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Rundschreiben 22/04 (RS 22/04)

Rundschreiben 22/04 (RS 22/04)
vom 16. August 2004
(Abl. MBJS/04, [Nr. 13], S.479)

Außer Kraft getreten am 31. Juli 2009 durch Zeitablauf vom 16. August 2004
(Abl. MBJS/04, [Nr. 13], S.479)

Schulische Bildung von Kindern aus Familien Fahrender, insbesondere von Kindern beruflich Reisender, an allgemein bildenden Schulen

1. Allgemeines

Dieses Rundschreiben enthält nähere Ausführungen zur Organisation des Unterrichts im Bildungsgang der Grundschule und in den Bildungsgängen in der Sekundarstufe I für Kinder von Fahrenden, insbesondere von beruflich Reisenden.

Das Rundschreiben soll die grundlegenden Regelungen gem. § 14 der Grundschulverordnung und gem. Teil I, Abschnitt 5 der Sekundarstufe I-Verordnung in der jeweils geltenden Fassung näher ausführen. Es ist nur in den Schulen anzuwenden, in denen vollzeitschulpflichtige Kinder von Fahrenden, insbesondere von beruflich Reisenden unterrichtet werden oder die Stützpunkt- oder Stammschule sind.

2. Anmeldung in einer Schule

2.1 Die Eltern melden ihr Kind für die Grundschule des Schulbezirks an, in dem der gemeldete Wohnsitz oder der Winterstandort der Familie liegt. Diese Schule ist die Stammschule der Schülerin oder des Schülers in der Primarstufe, solange die Familie dort ihren gemeldeten Wohnsitz oder Winterstandort hat. Für Eltern ohne gemeldeten Wohnsitz wird die Schule zur Stammschule, an der der überwiegende Teil der Schulpflicht erfüllt wird. Die Eltern melden ihr Kind an dieser Schule an.

2.2 Für die Aufnahme in eine weiterführende allgemein bildende Schule hat das für Schule zuständige Ministerium Schulen benannt, die die Aufgaben einer Stammschule regelmäßig erfüllen sollen. Bei Aufnahme in eine dieser Stammschulen finden für die Kinder von Fahrenden die Bestimmungen über besondere Härtefälle gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 der Sekundarstufe I-Verordnung Anwendung, wenn diese Stammschule übernachgefragt ist. Wählen die Eltern eine übernachgefragte Schule, die nicht durch das für Schule zuständige Ministerium als Stammschule benannt ist, kann im Auswahlverfahren eine Einordnung unter die Härtefälle gemäß § 5 der Sekundarstufe I-Verordnung nicht allein aufgrund der Zuordnung zur Gruppe der Fahrenden vorgenommen werden. Die Eltern sollen durch die Schulleitung der bisherigen Stammschule bei der Wahl der Schule oder der Schulform eingehend beraten werden. Dabei soll die Beratung auch im Hinblick darauf erfolgen, ob die berufliche Tätigkeit überwiegend im Land Brandenburg, in anderen Bundesländern oder im Ausland ausgeübt wird. Für die Aufnahme in die Bildungsgänge der Förderschulen findet die Sonderpädagogik-Verordnung Anwendung.

2.3 Bei der Aufnahme in eine Grundschule sowie beim Übergang in die Sekundarstufe I werden die mit der Aufnahme oder dem Übergang verbundenen Verfahren im Interesse der Vorbereitung auf die dann entstehenden Aufgaben als Stammschule zeitnah abgeschlossen.

3. Aufgaben der Stammschule

3.1 Die Stammschule bereitet die Kinder Fahrender auf das selbständige Lernen auf der Reise vor. Sie führt sie über altersgemäße offene Lernformen zu selbständigem Denken, Lernen und Arbeiten. Die pädagogischen Ziele und Schwerpunkte fließen ins Schulprogramm ein. Die Stammschule organisiert die Förderung nach Abschluss der Reisesaison und bezieht die Schülerinnen und Schüler in der Winterpause in das Klassenlernen ein. Sie führt die Schülerakten und ist für die Schullaufbahn der Schülerin oder des Schülers verantwortlich.

3.2 Die Schulleitung ist in Zusammenarbeit mit der Betreuungslehrkraft für die Umsetzung der Aufgaben der Stammschule verantwortlich. Die Schulleiterin oder der Schulleiter benennt in Abstimmung mit dem staatlichen Schulamt, dem die Landesgeneralie Fahrende zugeordnet ist (im Weiteren: das staatliche Schulamt), zu ihrer oder seiner Unterstützung eine Betreuungslehrkraft, in der Regel die Klassenlehrkraft der Schülerin oder des Schülers. Vor Beginn der Reisesaison trägt die Schulleiterin oder der Schulleiter Sorge für die Informationen der Eltern über die Lernentwicklung.

4. Aufgaben der Stützpunktschulen

4.1 Stützpunktschulen sind Schulen, deren Regelaufgabe die Aufnahme und Beschulung der Kinder Fahrender ist und an denen diese ihre Schulpflicht auf der Reise erfüllen. Dieses gilt auch für Schülerinnen und Schüler anderer Bundesländer und Länder. Kinder Fahrender sollen in der Regel die benannten Stützpunktschulen besuchen. Über die Stützpunktschulen des Landes Brandenburg werden die Eltern durch die Stammschulen informiert. Ist keine benannte Stützpunktschule in zumutbarer Entfernung, wird die nächstgelegene Schule Stützpunktschule.

