Suche

Suche innerhalb der Norm
Link zur Hilfe-Seite

Steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen gewährt werden

Steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen gewährt werden
vom 21. Dezember 2023

A. Allgemeines

Die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen (Gemeindevertretungen, Stadtverordnetenversammlungen, Verbandsgemeindevertretungen und Kreistage) und den sachkundigen Einwohnern gewährten Entschädigungen unterliegen grundsätzlich als Einnahmen aus “sonstiger selbständiger Arbeit“ im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG der Einkommensteuer. Dies gilt insbesondere für Entschädigungen, die für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden.

Steuerfrei sind:

  • nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG Aufwandsentschädigungen, soweit sie Aufwendungen abgelten, die einkommensteuerrechtlich als Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig wären,
  • nach § 3 Nr. 13 EStG aus öffentlichen Kassen gezahlte Reisekostenvergütungen. 

B. Anerkennung steuerfreier Aufwandsentschädigungen (§ 3 Nr. 12 S. 2 EStG)

I. Ehrenamtliche Mitglieder einer Gemeindevertretung / Stadtverordnetenversammlung / Verbandsgemeindevertretung

1. Pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder sind steuerfrei, soweit sie insgesamt während der Dauer der Mitgliedschaft folgende Beträge nicht übersteigen:

In einer Gemeinde, Stadt oder Verbandsgemeinde mit

    Gültigkeit 2013
    bis 2020

     

     

    monatlich

    jährlich

    höchstens

     

       20 000 Einwohnern

    104 EUR*

    1.248 EUR

    20 001

    bis

       50 000 Einwohnern

    166 EUR*

    1.992 EUR

    50 001

    bis

     150 000 Einwohnern

    204 EUR

    2.448 EUR

    150 001

    bis

     450 000 Einwohnern

    256 EUR

    3.072 EUR

    mehr als

     

     450 000 Einwohnern

    306 EUR

    3.672 EUR

    Gültigkeit
    ab 2021

     

     

    monatlich

    jährlich

    höchstens

     

       20 000 Einwohnern

    125 EUR*

    1.500 EUR

    20 001

    bis

       50 000 Einwohnern

    199 EUR*

    2.388 EUR

    50 001

    bis

     150 000 Einwohnern

    245 EUR*

    2.940 EUR

    150 001

    bis

     450 000 Einwohnern

    307 EUR

    3.684 EUR

    mehr als

     

     450 000 Einwohnern

    367 EUR

    4.404 EUR

    * Bei jeder Mandatsträgerin/jedem Mandatsträger bleibt jedoch mindestens der Betrag von 250 EUR / jährlich 3.000 EUR (200 EUR bis einschließlich 2020 / jährlich 2.400 EUR) gemäß R 3.12 Abs. 3 der Lohnsteuerrichtlinie steuerfrei. In den Fällen der Vervielfältigung der steuerfreien Beträge (nach Nr. 3, Teil B Abschnitt IV Nr. 2 und 3) kommt der Mindestbetrag von 250 EUR (200 EUR bis einschließlich 2020) jedoch nicht in Betracht. Dieser ist erst mit dem vervielfältigten Betrag zu vergleichen.

    Die Nachholung nicht ausgeschöpfter Monatsbeträge in anderen Monaten desselben Kalenderjahres ist zulässig. Dabei kann jedoch der steuerfreie Jahresbetrag uneingeschränkt nur dann angesetzt werden, wenn die Mitgliedschaft in der Gemeindevertretung, Stadtverordnetenversammlung oder Verbandsgemeindevertretung während eines ganzen Kalenderjahres bestanden hat.

    2. Neben den steuerfreien Beträgen nach Nr. 1 wird die Erstattung der tatsächlichen Fahrtkosten für Fahrten von der Wohnung zum Sitzungsort und zurück, um an Sitzungen der Gemeindevertretung, der Stadtverordnetenversammlung, der Verbandsgemeindevertretung, der Fraktion, des Ortsvereins, Bürgerversammlungen u. ä. teilzunehmen, als steuerfreie Aufwandsentschädigung anerkannt. Bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges für die Fahrten zwischen Wohnung und Sitzungsort ist die Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz oder dem entsprechenden Landesgesetz maßgebend.

