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Rundschreiben Nr. 14/25 (RS 14/25)

Rundschreiben Nr. 14/25 (RS 14/25)
vom 28. August 2025
(Abl. MBJS/25, [Nr. 19], S.274)

Hinsehen - Handeln - Helfen
Angst- und gewaltfrei leben und lernen in der Schule

1. Vorbemerkung

1.1 Alle in Schule Beschäftigte und Beteiligte im außerunterrichtlichen Umfeld (Anlage 3, Seite 3) tragen eine gemeinsame Verantwortung für das Schulklima und das Wohlergehen der Schülerinnen und Schüler. Diese Verantwortung schließt die zuständige untere Schulaufsicht sowie die Personensorgeberechtigten bzw. Erziehungsberechtigten und darüber hinaus die Beschäftigten des Schulträgers in der jeweiligen Schule mit ein. Gewalttätige Verhaltensweisen dürfen weder bagatellisiert noch verschwiegen werden; vielmehr muss ihnen unmittelbar Grenzen setzend und konstruktiv orientierend begegnet werden.

1.2 An den Schulen ist durch alle Beschäftigten eine gemeinsame Definition für einen „angst- und gewaltfreien schulischen Raum" auf Grundlage der Anlage 3 zu erarbeiten, um eine verbindliche Vorgehensweise zur Vorbeugung und den Umgang mit Gewalt oder Vorfällen gem. § 64a BbgSchulG abzustimmen. Schülerinnen, Schüler und Personensorgeberechtigte bzw. Erziehungsberechtigte sind in diesen Prozess mit einzubeziehen.

1.3 Für alle (Gewalt-)Vorfälle und Vorfälle gem. § 64a BbgSchulG gilt: Eine gut strukturierte und fest verankerte Präventionsarbeit an Schulen trägt zur Verhinderung bzw. Reduzierung der Schwere und Häufigkeit von Vorfällen bei. Sie vereinfacht bei Eintreten eines Vorfalls ein zeitnahes abgestimmtes Vorgehen.

1.4 Gewalt oder Vorfälle gem. § 64a BbgSchulG an der Schule sind weder zu verharmlosen noch zu verschweigen. Bei Auftreten von Vorfällen sind umgehend angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um klare Grenzen zu setzen, konstruktive Lösungen zu finden bzw. die Verursacherin/den Verursacher zur Rechenschaft zu ziehen. Es ist zu klären, wie Gewalttaten sowie Formen verdeckter Schädigung systematisch aufgearbeitet werden sollen, um einen wirksamen Opferschutz zu gewährleisten, eine Wiedergutmachung einzuleiten und die Gefahr einer Wiederholung möglichst auszuschließen. Darüber hinaus ist präventiv gegen jegliche Formen von Stigmatisierung und Diskriminierung in der schulischen Gemeinschaft vorzugehen.

1.5 Die Anlagen zu diesem Rundschreiben sind verbindlich und geben Anleitung zu notwendigen Handlungen und Meldeverfahren sowie Unterstützungsangeboten.

2. Meldeschwelle, Meldegrad und Arten von Vorfällen

2.1 Die Meldeschwelle wird über Kriterien beschrieben. Sobald eines oder mehrere der Kriterien erfüllt sind, muss eine Meldung erfolgen. Treten mehrere Arten von Vorfällen in einer Situation auf, ist nur die überwiegende Vorfallsart zu melden. Mehrfachnennungen sind nicht mehr möglich. Die Zuordnung der Vorfälle zu den Kriterien der Meldeschwelle definiert den Meldegrad; d. h. den Meldeweg (s. Nr. 4).

Vorfälle, die unterhalb der Meldeschwelle liegen, werden regulär über die bestehenden Regelungen an den Schulen vor Ort dokumentiert (z. B. Klassenbuch) und pädagogisch aufgearbeitet. Diese sind weder an das zuständige staatliche Schulamt noch an das MBJS zu melden. Die Kriterien der Meldeschwelle umfassen sowohl phänomenologisch eindeutig bestimmbare Merkmale, die z. B. durch Beobachtung festgestellt werden (können) als auch bewertende Kriterien, die eine pädagogische Einschätzung der meldenden Personen erfordern.

