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Verluste bei beschränkter Haftung
- Auswirkungen der Investitionszulage (InvZul) auf den Umfang (die Entwicklung) des negativen Kapitalkontos und des nicht ausgleichsfähigen Verlustes i. S. d. § 15 a Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG)
Verluste bei beschränkter Haftung
- Auswirkungen der Investitionszulage (InvZul) auf den Umfang (die Entwicklung) des negativen Kapitalkontos und des nicht ausgleichsfähigen Verlustes i. S. d. § 15 a Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG)
vom 10. Februar 2000
1. Grundsätze zur bilanziellen Behandlung der InvZul
Der Anspruch auf die InvZul gehört zu den auf der Aktivseite anzusetzenden "Sonstigen Vermögensgegenständen" (Sonstige Forderungen), die im Gliederungsschema des § 266 HGB unter B.II.4 "Umlaufvermögen”, “Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände” darzustellen sind.
- Sonstige Forderungen sind grundsätzlich dann zu aktivieren, wenn sie nach bürgerlichem oder öffentlichem Recht entstanden sind, sofern sich ihr Bestehen dem Grund und der Höhe nach hinreichend konkretisiert hat. Weitergehend wird die Auffassung vertreten, dass es nicht nur bzw. nicht immer auf die formalrechtliche Entstehung eines Anspruchs, sondern auch darauf ankommt, ob wirtschaftlich eine Vermögensmehrung eingetreten ist oder ob zumindest die für die Entstehung des Anspruchs wesentlichen Ursachen bereits gesetzt worden sind (vgl. Clemm/Schulz/Bail, in: Beck`scher Bilanz-Kommentar, 4. Aufl., § 247 HGB, Rz. 120 unter Bezug auf BFH, Urteil vom 12.04.1984, IV R 112/81, BStBl II 1984, 554).
- Das InvZulG enthält keine gesetzliche Regelung über die Entstehung der InvZul. Aus § 38 AO i. V. m. § 7 Abs. 2 InvZulG 1996/§ 6 Abs. 2 InvZulG 1999 wird allerdings allgemein geschlossen, dass der Anspruch auf InvZul mit Ablauf des Wirtschaftsjahres entsteht, in dem die begünstigten Investitionen vorgenommen worden sind (vgl. z. B. BMF-Schreiben vom 28.08.1991, Tz. 93; Anhang 18 II ESt-Handbuch 1998). Jedenfalls wäre der Anspruch auf InvZul zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich verursacht. Dies bedeutet, dass der Anspruch auf InvZul bereits in der Bilanz zum Schluss des Wirtschaftsjahres der Investitionen zu erfassen ist. Dabei ist davon auszugehen, dass sich das Bestehen des Anspruchs bis zu diesem Abschlusszeitpunkt auch dem Grunde und der Höhe nach hinreichend konkretisiert hat. Auf die Festsetzung der InvZul durch das Finanzamt nach § 7 Abs. 2 InvZulG 1996/§ 6 Abs. 2 InvZulG 1999 kommt es für die bilanzielle Erfassung nicht an.
- Auf der Fachbesprechung Einkommensteuer am 25. und 26.10.1995 (Niederschrift vom 05.02.1996 S 2526 - 13 - St 111 B) wurde zu TOP 4 ebenfalls grundsätzlich die Aktivierung des Anspruchs auf InvZul mit dessen Entstehung bejaht. Eine dennoch unterlassene Aktivierung sollte bei fehlender steuerlicher Auswirkung aber nicht beanstandet werden.
Aus Sicht der steuerlichen Gewinnermittlung besteht auch weiterhin keine Notwendigkeit, die Frage der Aktivierungspflicht (d. h. des Zeitpunktes der Aktivierung) des Anspruches auf InvZul abschließend zu entscheiden. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn bei der Bilanzierung die eine oder die andere Auffassung zugrunde gelegt wird.
2. InvZul ist einkommensteuerlich wie eine steuerfreie Einnahme, nicht wie eine Einlage zu behandeln
Es wird teilweise vorgetragen, die InvZul sei im Rahmen der einkommensteuerlichen Gewinnermittlung wie eine Einlage zu behandeln (vgl. bspw. Blümich/Selder, InvZulG 1996,§ 10, Rz. 1). Dem ist nicht zu folgen.
