen Betriebs- und Geschäftsräumen ist dagegen innerhalb der Öffnungszeiten ohne richterliche Durchsuchungsanordnung nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs zulässig (BFH vom 4. Oktober 1988, KKZ 1989, S. 51). Insbesondere darf der Vollziehungsbeamte die Betriebs- und Geschäftsräume innerhalb der Zeiten, zu denen die Räume normalerweise für die jeweilige geschäftliche oder betriebliche Nutzung zur Verfügung stehen ohne richterliche Anordnung betreten, um zu erkunden, ob der Vollstreckungsschuldner freiwillig zur Zahlung oder freiwillig zur Gestattung der Durchsuchung bereit ist.

5.9.6 Ist der Vollziehungsbeamte im Besitz einer richterlichen Durchsuchungsanordnung und verweigert ihm ein Dritter (z. B. der Hauptmieter einer Wohnung, bei dem der Vollstreckungsschuldner zur Untermiete wohnt) unter Berufung auf sein eigenes Wohnrecht an Räumen, die auch der Vollstreckungsschuldner benutzt, deren Durchsuchung, so ist die Weigerung für den Vollziehungsbeamten unbeachtlich (vgl. Schuschke, DGVZ 1997, S. 49 ff.).

5.9.7 Den erforderlichen Antrag zur richterlichen Anordnung stellt die Vollstreckungsbehörde. Die richterliche Anordnung ist bei der Vollstreckungshandlung vorzuzeigen (§ 287 Abs. 6 AO); in den Fällen der Nummer 5.9.1 ist eine Ausfertigung in der Wohnung niederzulegen. Ob der angetroffenen Person eine Ausfertigung der richterlichen Durchsuchungsanordnung zu übergeben ist, bestimmt die Vollstreckungsbehörde.

5.9.8 Das Vorzeigen, Aushändigen oder Niederlegen der Durchsuchungsanordnung, der wesentliche Inhalt der Erklärungen der angetroffenen Personen sowie Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Gefahr im Verzug sind in der Niederschrift aufzunehmen.

5.9.9 Liegt eine der Voraussetzungen der Nummer 5.9.1 vor, ist der Vollziehungsbeamte befugt, die Wohnung des Vollstreckungsschuldners zu durchsuchen, soweit der Zweck der Vollstreckung es erfordert. Durchsuchungen sind möglichst unauffällig vorzunehmen. Die Durchsuchung kann sich erforderlichenfalls auch auf die Kleidung am Körper des Vollstreckungsschuldners erstrecken. Durchsuchungen bei weiblichen Personen hat ein männlicher Vollziehungsbeamter durch eine zuverlässige weibliche Hilfskraft und die Durchsuchung männlicher Personen hat eine Vollziehungsbeamtin durch eine zuverlässige männliche Hilfskraft vornehmen zu lassen.

5.9.10 Verschlossene Türen und Behältnisse (wie Schränke, Koffer, Handtaschen und Taschen in der Kleidung) darf der Vollziehungsbeamte von einem geeigneten Handwerker oder einer anderen geeigneten Hilfskraft öffnen lassen. Türen und Behältnisse, für die der Vollziehungsbeamte die Schlüssel erhält, kann er selbst öffnen. Der Vollziehungsbeamte hat von einer gewaltsamen Öffnung abzusehen, wenn er geeignete Sachen von genügendem Wert offen vorfindet.

5.9.11 Bei der Wohnungsdurchsuchung und der Öffnung verschlossener Türen und Behältnisse gegen den Willen der angetroffenen Person und bei der Brechung des hierbei geleisteten Widerstandes wendet der Vollziehungsbeamte unmittelbaren Zwang nach den §§ 15 bis 35 VwVGBbg an. Der Vollziehungsbeamte handelt insoweit als Vollzugsdienstkraft (§ 28 Abs. 1 VwVGBbg in Verbindung mit § 1 Nr. 1 der Verordnung über die Bestimmung von Vollzugsdienstkräften vom 2. Dezember 1998, GVBl. 1999 II S. 8).

5.9.12 Die Durchführung einer zwangsweisen Wohnungsdurchsuchung ist grundsätzlich von zwei Vollziehungsbeamten durchzuführen.

6. Voraussetzungen für die Vollstreckung (zu § 6)

Die Vollstreckungsbehörde hat vor der Anordnung von Vollstreckungsmaßnahmen festzustellen, ob die in § 6 VwVGBbg genannten Voraussetzungen vorliegen. Hierzu zählt der Leistungsbescheid oder eine ihm nach § 6 Abs. 2 VwVGBbg gleichstehende Erklärung, wie die Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung gemäß § 61 VwVfGBbg und die Fälligkeit der Forderung. Regelmäßig müssen auch Schonfrist und Mahnung vorliegen. Zu den Vollstreckungsmaßnahmen gehört auch die Einleitung des Verfahrens zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 284 AO.

6.1 Der Leistungsbescheid

Der Leistungsbescheid ist, wenn und soweit er wie im Regelfall eine öffentlich-rechtliche Geldforderung zum Gegenstand hat, ein Verwaltungsakt.

6.1.1 Bei Erlass eines Leistungsbescheides gegen Haftungs- und Duldungsschuldner ist darauf zu achten, dass auch der oder die Selbstschuldner darin angegeben werden. Soweit bei der Vollstreckung in Vermögensmassen nach den §§ 737 bis 749 ZPO vollstreckbare Titel gegen mehrere Beteiligte erforderlich sind, müssen vor Einleitung des Verwaltungszwangsverfahrens Leistungsbescheide gegen jeden Beteiligten vorliegen und die übrigen Voraussetzungen für die Vollstreckung gegeben sein.

6.1.2 Der Leistungsbescheid muss die ausdrückliche Aufforderung an den Vollstreckungsschuldner enthalten, die geschuldete, der Höhe und dem Grunde nach genau zu bezeichnende Leistung bei einer genau zu bezeichnenden Zahlstelle zu bewirken. Gegenüber einem Duldungsschuldner gemäß § 4 Abs. 2 VwVGBbg muss er die Aufforderung enthalten, zu veranlassen, dass die Schuld beglichen wird, damit die Vollstreckung in die näher bezeichnete Vermögensmasse vermieden wird. Der Leistungsbescheid muss auch die Fälligkeit der Leistung erkennen lassen. Die Nichtbeachtung eines dieser Erfordernisse kann den Leistungsbescheid rechtswidrig und unter Umständen auch nichtig machen.

6.2 Selbstberechnungserklärung, Beitragsnachweisung und Beitreibung von Nebenforderungen

In folgenden Fällen bedarf es keines ausdrücklichen Leistungsbescheides des Vollstreckungsgläubigers:

6.2.1 Bei bestimmten Abgaben tritt die Fälligkeit nach den Regelungen in Gesetzen oder Ortssatzungen zu bestimmten Terminen ein. Ihre Höhe ist vom Vollstreckungsschuldner teilweise selbst einzuschätzen (Selbstberechnungserklärung). Mit Selbstberechnungserklärungen, wie der Steueranmeldung nach § 150 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 167 AO und § 12 KAG, erkennt der Vollstreckungsschuldner auch die Höhe seiner Verpflichtung an. Die Selbstberechnungserklärungen stehen gemäß § 6 Abs. 2 Buchstabe a VwVGBbg einem Leistungsbescheid gleich. Die Annahme der Selbstberechnungserklärung durch den Vollstreckungsgläubiger wird somit wie ein belastender Verwaltungsakt behandelt. Da sie als Erklärung des Vollstreckungsschuldners keine Rechtsbehelfsbelehrung des Vollstreckungsgläubigers enthalten kann, ist sie, falls der Vollstreckungsschuldner nachträglich einen Fehler feststellen sollte, noch innerhalb eines Jahres gemäß § 58 Abs. 2 in Verbindung mit § 70 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) anfechtbar.

6.2.2 Auch eine Beitragsnachweisung kann einen Leistungsbescheid ersetzen. Nach den Satzungen zahlreicher Krankenversicherungsträger hat der Arbeitgeber eine Beitragsnachweisung gegenüber der Krankenkasse hinsichtlich der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitslosenversicherung abzugeben (§ 6 Abs. 2 Buchstabe b VwVGBbg). Die Beitragsnachweisung kann wie eine Selbstberechnungserklärung unter den in Nummer 6.2.1 genannten Voraussetzungen angefochten werden.

6.2.3 Nebenforderungen, wie Säumniszuschläge und Zinsen, können ohne besonderen Leistungsbescheid gemäß § 254 Abs. 2 AO beigetrieben werden, wenn im Leistungsbescheid über die Hauptforderung oder in der Mahnung wenigstens dem Grunde nach, bei Säumniszuschlägen und Zinsen üblicherweise unter Angabe eines Vomhundertsatzes auf sie hingewiesen worden ist. Der Vollstreckungsschuldner muss jedenfalls über seine Verpflichtung zur Erfüllung von Nebenforderungen dem Grunde und dem Umfang nach vor Beginn der Vollstreckung unterrichtet werden. Dies gilt, wenn sie zusammen mit der Hauptforderung, aber auch dann, wenn sie selbständig beigetrieben werden sollen, weil der Vollstreckungsschuldner inzwischen die Hauptforderung unter Ablehnung aller Nebenforderungen beglichen hat. In diesem Fall wird ihre Beitreibung auch durch den Verzicht auf Schonfrist und Mahnung gemäß § 6 Abs. 4 VwVGBbg erleichtert. In besonderen Fällen, wenn etwa die Verpflichtungen unübersichtlich sind, sollte ein Leistungsbescheid über Nebenforderungen ergehen. Ihn erlässt regelmäßig die Vollstreckungsbehörde. Zinsen, insbesondere Verzugszinsen und Stundungszinsen, dürfen für öffentlich-rechtliche Forderungen jedenfalls dann berechnet werden, wenn eine Rechtsvorschrift dies ausdrücklich vorschreibt oder zulässt, wie § 12 KAG in Verbindung mit den §§ 233 bis 239 AO, § 135 des Baugesetzbuches, § 59 Abs. 1 Nr. 1 der Landeshaushaltsordnung (LHO) oder § 30 Abs. 1 der Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO). Freiwillig vereinbarte Stundungszinsen können im Verwaltungsvollstreckungsverfahren beigetrieben werden, wenn sie gemäß § 1 Abs. 3 VwVGBbg vereinbart worden sind.

