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Steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen gewährt werden
Steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen gewährt werden
vom 17. Oktober 2008
Außer Kraft getreten
Anpassung an R 3.12 Abs. 3 LStR 2008-01-04
Erlass vom 18. Dezember 1992 - III/6 - S 2337 - 4/92
Erlass vom 30. Dezember 1993 - 36 - S 2337 - 19/93
Erlass vom 17. Dezember 2001 - 36 - S 2337 - 2/00
Erlass vom 23. Mai 2003 - 36 - S 2337 - 2/00
A. Allgemeines
Die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen (Gemeindevertretungen und Kreistage) gewährten Entschädigungen unterliegen grundsätzlich als Einnahmen aus “sonstiger selbständiger Arbeit” im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG der Einkommensteuer. Dies gilt insbesondere für Entschädigungen, die für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden.
Steuerfrei sind:
- nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG Aufwandsentschädigungen, soweit sie Aufwendungen abgelten, die einkommensteuerrechtlich als Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig wären,
- nach § 3 Nr. 13 EStG aus öffentlichen Kassen gezahlte Reisekostenvergütungen.
B. Anerkennung steuerfreier Aufwandsentschädigungen (§ 3 Nr. 12 S. 2 EStG)
I. Ehrenamtliche Mitglieder einer Gemeindevertretung oder einer Stadtverordnetenversammlung
Pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder sind steuerfrei, soweit sie insgesamt während der Dauer der Mitgliedschaft folgende Beträge nicht übersteigen:
In einer Gemeinde oder Stadt mit
monatlich | jährlich | |||
---|---|---|---|---|
höchstens | 50 000 Einwohnern | 175 EUR | 2.100 EUR | |
50 001 | bis | 150 000 Einwohnern | 177 EUR | 2.124 EUR |
150 001 | bis | 450 000 Einwohnern | 223 EUR | 2.676 EUR |
mehr als | 450 000 Einwohnern | 266 EUR | 3.192 EUR |
Die Nachholung nicht ausgeschöpfter Monatsbeträge in anderen Monaten desselben Kalenderjahres ist zulässig. Dabei kann jedoch der steuerfreie Jahresbetrag uneingeschränkt nur dann angesetzt werden, wenn die Mitgliedschaft in der Gemeindevertretung oder Stadtverordnetenversammlung während eines ganzen Kalenderjahres bestanden hat.
Neben den steuerfreien Beträgen nach Nr. 1 wird die Erstattung der tatsächlichen Fahrtkosten für Fahrten von der Wohnung zum Sitzungsort und zurück, um an Sitzungen der Gemeindevertretung, der Stadtverordnetenversammlung, der Fraktion, des Ortsvereins, Bürgerversammlungen u. ä. teilzunehmen, als steuerfreie Aufwandsentschädigung anerkannt. Bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges für die Fahrten zwischen Wohnung und Sitzungsort ist die Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz oder dem entsprechenden Landesgesetz maßgebend.
Pauschale Fahrtkostenerstattungen - soweit sie zusammen mit den übrigen Entschädigungen die Höchstbeträge nach Nr. 1 übersteigen - sind dagegen selbst dann steuerpflichtig, wenn sie nach Entfernung oder durchschnittlichen Sitzungszahlen gestaffelt sind.
Die steuerfreien Beträge nach Nr. 1 erhöhen sich:
- für Vorsitzende der Gemeindevertretung und der Stadtverordnetenversammlung auf das Doppelte der Beträge nach Nr. 1,
- für Fraktionsvorsitzende, deren Fraktion mindestens zwei Mitglieder umfasst, auf das Doppelte der Beträge nach Nr. 1.
II. Ehrenamtliche Mitglieder eines Kreistages:
Pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder sind steuerfrei, soweit sie insgesamt während der Dauer der Mitgliedschaft folgende Beträge nicht übersteigen:
In einem Landkreis mit
monatlich | jährlich | |
---|---|---|
höchstens 250 000 Einwohnern | 177 EUR | 2.124 EUR |
mehr als 250 000 Einwohnern | 223 EUR | 2.676 EUR |
Abschnitt I Nrn. 2 und 3 sind entsprechend anzuwenden.
III. Stellvertreter des Vorsitzenden von Gemeindevertretungen und Kreistagen sowie des Fraktionsvorsitzenden in diesen Gremien
Für die Dauer der Vertretung kann der Vertreter den steuerfreien Betrag des Vertretenen ansetzen.