- Nach § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG sind Einlagen Wirtschaftsgüter, die der Stpfl. dem Betriebsvermögen zugeführt hat. Einlagen unterscheiden sich von betrieblichen Erträgen (Betriebseinnahmen) durch die unterschiedliche Veranlassung der Zuführung zum Betriebsvermögen. Betriebseinnahmen sind durch den Betrieb veranlasst (vgl. § 4 Abs. 4 EStG); Einlagen sind hingegen nicht durch den Betrieb, sondern außerbetrieblich veranlasst.
- Anspruchsberechtigter der InvZul ist nach § 1 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1996, (1999) die Gesellschaft bzw. Gemeinschaft (i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG); dazu gehören auch Innengesellschaften, die Mitunternehmerschaften sind, bspw. atypisch stille Gesellschaften (BMF-Schreiben vom 28.08.1991, Tz. 6; Anhang 18 II ESt-Handbuch 1998). Die InvZul ist somit ein durch den Betrieb der Gesellschaft oder Gemeinschaft veranlasster betrieblicher Ertrag; sie ist dem Betriebsvermögen nicht vom einzelnen Gesellschafter zugeführt (i. S. v. eingelegt) worden. Die InvZul ist nach dem Gewinnverteilungsschlüssel auf die einzelnen Gesellschafter aufzuteilen.
- Nach § 10 InvZulG 1996/§ 9 InvZulG 1999 gehört die InvZul nicht zu den Einkünften i. S. d. EStG. Nach dem Wortlaut wird die InvZul damit außerhalb des Einkünftekatalogs des § 2 Abs. 1 EStG gestellt. Unbeschadet dessen liegt aber eine betriebliche (und keine außerbetriebliche) Vermögensmehrung vor. Im System der Gewinnermittlung nach §§ 4 ff EStG wird dem besonderen Charakter der InvZul nur eine Behandlung wie eine sachlich steuerfreie Einnahme (und nicht wie eine Einlage) gerecht.
3. Auswirkung der InvZul auf den Umfang des nicht ausgleichsfähigen Verlustes nach § 15 a Abs. 1 EStG
3.1 Tatbestandsmerkmale des § 15 a Abs. 1 EStG
§ 15 a Abs. 1 EStG enthält (soweit hier entscheidungserheblich) die auf den einzelnen Kommanditisten bezogenen Tatbestandsmerkmale "negatives Kapitalkonto" und "Anteil am Verlust der KG".
- Es ist zu ermitteln, ob und ggf. in welcher Höhe (“soweit”) zum Schluss eines Wirtschaftsjahres ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Dafür ist gegenüberzustellen das für den Kommanditisten in der Steuerbilanz (StB) der KG (ggf. unter Berücksichtigung einer Ergänzungsbilanz) geführte Kapitalkonto
- am Schluss des Wirtschaftsjahres
und - am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres.
- am Schluss des Wirtschaftsjahres
- Es ist der einem Kommanditisten nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 1. Halbsatz ["Gewinnanteile des Gesellschafters"] EStG (d. h. ggf. unter Berücksichtigung einer Ergänzungsbilanz, aber ohne das Ergebnis einer Sonderbilanz) zuzurechnende Anteil am Verlust der KG zu ermitteln.
Der Anteil eines Kommanditisten am Verlust der KG ist in Höhe seines nach a) ermittelten "negativen Kapitalkontos" nicht ausgleichsfähig.
3.2 Beispiel
Die Auswirkungen der InvZul auf den Umfang des nicht ausgleichsfähigen Verlust(anteil)es des Kommanditisten kann an folgendem Beispiel einer GmbH & Co. KG (mit einer Gewinnverteilung: Komplementär-GmbH = 0 v. H., Kommanditist = 100 v. H.) nachvollzogen werden:
Wirtschaftsjahr 2001
1.