6.3 Schonfrist

Durch die in § 6 Abs. 1 Nr. 3 VwVGBbg vorgeschriebene Einhaltung einer Schonfrist wird nicht der Fälligkeitstermin, der in vielen Gesetzen bestimmt ist, hinausgeschoben, sondern lediglich der Beginn der Vollstreckung im Interesse des Vollstreckungsschuldners verzögert. Der Vollstreckungsschuldner, der diese Schonfrist und die in § 6 Abs. 3 VwVGBbg in Verbindung mit § 259 AO einzuhaltende Mahnfrist ausnutzt, hat grundsätzlich die üblichen Verzugsfolgen zu tragen. Nach § 12 KAG in Verbindung mit § 240 Abs. 3 AO wird aber bei einer Säumnis bis zu fünf Tagen ein Säumniszuschlag nicht erhoben. Werden bis zum Ablauf eines Monats nach dem Fälligkeitstag Gebühren oder Auslagen nicht entrichtet, so kann nach § 18 des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg vom 18. Oktober 1991 (GVBl. S. 452), das durch Artikel 4 des Gesetzes vom 26. November 1998 (GVBl. I S. 218, 219) geändert worden ist, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen Betrages erhoben werden, wenn dieser 100 Deutsche Mark übersteigt.

6.3.1 Vollstreckungsmaßnahmen sollen nicht vor Ablauf der Schonfrist eingeleitet werden, da ihre Wirksamkeit vor Ablauf der Schonfrist in Literatur und Rechtsprechung strittig ist. Die Schonfrist braucht nur eingehalten zu werden, „soweit nichts anderes vorgeschrieben ist.” Etwas anderes ist z. B. vorgeschrieben in § 6 Abs. 4 und § 13 VwVGBbg. Danach kann z. B. ohne Einhaltung der Schonfrist - und in diesen Fällen auch ohne Mahnung -

  1. die Vollstreckung von Zwangsgeldern und Kosten der Ersatzvornahme betrieben werden,
  2. selbständig die Vollstreckung wegen Nebenforderungen betrieben werden oder
  3. im Sicherungsverfahren nach § 13 VwVGBbg der Arrestantrag unter den dort genannten Voraussetzungen sofort, sogar schon ehe der Anspruch zahlenmäßig feststeht, gestellt werden. In Vollziehung dieses Arrestes kann auch vor Ablauf der Wochenfrist gepfändet werden (Nummer 13.2.3).

6.3.2 Die Mahnung des Vollstreckungsschuldners nach § 259 AO braucht sich nicht mehr an die Schonfrist anzuschließen, sie kann vielmehr bereits am ersten Tag der Schonfrist ausgesprochen werden. In diesen Fällen deckt die Mahnfrist sich weitgehend mit der Schonfrist. Im für den Vollstreckungsgläubiger günstigsten Fall kann also bereits am achten oder neunten Tag nach Fälligkeit der Leistung mit der Vollstreckung begonnen werden.

6.3.3 Mit der Vollstreckung kann unter Einhaltung der Schonfrist und der Mahnfrist bereits begonnen werden, ehe der Leistungsbescheid unanfechtbar geworden ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten haben Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). In anderen Fällen kann es notwendig sein, dass diejenige Stelle, die den Leistungsbescheid erlassen hat, die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO anordnet, um im Falle des Widerspruchs die Vollstreckung fortsetzen zu können.

6.3.4 Im Falle der nachträglichen Stundung durch den Vollstreckungsgläubiger bedarf es keines neuen Leistungsbescheides, um nach Ablauf der Stundungsfrist ohne neue Schonfrist mit der Vollstreckung beginnen oder fortfahren zu können. Werden von Landesbehörden Forderungen gestundet, die von den Landkreisen oder kreisfreien Städten vollstreckt werden sollen, so ist den Landkreisen und kreisfreien Städten die Stundungserklärung unmittelbar zuzuleiten. Die Stundungen sind der Landeshauptkasse unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

6.4 Gebotensein, Unbilligkeitder Vollstreckung

Auch wenn die Voraussetzungen des § 6 VwVGBbg gegeben sind, sollte die Vollstreckungsbehörde erst prüfen, ob ein Vollstreckungsverfahren geboten ist. Ein Vollstreckungsverfahren wird in der Regel geboten sein, um die Verjährung zu unterbrechen. Liegt dagegen einer der nachstehend unter Nummer 6.4.1 Buchstabe a bis c genannten Gründe vor, kann es vertretbar sein, davon Abstand zu nehmen. Diese Prüfung ist im Benehmen mit dem Vollstreckungsgläubiger im Verlaufe des Zwangsverfahrens zu wiederholen, sobald sich neue Gesichtspunkte für die Beurteilung ergeben.

6.4.1 Vollstreckungsmaßnahmen sind im Allgemeinen unbillig, wenn

  1. aufgrund vom Vollstreckungsschuldner vorgelegter Unterlagen mit der Tilgung der Schuld durch Zahlung, Aufrechnung oder Erlass in nächster Zeit zu rechnen ist. Dieser Nachweis kann in besonderen Einzelfällen auch durch einen aussichtsreichen Schriftwechsel mit dem Vollstreckungsgläubiger geführt werden,
  2. die Beitreibung wegen Zahlungsunfähigkeit des Vollstreckungsschuldners oder wegen vorhergehender Rechte anderer Gläubiger an den pfändbaren Vermögenswerten aussichtslos erscheint oder
  3. die Vollstreckung oder eine einzelne Vollstreckungsmaßnahme dem Vollstreckungsschuldner einen unangemessenen Nachteil bringen würde, der durch kurzfristiges Zuwarten oder durch eine andere Vollstreckungsmaßnahme vermieden werden könnte. Nachteile, die üblicherweise mit der Vollstreckung oder der einzelnen Vollstreckungsmaßnahme verbunden sind, begründen keine Unbilligkeit.

6.4.2 Soweit im Einzelfall die Vollstreckung unbillig ist, kann die Vollstreckungsbehörde über die in Nummer 6.5 gezogenen Grenzen hinaus die Vollstreckung einstweilen einstellen, beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 258 AO). Die Entscheidung hierüber ist von der Vollstreckungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Die Einstellung oder Beschränkung ist nicht von einem Antrag des Vollstreckungsschuldners abhängig. Eine solche Maßnahme kommt in der Regel nur für einen kurzfristigen Zeitraum in Betracht.

6.4.3 Bei Maßnahmen nach Nummer 6.4.2 Satz 1 sind grundsätzlich Säumniszuschläge weiter zu erheben. Wird die Maßnahme dem Vollstreckungsschuldner mitgeteilt, so ist er hierauf hinzuweisen. Von der Erhebung der Säumniszuschläge ist abzusehen, wenn feststeht, dass ihre Erhebung offensichtlich keinen Erfolg verspricht, weil der Vollstreckungsschuldner zweifelsfrei zahlungsunfähig oder überschuldet ist, oder wenn bei Fälligkeit die Voraussetzungen für eine Stundung oder einen Erlass der Hauptschuld gegeben waren.

6.4.4 Gegebenenfalls ist auf die Stundung, Niederschlagung oder den Erlass durch die zuständige Stelle hinzuwirken. Hierbei sind § 16 Abs. 2 GemKVO, § 59 LHO und die dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften (VV), die §§ 222 und 227 Abs. 1 AO, § 12 KAG und § 30 GemHVO zu beachten.

6.4.5 Sind die Voraussetzungen für eine erfolgversprechende Beitreibung der Geldforderungen gegeben, ist die Vollstreckungsbehörde verpflichtet, das Zwangsverfahren unverzüglich einzuleiten und durchzuführen. Ohne Genehmigung des Vollstreckungsgläubigers oder der zur Bewilligung von Stundungen zuständigen Dienststelle ist sie im Allgemeinen nicht ermächtigt, für sachlich gebotene Vollstreckungsmaßnahmen Aufschub zu gewähren, sofern nicht die Voraussetzungen des § 5 VwVGBbg in Verbindung mit den §§ 258 und 297 AO gegeben sind.

6.5 Einstellung und Beschränkung der Vollstreckung sowie Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen

6.5.1 Die Vollstreckung ist nach § 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 257 AO einzustellen oder zu beschränken, sobald

  1. die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 VwVGBbg weggefallen sind,
  2. der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird,
  3. der Anspruch auf die Leistung erloschen ist, zum Beispiel durch Zahlung (§ 362 BGB), Aufrechnung (z. B. für Kommunalabgaben § 12 KAG in Verbindung mit § 226 AO und den §§ 387 bis 396 BGB), Erlass und Verjährung (z. B. für Kommunalabgaben § 12 KAG in Verbindung mit den §§ 228 bis 232 AO; § 12 KAG in Verbindung mit § 47 AO) oder
  4. die Leistung gestundet worden ist.

6.5.2 In den Fällen der Nummer 6.5.1 Buchstabe b und c sind bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben. Ist der Verwaltungsakt durch gerichtliche Entscheidung aufgehoben worden, so gilt dies nur, soweit die Entscheidung unanfechtbar geworden ist und nicht auf Grund der Entscheidung ein neuer Verwaltungsakt erlassen ist. Ist die Leistung gestundet oder die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ausgesetzt worden, bleiben die Vollstreckungsmaßnahmen bestehen, soweit nicht ihre Aufhebung ausdrücklich angeordnet oder die Rückwirkung der Aufhebung der Vollziehung verfügt worden ist. Bleiben Vollstreckungsmaßnahmen bestehen, unterbleiben für die Dauer einer Stundung oder Aussetzung der Vollziehung weitere Maßnahmen zur Durchführung der Vollstreckung, wie zum Beispiel die Verwertung gepfändeter Sachen.

6.5.3 Hat der Vollstreckungsschuldner wegen Rückständen, die der Vollstreckungsstelle bereits mitgeteilt worden sind, Stundung, Erlass oder Aussetzung der Vollziehung beantragt, soll über die Anträge unverzüglich entschieden werden. Die für die Entscheidung über den Antrag zuständige Stelle soll - soweit der Antrag der Vollstreckungsstelle nicht bereits bekannt ist - die Vollstreckungsstelle über das Vorliegen des Antrags unterrichten und sich zu den Erfolgsaussichten des Antrags äußern. Die Vollstreckungsstelle hat dann zu entscheiden, ob Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet oder bereits begonnene Vollstreckungsverfahren eingestellt, beschränkt oder fortgeführt werden sollen. Das Vollstreckungsverfahren ist einzuleiten oder fortzuführen, wenn die Anträge aussichtslos erscheinen, wenn sie offensichtlich nur den Zweck verfolgen, das Vollstreckungsverfahren hinauszuschieben oder wenn Gefahr im Verzug besteht; Entsprechendes gilt, wenn bei Gericht Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt worden ist.

