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Steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen gewährt werden

Steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen gewährt werden
vom 12. Juni 2009

Aktualisierung vom 19.10.2013

Erlass vom 17. Oktober 2008 (Az.: 36 - S 2337 - 2/00)

A. Allgemeines

Die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen (Gemeindevertretungen und Kreistage) gewährten Entschädigungen unterliegen grundsätzlich als Einnahmen aus “sonstiger selbständiger Arbeit” im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG der Einkommensteuer. Dies gilt insbesondere für Entschädigungen, die für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden.

Steuerfrei sind:

  • nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG Aufwandsentschädigungen, soweit sie Aufwendungen abgelten, die einkommensteuerrechtlich als Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig wären,
  • nach § 3 Nr. 13 EStG aus öffentlichen Kassen gezahlte Reisekostenvergütungen.

B.  Anerkennung steuerfreier Aufwandsentschädigungen (§ 3 Nr. 12 S. 2 EStG)

I.  Ehrenamtliche Mitglieder einer Gemeindevertretung/Stadtverordnetenversammlung

  1. Pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder sind steuerfrei, soweit sie insgesamt während der Dauer der Mitgliedschaft folgende Beträge nicht übersteigen:
    In einer Gemeinde oder Stadt mit

       monatlichjährlich
    höchstens   20 000 Einwohnern 104 EUR* 1.248 EUR
    20 001 bis 50 000 Einwohnern 166 EUR* 1.992 EUR
    50 001 bis 150 000 Einwohnern 204 EUR 2.448 EUR
    150 001 bis 450 000 Einwohnern 256 EUR 3.072 EUR
    mehr als    450 000 Einwohnern 306 EUR 3.672 EUR

    Die Nachholung nicht ausgeschöpfter Monatsbeträge in anderen Monaten desselben Kalenderjahres ist zulässig. Dabei kann jedoch der steuerfreie Jahresbetrag uneingeschränkt nur dann angesetzt werden, wenn die Mitgliedschaft in der Gemeindevertretung oder Stadtverordnetenversammlung während eines ganzen Kalenderjahres bestanden hat.
  2. Neben den steuerfreien Beträgen nach Nr. 1 wird die Erstattung der tatsächlichen Fahrtkosten für Fahrten von der Wohnung zum Sitzungsort und zurück, um an Sitzungen der Gemeindevertretung, der Stadtverordnetenversammlung, der Fraktion, des Ortsvereins, Bürgerversammlungen u. ä. teilzunehmen, als steuerfreie Aufwandsentschädigung anerkannt. Bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges für die Fahrten zwischen Wohnung und Sitzungsort ist die Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz oder dem entsprechenden Landesgesetz maßgebend.

    Pauschale Fahrtkostenerstattungen - soweit sie zusammen mit den übrigen Entschädigungen die Höchstbeträge nach Nr. 1 übersteigen - sind dagegen selbst dann steuerpflichtig, wenn sie nach Entfernung oder durchschnittlichen Sitzungszahlen gestaffelt sind.
  3. Die steuerfreien Beträge nach Nr. 1 erhöhen sich:
    1. für Vorsitzende der Gemeindevertretung und der Stadtverordnetenversammlung auf das Doppelte der Beträge nach Nr. 1,
    2. für Fraktionsvorsitzende, deren Fraktion mindestens zwei Mitglieder umfasst, auf das Doppelte der Beträge nach Nr. 1.

II.  Ehrenamtliche Mitglieder eines Kreistages:

  1. Pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder sind steuerfrei, soweit sie insgesamt während der Dauer der Mitgliedschaft folgende Beträge nicht übersteigen:

    In einem Landkreis mit
     monatlichjährlich
    höchstens 250 000 Einwohnern 204 EUR 2.448 EUR
    mehr als 250 000 Einwohnern 256 EUR 3.072 EUR
  2. Abschnitt I Nr. 2 und 3 sind entsprechend anzuwenden.

III. Stellvertreter des Vorsitzenden von Gemeindevertretungen und Kreistagen sowie des Fraktionsvorsitzenden in diesen Gremien

Für die Dauer der Vertretung kann der Vertreter den steuerfreien Betrag des Vertretenen ansetzen.