2.2 Auf jedes der Meldeschwellen-Kriterien ist ein sekundäres Prüfkriterium anzuwenden. Die Kriterien der Meldeschwelle definieren sich wie folgt:

Prüfkriterium A: Ort des Vorfalls ist die Schule/klarer Schulbezug

  • der Vorfall hat sich in der Schule/auf dem Schulgelände ereignet
  • der Vorfall hat sich auf dem Schulweg ereignet
  • der Vorfall hat sich im Rahmen von Schulaktivitäten (wie beispielsweise auf Klassenfahrt/Exkursion/Projekttag) ereignet
  • der Vorfall hat sich im digitalen Raum mit Schulbezug (d. h. von der Schule gestellte Hard- oder Software, beispielsweise auf einem Schul-Computer oder im Forum des Lernmanagementsystems) ereignet
  • Vorfälle, die im digitalen Raum ohne Schulbezug (z. B. Klassenchat in WhatsApp) beginnen, sich aber in der Schule fortsetzen (z. B. wenn ein Schüler sich bei der Lehrkraft über beleidigende sexistische, rechtsextreme, etc. Inhalte im Klassenchat beschwert).

Bei dem Prüfkriterium A handelt es sich um eine Grundvoraussetzung, die allen anderen Meldeschwellen-Kriterien vorangeht. Nur (Gewalt-)Vorfälle, die dieses Prüfkriterium erfüllen, sind über den Meldeprozess zu melden. Für Vorfälle, die dieses Kriterium nicht erfüllen, muss keine Meldung erfolgen. Bei Vorfällen im digitalen Raum ohne Schulbezug wird auf die pädagogische Urteilsfähigkeit der Lehrkräfte und der Schulleitungen verwiesen, die die Möglichkeit einer Meldung nutzen können und so die Unterstützung des zuständigen staatlichen Schulamtes erhalten.

Prüfkriterium B: Einschaltung von Polizei und ggf. Staatsanwaltschaft, Verfassungsschutz sowie Jugendämter, ggf. Rettungsdienste

  • der Vorfall wurde zur Anzeige gebracht; Polizei, ggf. Staatsanwaltschaft und/oder Jugendamt, ggf. Rettungsdienst sind eingeschaltet
  • eine Meldung muss auch erfolgen, wenn eine Anzeige erst nachträglich nach dem eigentlichen Vorfall erfolgt.

Mit Prüfkriterium B wird geprüft, ob der (Gewalt-)Vorfall Meldegrad 2 zuzuordnen ist. Bei dem Prüfkriterium B lassen sich Meldungen klar zuordnen. In Konsequenz muss das auch für die Entscheidung über den Meldegrad gelten. Die Hinzuziehung von Polizei etc. ist ein objektives Maß dafür, dass Schulleitungen die Vorfälle als gravierend eingestuft haben, außerdem ist gerade bei solchen Fällen von erhöhter öffentlicher Aufmerksamkeit auszugehen.

Die Hinzuziehung der Polizei ist auch insbesondere vor dem Hintergrund des Gemeinsamen Runderlasses des Ministeriums des Innern und für Kommunales und des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport „Partnerschaften Polizei und Schule – Kooperation bei der Prävention und Bekämpfung von Kriminalität und Verkehrsunfällen sowie der Notfallplanung“ empfehlenswert.

2.3 Der Meldegrad eines zu meldenden Vorfalls unterscheidet sich in Meldegrad 1 und Meldegrad 2. Vorfälle, die unter den Meldegrad 1 fallen, sind durch die Schule dem zuständigen staatlichen Schulamt zu melden. Optional kann eine Weiterleitung des Vorfalls durch das staatliche Schulamt an das MBJS vorgenommen werden. Vorfälle des Meldegrads 2 sowie Vorfälle, die in der Prüfung sich von Meldegrad 1 zu Meldegrad 2 ergeben, sind durch die Schule dem zuständigen staatlichen Schulamt und dem MBJS zu melden.