6.5.4 Soweit nach Nummer 6.5.2 bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben sind, ist im Einzelnen wie folgt zu verfahren:

  1. Pfändungen sind aufzuheben;
  2. der Vollziehungsbeamte ist, sofern ein Vollstreckungsauftrag erteilt worden ist (Nummer 9.1), anzuweisen, keine weiteren Vollstreckungsmaßnahmen mehr zu ergreifen;
  3. der Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek (Nummer 5.7) ist durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt zurückzunehmen, wenn die Sicherungshypothek noch nicht eingetragen ist (§§ 29, 31 GBO). Ist die Sicherungshypothek bereits eingetragen, bleibt es dem Grundstückseigentümer überlassen, das Grundbuch berichtigen zu lassen. Dem Vollstreckungsschuldner ist eine Zahlungsbestätigung, eine löschungsfähige Quittung (eine zum Nachweis der Löschungsvoraussetzungen geeignete Quittung) oder eine Löschungsbewilligung zu erteilen;
  4. der Antrag auf Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung (Nummer 5.7) ist durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Vollstreckungsgericht, der Antrag auf Eröffnung des gerichtlichen Gesamtvollstreckungsverfahrens durch schriftliche Erklärung gegenüber dem zuständigen Gericht nach § 1 Abs. 2 der Gesamtvollstreckungsordnung (GesO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Mai 1991 (BGBl. I S. 1185), zuletzt geändert durch Artikel 31 des Gesetzes vom 18. Juli 1997 (BGBl. I S. 1430, 1441), in Verbindung mit § 2 des Brandenburgischen Gerichtsneuordnungsgesetzes vom 14. Juni 1993 (GVBl. I S. 198), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes  vom 15. Dezember 1995 (GVBl. I S. 287), zurückzunehmen. Der Antrag auf Eröffnung des gerichtlichen Gesamtvollstreckungsverfahrens kann nicht mehr zurückgenommen werden, wenn das Gericht den Beschluss über die Eröffnung des gerichtlichen Gesamtvollstreckungsverfahrens verkündet, einem Beteiligten zugestellt oder öffentlich bekannt gemacht hat. Der Antrag auf Zwangsversteigerung kann bis zur Erteilung des Zuschlags zurückgenommen werden. Der Antrag auf Zwangsverwaltung kann jederzeit zurückgenommen werden.

6.5.5 Sind die Voraussetzungen für eine Aufhebung oder Beschränkung der Vollstreckung nur zum Teil gegeben, so sind die Vollstreckungsmaßnahmen entsprechend zu beschränken. In den Fällen der Nummer 6.5.4 Buchstabe c ist ein Eintragungsantrag immer zurückzunehmen, wenn der verbleibende Betrag 500 Deutsche Mark nicht übersteigt (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 322 AO und § 866 Abs. 3 ZPO).

7. Einwendungen gegen den Anspruch; Erstattungsanspruch (zu § 7)

7.1 Materiell-rechtliche Einwendungen

§ 7 VwVGBbg regelt nur materiell-rechtliche Einwendungen. Materiell-rechtliche Einwendungen des Vollstreckungsschuldners gegen den zu vollstreckenden Anspruch können die Durchführung des Zwangsverfahrens nicht hindern. Der Vollstreckungsschuldner kann derartige Einwendungen nur außerhalb des Zwangsverfahrens mit den jeweils statthaften Rechtsbehelfen gegen den Leistungsbescheid und, wenn er eine Abänderung oder Aufhebung dieses Bescheides erreicht hat, im Erstattungsverfahren gemäß § 7 Abs. 2 und 3 VwVGBbg geltend machen (§§ 7, 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 256 AO).

7.2 Einwendungen gegen die Zulässigkeit des Verwaltungszwangsverfahrens oder gegen Maßnahmen, die in Ausführung des Verwaltungszwangsverfahrens ergangen sind

7.2.1 Einwendungen gegen die Zulässigkeit des Verwaltungszwangsverfahrens und gegen Maßnahmen, die in Ausführung des Verwaltungszwangsverfahrens ergangen sind (z. B.: Pfändung einer bestimmten Sache), sind für die Rechtmäßigkeit des Verwaltungszwangsverfahrens von unmittelbarer Bedeutung. Sie können sich insbesondere aus § 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 295 AO und den §§ 811 bis 813 a ZPO ergeben. Diese Einwendungen sind nach § 295 Satz 2 AO gegenüber der Vollstreckungsbehörde zu erheben. Der Vollstreckungsschuldner kann gegebenenfalls auch Widerspruch und Klage erheben. Widerspruch und Klage haben allerdings gemäß § 39 VwVGBbg keine aufschiebende Wirkung. Die Vollstreckungsbehörde erlässt den Widerspruchsbescheid in Selbstverwaltungsangelegenheiten gemäß § 73 Abs. 1 Nr. 3 VwGO selbst. Besteht die zu vollstreckende Forderung in einer Angelegenheit, die Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung oder Auftragsangelegenheit ist, so erlässt grundsätzlich die nächsthöhere Behörde nach § 73 Abs. 1 Nr. 1 VwGO den Widerspruchsbescheid, sofern nicht die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Anwendung findet.

7.2.2 Bei Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung selbst ist die Vollstreckung gegebenenfalls einzustellen oder zu beschränken, wenn die Voraussetzungen hierfür nachgewiesen werden (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 257 AO). Kann der Nachweis nicht geführt werden, ist die Vollstreckung in der Regel fortzusetzen.

7.2.3 Mit der Behauptung, dass die geschuldete Leistung gestundet oder getilgt sei, kann der Vollstreckungsschuldner im Zwangsverfahren nur nach Maßgabe des § 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 292 AO gehört werden. In anderen Fällen, in denen der Vollstreckungsschuldner die Unzulässigkeit des Zwangsverfahrens vorträgt, kann von der Vollstreckungsbehörde eine vorläufige Leistung verlangt werden.

7.3 Einwendungen Dritter

Dritte können Rechte gemäß den §§ 262, 293 AO gegen die Vollstreckungsmaßnahme geltend machen. Über Einwendungen Dritter nach den §§ 262, 293 AO hat die Vollstreckungsbehörde unverzüglich zu entscheiden. Gibt sie den Einwendungen nicht statt, soll sie auf die Möglichkeit der Klage vor den ordentlichen Gerichten hinweisen.

7.3.1 Für die Klage ist ausschließlich das ordentliche Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Vollstreckung erfolgt (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 262 Abs. 3 AO). Bei der Pfändung einer Forderung oder eines sonstigen Vermögensrechts richtet sich die Zuständigkeit nach dem Sitz der pfändenden Vollstreckungsbehörde. Bei der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Sache belegen ist.

7.3.2 Die Vollstreckung wird weder durch die Geltendmachung von Einwendungen noch durch eine Klage gehemmt. Das Prozessgericht kann die Einstellung der Vollstreckung und die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen nach den §§ 769 und 770 ZPO einstweilig anordnen (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 262 AO).

7.3.3 Besteht das Recht des Dritten in einem Pfand- oder Vorzugsrecht an einer Sache, die nicht in seinem Besitz ist, kann er der Pfändung nicht widersprechen, sondern lediglich vorzugsweise Befriedigung verlangen (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 293 AO). Macht der Pfandberechtigte sein Recht gegenüber der Vollstreckungsstelle geltend, ist entsprechend Nummer 7.3 Satz 1 bis 3 zu verfahren. Die Vollstreckung ist auch dann fortzusetzen, wenn der Dritte seinen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung im Wege der Klage geltend macht. Für die Klage auf vorzugsweise Befriedigung ist das ordentliche Gericht zuständig, in dessen Bezirk gepfändet worden ist (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 293 Abs. 2 AO).

7.4 Anspruch auf Erstattung

Ist der Vollstreckungsschuldner der Auffassung, seine Leistung im Verwaltungszwangsverfahren sei ohne Verpflichtung erbracht worden, so kann er einen Antrag auf Erstattung stellen. Der Antrag ist innerhalb der in § 7 Abs. 3 VwVGBbg bestimmten Ausschlussfrist beim Vollstreckungsgläubiger oder bei der Vollstreckungsbehörde zu stellen. Die Entscheidung trifft der Vollstreckungsgläubiger. Der Bescheid des Vollstreckungsgläubigers, der den Erstattungsanspruch ganz oder teilweise ablehnt, kann im Widerspruchsverfahren angefochten werden und unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung. Er ist ausreichend zu begründen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.

7.5 Einwendungen von Erben

Erben können aufgrund der §§ 2014 und 2015 BGB gegen eine Vollstreckung Einreden erheben. Mit diesen Einreden (Dreimonats- und Aufgebotseinrede) können sie nur erreichen, dass die Vollstreckung in den Nachlass für die Dauer der in den §§ 2014 und 2015 BGB bestimmten Fristen auf solche Maßnahmen beschränkt wird, die zur Vollziehung eines Arrestes gemäß den §§ 782 und 783 ZPO zulässig sind. Nach § 1971 BGB ist diese Einredemöglichkeit eingeschränkt. Darüber hinaus bestimmt § 7 Abs. 4 VwVGBbg, dass die §§ 2014 und 2015 BGB keine Anwendung finden, wenn es sich um Forderungen handelt, die nach Beginn des Kalenderjahres fällig geworden sind, das der Vollstreckungsmaßnahme vorausgegangen ist. Als Vollstreckungsmaßnahme gilt schon der schriftliche Vollstreckungsauftrag an den Vollziehungsbeamten gemäß § 9 VwVGBbg, die Pfändungsverfügung gemäß § 12 VwVGBbg und ein Vollstreckungsantrag an das Gericht oder Grundbuchamt gemäß § 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 322 AO,ein Arrestantrag gemäß § 13 VwVGBbg oder eine Vollstreckungsanmeldung im Konkursverfahren. Ist beispielsweise ein schriftlicher Vollstreckungsauftrag im Dezember 1997 ergangen, so kann trotz der Einreden wegen aller nach dem 1. Januar 1996 fällig gewordenen Forderungen gepfändet werden, die aus dem Nachlass zu begleichen sind.