    Pauschale Fahrtkostenerstattungen - soweit sie zusammen mit den übrigen Entschädigungen die Höchstbeträge nach Nr. 1 übersteigen - sind dagegen selbst dann steuerpflichtig, wenn sie nach Entfernung oder durchschnittlichen Sitzungszahlen gestaffelt sind.

    3. Die steuerfreien Beträge nach Nr. 1 erhöhen sich:

    1. für Vorsitzende der Gemeindevertretung, der Stadtverordnetenversammlung und der Verbandsgemeindevertretung auf das Doppelte der Beträge nach Nr. 1,

    2. für Fraktionsvorsitzende, deren Fraktion mindestens zwei Mitglieder umfasst, auf das Doppelte der Beträge nach Nr. 1. Hat eine Fraktion zwei gleichberechtigte Fraktionsvorsitzende, gilt die Verdoppelung für jeden der beiden Fraktionsvorsitzenden.

    II. Ehrenamtliche Mitglieder eines Kreistages:

      1. Pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder sind steuerfrei, soweit sie insgesamt während der Dauer der Mitgliedschaft folgende Beträge nicht übersteigen:

      In einem Landkreis mit

      Gültigkeit 2013 bis 2020

      monatlich

      jährlich

      höchstens 250 000 Einwohnern

      204 EUR

      2.448 EUR

      mehr als 250 000 Einwohnern

      256 EUR

      3.072 EUR

      Gültigkeit ab 2021

      monatlich

      jährlich

      höchstens 250 000 Einwohnern

      245 EUR*

      2.940 EUR

      mehr als 250 000 Einwohnern

      307 EUR

      3.684 EUR

      * Bei jeder Mandatsträgerin/jedem Mandatsträger bleibt jedoch ab 2021 mindestens der Betrag von 250 EUR / jährlich 3.000 gemäß R 3.12 Abs. 3 der Lohnsteuerrichtlinie steuerfrei. In den Fällen der Vervielfältigung der steuerfreien Beträge (nach Nr. 3, Teil B Abschnitt IV Nr. 2 und 3) kommt der Mindestbetrag von 250 EUR jedoch nicht in Betracht. Dieser ist erst mit dem vervielfältigten Betrag zu vergleichen.

      2. Abschnitt I Nr. 2 und 3 sind entsprechend anzuwenden.

      III. Stellvertreter des Vorsitzenden von Gemeindevertretungen, Stadtverordnetenversammlungen, Verbandsgemeindevertretungen und Kreistagen sowie des Fraktionsvorsitzenden in diesen Gremien

      Für die Dauer der Vertretung kann die Vertreterin/der Vertreter den steuerfreien Betrag der/des Vertretenen ansetzen.

      IV. Ehrenamtliche Bürgermeister, Ortsvorsteher und Ortsbeiräte

      1. Die Regelungen nach Teil B Abschnitt I Nr. 1 und 2 gelten auch für ehrenamtliche Bürgermeisterinnen/Bürgermeister, Ortsvorsteherinnen/Ortsvorsteher und für Mitglieder der Ortsbeiräte. Für ehrenamtliche Ortsvorsteherinnen/Ortsvorsteher und für Mitglieder der Ortsbeiräte ist dabei jedoch nicht die Einwohnerzahl der Gemeinde oder der Stadt, sondern die des Ortsteils maßgebend.

      2. Nach § 51 Abs. 2 Nr. 2 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg führt die ehrenamtliche Bürgermeisterin/der ehrenamtliche Bürgermeister einer amtsangehörigen Gemeinde den Vorsitz in der Gemeindevertretung. Gleiches gilt entsprechend für die ehrenamtliche Bürgermeisterin/den ehrenamtlichen Bürgermeister der verbandsangehörigen Gemeinden (Ortgemeinden) (§15 Abs. 2 Verbandsgemeinde- und Mitverwaltungsgesetz). Die steuerfreien Beträge nach Teil B Abschnitt I Nr. 1 sind bei ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen/Bürgermeistern, die zugleich Vorsitzende der Gemeindevertretungen sind, auf das Dreifache zu erhöhen.

      3. Für die ehrenamtlichen Ortsvorsteherinnen/Ortsvorsteher, die nach § 45 Abs. 2 Satz 2 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg zugleich Vorsitzende des Ortsbeirates sind, verdoppeln sich die steuerfreien Beträge nach Teil B Abschnitt I Nr. 1.

