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Versorgung nach dem Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG -
Verstoß der Regelungen zur Quotierung von Ausbildungs- und Zurechnungszeiten nach § 6 Abs. 1 Satz 4, § 12 Abs. 5, § 13 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG gegen den europarechtlichen Grundsatz der Entgeltgleichheit
Versorgung nach dem Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG -
Verstoß der Regelungen zur Quotierung von Ausbildungs- und Zurechnungszeiten nach § 6 Abs. 1 Satz 4, § 12 Abs. 5, § 13 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG gegen den europarechtlichen Grundsatz der Entgeltgleichheit
vom 25. Mai 2010
Das Beamtenversorgungsgesetz sieht unter bestimmten Voraussetzungen vor, dass Ausbildungs- und Studienzeiten, die vor dem Eintritt in das Beamtenverhältnis liegen, in einem begrenzten Umfang ruhegehaltfähig sind und damit das Ruhegehalt erhöhen. Ruhegehalterhöhend wirken auch Zeiten nach der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit; in diesen Fällen wird die Zeit vom Eintritt in den Ruhestand bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 60. Lebensjahres zu zwei Dritteln (bei Dienstunfähigkeit infolge eines Dienstunfalls zu einem Drittel) der ruhegehaltfähigen Dienstzeit hinzugerechnet (Zurechnungszeit). Nach der derzeit geltenden Rechtslage werden die Ausbildungs- und Zurechnungszeiten bei länger als zwölf Monaten andauernder Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung (Freistellung) in der aktiven Dienstzeit mit einem Kürzungsfaktor belegt. Die Quotierung der Ausbildungs- und Zurechnungszeiten erfolgt im Verhältnis der Teilzeitzeiträume zu den Vollzeitzeiträumen und führt insgesamt zu einer stärkeren Kürzung des Ruhegehalts als es dem zeitlichen Verhältnis der Teilzeit zur Vollzeit entspricht.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem als Anlage beigefügten Urteil vom 25. März 2010, BVerwG 2 C 72.08, entschieden, dass die Vorschriften über die verminderte Ruhegehaltfähigkeit der Ausbildungszeiten und der Zurechnungszeit aufgrund von Freistellungen (§ 6 Abs. 1 Satz 4, § 12 Abs. 5, § 13 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG) nicht anzuwenden sind, weil sie gegen das europarechtliche Gebot der strikt zeitanteiligen Abgeltung von Teilzeitarbeit nach § 4 Nr. 1 und 2 des Anhangs der Richtlinie 97/81/EG des Rats vom 15. Dezember 1997 verstoßen. Das Arbeitsentgelt Teilzeitbeschäftigter - hierzu zählen auch Leistungen der Altersversorgung - ist regelmäßig nur nach dem zeitlichen Verhältnis der Teilzeit- zur Vollzeitbeschäftigung zu bemessen. Diesem Grundsatz wird bei der Kürzung der Ruhegehaltfähigkeit der Ausbildungszeit nach § 6 Abs. 1 Satz 4 BeamtVG nicht entsprochen, denn die Vorschrift knüpft nicht an deren zeitlichen Umfang, sondern an spätere Freistellungen an. Auch die Kürzung der Zurechnungszeit bei vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten Beamten nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG weist keinen Bezug zu dem Zeitraum vom Beginn des vorzeitigen Ruhestandes bis zur Vollendung des sechzigsten Lebensjahres auf, der für die Berechnung dieser Zeit maßgebend ist.
Um die volle Wirksamkeit des europarechtlichen Proportionalitätsgebots als Ausprägung des Gebots der Entgeltgleichheit für die Teilzeitarbeit zu gewährleisten, sind die mit dem Europarecht unvereinbaren Kürzungsregelungen der § 6 Abs. 1 Satz 4, § 12 Abs. 5 und § 13 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG nicht mehr anzuwenden. Der eindeutige Wortlaut dieser Vorschriften lässt eine europarechtskonforme Auslegung nicht zu. Die Nichtanwendung der genannten beamtenversorgungsrechtlichen Vorschriften ist daher geboten, um die Wirksamkeit des entgegenstehenden Rechts der Europäischen Union sicherzustellen.
Ich bitte Sie, die Kürzungsregelungen der § 6 Abs. 1 Satz 4, § 12 Abs. 5 und § 13 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG bei aktuellen und zukünftigen Festsetzungen von Versorgungsbezügen nicht mehr anzuwenden. Bestandskräftige Versorgungsfestsetzungen, die unter Anwendung der Kürzungsregelungen der § 6 Abs. 1 Satz 4, § 12 Abs. 5 und § 13 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG ergangen sind, bitte ich auf Antrag der Versorgungsempfänger (Ruhegehaltempfänger oder Hinterbliebene) mit Wirkung für die Zukunft neu festzusetzen.
Der Versorgungsempfänger, der bei Ihnen Widerspruch gegen die Quotierung der Zurechnungszeit nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG eingelegt hat, und mit dem ein Ruhen des Verfahrens vereinbart wurde, ist klaglos zu stellen.