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Verwaltungsaufbau in den mittel- und osteuropäischen Beitrittsländern zur Europäischen Union
Das Twinning-Programm der Europäischen Union

Verwaltungsaufbau in den mittel- und osteuropäischen Beitrittsländern zur Europäischen Union
Das Twinning-Programm der Europäischen Union

vom 11. Dezember 2000

Entsendung von Landesbediensteten als Langzeit- und Kurzzeitexperten

Im Zusammenhang mit der Realisierung des Twinning-Programms werden nachstehende Hinweise mit der Bitte um Beachtung bekannt gegeben:

1. Programm Verwaltungsaufbau

Die Europäische Kommission hat im Rahmen der Heranführungsstrategie für die mittel- und osteuropäischen Staaten (MOE-Staaten) an die Europäische Union das Partnerschaftsprogramm „Twinning“ geschaffen. Ziel dieses Programms ist, durch Entsendung von Langzeit- und Kurzzeitexperten aus den EU-Mitgliedstaaten die Angleichung der jeweiligen nationalen Gesetzgebungen an den gemeinschaftlichen Besitzstand (acquis communautaire) zu unterstützen. Im Rahmen von Verwaltungspartnerschaften wird Fachwissen zur Verfügung gestellt, insbesondere in den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt, Finanzen sowie Inneres und Justiz.

Das Land Brandenburg ist gegenwärtig in Estland, Lettland, Polen, Rumänien und Slowenien an Twinning-Projekten beteiligt. Dazu sind aus der Landesverwaltung Bedienste als Langzeitexperten (sogenannte Pre-Accession Advisors - PAA - = Beitritts-/Heranführungsberater) oder Kurzzeitexperten tätig.

Die Tätigkeit als Langzeitexperte im MOE-Staat dauert mindestens 12 Monate, maximal drei Jahre. Der Langzeitexperte erfährt im Beitrittsland Unterstützung durch kurzzeitig oder über mittlere Zeiträume entsandte (Kurzzeit-) Experten, die über Spezialkenntnisse zu spezifischen Projektkomponenten verfügen.

2. Dienstrechtliche-/arbeitsrechtliche Behandlung

a. Langzeitexperten

Langzeitexperten im Beamtenverhältnis sind nach § 123 a Abs. 1 Satz 1 BRRG der Einrichtung des MOE-Staates (Partnerbehörde) im Rahmen des Twinning-Programms zuzuweisen. Durch die Zuweisung bleibt die Rechtsstellung des zugewiesenen Beamten unberührt (§ 123 a Abs. 3 Satz 1 BRRG). Die Tätigkeit im Rahmen der Zuweisung erfolgt aufgrund einer „Mantel“ - Weisung, etwaigen Anordnungen der aufnehmenden Einrichtung und des Projektleiters Folge zu leisten; insofern unterliegt die Tätigkeit des Beamten vor Ort dessen Direktions- und Weisungsrecht.

Langzeitexperten im Angestelltenverhältnis sind nach § 12 Abs. 2 BAT-O der Partnerbehörde zuzuweisen. Bei dieser Zuweisung handelt es sich nicht um eine einseitige Anordnung des Arbeitgebers, sondern um eine einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrages. Der Angestellte wird unter Beibehaltung seiner bisherigen Rechtsstellung der aufnehmenden Einrichtung hinsichtlich Direktions- und Weisungsrecht unterstellt.

Bei Zuweisungen von länger als drei Monaten, sind die Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung zu beachten (§ 63 PersVG).

b. Kurzzeitexperten

Der Einsatz von Kurzzeitexperten im jeweiligen Beitrittsland erfolgt grundsätzlich im Rahmen der Anordnung/Genehmigung einer Auslandsdienstreise gemäß § 20 i. V. m. § 2 Abs. 2 des Bundesreisekostengesetzes (BRKG); für Kurzzeitexperten im Angestelltenverhältnis zusätzlich i. V. m. § 42 Abs. 1 BAT/BAT-O. Nachstehende Nummer 3 findet keine Anwendung.