8. Vollziehungsbeamte (zu § 8)

Grundsätzlich vollzieht jede Vollstreckungsbehörde ihre Maßnahmen durch eigene Vollziehungsbeamte. Soweit es der Umfang der anfallenden Vollstreckungsaufgaben rechtfertigt, sollen in der Regel hauptamtliche, ausschließlich mit Vollstreckungsaufgaben betraute Dienstkräfte Vollziehungsbeamte sein. Bei geringerem Arbeitsanfall lässt sich auch der Einsatz hauptamtlicher Dienstkräfte vertreten, die neben ihrer Tätigkeit als Vollziehungsbeamte noch andere Aufgaben ihrer Behörde zu erledigen haben. Auch auf Zeit, beispielsweise in Vertretung erkrankter oder beurlaubter Vollziehungsbeamter, können Dienstkräfte, die ansonsten nicht hauptamtlich als Vollziehungsbeamte tätig sind, nach Vereidigung als Vollziehungsbeamte eingesetzt werden. Wegen der besonderen Kenntnisse, die die Aufgabe des Vollziehungsbeamtenerfordert, kommt der Einsatz von unbesoldeten Dienstkräften bei kommunalen Vollstreckungsbehörden, die die Funktion des Vollziehungsbeamten als Ehrenamt gemäß § 26 der Gemeindeordnung (GO) wahrnehmen, nicht in Betracht.

8.1 Ausübung hoheitlicher Gewalt

Der Vollziehungsbeamte handelt in Ausübung öffentlicher Gewalt. Aufgaben, bei denen hoheitliche Gewalt ausgeübt wird, sind grundsätzlich gemäß Artikel 33 Abs. 4 GG Beamten zu übertragen. Nach § 8 VwVGBbg können diese Aufgaben allerdings auch Angestellten übertragen werden. Angestellte stehen aber unter dem gleichen strafrechtlichen Schutz wie Beamte, so dass beispielsweise § 113 des Strafgesetzbuchs (StGB) anwendbar ist, und sie können sich auch selbst nach den Bestimmungen des § 203 Abs. 2 und der §§ 331 bis 358 StGB strafbar machen.

8.2 Stellung und Verhältnis zur Vollstreckungsbehörde

Der Vollziehungsbeamte ist nicht Organ, sondern Mitarbeiter der Vollstreckungsbehörde. Im Sinne der Rechtsbehelfsvorschriften sind seine Amtshandlungen stets Maßnahmen seiner Vollstreckungsbehörde. Er handelt nicht kraft eigenen Rechts, sondern im Namen der Vollstreckungsbehörde. Für etwaige Amtspflichtverletzungen haftet nach § 1 Abs. 1 des Staatshaftungsgesetzes vom 12. Mai 1969 (GBl. I Nr. 5 S. 34), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 3. September 1993 (GVBl. I S. 104), seine Anstellungskörperschaft.

8.3 Vereidigung

Vollziehungsbeamte sind gemäß § 8 Abs. 2 VwVGBbg zu vereidigen. Die Vereidigung des Vollziehungsbeamten ist Voraussetzung für die Rechtsgültigkeit der von ihnen durchgeführten Maßnahmen. Der Dienstherr hat daher die Vereidigung nach den geltenden allgemeinen Vorschriften zu veranlassen. Haben Beamte bereits anlässlich ihrer Anstellung einen allgemeinen Diensteid geleistet, so ist eine nochmalige Vereidigung nicht erforderlich. Angestellte sind jedoch stets besonders zu vereidigen, auch wenn sie nur vorübergehend zu Vollziehungsbeamten bestellt werden sollen. Als Eidesformel genügt, soweit vom Dienstherrn nichts anderes bestimmt wird:

„Ich schwöre, dass ich die Pflichten eines Vollziehungsbeamten des Landkreises .../der Gemeinde .../der Stadt .../des Amtes ... gewissenhaft erfüllen werde.”

Über die Vereidigung ist eine durch den Vollziehungsbeamten zu unterzeichnende Niederschrift aufzunehmen und zu seinen Personalakten zu nehmen.

8.4 Gerichtsvollzieher

Gerichtsvollzieher können zurzeit in Brandenburg nicht für die Vollstreckung nach dem VwVGBbg in Anspruch genommen werden, da Verwaltungsvorschriften nach § 8 Abs. 3 VwVGBbg bisher nicht ergangen sind.

9. Auftrag und Ausweis des Vollziehungsbeamten (zu § 9)

Der Vollstreckungsschuldner braucht eine Vollstreckungshandlung nur zu dulden, wenn und soweit sich der Vollziehungsbeamte durch einen Vollstreckungsauftrag und einen Dienstausweis ausweist.

9.1 Der Vollstreckungsauftrag

9.1.1 Der Vollstreckungsauftrag ist von der Vollstreckungsbehörde stets schriftlich zu erteilen und dem Vollziehungsbeamten auszuhändigen. Ein schriftlicher Auftrag ist nicht erforderlich, wenn der Vollziehungsbeamte nur Zustellungen oder andere Handlungen bewirken soll, die keine Vollstreckungsmaßnahmen sind.

9.1.2 Zur rechtmäßigen Ausübung seines Amtes im Sinne des § 113 StGB wird der Vollziehungsbeamte nur durch einen Auftrag seiner Vollstreckungsbehörde ermächtigt. Bei Ausführung eines Vollstreckungsersuchens ist der Auftrag daher nicht von der ersuchenden, sondern von der ersuchten Behörde zu erteilen, deren Mitarbeiter der Vollziehungsbeamte ist.

9.1.3 Der Vollstreckungsauftrag soll enthalten:

  1. Familienname, Vornamen und Anschrift, gegebenenfalls auch Betriebsanschrift, des Vollstreckungsschuldners und - soweit erforderlich - des Duldungsschuldners; nicht zulässig sind Sammelaufträge gegen mehrere Vollstreckungsschuldner,
  2. die Bezeichnung des beizutreibenden Geldbetrages und des Schuldgrundes gemäß § 10 VwVGBbg,
  3. die Angabe der beizutreibenden Nebenforderungen gemäß § 6 Abs. 4 Buchstabe b VwVGBbg,
  4. die Bezeichnung der Vollstreckungsmaßnahmen, die getroffen werden sollen, wie die Wegnahme bestimmter Urkunden, und bei Vollstreckung gegen Duldungsschuldner auch die Bezeichnung der Vermögensmasse, in die vollstreckt werden soll,
  5. die Ermächtigung des Vollziehungsbeamten, die geschuldeten Leistungen anzunehmen und über den Empfang eine Quittung zu erteilen,
  6. die Anweisung an den Vollziehungsbeamten, den Auftrag innerhalb einer bestimmten Frist auszuführen und
  7. die Unterschrift eines zuständigen Bediensteten der Vollstreckungsbehörde; bei elektronisch hergestellten Vollstreckungsaufträgen kann die Unterschrift fehlen.

9.1.4 Der Vollstreckungsauftrag soll dem Vollziehungsbeamten nicht vor Ablauf der in § 6 Abs. 1 Nr. 3 VwVGBbg vorgesehenen Wochenfrist ausgehändigt werden.

9.1.5 Dem Vollstreckungsschuldner oder der in seinem Haushalt angetroffenen Person sowie auch einem hinzugezogenen Polizeibeamten hat der Vollziehungsbeamte den Vollstreckungsauftrag unaufgefordert vorzuzeigen. Dies gilt auch dann, wenn der Vollziehungsbeamte weiß, dass der Vollstreckungsschuldner bereits Kenntnis vom Inhalt des Vollstreckungsauftrages hat.

9.1.6 Der Vollziehungsbeamte hat die Voraussetzungen für die Erteilung eines Vollstreckungsauftrages nicht zu prüfen. Bei offenbaren Unrichtigkeiten, wie z. B. Schreibfehlern, Rechenfehlern, falschen Zinsberechnungen oder offenbarer Unzweckmäßigkeit, ist der Vollziehungsbeamte berechtigt, die verantwortlichen Mitarbeiter der Vollstreckungsbehörde hierauf aufmerksam zu machen. Maßgeblich ist deren Entscheidung.

9.2 Der Ausweis des Vollziehungsbeamten

Der Vollziehungsbeamte muss bei Ausübung seiner Tätigkeit auf Verlangen jederzeit einen mit Lichtbild und Dienstsiegel versehenen Ausweis seiner Vollstreckungsbehörde vorzeigen, der ihn zur Vornahme von Vollstreckungshandlungen allgemein ermächtigt (Dienstausweis für Vollziehungsbeamte). Ein anderer „behördlicher Ausweis”, wie ein Personalausweis oder ein allgemeiner Dienstausweis für Behördenangehörige, genügt nicht.

10. Angabe des Schuldgrundes (zu § 10)

Damit der Vollstreckungsschuldner erkennen kann, welche Ansprüche der Vollstreckung zugrunde liegen, muss im Vollstreckungsauftrag und in der Pfändungsverfügung die zu vollstreckende Forderung (Schuldgrund) genannt werden (§ 10 VwVGBbg; Nummer 12.2.2 Buchstabe b). Die Angabe des Anspruchs ist entbehrlich, wenn der Vollstreckungsschuldner zuvor von der Vollstreckungsbehörde oder vom Vollstreckungsgläubiger durch Kontoauszüge fortlaufend über die Entwicklung des Rückstandes unterrichtet worden ist (§ 10 Satz 2 VwVGBbg).

11. Kosten (zu § 11)

11.1 Zahlung der Kosten der Vollstreckungsbehörde

11.1.1 Die Kosten der Mahnung und die Kostender Vollstreckung sind grundsätzlich vom Vollstreckungsschuldner zu tragen (§ 11 Abs. 1 VwVGBbg). Sie gliedern sich in Gebühren und Auslagen. Die Höhe der Gebühren und Auslagen und die einzelnen Arten der Gebühren und Auslagen ergeben sich aus der Kostenordnung zum VwVGBbg (Bbg KostO) vom 16. Juni 1992 (GVBl. II S. 299). Die Kosten der Mahnung stehen der Stelle zu, die mahnt. Für Landesforderungen ist das überwiegend die Landeshauptkasse. Die Kosten der Vollstreckung stehen der Vollstreckungsbehörde zu.