Die Meldung eines Vorfalls ist für die nachfolgenden Arten von Vorfällen durch die Schulen vorzunehmen.

Unter den Meldegrad 1 fallen:

  • Mitführen von Waffen (Verstoß gegen das Waffengesetz oder vergleichbar gefährliche Gegenstände)

  • Mitführen, Konsumieren und/oder Handel von Betäubungsmitteln (Verstoß i. S. d. Betäubungsmittelgesetzes sowie Cannabis)

  • Mobbing

  • Cybermobbing

  • Androhen von Gewalt (mit und ohne Waffe, z. B. Androhung eines Amoklaufs/einer Amoktat oder Bomben(an)drohung)

  • Körperverletzung (nur schwere oder gefährliche Körperverletzung)

  • Berichte/Beobachtungen sexualisierter Gewalt

  • Verbreitung, Erwerb, Besitz von (kinder-)pornografischen Inhalten

  • Mitführen, Zeigen, Weitergeben, Verteilen von Kennzeichen und Propagandamittel verfassungsfeindlicher Organisationen gem. § 64a BbgSchulG

    unterteilt in:
    • Rechtsextremismus
    • Antisemitismus                                  
    • Islamismus / Religiöser Extremismus
    • Weiterer Extremismus oder Linksextremismus
    • Rassismus.

Unter den Meldegrad 2 fallen:

  • Benutzen/Anwenden von (mitgeführten) Waffen
  • Amokfehlalarm
  • Amoklauf/Geiselnahme
  • Tod/Suizid (Todesfall, versuchter Suizid, Suizid).

2.4 Vorfälle, bei denen der Einbezug der Polizei/Staatsanwaltschaft/Verfassungsschutz geboten ist, können als solche definiert werden, bei denen die Gefährdung, das Ausmaß der Gewalt oder die Auswirkungen auf die Beteiligten besonders gravierend sind. Diese können sein

  1. wenn Tatsachen bekannt werden, die insbesondere auf die Verbreitung von Propagandamittel verfassungswidriger und terroristischer Organisationen gemäß § 86 des Strafgesetzbuchs (StGB) sowie
  2. die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen gemäß § 86a StGB (z. B. Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen) und bei Volksverhetzung gemäß § 130 StGB hindeuten
  3. gefährliche oder schwere Körperverletzung gemäß §§ 224, 226 StGB
  4. sexualisierte Gewalt gemäß §§ 174, 176, 177, 182, 184i StGB
  5. Verbreitung/Besitz von (kinder-)pornografischem Material gemäß §§ 184, 184b, 184c StGB
  6. Androhung eines Amoklaufs/einer Amoktat sowie Amoklauf
  7. wenn Tatsachen bekannt werden, die auf sonstige erhebliche Straftaten an der Schule oder in deren unmittelbarem Umfeld hindeuten oder bevorstehen.

2.5 Bei strafrechtlich relevanten Verstößen, insbesondere bei Vorfällen gemäß § 64 a BbgSchulG hat die Schule Strafanzeige zu erstatten.

Nach der Strafvorschrift des § 138 StGB (Nichtanzeige geplanter Straftaten) muss eine Anzeige erstattet werden, wenn von einem Vorhaben oder der Ausführung von Straftaten (wie z. B. Mord [§ 211], Totschlag [§ 212], Straftaten gegen die persönliche Freiheit [§ 232 Abs. 3 Satz 2, § 232a Abs. 3, 4 oder 5, § 232b Abs. 3 oder 4, § 233a Abs. 3 oder 4] oder einer gemeingefährlichen Straftat [in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, § 308 Abs. 1 bis 4, § 309 Abs. 1 bis 5, §§ 310, 313, 314 oder 315 Abs. 3, § 315b Abs. 3 oder §§ 316a oder 316c des Strafgesetzbuches) zu einer Zeit erfahren wird, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann. Wer dies glaubhaft erfährt und es unterlässt, der Behörde oder dem Bedrohten rechtzeitig Anzeige zu machen, macht sich strafbar.