3. Besoldung und Vergütung

Intention ist, dass neben den weiterzugewährenden Inlandsdienstbezügen bzw. der Inlandsvergütung und den anlässlich des Auslandseinsatzes von anderer Seite gewährten Leistungen keine Auslandsdienstbezüge bzw. Auslandsvergütung gewährt werden sollen. Dies wird dadurch erreicht, dass die Zuweisung nach § 123 a BRRG bzw. nach § 12 Abs. 2 BAT/BAT-O nicht einer Abordnung gleichgestellt wird. Es wird gebeten, von der Anwendung der Kannbestimmung des § 58 Abs. 1 Satz 2 BBesG abzusehen (vgl. auch Nummer 58.1.7 BBesGVwV).

Bei einer Auslandsverwendung von bis zu 12 Monaten erhalten Besoldungsempfänger mit Anspruch auf Dienstbezüge nach § 2 der 2. BesÜV einen nichtruhegehaltfähigen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Besoldung nach § 2 und einem Betrag von 90 % der für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezüge (§ 6 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV; Stand der Besoldung: 01.01.2001).

Bei einer Auslandsverwendung von mehr als 12 Monaten kann die oberste Dienstbehörde in Ausnahmefällen mit Zustimmung des Ministeriums der Finanzen einen höheren Zuschuss - maximal 100 % - festsetzen (§ 6 Abs. 1 Satz 3 der 2. BesÜV). Vergleiche hierzu auch Nummer 3.3 des Rundschreibens des Ministeriums der Finanzen vom 7. Juli 1998 - 15.8-2006-01 - (Erste Durchführungshinweise zur Besoldungsänderungsverordnung 1998).

Bezugnehmend auf das Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen vom 19. Juni 1992 - I/6.B-BBesG 9a -wird darauf hingewiesen, dass die von der Kasse (Central Contracting and Financing Unit - CFCU -) in dem Beitrittsland aus der Verwendung nach § 123 a BRRG gezahlten Tagegelder (Unterhaltszulage) und Honorare nicht auf die Inlandsdienstbezüge und somit auch nicht auf den Zuschuss nach § 6 der 2. BesÜV anzurechnen sind.

Der BAT-O enthält keine Vergütungsregelungen anlässlich einer Auslandsverwendung von Angestellten des Landes. Vergütungszahlungen in analoger Anwendung der Bestimmungen der 2. BesÜV für Angestellte des Landes anlässlich einer vorübergehenden Verwendung außerhalb des Beitrittsgebietes können nur außertariflich mit Zustimmung des Ministeriums der Finanzen gewährt werden (§ 40 Landeshaushaltsordnung - LHO -).

In Anlehnung an die Verfahrensweise im Bereich der Landesbeamten kann für die Festsetzung einer persönlichen Zulage anlässlich einer vorübergehenden Auslandsverwendung von Angestellten des Landes von den Regelungen des § 6 Abs. 1 der 2. BesÜV außertariflich Gebrauch gemacht werden.

Hiernach kann bei einer

  • Auslandsverwendung eine persönliche Zulage bis zur Höhe von 90 % der Westvergütung,
  • Auslandsverwendung von mehr als 12 Monaten mit Zustimmung des Ministeriums der Finanzen eine höhere persönliche Zulage (maximal 100 % der Westvergütung)

unter Beachtung der Regelungen des § 6 der 2. BesÜV gewährt werden.

Die nach § 40 LHO erforderliche Zustimmung für die außertarifliche Gewährung der persönlichen Zulage bis 90 % der Westvergütung wird allgemein erteilt.