11.1.2 § 11 Abs. 2 VwVGBbg zieht die rechtlichen Folgerungen aus der bereits in Nummer 2.1.5 letzter Satz und Nummer 2.1.6 erörterten Tatsache, dass Vollstreckungsbehörden, die nicht auf Ersuchen einer anderen Vollstreckungsbehörde, sondern kraft Rechtsvorschrift in Erfüllung eigener Aufgaben für „ihren” Vollstreckungsgläubiger tätig werden, keine Amtshilfe leisten. Kammern, Innungen, Beliehene usw. müssen im Falle der Uneinbringlichkeit der Kosten, unbeschadet des ohnehin nach näheren Bestimmungen zu zahlenden Kostenbeitrages (vgl. § 3 der Verordnung zur Bestimmung von Vollstreckungsbehörden), an ihre Vollstreckungsbehörde nicht nur die baren Auslagen, sondern auch die fälligen Gebühren an Stelle des Vollstreckungsschuldners entrichten.

11.1.3 Die Kostenregelung des § 11 Abs. 2 VwVGBbg gilt nicht für das Verhältnis zwischen ersuchender und ersuchter Vollstreckungsbehörde im Falle der Amtshilfe. Für die Kosten der Amtshilfe gilt § 8 VwVfGBbg. Hiernach hat die ersuchende Behörde der ersuchten Behörde keine Verwaltungsgebühr zu entrichten. Auslagen sind der ersuchten Behörde auf Anforderung zu erstatten, wenn sie im Einzelfall 50 Deutsche Mark übersteigen.

11.2 Reihenfolge der Deckung

Soweit nicht besondere gesetzliche Bestimmungen bestehen, werden nach § 13 Abs. 2 Bbg KostO aus dem durch die Vollstreckung beigetriebenen Betrag zunächst die in Ansatz gebrachten Gebühren des Vollstreckungsverfahrens, sodann die übrigen Kosten der Vollstreckung entnommen. Im Fall der Amtshilfenach den §§ 4 bis 8 VwVfGBbg werden zunächst die Kosten der ersuchten Behörde aufgrund der Vorschrift des § 13 Abs. 4 Bbg KostO gedeckt. Für die Reihenfolge der Tilgung bei Abgaben nach dem KAG und der in § 1 Abs. 3 KAG erwähnten Abgaben gilt § 12 KAG in Verbindung mit § 225 AO analog. Eine abweichende Anrechnung kann der Schuldner auch bei freiwilliger Teilzahlung nur mit der Einwilligung der Vollstreckungsbehörde und des Vollstreckungsgläubigers bestimmen. Die Möglichkeit des Vollziehungsbeamten, ein Angebot des Vollstreckungsschuldners zur freiwilligen Leistung zur Abwendung von Pfändungsmaßnahmen abzulehnen, wenn die von diesem geforderte Tilgungsreihenfolge von der gesetzlich bestimmten abweicht, und anschließende Pfändung des Geldbetrages bleiben somit unberührt.

12. Pfändung einer Geldforderung (zu § 12)

12.1 Voraussetzungen und Zuständigkeiten

12.1.1 Soll eine Geldforderung, die dem Vollstreckungsschuldner gegen einen Dritten (Drittschuldner) zusteht, gepfändet und eingezogen werden, hat die Vollstreckungsbehörde die Pfändung schriftlich zu verfügen und die Einziehung der gepfändeten Forderung anzuordnen (§ 12 Abs. 1 VwVGBbg). Hierbei sind Beschränkungen und Verbote, die nach den §§ 850 bis 852 ZPO und anderen gesetzlichen Bestimmungen für die Pfändung von Forderungen und Ansprüchen bestehen, zu beachten (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 319 AO).

12.1.2 Die Vollstreckungsbehörde soll eine Forderung im Allgemeinen erst dann pfänden, wenn sie zu der Überzeugung gelangt ist, dass

  1. die Forderung zu Recht besteht,
  2. der Drittschuldner zahlungsfähig ist und
  3. ihrer Verwertung Pfändungsbeschränkungen und Vollstreckungsschutzbestimmungen nicht entgegenstehen.

Die vorherige Anhörung des Vollstreckungsschuldners ist zwar nicht wie in § 834 ZPO ausdrücklich ausgeschlossen. Sie wird aber in der Regel gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfGBbg nicht in Betracht kommen, da der Vollstreckungsschuldner sonst durch sofortige Einziehung oder Abtretung der Forderung die Pfändung vereiteln könnte.

12.1.3 Die Regelung des § 12 Abs. 3 VwVGBbg stellt klar, dass jede Vollstreckungsbehörde Forderungen gegen einen Drittschuldner im Land Brandenburg selbst pfänden kann und sich dazu nicht der Amtshilfe einer „örtlich zuständigen” Vollstreckungsbehörde zu bedienen braucht. Sie kann dem Drittschuldner die Pfändungsverfügung auch außerhalb ihres Bezirks im Wege der Postzustellung wirksam selbst zustellen. Eine andere Vollstreckungsbehörde braucht nur eingeschaltet zu werden, wenn aus besonderen Gründen Wert auf die persönliche Zustellung gegen Empfangsbekenntnis (§ 1 Verwaltungszustellungsgesetz für das Land Brandenburg - BbgVwZG - in Verbindung mit § 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes - VwZG - vom 3. Juli 1952, BGBl. I S. 379, zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. August 1998, BGBl. I S. 2585, 2597) gelegt wird.

12.1.4 Die Regelung des § 12 Abs. 4 VwVGBbg gestattet auch den Vollstreckungsbehörden anderer Bundesländer, Forderungspfändungen im Land Brandenburg im Wege der Postzustellung zu bewirken. Die Vollstreckungsbehörden anderer Bundesländer sind insoweit den Vollstreckungsbehörden des Landes Brandenburg gleichgestellt. Die Regelung des § 12 Abs. 4 Nr. 2 VwVGBbg ermöglicht den brandenburgischen Vollstreckungsbehörden, Forderungspfändungen in anderen Bundesländern selbst zu erlassen und ihre Zustellung durch die Post mit Postzustellungsurkunde zu bewirken, wenn in diesen Bundesländern entsprechende Regelungen bestehen. Soweit in anderen Bundesländern entsprechende Regelungen fehlen, ist bei Forderungspfändungen außerhalb des Landes Brandenburg nach den Vorschriften über die Amtshilfe (§§ 4 bis 8 VwVfGBbg) zu verfahren. Inzwischen haben lediglich die Länder Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein keine entsprechenden Regelungen im dortigen Vollstreckungsrecht verankert. Berlin wendet das Vollstreckungsrecht des Bundes an und leitet daraus die Möglichkeit ab, in anderen Bundesländern Forderungspfändungen vornehmen zu dürfen, und lässt aufgrund der gleichen Auslegung des Bundesrechts Forderungspfändungen in Berlin zu.

12.2 Die Pfändungsverfügung

12.2.1 Die zuzustellende Pfändungsverfügung muss als Urschrift (Reinschrift), Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift (Durchschrift) den formalen Anforderungen des § 2 VwZG und des § 1 Abs. 3 BbgVwZG entsprechen. Die Urschrift (Reinschrift) oder die Ausfertigungs- und Beglaubigungsvermerke müssen voll unterschrieben sein. Beglaubigungsvermerken ist ein Abdruck des Dienststempels beizufügen.

12.2.2 Die Pfändungsverfügung muss enthalten:

  1. die genaue Bezeichnung des Vollstreckungsgläubigers;
  2. die Forderung, deretwegen die Vollstreckung betrieben wird, nach Art, Höhe und Zeitraum (die an den Drittschuldner zuzustellende Pfändungsverfügung soll gemäß § 12 Abs. 1 Satz 4 VwVGBbg den beizutreibenden Geldbetrag nur in einer Summe, ohne Angabe der Forderungsart und des Zeitraums, für die er geschuldet wird, bezeichnen);
  3. den Betrag der beizutreibenden Kosten;
  4. die Bezeichnung der zu pfändenden Forderung unter genauer Angabe des zugrunde liegenden
    wRechtsverhältnisses (z. B.: nicht: „Forderung aus Kaufvertrag”, sondern: „Ansprüche aus dem Kaufvertrag vom ... über einen Schrank”, nicht: „Forderung aus Vermietung”, sondern: „Forderung aus der Vermietung eines Zimmers - im Haus ...”) mit dem Ausspruch, dass diese Forderung wegen der zu Buchstaben b und c angegebenen Beträge gepfändet wird;
  5. das an den Drittschuldner zu richtende Verbot, an den Vollstreckungsschuldner zu zahlen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 VwVGBbg);
  6. das an den Vollstreckungsschuldner zu richtende Gebot, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten (§ 12 Abs. 1 Satz 1 VwVGBbg) und
  7. die Erklärung, dass der Vollstreckungsgläubiger die gepfändete Forderung zur Befriedigung seiner Ansprüche einziehen kann; diese Erklärung kann auch nachgeholt werden.

12.2.3 Die Pfändungsverfügung soll ferner enthalten:

  1. Die Aufforderung an den Drittschuldner, innerhalb von zwei Wochen die in § 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 316 AO vorgesehene Erklärung abzugeben,
  2. die Aufforderung an den Drittschuldner, die von ihm geschuldete Geldsumme bis zur Höhe der beizutreibenden Beträge bei Eintritt der Fälligkeit unmittelbar an die Vollstreckungsbehörde (Kasse und Kontoverbindung mit Konto-Nr., Bankleitzahl und Bezeichnung des Kreditinstituts angeben) oder an den Vollstreckungsgläubiger zu zahlen,
  3. die Aufforderung, das erforderlichenfalls angegebene Kassenzeichen oder ein entsprechendes Merkmal, unter dem die beizutreibende Forderung in den Büchern des Vollstreckungsgläubigers offensteht, bei der Zahlung anzugeben und
  4. eine Rechtsbehelfsbelehrung.

12.2.4 In der Pfändungsverfügung ist die Forderung, die gepfändet wird, so eindeutig zu bezeichnen, dass kein Zweifel am Gegenstand der Pfändung möglich ist (vgl. auch Nummer 12.2.2 Buchstabe b und d und Nummer 12.6.3). Dazu gehört die Angabe des Drittschuldners und des Schuldgrundes.

12.2.5 Die Anordnung der Einziehung (Einziehungsverfügung) soll regelmäßig mit der Pfändungsverfügung verbunden werden. Sie soll die Aufforderung an den Drittschuldner enthalten, in Höhe der Pfändung den von ihm geschuldeten Betrag bei Eintritt der Fälligkeit an die zuständige Kasse zu zahlen.