2.6 Eine Strafanzeige kann grundsätzlich sowohl von der Schulleiterin bzw. dem Schulleiter als auch von der Leitung des zuständigen staatlichen Schulamtes gestellt werden. Ein Strafantrag kann von der verletzten oder der sonstigen antragsberechtigten Person gestellt werden. Bei Minderjährigen müssen den Antrag in der Regel beide Elternteile gemeinsam stellen. Ein Elternteil kann den anderen zur Antragstellung ermächtigen. Ist ein Elternteil alleinvertretungsberechtigt, so kann er den Antrag allein stellen.

Die Anzeige oder der Antrag wird nicht in der Eigenschaft als Privatperson gestellt, sondern in Ausübung der dienstlichen Verantwortung und unter Angabe der Dienstanschrift. Bei der Angabe der Adresse der Geschädigten oder der Zeugen sollte ebenso grundsätzlich die Schule als Adresse für eventuelle Zeugenvorladungen angegeben werden.

3. Grundsätzliche Aufgaben und Handeln der Schule bei Vorfällen

3.1 Die Schule ist dafür verantwortlich, dass die notwendigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr getroffen und Hilfen zur Konfliktbewältigung geleistet werden. Die Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen, die gemäß den Vorschriften der §§ 63 und 64 des Brandenburgischen Schulgesetzes in Verbindung mit der Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmenverordnung (EOMV) ggf. einzuleiten sind, sind als soziale Konsequenz aus dem Fehlverhalten der Verursacherin bzw. des Verursachers zu verstehen. Auf das Verbot verfassungsfeindlicher Handlungen gemäß § 64a des Brandenburgischen Schulgesetzes wird insoweit Bezug genommen.

3.2 Jede Lehrkraft ist verpflichtet, sofort zu handeln und die Schulleitung zu informieren, wenn ihnen Vorfälle gemäß Nr. 2 bekannt werden. Dies betrifft Vorfälle, die sowohl von den Schülerinnen und Schülern als auch von Lehrkräften und oder Schulleitungen am Standort Schule ausgehen. In den Anlagen 1 und 2 zu diesem Rundschreiben sind entsprechende Handlungsschritte vorgegeben. Handelt es sich bei der verursachenden erwachsenen Person um sonstiges schulisches Personal (z B. Schulbegleiterinnen und -begleiter, Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter, Sekretärin/Sekretär, Hausmeisterin/Hausmeister, etc.) so sind deren unmittelbaren Dienstvorgesetzten von diesem Vorfall zu unterrichten.

3.3 Im Fall meldepflichtiger Vorfälle gemäß Meldegrad 2 (siehe Nr. 2) ist umgehend eine Eintragung durch eine Lehrkraft in weBBschule oder durch die Schulleitung in ZENSOS auf Grundlage des Meldebogens vorzunehmen und durch die Schulleitung an die zuständige untere Schulaufsicht sowie das MBJS zu übersenden. Diese Vorgehensweise gewährleistet eine umfassende und effiziente Koordination sowie eine angemessene Reaktion auf die Geschehnisse.

Die Meldung über Vorfälle gemäß Meldegrad 1 ist innerhalb von 24 Stunden vorzunehmen. Diese sind ebenso durch eine Lehrkraft in weBBschule oder durch die Schulleitung in ZENSOS mittels des dort hinterlegten Meldebogens auszufüllen und durch die Schulleitung an die zuständige untere Schulaufsicht zu übersenden.

3.4 Bei einem Notfall, darunter fallen gefährliche Körperverletzungen, Amokläufe, Massenunfälle, Katastrophen und Schulunfälle, ist sofort die Unfallkasse Brandenburg zu informieren. Die Notfallrufnummer ist den Schulen bekannt und dort hinterlegt. Aus Sicherheitsgründen darf die Notfallrufnummer nicht öffentlich zugänglich gemacht werden.