StB der GmbH& Co. KG zum 31.12.2001 | ||
Kap.-Kompl.GmbH | 0 | |
Kap.-Komm. | 50.000 | |
Verlust 2001 | ./. 40.000 | |
10.000 | ||
2. Gewinn- und Verlustrechnung für 2001
übrige Erträge | 100.000 |
Erträge aus InvZul 2001 | + 10.000 |
Aufwendungen | ./. 150.000 |
Gewinn/Verlust 2001 | ./. 40.000 |
3. Ermittlung des steuerlichen Verlustes für 2001
Verlust 2001 | ./. 40.000 |
abzgl. stfr. Einnahmen (InvZul 2001) | ./. 10.000 |
steuerlicher Verlust 2001 | ./. 50.000 |
4. Anwendung des § 15 a EStG
- Negatives Kapitalkonto/Entwicklung des negativen Kapitalkontos
Kapitalkonto des Kommanditisten in der StB der KG
31.12.2001 10.000 --------------------------------- 31.12.2000 50.000 |
} |
Es liegt kein Fall des § 15a Abs. 1 EStG vor, da am Schluss des Wirtschaftsjahres 01 kein negatives Kapitalkonto entstanden ist. |
- Nicht ausgleichsfähiger Verlustanteil
§ 15 a Abs. 1 EStG ist hier nicht einschlägig; der steuerliche Verlustanteil 2001 i. H. v. 50.000 ist in voller Höhe ausgleichsfähig.
Wirtschaftsjahr 2002
1.
StB der GmbH& Co. KG zum 31.12.2002 | ||
Kap.-Kompl.GmbH | 0 | |
Kap.-Komm. | 10.000 | |
Verlust 2001 | ./. 40.000 | |
./. 30.000 | ||
2. Gewinn- und Verlustrechnung für 2002
übrige Erträge | 100.000 |
Erträge aus InvZul 2002 |
+ 10.000 |
Aufwendungen | ./. 150.000 |
Gewinn/Verlust 2002 | ./. 40.000 |
3. Ermittlung des steuerlichen Verlustes für 2002
Verlust 2002 | ./. 40.000 |
abzgl. stfr. Einnahmen (InvZul 2002) | ./. 10.000 |
steuerlicher Verlust 2002 | ./. 50.000 |
4. Anwendung des § 15 a EStG
- Negatives Kapitalkonto/Entwicklung des negativen Kapitalkontos
Kapitalkonto des Kommanditisten in der StB der KG
31.12.2002 ./. 30.000 ----------------------------------- 31.12.2001 10.000 |
} |
Am Schluss des Wirtschaftsjahres 2002 ist ein negatives Kapitalkonto i. H. v. 30.000 entstanden. |
- ausgleichsfähiger Verlustanteil
In Höhe des unter a) ermittelten negativen Kapitalkontos i. H. v. ./. 30.000 ist ein Verlustanteil des Kommanditisten nicht ausgleichsfähig. Im übrigen liegt ein ausgleichsfähiger Verlustanteil vor.
Steuerlicher Verlustanteil 2002 | 50.000 |
Nicht ausgleichsfähig i. H. v. | 30.000 |
ausgleichsfähig | 20.000 |
3.3. Anmerkung
Die vorstehende Lösung zeigt, dass eine Erhöhung/Minderung des Betriebsvermögens am Schluss des Wirtschaftsjahres, die außerbilanziell für die Ermittlung des steuerlichen Gewinns nach § 2 Abs. 1 EStG zu korrigieren ist (bspw. sachlich steuerfreie Einnahmen, nicht abzugsfähige Betriebsausgaben), Auswirkung auf den Verlustausgleich nach § 15 a Abs. 1 EStG hat.
Vorstehende Auffassung wird ebenfalls vertreten von
- v. Beckerath in: Kirchhof/Söhn, § 15 Rdnr B 176 - B 182; Rdnr B 457 “Nichtabziehbare Betriebsausgaben”, “Sanierungsgewinne”, “Steuerfreie Einnahmen”.
- Grützner in: Lange u.a. Personengesellschaften im Steuerrecht, 4. Auflage 1993, Rdn 501 ff, insbes. 515 und 516.
- OFD Frankfurt a. M., Vfg. vom 13.01.1994 S 2140 A - 2 - St II 2 a; BB 1994 S. 773 (für den gleichgelagerten Fall des nach § 3 Nr. 66 EStG steuerfr. Sanierungsgewinns).
- FG Brandenburg, Urteil vom 10.11.1997 1 K 1139/94 F; EFG 1998 S. 195 (dessen Urteilsgründe [“Wirkung der InvZul wie eine Einlage“] von mir jedoch nicht uneingeschränkt geteilt werden).