      V. Mitglieder mehrerer kommunaler Volksvertretungen

      Steuerpflichtige, die gleichzeitig Mitglied mehrerer kommunaler Volksvertretungen (z. B. Gemeindevertreter und Mitglied des Kreistages) sind, können steuerfreie Entschädigungen im Sinne der vorstehenden Abschnitte I und II nebeneinander beziehen. R 3.12 Abs. 3 Satz 6 der Lohnsteuerrichtlinie ist insoweit nicht anzuwenden.

      VI. Sachkundige Einwohner

      Sachkundige Einwohner sind ehrenamtlich tätige Personen. Eine sachkundige Einwohnerin/ein sachkundiger Einwohner ist beratendes Mitglied in einem Fachausschuss einer Gemeindevertretung, Verbandsgemeindevertretung oder des Kreistags. Sie/er ist kein gewählter Volksvertreter. Sie/er kann für die Teilnahme an Ausschusssitzungen im Land Brandenburg ein Sitzungsgeld bis zu 30 EUR erhalten (§ 10 Kommunalaufwandsentschädigungsverordnung - KomEAV). Bei den Sitzungsgeldern handelt sich um Bezüge, die aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden. Die Aufwandsentschädigung ist in Höhe von 1/3 der gewährten Aufwandsentschädigung, mindestens 250 EUR (200 Euro bis einschließlich 2020) monatlich steuerfrei (R 3.12 Abs. 3 LStR)

      Mit den steuerfreien Aufwandsentschädigungen sind alle Aufwendungen, die mit einer der genannten ehrenamtlichen Tätigkeit zusammenhängen - mit Ausnahme der Reisekosten und Teil B Abschnitt I Nr. 2 - abgegolten. Es bleibt den Steuerpflichtigen unbenommen, ihre tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie nicht Kosten der Lebensführung sind, die ihre wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung mit sich bringt, gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. In diesen Fällen können die tatsächlichen Aufwendungen insoweit, als sie die steuerfreien Entschädigungen übersteigen, als Betriebsausgaben / Werbungskosten berücksichtigt werden.

      Die teilweise Anerkennung von pauschalen Steuerfreibeträgen und tatsächlichen Kosten nebeneinander ist nicht möglich; die tatsächlichen Kosten sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie für den gesamten Veranlagungszeitraum und für alle Kostenarten einheitlich geltend gemacht werden.

      D. Anwendungsbereich

      Die Regelungen der Abschnitte I und II des Teils B gelten nicht für Mitglieder von brandenburgischen Ausschüssen der jeweiligen Vertretungen (Amtsausschüsse, Hauptausschüsse und Kreisausschüsse). Entschädigungen, die den Ausschussmitgliedern für diese Tätigkeiten gewährt werden, sind zu einem Drittel, mindestens i. H v. 250 EUR (200 Euro bis einschließlich 2020) monatlich steuerfrei, da die Anspruchsberechtigten und die Beträge durch Gesetz oder Rechtsverordnung bestimmt sind (R 3.12 Abs. 3 der Lohnsteuerrichtlinie).

      Ist die Aufwandsentschädigung niedriger als 250 EUR (200 Euro bis einschließlich 2020) monatlich, so bleibt nur der tatsächlich geleistete Betrag steuerfrei.

      Klarstellend weise ich darauf hin, dass die Tätigkeit in den sonstigen Ausschüssen der Gemeindevertretung, des Kreistages, der Stadtverordnetenversammlung (z. B. für Bildung und Jugend) von den Regelungen der Abschnitte I und II des Teils B bereits berücksichtigt wird. Eine pauschale Erhöhung der Höchstbeträge wegen solcher Tätigkeiten kann deshalb nicht vorgenommen werden. Eine zusätzliche Steuerfreistellung nach R 3.12 Abs. 3 LStR unterbleibt daher.

      Die Regelungen der Abschnitte I und II des Teils B gelten nicht bei kommunalen Zweckverbänden (z. B. Wasserversorgungs- oder Abwasserbeseitigungsverbände).

      Dieser Erlass gilt für Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen ab dem 1. Januar 2013 bzw. ab dem 1. Januar 2021 gewährt werden.

      Er ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und den
      obersten Finanzbehörden der anderen Länder.

      Das Ministerium des Innern des Landes Brandenburg, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg sowie der Landkreistag Brandenburg erhalten eine Mehrausfertigung dieses Erlasses.