3.5 Bei Vorfällen sind folgende Sofort-Maßnahmen durch die Lehrkräfte der Schule einzuleiten:

  1. Unterbindung der Auseinandersetzung, einschließlich sofortiger Grenzsetzung und Deeskalation (Distanz zwischen den Konfliktpartnern) unter Beachtung der Eigensicherung

  2. ggf. Hilfe von Dritten hinzuziehen (stehen mehrere Helfende zur Verfügung sollte eine koordinierende Person benannt werden, um einen reibungslosen Ablauf gewährleisten zu können)

  3. Unterstützung und Versorgung bei Verletzung, ggf. ärztliche Behandlung

  4. umgehende Information an die Schulleitung

  5. im Falle unmittelbarer Gefahr für Leib und/oder Leben: Notruf Polizei unter 110 oder Notruf Feuerwehr unter 112

  6. bei Notfällen gemäß Nr. 3.4 sofortige Meldung an die Unfallkasse Brandenburg

  7. Sicherung von Fakten, die für die weitere Aufarbeitung des Vorfalls erforderlich sind (z. B. Fotos von Symbolen oder Schriftstücken)

  8. Benachrichtigung der Personensorgeberechtigten bzw. Erziehungsberechtigten der betroffenen Schülerinnen und Schüler bei Minderjährigen (Betroffene bzw. Betroffener, Verursachende bzw. Verursacher)

  9. Meldung des Vorfalls mittels Meldebogen gemäß Nr. 3.3.

3.6 Nach Abschluss der Sofort-Maßnahmen sind durch die Schulleitung Entscheidungen über weitere Maßnahmen und die pädagogische Aufarbeitung zu treffen. Diese

  1. prüft und wägt mit anderen Verantwortlichen die aktuelle Gefährdungslage ab

  2. entscheidet über den weiteren Handlungs- und Unterstützungsbedarf

  3. entscheidet über Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Vorfall

  4. prüft innerhalb der 24 Stunden den durch die Lehrkraft erstellten Meldebogen auf Richtigkeit und Vollständigkeit, zeichnet den Meldebogen ab und sendet ihn an die untere Schulaufsicht 

  5. veranlasst die bezogene Aufarbeitung in den schulischen Mitwirkungsgremien

  6. sorgt für eine fachgerechte Dokumentation zum Vorfall bzw. Ereignis und schließt den Vorfall, ggf. in Absprache mit der zuständigen unteren Schulaufsicht, ab

  7. informiert den Schulträger bei Einbruch, Diebstahl, Sachschäden, Sachbeschädigungen, Brandstiftung.

Kann ein Vorfall nicht durch die Schulleitung abschließend eingeschätzt werden, sind die untere Schulaufsicht, die Polizei, das Jugendamt (je nach Vorfall) und bei presse- und öffentlichkeitswirksamen Vorfällen die Pressestelle des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport in Absprache mit der Leitung des zuständigen staatlichen Schulamtes hinzuzuziehen. Die Kontaktdaten sind der Anlage 4 zu entnehmen.

4. Digitales Meldeverfahren

Die Unterscheidung der Vorfälle in Meldegrad 1 und Meldegrad 2 definiert den grundlegenden Meldeweg, der regelt, wer welche Meldungen erhält oder einsehen kann. Das Meldeverfahren erfolgt über ein digitales Tool in weBBschule und/oder ZENSOS.