4. Reisekosten und Trennungsgeld

a. Langzeitexperten

Der Anspruch des Zugewiesenen gegen seinen Dienstherrn/Arbeitgeber auf Erstattung der Reise- und Umzugskosten, Trennungsgeld, usw. bleibt grundsätzlich bestehen (Anspruch für Angestellte aufgrund Tarifverweisung §§ 42 - 44 BAT-O). Erstattungen durch Twinning werden angerechnet. Danach reduziert sich der Anspruch des Zugewiesenen auf die Gewährung von Auslandstrennungsgeld, weil hierfür gleiche Leistungen im Rahmen des Twinning-Programms - mit Ausnahme einer jährlichen Heimreisegeldzulage - nicht vorgesehen sind.

Auslandstrennungsgeld nach der Auslandstrennungsgeldverordnung (ATGV) wird auch in Fällen der Zuweisung in das Ausland gewährt (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 ATGV). Die Höhe ist jedoch davon abhängig, ob Auslandsdienstbezüge zustehen oder nicht.

Gemäß § 58 Abs. 1 BBesG stehen Auslandsdienstbezüge nur dann zu, wenn der Beamte länger als drei Monate vom Inland in das Ausland abgeordnet ist. Da die Zuweisung der Abordnung nicht gleichgestellt werden soll (siehe vorgenannte Nr. 3 erster Absatz), stehen auch keine Auslandsdienstbezüge zu. In diesen Fällen wird als Auslandstrennungsgeld die gleiche Vergütung gezahlt wie bei Auslandsdienstreisen; die §§ 4 bis 7 ATGV finden keine Anwendung (§ 12 Abs. 7 ATGV). Kehrt der Bedienstete täglich zum Wohnort zurück oder ist ihm die tägliche Rückkehr zum Wohnort zuzumuten, wird Fahrkostenersatz, Wegstrecken- oder Mitnahmeentschädigung wie bei Dienstreisen gezahlt (§ 11 ATGV).

Nach § 3 Abs. 3 des Bundesreisekostengesetzes (BRKG) sind die von der CFCU ausgezahlten Tagegelder (Unterhaltszulage) als entsprechende Zuwendungen auf die Vergütungen nach den §§ 11 und 12 Abs. 7 ATGV anzurechnen.

b. Kurzeitexperten

Kurzzeitexperten erhalten Reisekostenvergütung nach dem BRKG i. V. m. der Auslandsreisekostenverordnung - ARV -. Die von der CFCU ausgezahlten Tagegelder zur Bestreitung von Unterkunfts- und Verpflegungskosten sind als entsprechende Zuwendung nach § 3 Abs. 3 BRKG auf die Reisekostenvergütung anzurechnen.

5. Versteuerung

Die von der CFCU ohne Einbehaltung von Steuern gewährten Tagegelder, bei Kurzzeitexperten zusätzlich das gewährte Honorar, sind nach deutschem Steuerrecht Arbeitslohn, weil sie mit Rücksicht auf das Dienst-/Arbeitsverhältnis gezahlt werden. Das Honorar der Kurzzeitexperten unterliegt der inländischen Einkommensteuer; die Tagegelder der Lang-/Kurzeitexperten bleiben insoweit steuerfrei, als sie auf die (steuerfreien) Vergütungen nach den §§ 11 und 12 Abs. 7 ATGV bzw. auf die Reisekostenvergütung angerechnet werden (siehe vorstehende Nr. 4 Buchstabe a letzter Absatz und Buchstabe b Satz 2). Übersteigt der Gesamtbetrag der Tagegelder diesen Anrechnungsbetrag, ist der übersteigende Betrag grundsätzlich der Versteuerung zuzuführen. Der übersteigende Betrag ist nicht zu versteuern, wenn der Bedienstete seine Tätigkeit insgesamt länger als 183 Tage im Kalenderjahr in ein und demselben MOE-Staat ausübt; dieser Betrag unterliegt dann dem Progressionsvorbehalt nach § 32 b Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes, d. h., dieser Betrag wird bei der Bemessung des Steuersatzes für andere Einkünfte, die der inländischen Besteuerung unterliegen, berücksichtigt. Es wird gebeten, die betroffenen Bediensteten hierüber aktenkundig zu unterrichten.