4.2 Die Stützpunktschulen betreuen die Arbeit mit den Fernlernwerken, bewerten sie und leiten fertige Arbeiten der Stammschule am Ende des Aufenthaltes zu.

Die Stützpunktschulen erarbeiten einen Lernbericht, der Hinweise zu Lernfortschritten und Lernschwerpunkten, Angaben zu festgestelltem Übungsbedarf und Bewertungen erbrachter Leistungen aus dem Fernlernwerk sowie dem Klassenlernen enthält. Neben der Lernberichtskopie für die Stammschule sind weitere Kopien für die nächste Stützpunktschule für den Unterricht in Deutsch, Mathematik und Englisch anzufertigen und in das Schultagebuch einzulegen.

5. Aufgaben der Betreuungslehrkräfte

Betreuungslehrkräfte übernehmen Koordinierungs-, Beratungs-, Betreuungs- und Förderaufgaben.

Die Betreuungslehrkräfte sind verantwortlich

  • für die Betreuung und Förderung der Schülerinnen und Schüler,
  • für die Anleitung und Information der Lehrkräfte und Eltern über alle im Zusammenhang mit dem Schulbesuch stehenden Fragen und
  • für die Koordinierung der Arbeit der Lehrkräfte.

Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben arbeiten sie eng mit den jeweiligen Schulleiterinnen oder Schulleitern und den Klassenlehrkräften zusammen. Die Fortbildung für die Wahrnehmung der Aufgaben erfolgt durch das staatliche Schulamt.

5.1 Betreuungslehrkräfte an Stammschulen

Die Betreuungslehrkraft der Stammschule hilft mit bei der Erarbeitung von Fernlernwerken und Lernentwicklungsberichten, fördert die Schülerinnen und Schüler und berät sie und ihre Eltern, führt die telefonische Lernberatung durch, sorgt für die Fortschreibung des Fernlernwerks und dessen Kontrolle und Bewertung. Sie bittet die Eltern um Teilnahme an der Elternbefragung. Die Betreuungslehrkraft berät die Stützpunktschulen, insbesondere wirkt sie auf vollständige Lernberichtserstattung hin. Bei gravierenden Problemen, wie Nichtaufnahme von Schülerinnen und Schülern an Stützpunktschulen oder Nichtbeachtung des Fernlernwerks informiert sie das staatliche Schulamt. Sie arbeitet der Schulleitung für die Berichterstattung gegenüber dem staatlichen Schulamt zu.

5.2 Betreuungslehrkräfte an Stützpunktschulen

Die Betreuungslehrkraft der Stützpunktschule bereitet die Lehrkräfte auf die Arbeit mit dem Schultagebuch und den Fernlernwerken vor. Sie sorgt für den Unterricht nach Fernlernwerk, für die Bewertung fertiggestellter Arbeiten, für die Erstellung informativer Lernberichte und Einbeziehung in vorhandenen Förderunterricht. Betreuungslehrkräfte sind Ansprechpartner/innen der Eltern und Schülerinnen und Schüler für die Lösung schulischer Probleme. Bei gravierenden Problemen, wie Nichtvorhandensein des Schultagebuchs und des Fernlernwerks informiert sie das staatliche Schulamt.

6. Netzwerke des staatlichen Schulamtes

Das staatliche Schulamt beruft zur Unterstützung die Landesarbeitsgruppe Fahrende und den Landesarbeitskreis Stützpunktschulen, deren Mitglieder für ihre Arbeit als Multiplikator/innen durch das staatliche Schulamt qualifiziert werden.

7. Schultagebuch

Das Schultagebuch mit dem Fernlernwerk ist als Lehrmittel Landeseigentum. Es wird den Eltern für die Dauer der Reise leihweise zur Verfügung gestellt. Die Eltern sind daher besonders auf die Folgen eines Verlustes des Schultagebuches hinzuweisen.

8. Leistungsbewertung und Zeugnisse

8.1 Grundlage der Leistungsbewertung sind die Leistungen und Lernfortschritte, die an der Stammschule und an den auf der Reise besuchten Stützpunktschulen erbracht wurden. Sie sind durch entsprechende Eintragungen ins Schultagebuch sowie durch den Lernbericht zu dokumentieren und nachzuweisen. Leistungsüberprüfungen dürfen sich nur auf die von der Schülerin oder dem Schüler bearbeiteten Unterrichtsinhalte oder Aufgabenstellungen beziehen.

8.2 Die Stammschule erstellt die Zeugnisse sowie die schriftlichen Informationen über das Arbeits- und Sozialverhalten nach Beratung der Klassenkonferenz gemäß § 88 Abs. 2 Nummer 1 des Brandenburgischen Schulgesetzes auf Grundlage der Leistungsbewertungen gemäß Nummer 8.1. Die Zeugnisse am Ende des Schulhalbjahres können auf Wunsch der Eltern auch bis zum Ende des Winterquartiers ausgestellt werden.

9. Geltungsdauer

Dieses Rundschreiben tritt mit Wirkung vom 01.08.2004 in Kraft und am 31.07.2009 außer Kraft.