12.2.6 Die vorstehend unter Nummer 12.2.3 Buchstabe b vorgesehene Zahlungsaufforderung ist nicht in die Pfändungsverfügung aufzunehmen, wenn der Drittschuldner nur gegen Aushändigung oder Vorlage einer über die Forderung ausgestellten Urkunde, z. B. eines Sparkassenbuchs, zur Zahlung verpflichtet ist. In diesem Falle hat sich vielmehr der Vollstreckungsgläubiger oder in seinem Auftrage die Vollstreckungsbehörde erst den Besitz der Urkunde zu verschaffen, um sodann auf Grund der Einziehungsermächtigung (Nummer 12.2.2 Buchstabe g) unter Vorlage der Urkunde Zahlung zu verlangen. Die Aufforderung zur Herausgabe der Urkunde kann in die Verfügung aufgenommen werden.

12.2.7 Die Wirksamkeit der Pfändung hängt unter anderem von der förmlichen Zustellung der Verfügung an den Drittschuldner ab. Die Pfändungsverfügung und Einziehungsverfügung sind dem Drittschuldner in der Regel durch Post mit Zustellungsurkunde zuzustellen. Sind mehrere Drittschuldner vorhanden, so ist die Verfügung an jeden einzelnen zuzustellen. Zu beachten ist in diesem Falle, dass die Pfändung, wenn mehrere Drittschuldner gemeinschaftlich zur gesamten Hand zur Leistung verpflichtet sind (z. B. Miterben, Gesellschafter nach § 705 BGB), erst mit der Zustellung an den letzten wirksam wird. Haben dagegen mehrere Drittschuldner die Forderung als Gesamtschuldner zu erfüllen, so wird die Pfändung jedem einzelnen gegenüber mit der Zustellung an ihn wirksam. Die Zustellung an den Drittschuldner soll nicht durch eingeschriebenen Brief geschehen, da sonst die Gefahr besteht, dass der Drittschuldner innerhalb der Dreitagefrist nach § 4 VwZG durch sofortige Zahlung an den Vollstreckungsschuldner die Pfändung vereitelt. Die Zustellung oder anderweitige Bekanntgabe an den Vollstreckungsschuldner ist zwar nicht Voraussetzung für das Wirksamwerden der Pfändung, sie ist aber unerlässlich, weil die Pfändungsverfügung auch das an den Vollstreckungsschuldner gerichtete Gebot enthält, sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten. Dieser Verwaltungsakt muss ihm bekannt gegeben werden. Die Bekanntgabe wird nicht durch die in § 12 Abs. 1 Satz 4 VwVGBbg vorgeschriebene Mitteilung über die Zustellung an den Drittschuldner ersetzt, sie kann aber mit ihr verbunden werden. Das geschieht am besten in der Weise, dass der Beglaubigungsvermerk auf der dem Vollstreckungsschuldner zuzustellenden Abschrift der Pfändungsverfügung etwa folgende Fassung erhält:

„Die vorstehende Abschrift wird beglaubigt. Die Pfändungsverfügung ist am ... dem Drittschuldner zugestellt worden.

Ort und Datum,

Unterschrift und Dienststempel.”

Auf keinen Fall sollte die Pfändungsverfügung dem Vollstreckungsschuldner vor dem Drittschuldner bekannt gegeben werden. Der Vollstreckungsschuldner kann sonst durch Abtretung, der Drittschuldner durch - noch zulässige - Zahlung an den Vollstreckungsschuldner den Erfolg der Pfändung vereiteln.

12.2.8 Die in Nummer 12.2.2 Buchstabe g erwähnte Erklärung, dass der Vollstreckungsgläubiger die gepfändete Forderung zur Befriedigung seiner Ansprüche einziehen kann, berücksichtigt den Umstand, dass im Verwaltungszwangsverfahren die Vollstreckungsbehörde häufig ein Organ oder eine Dienststelle des Vollstreckungsgläubigers ist und als solche nicht sich selbst eine Forderung überweisen kann. Die Erklärung hat aber dieselbe Wirkung wie die sonst übliche „Überweisung zur Einziehung”.

12.3 Wirkungen der Pfändungsverfügung

12.3.1 Der Vollstreckungsgläubiger ist auf Grund des Ausspruchs, dass er die Forderung auch einziehen kann (§ 12 Abs. 1 Satz 2 VwVGBbg), befugt, die Gläubigerrechte des Vollstreckungsschuldners gegen den Drittschuldner im eigenen Namen und für eigene Rechnung geltend zu machen. Er hat dabei aber nicht mehr oder weiter gehende Rechte als der Vollstreckungsschuldner. Insbesondere kann er die Forderung nicht im Verwaltungszwangsverfahren beitreiben. Er muss sie vielmehr notfalls vor demselben Gericht einklagen, vor dem auch der Vollstreckungsschuldner klagen müsste und dabei unter Umständen nach § 841 ZPO dem Vollstreckungsschuldner den Streit verkünden. Im Übrigen darf er, um die Leistung des Drittschuldners herbeizuführen, die Forderung kündigen, gegen Verbindlichkeiten aufrechnen, vereinbarte Gegenleistungen bewirken, die Eröffnung des gerichtlichen Gesamtvollstreckungsverfahrens beantragen, bei zivilrechtlichen Forderungen etwa vorhandene Vollstreckungstitel auf sich umschreiben lassen, einen hinterlegten Betrag erheben, die Leistung in Empfang nehmen und darüber quittieren. Der Vollstreckungsgläubiger ist nicht zu Maßnahmen befugt, die die Gläubigerrechte des Vollstreckungsschuldners beeinträchtigen, ohne der Tilgung der beizutreibenden Forderungen zu dienen. Er darf also weder Stundung noch sonstige Zahlungserleichterungen ohne Einwilligung des Vollstreckungsschuldners gewähren noch Vergleiche abschließen noch durch Abtretung oder Erlass über die Forderung verfügen, es sei denn, dass er die Forderung auf seine Forderung gegen den Vollstreckungsschuldner anrechnen lässt. Der Vollstreckungsgläubiger oder die von ihm mit der Einziehung beauftragte Vollstreckungsbehörde ist verpflichtet, die gepfändete Forderung ohne Säumen beizutreiben und zu diesem Zweck sich einen vollstreckbaren Titel zu beschaffen. Er haftet dem Vollstreckungsschuldner für jeden aus einer Verzögerung sich etwa ergebenden Ausfall.

12.3.2 Der Vollstreckungsschuldner ist verpflichtet, seine Gläubigerrechte nicht zum Nachteil des Vollstreckungsgläubigers auszuüben. Trotz des weiter gehenden Wortlauts des Gesetzes (§ 12 Abs. 1 Satz 1 VwVGBbg: „jeder Verfügung”) ist er berechtigt, Maßnahmen zu treffen, die der Erhaltung der Forderung und damit seinen und den Interessen des Vollstreckungsgläubigers in gleicher Weise dienen. Er kann also vom Vollstreckungsgläubiger und der Vollstreckungsbehörde nicht gehindert werden, eine gepfändete noch nicht fällige Forderung zu kündigen, den Arrest gegen den Drittschuldner zu beantragen und die Forderung im gerichtlichen Gesamtvollstreckungs- oder Zwangsversteigerungsverfahren anzumelden.

12.3.3 Der Drittschuldner kann, sobald die Pfändung und das Recht des Vollstreckungsgläubigers zur Einziehung ihm durch Zustellung bekannt gegeben worden sind, mit befreiender Wirkung nur noch an den Vollstreckungsgläubiger leisten. Eine Zahlung an den Vollstreckungsschuldner ist ausnahmsweise jedoch dann wirksam, wenn der Drittschuldner nachweisbar von dem Zahlungsverbot keine Kenntnis hatte. Die Pfändungsverfügung sollte daher dem Drittschuldner persönlich zugestellt werden. Der Drittschuldner kann gegenüber der Forderung mit eigenen Forderungen gegen die Vollstreckungsgläubiger aufrechnen, sich jedoch nicht mehr durch Hinterlegung befreien, es sei denn, dass eine mehrfache Pfändung vorliegt (§ 853 ZPO).

12.4 Weiteres Verfahren bei der Pfändung von Forderungen

12.4.1 Hängt die Fälligkeit der vom Drittschuldner geschuldeten Leistung von einer Kündigung ab, ist die Vollstreckungsbehörde auf Grund der Einziehungsverfügung (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 315 Abs. 1 AO) berechtigt, das dem Vollstreckungsschuldner zustehende Kündigungsrecht auszuüben. Der Vollstreckungsschuldner ist gemäß § 315 Abs. 2 AO verpflichtet, die zur Geltendmachung der Forderung notwendigen Auskünfte zu erteilen und die über die Forderung vorhandenen Urkunden (z. B. Kontoauszüge, Kaufverträge) herauszugeben. Erteilt er die Auskunft nicht, hat er diese zu Protokoll zu geben und an Eides Statt zu versichern. Die §§ 284 Abs. 5, 6, 8 und 9 AO gelten entsprechend (vgl. Nummer 5.8).

12.4.2 Die Vollstreckungsbehörde hat den Eingang der Drittschuldnererklärung zu überwachen. Sie kann ein Zwangsgeld festsetzen, wenn die Erklärung nicht abgegeben wird (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 316 Abs. 2 Satz 3 AO).

12.4.3 Leistet der Drittschuldner nicht oder erhebt er unbegründete Einwendungen, soll die Vollstreckungsbehörde unverzüglich gegen ihn vorgehen (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 316 Abs. 3 AO und § 842 ZPO). Klagt die Vollstreckungsbehörde gegen den Drittschuldner, ist dem Vollstreckungsschuldner der Streit zu verkünden (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 316 Abs. 3 AO und § 841 ZPO). Erscheint es nicht angebracht, gegen den Drittschuldner vorzugehen, ist die Pfändung insoweit aufzuheben. Die Aufhebung ist dem Drittschuldner und dem Vollstreckungsschuldner mitzuteilen.

