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Unfallfürsorge für Gefangene bei Unfällen, die nicht Arbeitsunfälle im Sinne des SGB VII sind

Unfallfürsorge für Gefangene bei Unfällen, die nicht Arbeitsunfälle im Sinne des SGB VII sind
vom 29. November 2001

geändert durch Rundverfügung vom 3. Juni 2006
(JMBl/06, [Nr. 7], S.82)

Außer Kraft getreten am 1. Dezember 2013 durch Rundverfügung vom 14. Dezember 2013
(JMBl/14, [Nr. 1], S.3)

1. Erleidet ein Gefangener während einer Freiheitsentziehung im Bereich der Justizverwaltung einen Unfall, der nicht Arbeitsunfall im Sinne des SGB VII ist, kann ihm oder den Hinterbliebenen als Ausgleich für entgangene Bezüge eine Entschädigung (Billigkeitsentschädigung) gewährt werden, wenn der Unfall in den besonderen Verhältnissen der Freiheitsentziehung begründet ist. Dies gilt nicht, wenn ein Schadenersatzanspruch gegen das Land oder ein realisierbarer Schadenersatzanspruch gegen Dritte besteht. Die Gewährung einer Billigkeitsentschädigung ist auch ausgeschlossen, wenn der Verletzte den Unfall schuldhaft herbeigeführt oder durch eigenes Verschulden mitverursacht hat; Ausnahmen sind insoweit zulässig, wenn die Gesamtumstände des Falles dies rechtfertigen.

2. Billigkeitsentschädigung wird nur gewährt, wenn und solange der Unfall die Arbeitsfähigkeit bzw. den Verlust oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Verletzten zur Folge hat und der Verletzte während der Freiheitsentziehung ohne Unterbrechung länger als eine Woche unfallbedingt arbeitsunfähig war. Die Entschädigung darf die Leistung nicht übersteigen, die der Gefangene oder die Hinterbliebenen erhalten würden, wenn es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt hätte.

3. Die Krankenbehandlung eines verletzten Gefangenen richtet sich nach den Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes und den hierzu ergangenen besonderen Bestimmungen. Abweichend gelten hiervon für die Kosten der zahnärztlichen Behandlung und der zahntechnischen Leistungen bei Versorgung mit Zahnersatz die Regelungen für Arbeitsunfälle entsprechend. Nr. 1 Satz 2 und 3 sind zu beachten.

4.

4.1 Hergang und Ursache des Unfalls sind vom Leiter der Justizvollzugsanstalt oder einem von ihm Beauftragten, der mit dem Unfallgeschehen nicht befasst war, aufzuklären; das Ergebnis der Untersuchungen einschließlich der Erklärungen von Personen, die zu dem Unfall gehört worden sind, sind schriftlich festzuhalten. Der Anstaltsarzt hat den Befund festzustellen. Die Vorgänge sind zu vereinen und mit der Unfallanzeige zu den Personalakten des Gefangenen zu nehmen. Die Untersuchung hat sich insbesondere darauf zu erstrecken, ob der Verletzte

4.1.1 den Unfall schuldhaft herbeigeführt oder eigenes Verschulden mitverursacht hat,

4.1.2 bereits zur Zeit des Unfalls völlig oder teilweise - ggf. in welchem Grade - erwerbsunfähig war,

4.1.3 infolge des Unfalls völlig oder teilweise - ggf. in welchem Grade und für welche Zeit - erwerbsunfähig geworden ist,

4.1.4 gegen Krankheit (Unfall) versichert ist und

4.1.5 in welcher Höhe dem Gefangenen zur Zeit des Unfalls ein Arbeitsentgelt oder eine Ausbildungsbeihilfe gutgeschrieben worden ist oder ohne den Unfall gutgeschrieben worden wäre.

4.2 Bei einem Unfall mit Todesfolge ist außerdem festzustellen, ob Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Verletzte zum Unterhalt seiner Angehörigen nicht beigetragen hätte, wenn er auf freiem Fuß gewesen wäre. Die Feststellungen haben sich auch darauf zu erstrecken, ob der Ehepartner des Verletzten sich vor dessen Inhaftierung ohne gesetzlichen Grund seit mindestens einem Jahr außerhalb der häuslichen Gemeinschaft aufgehalten und ohne Beihilfe des Verletzten seinen Lebensunterhalt bestritten hat.

5. Ist zweifelhaft, ob es sich um einen Arbeitsunfall im Sinne des SGB VII oder einen Unfall im Sinne dieser Bestimmungen handelt, ist der Unfallkasse Brandenburg binnen drei Tagen eine Unfallanzeige unter Mitteilung der Ergebnisse der Untersuchung nach Nr. 4 zu erstatten. Stellt die Unfallkasse fest, dass es sich nicht um einen Arbeitsunfall handelt, sendet sie die Unfallanzeige an die Justizvollzugsanstalt zurück.

6.

6.1 Der Anstaltsleiter oder ein von ihm Beauftragter entscheidet nach dem Ergebnis der Untersuchung nach Nr. 4 darüber, ob eine Billigkeitsentschädigung gewährt wird und in welchem Umfang ein Mitverschulden des Verletzten bei der Höhe der Billigkeitsentschädigung ggf. zu berücksichtigen ist.

6.2 Billigkeitsentschädigungen werden nur widerruflich und jeweils für die Dauer von höchstens drei Jahren bewilligt.

7. Hat der Unfall den Tod oder voraussichtlich eine völlige oder teilweise Erwerbsunfähigkeit des Verletzten von mehr als drei Monaten zur Folge, ist der Aufsichtsbehörde binnen drei Tagen eine Durchschrift der Unfallanzeige vorzulegen.

8.

8.1 Die Billigkeitsentschädigung ist von der Justizvollzugsanstalt zu berechnen, aus der Gruppe 546 zahlbar zu machen und nachzuweisen.

8.2 Wird ein Gefangener, dem eine Billigkeitsentschädigung bewilligt worden ist, in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt, ist die aufnehmende Justizvollzugsanstalt hierauf hinzuweisen. Die weitere Zahlung der Billigkeitsentschädigung obliegt der aufnehmenden Justizvollzugsanstalt.

9. Der Gefangene kann über die Billigkeitsentschädigung wie über das Arbeitsentgelt oder die Ausbildungsbeihilfe (§§ 43, 44, 176, 177 StVollzG) verfügen.

10. Diese Rundverfügung tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2002 in Kraft. Sie ersetzt die Rundverfügung vom 8. März 1993, die zum gleichen Zeitpunkt außer Kraft gesetzt wird