IV. Ehrenamtliche Bürgermeister, Ortsvorsteher und Ortsbeiräte
- Die Regelungen nach Teil B Abschnitt I Nr. 1 und 2 gelten auch für ehrenamtliche Bürgermeister, Ortsvorsteher (Ortsbürgermeister) und für Mitglieder der Ortsbeiräte. Für ehrenamtliche Ortsvorsteher und für Mitglieder der Ortsbeiräte ist dabei jedoch nicht die Einwohnerzahl der Gemeinde oder der Stadt, sondern die der Ortschaft maßgebend.
- Nach § 51 Abs. 2 Nr. 2 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg führt der ehrenamtliche Bürgermeister einer amtsangehörigen Gemeinde den Vorsitz in der Gemeindevertretung. Die steuerfreien Beträge nach Teil B Abschnitt I Nr. 1 sind bei ehrenamtlichen Bürgermeistern, die zugleich Vorsitzende der Gemeindevertretungen sind, auf das Dreifache zu erhöhen.
- Für die ehrenamtlichen Ortsvorsteher, die nach § 45 Abs. 2 Satz 2 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg zugleich Vorsitzende des Ortsbeirates sind, verdoppeln sich die steuerfreien Beträge nach Teil B Abschnitt I Nr. 1.
V. Mitglieder mehrerer kommunaler Volksvertretungen
Steuerpflichtige, die gleichzeitig Mitglied mehrerer kommunaler Volksvertretungen sind, können steuerfreie Entschädigungen im Sinne der vorstehenden Abschnitte I und II nebeneinander beziehen. R 3.12 Abs. 3 Satz 6 der Lohnsteuer-Richtlinie 2008 ist insoweit nicht anzuwenden.
VI. Mitglieder der brandenburgischen Amts- und Kreisausschüsse
Die Regelungen der Abschnitte I und II des Teils B gelten nicht für Mitglieder von brandenburgischen Amts- und Kreisausschüssen. Entschädigungen, die den Amts- und Kreisausschussmitgliedern gewährt werden, sind zu einem Drittel, mindestens i. H. v. 175 EUR monatlich steuerfrei, sofern die Anspruchsberechtigten und die Beträge durch Gesetz oder Rechtsverordnung bestimmt sind (R 3.12 Abs. 3 der Lohnsteuerrichtlinie 2008).
Besteht keine Regelung durch Gesetz oder Rechtsverordnung, wie dies derzeit im Land Brandenburg der Fall ist, ist der Steuerfreibetrag auf höchstens 175 EUR monatlich (bis einschl. 2006 auf höchstens 154 EUR nach R 13 Abs. 3 Satz 3 der Lohnsteuerrichtlinie 2005) begrenzt.
Ist die Aufwandsentschädigung niedriger als 175 EUR monatlich, so bleibt nur der tatsächlich geleistete Betrag steuerfrei.
C. Wirkung der steuerfreien Aufwandsentschädigungen
Mit den steuerfreien Aufwandsentschädigungen sind alle Aufwendungen, die mit einer der genannten ehrenamtlichen Tätigkeit zusammenhängen - mit Ausnahme der Reisekosten - abgegolten. Es bleibt den Steuerpflichtigen unbenommen, ihre tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie nicht Kosten der Lebensführung sind, die ihre wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung mit sich bringt, gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. In diesen Fällen können die tatsächlichen Aufwendungen insoweit, als sie die steuerfreien Entschädigungen übersteigen, als Betriebsausgaben/Werbungskosten berücksichtigt werden.
Die teilweise Anerkennung von pauschalen Steuerfreibeträgen und tatsächlichen Kosten nebeneinander ist nicht möglich; die tatsächlichen Kosten sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie für den gesamten Veranlagungszeitraum und für alle Kostenarten einheitlich geltend gemacht werden.
D. Anwendungsbereich
Die mit den Lohnsteuerrichtlinien 2008 (BStBl 2007 I Sondernummer 1 vom 20. Dezember 2007) von 154 EUR auf 175 EUR erhöhten steuerfreien Mindestbeträge für Aufwandsentschädigungen aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen in R 3.12 Abs. 3 LStR 2008 sind erstmals ab dem 1. Januar 2007 anzuwenden.
Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen, den obersten Finanzbehörden der anderen Länder und dem Ministerium des Innern des Landes Brandenburg.
Das Ministerium des Innern des Landes Brandenburg, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg sowie der Landkreistag Brandenburg haben eine Mehrausfertigung dieses Erlasses erhalten.