12.4.4 Die Vollstreckungsbehörde soll dem Vollstreckungsschuldner eine Bescheinigung erteilen, dass seine Rückstände in Höhe der vom Drittschuldner geleisteten Zahlungen getilgt worden sind. Urkunden über die gepfändete Forderung sind, soweit sie nicht dem Drittschuldner auszuhändigen sind, dem Vollstreckungsschuldner zurückzugeben, sobald die Pfändung erledigt oder aufgehoben ist. Dies gilt auch für Gegenstände, die zur Sicherung der dem Vollstreckungsschuldner gegen den Drittschuldner zustehenden Forderung dienen.

12.5 Pfändung in besonderen Fällen

12.5.1 Bei Kontenpfändungen ist zu beachten, dass diese sich auf den so genannten Zustellungssaldo beziehen. Die Pfändung ergreift den Guthaben-Saldo im Zeitpunkt der Zustellung, nicht einzelne Forderungen des Kontokorrents, diese sind kontokorrentgebunden, unabtretbar und unpfändbar. Die nach einer Pfändung gutgeschriebenen Beträge sind kontokorrentgebundene Habenposten und werden nicht selbständig von der Pfändung erfasst. Die Pfändung kann sich auch auf zukünftige Ansprüche beziehen. In diesem Fall werden auch zukünftige Guthaben-Salden erfasst. Es empfiehlt sich daher, in der Pfändungsverfügung auch von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.

12.5.2 Ein Sparkassenguthaben kann nur im Verfahren nach § 12 VwVGBbg gepfändet werden, nicht durch Wegnahme des Sparkassenbuchs; dieses ist lediglich Legitimationspapier. Die Vollstreckungsbehörde soll zunächst der Sparkasse die Pfändungsverfügung zustellen und dem Vollstreckungsschuldner die Zustellung mitteilen und erst dann das Sparkassenbuch dem Vollstreckungsschuldner, wenn er es nicht freiwillig herausgibt, unter Beachtung des § 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 315 Abs. 2 AO, wegnehmen lassen. Nach Eintritt der Fälligkeit kann der Vollstreckungsgläubiger das Guthaben bis zur Höhe der beizutreibenden Beträge unter Vorlage des Sparkassenbuches abheben.

12.5.3 § 54 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) lässt sowohl die Pfändung von einmaligen als auch von laufenden Sozialleistungen zu. Nach § 54 Abs. 2 SGB I können Ansprüche auf einmalige Geldleistungen jedoch nur gepfändet werden, soweit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Leistungsberechtigten, der Art des beizutreibenden Anspruchs sowie der Höhe und der Zweckbestimmung der Geldleistung, die Pfändung der Billigkeit entspricht. Der Vollstreckungsgläubiger muss die Billigkeit darlegen. Er darf keine „Behauptungen ins Blaue” aufstellen (Hartmann, in: Baumbach, Lauterbach, Zivilprozessordnung, Kommentar, Bd. 1, 55. Aufl., München 1997, § 850 b, Rdnr. 13 mit weiteren Nachweisen). In diesen Fällen sind daher regelmäßig Pfändungsverfügungen erst zuzustellen, wenn die erforderlichen Auskünfte eingeholt worden sind. Ansprüche auf laufende Geldleistungen können dagegen gemäß § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Eine Billigkeitsprüfung, wie sie für die Pfändung einmaliger Geldleistungen vorgeschrieben ist, wird hier nicht verlangt. Der Vollstreckungsschutz bezüglich der laufenden Sozialgeldleistungen wird durch die Einschränkungen des § 54 Abs. 3 SGB I sichergestellt.

12.5.4 Auch Forderungen des Vollstreckungsschuldners gegen den Vollstreckungsgläubiger selbst können durch diesen gepfändet werden. Das empfiehlt sich besonders dann, wenn die Aufrechnung im Einzelfall (noch) nicht möglich oder unzweckmäßig ist und anders die Forderung nicht dem Zugriff anderer Gläubiger entzogen werden kann.

Beispiel: Die vollstreckende Gemeinde hat Räume im Hause des Vollstreckungsschuldners gemietet und könnte gegenüber seinen Mietzinsansprüchen nicht mehr aufrechnen, wenn andere Gläubiger die Forderung auf künftig fällig werdende Miete pfändeten.

12.5.5 Nach § 835 Abs. 3 Satz 2 ZPO, der über § 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 314 AO entsprechendgilt, darf ein Geldinstitut aus einem gepfändeten Guthaben eines Vollstreckungsschuldners, der eine natürliche Person ist, erst zwei Wochen nach der Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Vollstreckungsgläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen. Damit ist dem Vollstreckungsschuldner Gelegenheit gegeben, einen Antrag auf Pfändungsschutz im Sinne des § 850 k ZPO zu stellen.

12.6 Pfändung einer durch Hypothek gesicherten Forderung

12.6.1 Wird eine Forderung gepfändet, für die eine Buchhypothek (§ 1116 Abs. 2, § 1185 Abs. 1 BGB) besteht, ersucht die Vollstreckungsbehörde, soweit nicht § 1159 oder § 1187 BGB anzuwenden ist (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 310 Abs. 3 AO), das Grundbuchamt, die Pfändung in das Grundbuch einzutragen. Dem Ersuchen ist eine Ausfertigung der Pfändungsverfügung beizufügen (§§ 29, 30 GBO).

12.6.2 Wird eine Forderung gepfändet, für die eine Briefhypothek (§ 1116 Abs. 1 BGB) besteht, stellt die Vollstreckungsbehörde, soweit nicht § 1159 BGB anzuwenden ist (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 310 Abs. 3 AO), dem Vollstreckungsschuldner die Pfändungsverfügung mit der Aufforderung zu, den Hypothekenbrief unverzüglich an die Vollstreckungsbehörde herauszugeben. Wird mit der Zustellung ein Vollziehungsbeamter beauftragt, kann ihm gleichzeitig der Auftrag auf Wegnahme des Hypothekenbriefes erteilt werden (§ 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 310 Abs. 1 Satz 2, § 315 Abs. 2 Satz 2 AO).

12.6.3 Bei Pfändung einer Forderung, für die eine Hypothek besteht, sind in der Pfändungsverfügung, soweit nicht nach § 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 310 Abs. 3 AO zu verfahren ist, außer den Angaben, die zur Bezeichnung der Forderung dienen (Nummer 12.2.2 Buchstabe b und d und Nummer 12.2.4), eine Angabe über die Art der Hypothek, zum Beispiel Briefhypothek oder Buchhypothek, und die Bezeichnung des belasteten Grundstücks in die Pfändungsverfügung aufzunehmen.

12.6.4 Ist die Pfändung einer Forderung, für die eine Hypothek besteht, in das Grundbuch eingetragen worden, bleibt nach Erledigung oder Aufhebung der Pfändung die Berichtigung des Grundbuchs dem Vollstreckungsschuldner überlassen. Dem Vollstreckungsschuldner ist eine Bescheinigung in grundbuchmäßiger Form (§ 29 GBO) zu erteilen.

13. Sicherungsverfahren (zu § 13 )

13.1 Voraussetzungen

13.1.1 Der Arrest gilt der Sicherung der künftigen Vollstreckung eines Anspruchs, der zwar schon entstanden sein muss, aber wegen Fehlens unerlässlicher Voraussetzungen (§ 6 VwVGBbg) noch nicht vollstreckt werden kann. Insbesondere ist der Arrest - und seine Vollziehung (Nummer 13.2.3) - also zulässig, solange die Vollstreckung deshalb noch nicht möglich ist, weil

  1. die Leistung noch nicht fällig ist,
  2. die Schonfrist noch läuft oder
  3. der Anspruch zahlenmäßig noch nicht feststeht, sondern nur geschätzt werden kann und
  4. ein Arrestgrund vorliegt.

Der Arrest ist unzulässig, wenn die Vollstreckungsbehörde den zu belegenden Gegenstand bereits pfänden oder die Eintragung einer Sicherungshypothek beantragen könnte. Die Bestimmungen über den Vollstreckungsschutz sind auch im Arrestverfahren zu beachten. Der Vollstreckungsgläubiger hat im Antrag an das Amtsgericht ausreichend glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZPO), dass ein Anspruch entstanden ist, der im Zwangsverfahren beitreibbar ist, und dass in der Person des Arrestschuldners ein ausreichender Arrestgrund vorliegt. Hierfür sind Tatsachen anzugeben; die allgemeine Behauptung, dass eine Vereitelung oder Erschwerung der Vollstreckung zu besorgen sei, genügt nicht.

13.1.2 Arrestschuldner kann jeder Vollstreckungsschuldner im Sinne des § 4 VwVGBbg sein, gegen den der Arrestanspruch im Zwangsverfahren durchgesetzt werden kann.

13.1.3 Ein Arrestgrund liegt nur vor, wenn auf Grund einer Abwägung aller relevanten Umstände die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass ohne Arrest die künftige Vollstreckung des Anspruchs ernstlich in Frage gestellt wäre. Die ungünstige Vermögenslage des Vollstreckungsschuldners und der Umstand, dass noch andere Gläubiger Ansprüche geltend machen, bilden für sich allein noch keinen ausreichenden Arrestgrund. Dagegen kann je nach Lage des Einzelfalles ein Arrestgrund vorliegen, wenn der Vollstreckungsschuldner

  1. offensichtlich im Begriff ist, mit oder ohne sein Verschulden zahlungsunfähig zu werden,
  2. Vermögensgegenstände ins Ausland verschiebt oder gar seinen Umzug ins Ausland vorbereitet (§ 917 Abs. 2 ZPO),
  3. Vermögensgegenstände zu Schleuderpreisen veräußert,
  4. sich anschickt, das einzige noch greifbare Wertobjekt bis zur Wertgrenze zu belasten,
  5. einen Gläubiger einseitig begünstigt oder
  6. durch häufigen Wohnungswechsel, durch verschwenderische Lebensweise, durch Steuerhinterziehung oder in ähnlicher Weise den Verdacht rechtfertigt, dass er absichtlich die Befriedigung seiner Gläubiger vereiteln will.

13.2 Vollziehung

13.2.1 Die Vollziehung des vom Amtsgericht angeordneten Arrests ist Sache der Vollstreckungsbehörde. Sie muss auch den Arrestbefehl dem Vollstreckungsschuldner zustellen (§ 922 Abs. 2 und § 929 Abs. 3 ZPO). Im Übrigen sind die §§ 930 bis 945 ZPO auf Grund der Regelung des § 13 Abs. 2 VwVGBbg in der Weise anzuwenden, dass das Arrestgericht für die Aufhebung des Arrestes und die Anordnung einstweiliger Verfügungen zuständig bleibt, in allen anderen Fällen aber die Vollstreckungsbehörde an seine Stelle tritt. Sie hat insbesondere die in Nummer 13.2.3 vorgesehenen Maßnahmen aufzuheben, sobald der Arrestgrund durch Tilgung der Schuld weggefallen ist oder der im Arrestbefehl bestimmte Geldbetrag hinterlegt oder in anderer Weise mit Zustimmung der Vollstreckungsbehörde für den Betrag der Hinterlegungssumme Sicherheit geleistet worden ist.