IV. Ehrenamtliche Bürgermeister, Ortsvorsteher und Ortsbeiräte

  1. Die Regelungen nach Teil B Abschnitt I Nr. 1 und 2 gelten auch für ehrenamtliche Bürgermeister, Ortsvorsteher und für Mitglieder der Ortsbeiräte. Für ehrenamtliche Ortsvorsteher und für Mitglieder der Ortsbeiräte ist dabei jedoch nicht die Einwohnerzahl der Gemeinde oder der Stadt, sondern die des Ortsteils maßgebend.
  2. Nach § 51 Abs. 2 Nr. 2 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg führt der ehrenamtliche Bürgermeister einer amtsangehörigen Gemeinde den Vorsitz in der Gemeindevertretung. Die steuerfreien Beträge nach Teil B Abschnitt I Nr. 1 sind bei ehrenamtlichen Bürgermeistern, die zugleich Vorsitzende der Gemeindevertretungen sind, auf das Dreifache zu erhöhen.
  3. Für die ehrenamtlichen Ortsvorsteher, die nach § 45 Abs. 2 Satz 2 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg zugleich Vorsitzende des Ortsbeirates sind, verdoppeln sich die steuerfreien Beträge nach Teil B Abschnitt I Nr. 1.

V.  Mitglieder mehrerer kommunaler Volksvertretungen

Steuerpflichtige, die gleichzeitig Mitglied mehrerer kommunaler Volksvertretungen sind, können steuerfreie Entschädigungen im Sinne der vorstehenden Abschnitte I und II nebeneinander beziehen. R 3.12 Abs. 3 Satz 6 der Lohnsteuerrichtlinie ist insoweit nicht anzuwenden.

C. Wirkung der steuerfreien Aufwandsentschädigung

Mit den steuerfreien Aufwandsentschädigungen sind alle Aufwendungen, die mit einer der genannten ehrenamtlichen Tätigkeit zusammenhängen - mit Ausnahme der Reisekosten und Teil B Abschnitt I Nr. 2 - abgegolten. Es bleibt den Steuerpflichtigen unbenommen, ihre tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie nicht Kosten der Lebensführung sind, die ihre wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung mit sich bringt, gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. In diesen Fällen können die tatsächlichen Aufwendungen insoweit, als sie die steuerfreien Entschädigungen übersteigen, als Betriebsausgaben/Werbungskosten berücksichtigt werden.

Die teilweise Anerkennung von pauschalen Steuerfreibeträgen und tatsächlichen Kosten nebeneinander ist nicht möglich; die tatsächlichen Kosten sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie für den gesamten Veranlagungszeitraum und für alle Kostenarten einheitlich geltend gemacht werden.

D. Anwendungsbereich

Die Regelungen der Abschnitte I und II des Teils B gelten nicht für Mitglieder von brandenburgischen Amtsausschüssen und Ausschüssen der jeweiligen Vertretungen (z. B. Kreisausschüsse und Hauptausschüsse). Entschädigungen, die den Ausschussmitgliedern gewährt werden, sind zu einem Drittel, mindestens i. H. v. 200 EUR (175 EUR bis 31. Dezember 2012) monatlich steuerfrei, sofern die Anspruchsberechtigten und die Beträge durch Gesetz oder Rechtsverordnung bestimmt sind (R 3.12 Abs. 3 der Lohnsteuerrichtlinie 2013).

Besteht keine Regelung durch Gesetz oder Rechtsverordnung, wie dies derzeit im Land Brandenburg der Fall ist, ist der Steuerfreibetrag auf höchstens 200 EUR monatlich (bis einschließlich 2012 auf höchstens 175 EUR nach R 13 Abs. 3 Satz 3 der Lohnsteuerrichtlinie 2008) begrenzt.

Ist die Aufwandsentschädigung niedriger als 200 EUR (175 EUR bis 31. Dezember 2012) monatlich, so bleibt nur der tatsächlich geleistete Betrag steuerfrei.

Gleiches gilt auch bei kommunalen Zweckverbänden (z. B. Wasserversorgungs- oder Abwasserbeseitigungsverbände).

Dieser Erlass gilt für Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen ab dem 1. Januar 2009 gewährt werden.

Er ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen, den obersten Finanzbehörden der anderen Länder und dem Ministerium des Innern des Landes Brandenburg.

Das Ministerium des Innern des Landes Brandenburg, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg sowie der Landkreistag Brandenburg haben eine Mehrausfertigung dieses Erlasses erhalten.

Der Bezugserlass wird mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 aufgehoben.


* Bei jedem Mandatsträger bleibt jedoch mindestens der Betrag von 200 EUR (jährlich 2.400 EUR) gemäß R 3.12 Abs. 3 der Lohnsteuerrichtlinie 2013 steuerfrei (bis einschließlich 2012 im Monat 175 EUR/im Jahr 2.100 EUR). In den Fällen der Vervielfältigung der steuerfreien Beträge (nach Nr. 3, Teil B Abschnitt IV Nr. 2 und 3) kommt der Mindestbetrag von 200 EUR (bis einschließlich 2012 von 175 EUR) jedoch nicht in Betracht. Dieser ist erst mit dem vervielfältigten Betrag zu vergleichen.