13.2.2 Entsprechend dem Sinn des Arrestes, dem Vollstreckungsgläubiger Sicherheit, nicht Befriedigung zu verschaffen, darf die Vollziehung nicht weiter gehen, als es zur Sicherung des Anspruchs erforderlich ist. Die Verwertung in Anspruch genommener Sachen hat im Allgemeinen zu unterbleiben. Durch Widerspruch gegen den Arrestbeschluss (§ 924 ZPO) wird die Vollziehung nicht gehemmt.

13.2.3 Der Arrest wird vollzogen

  1. in bewegliche Sachen durch Pfändung (§ 930 ZPO). Eine Verwertung ist ausnahmsweise zulässig, wenn es sich um leicht verderbliche oder schwer aufzubewahrende Sachen handelt. In diesem Falle ist aber der Erlös ebenso wie gepfändetes Geld zu hinterlegen (§ 930 Abs. 2 und 3 ZPO);
  2. in Forderungen und andere Vermögensrechte durch Pfändung (§ 930 ZPO), jedoch regelmäßig ohne Ausspruch der Einziehungsbefugnis. Bei Pfändung einer Briefhypothek kann jedoch der Vollstreckungsgläubiger ermächtigt werden, den Anspruch des Vollstreckungsschuldners gegen einen Dritten auf Herausgabe des Hypothekenbriefes einzuziehen;
  3. in ein eingetragenes Schiff nach Maßgabe des § 931 ZPO und
  4. in Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte nur durch Eintragung einer Sicherungs(Höchstbetrags-) Hypothek (§ 932 ZPO).

Außerdem kann der Vollstreckungsschuldner auf Grund des Arrestbefehls gemäß § 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 284 AO zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung herangezogen werden, wenn ein Versuch, den Arrest in sein bewegliches Vermögen zu vollziehen oder auf Grund des § 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 315 Abs. 2 AO und der §§ 15 bis 36 des VwVGBbg eine Urkunde zu erlangen, erfolglos geblieben ist.

13.2.4 § 929 ZPO wird zwar nicht ausdrücklich für anwendbar erklärt. Doch ist davon auszugehen, dass in entsprechender Anwendung von § 929 Abs. 2 ZPO der Arrest auch im Verwaltungszwangsverfahren nicht mehr vollzogen werden darf, wenn seit Verkündung des Arrestbefehls ein Monat verstrichen ist. Innerhalb dieser Frist muss nicht mit Zwangsmaßnahmen begonnen, sondern die Vollziehung bewirkt werden. Für die Pfändung einer Briefhypothek oder die Bestellung einer Sicherungshypothek genügt es jedoch, dass der Antrag beim Grundbuchamt innerhalb der Frist eingegangen ist, für das Verfahren zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, dass dem Vollstreckungsschuldner die Aufforderung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung rechtzeitig zugegangen ist.

13.3 Überleitung in das Beitreibungsverfahren

13.3.1 Wird der Anspruch nach Vollziehung des Arrestes vollstreckbar (§ 6 VwVGBbg), können sowohl die durch den Arrest als auch die durch Sicherheitsleistung zur Abwendung des Arrestes erlangten Sicherheiten verwertet werden, ohne dass es einer nochmaligen Pfändung bedarf. Die durch Arrestvollziehung begründeten Pfandrechte werden Pfändungspfandrechte im Sinne der §§ 12 und 5 VwVGBbg in Verbindung mit § 282 AO, behalten aber ihren im Arrestverfahren erworbenen Rang.

13.3.2 Die Vollstreckungsbehörde erlässt eine dem Einzelfall angepasste Verwertungsanordnung (Anordnung der Versteigerung oder der freihändigen Veräußerung, Ausspruch der Einziehungsbefugnis), die dem Vollstreckungsschuldner bekannt zu geben und im Falle des § 12 Abs. 1 Satz 3 VwVGBbg auch dem Drittschuldner zuzustellen ist. Mit der Verwertung beweglicher Sachen darf erst begonnen werden, wenn seit Bekanntgabe an den Vollstreckungsschuldner mindestens eine Woche vergangen ist (§ 14 letzter Satz VwVGBbg).

14. Befriedigung durch Verwertung von Sicherheiten (zu § 14)

Die Vorschrift ist anwendbar auf alle Sicherheiten, die der Vollstreckungsschuldner freiwillig oder aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung, z. B. nach Maßgabe spezieller Steuergesetze, geleistet hat oder die vom Vollstreckungsgläubiger im Wege des Arrestes oder auf andere Weise in Anspruch genommen werden.

14.1 Sicherheitsleistungen

Als Sicherheitsleistung kommen insbesondere in Frage die

  1. Sicherungsübereignung,
  2. Sicherungsabtretung,
  3. Hinterlegung von Geld, Wertpapieren und Kostbarkeiten,
  4. Verpfändung von Sparguthaben bei Kreditinstituten und Schuldbuchforderungen,
  5. Verpfändung hypothekarisch gesicherter Ansprüche von Grund- und Rentenschulden oder
  6. Bestellung von Hypotheken, Grund- oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken.

14.2 Verwertung von Sicherheiten

Bei Fälligkeit der zugrunde liegenden Ansprüche können Sicherheiten unmittelbar verwertet werden. Die Vollstreckungsbehörde hat hierzu dem Vollstreckungsschuldner die Verwertungsabsicht bekannt zu geben (auch dann, wenn sie z. B. hinterlegtes Geld bei der Hinterlegungsstelle anfordern will). Frühestens nach Ablauf einer Woche seit der Bekanntgabe darf mit der Verwertung nach den §§ 14 und 5 VwVGBbg in Verbindung mit den §§ 296 bis 308 AO begonnen werden. In der Regel wird wegen der genauen Bestimmung der Frist eine Zustellung zweckmäßig sein.

15. Kosten (zu § 37)

Die für Amtshandlungen im Vollstreckungsverfahren zu erhebenden Gebühren und die sowohl im Vollstreckungs- wie im Erzwingungsverfahren zu ersetzenden Auslagen der Vollstreckungs- und Vollzugsbehörden ergeben sich aus der Bbg KostO. Gebühren für Vollstreckungsmaßnahmen im Rahmen der Anwendung von Zwangsmitteln und Auslagen gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 7 und 8 Bbg KostO sind auch dann einzuziehen und notfalls beizutreiben, wenn der Vollzug gemäß § 25 Abs. 3 VwVGBbg eingestellt werden musste.

16. Vollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts (zu § 38)

Die Regelung betrifft nur das Zwangsverfahren wegen öffentlich-rechtlicher Forderungen nach dem ersten Abschnitt des VwVGBbg. Die Vollstreckung wegen Geldforderungen aus verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen richtet sich ausschließlich nach § 170 VwGO. Für die Vollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts wegen privatrechtlicher Forderungen sind § 882 a ZPO (Anzeige an die vertretungsberechtigte Behörde oder den Minister der Finanzen oder an die gesetzlichen Vertreter) und bei Forderungen gegen Gemeinden und Gemeindeverbände die in Nummer 16.2 genannten Vorschriften maßgebend.

16.1 Vollstreckung gegen das Land

Gegen das Land darf das Zwangsverfahren gemäß § 38 Abs. 5 VwVGBbg nur aus dinglichen Rechten betrieben werden. Im Übrigen hat die Vollstreckungsbehörde die Möglichkeit, sich an den zuständigen Fachminister zu wenden, damit dieser im Einvernehmen mit der Ministerin der Finanzen das Erforderliche veranlasst. Landesbehörden sollten es zu einem derartigen, für das Ansehen des Landes in jedem Fall abträglichen Schritt gar nicht erst kommen lassen.

16.2 Vollstreckung gegen Gemeinden und Gemeindeverbände

In Übereinstimmung mit § 129 GO (§ 8 Abs. 1 GKG), der den von § 882 a ZPO nicht erfassten Fall der zivilrechtlichen Vollstreckung gegen Gemeinden und Gemeindeverbände regelt, darf gegen Gemeinden und Gemeindeverbände erst vollstreckt werden, wenn die Kommunalaufsichtsbehörde

  1. die Vollstreckung ausdrücklich zugelassen und
  2. auf Antrag der Vollstreckungsbehörde die Vermögensgegenstände, in die vollstreckt werden darf, sowie den Zeitpunkt der Vollstreckung bestimmt hat.

Die Gegenstände, in die vollstreckt werden soll, sollten in dem Antrag angegeben werden. Ist die Aufsichtsbehörde der Auffassung, eine Vollstreckung in diese Gegenstände sei nicht zulässig, so hat sie gemäß § 28 VwVfGBbg den Antragsteller anzuhören. Die Vorschaltung der Zulassungsverfügung soll verhindern, dass durch die Art der Vollstreckung öffentliche Interessen gefährdet werden (§ 38 Abs. 3 VwVGBbg). Im Übrigen wird dadurch der Aufsichtsbehörde Gelegenheit gegeben, auf die zuständige Kommunalbehörde - im Sinne einer alsbaldigen Erfüllung ihrer finanziellen Verpflichtung - einzuwirken.

16.3 Vollstreckung gegen andere Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts

Auch gegen diese juristischen Personen des öffentlichen Rechts darf im Verwaltungsverfahren erst auf Grund einer Zulassungsverfügung der Aufsichtsbehörde (Nummer 16.2) vollstreckt werden. Wer Aufsichtsbehörde für die einzelnen Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts ist, ergibt sich regelmäßig aus den besonderen Vorschriften, durch die sie errichtet worden sind. Im Zweifel wird sich die Vollstreckungsbehörde an den zuständigen Fachminister wenden.


1) Rietdorf, Der Aufgabencharakter der Verwaltungsvollstreckung, KKZ 1961, S. 185, 186

2) Rietdorf, Der Aufgabencharakter der Verwaltungsvollstreckung, KKZ 1961, S. 185, 187