Der Meldeweg beginnt mit einem meldepflichtigen Vorfall in der Schule. Nach abschließender Dokumentation des Vorfalls erfolgt auf Basis der erfassten Daten eine automatische Klassifikation der Meldung in die zwei Meldegrade 1 und 2, um den Adressaten der Meldung festzulegen. Auf Ebene der Schule muss anhand festgelegter Kriterien der Meldeschwelle entschieden werden, ob nach einem Vorfall eine Meldung erfolgen muss oder nicht. Wird eine Meldung vorgenommen, erfolgt mithilfe des digitalen Meldetools und unter Berücksichtigung der eingegebenen Kriterien eine automatische Zuordnung der Meldung zu einem der beiden Meldegrade, wodurch zugleich auch der entsprechende Meldeweg bestimmt wird. Auf Ebene der staatlichen Schulämter kann bei Meldungen, die vorerst dem 1. Grad zugeordnet wurden, nachträglich eine manuelle Zuordnung zum 2. Grad und anschließende Weiterleitung an das MBJS erfolgen. Das MBJS kann nach Erhalt einer Meldung oder sonstiger Information über einen (Gewalt-)Vorfall auf das zuständige staatliche Schulamt zugehen (ebenso das staatliche Schulamt auf die Schule), um Rückfragen zu klären und die Informationslage ggf. zu vervollständigen.

Sie haben im Rahmen des Meldewegs die Entscheidungsverantwortung, ob eine Meldung 1. Grades manuell an das MBJS weitergeleitet werden soll. Dies kann dann erforderlich sein, wenn die Einordnung als Meldung 2. Grades korrigiert werden muss (z. B. aufgrund fehlerhafter Dokumentation der Schule oder abweichender Einschätzung des staatlichen Schulamtes) oder wenn aus Sicht des staatlichen Schulamtes besondere Gründe für eine Information an das MBJS sprechen. Den staatlichen Schulämtern wird somit im Meldeweg die Möglichkeit eingeräumt, die Einschätzung der Schule bzw. des digitalen Melde-Tools zu „überschreiben“. Hierfür werden keine Kriterien vorgegeben. Vielmehr soll die Beurteilungs- und Entscheidungskompetenz sowie Erfahrung der staatlichen Schulämter als untere Schulaufsichtsbehörden genutzt werden.

Innerhalb der staatlichen Schulämter sind bei der Bearbeitung und Bewertung von Meldungen die jeweiligen Rechtsstellen mit einzubeziehen, die den Prozess bei der Sachverhaltsaufklärung sowie
-darstellung unterstützen

  • sobald die Polizei eingeschaltet und das Verfahren an die Staatsanwaltschaft weiter abgegeben wird

  • bei allen (Gewalt-)Vorfällen, bei der eine Lehrkraft die auslösende Person der Tat ist (Verursacherin/Verursacher) und

  • bei allen dienst-/arbeitsrechtlichen Fragestellungen sowie bei Ordnungsmaßnahmen.

5. Meldekette unter Beachtung des Datenschutzes

    In Schulen und in der Schulverwaltung werden zur Erledigung dienstlicher Aufgaben personenbezogene Daten insbesondere von Schülerinnen und Schülern, Sorgeberechtigten und Lehrkräften verarbeitet. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist in der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO), im Brandenburgischen Datenschutzgesetz sowie in weiteren Vorschriften, z. B. im Brandenburgischen Schulgesetz oder der Datenschutzverordnung Schulwesen geregelt. Die Broschüre „Hinweise zur Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung, Handreichung für Schulen in öffentlicher Trägerschaft“ unterstützt ebenso bei der Beachtung der Vorschriften zum Datenschutz.

    Die Meldungen von Vorfällen nach diesem Rundschreiben unterliegen der Beachtung der Vorschriften nach der EU-DSGVO. Diese sind mittels des Meldebogens ab Inkrafttreten dieses Rundschreibens nur in weBBschule/ZENSOS auszufüllen und durch die Schulleitung entsprechend freizugeben.

    Beim Ausfüllen der Meldebögen ist dafür Sorge zu tragen, dass sowohl in der Darstellung des Vorfalls (Nr. 5 im Meldebogen) als auch in ggf. mit angefügten Beiblättern (z. B. Stellungnahme der beteiligten Personen zum Vorfall) der Datenschutz eingehalten wird. Das bedeutet, dass keine Klarnamen und weitere Informationen, die eine Rückschlüsselung auf eine einzelne Person ermöglichen, anzugeben und zu verwenden sind. Die vollständigen Namen und ggf. weitere erforderliche Informationen werden seitens der zuständigen unteren Schulaufsicht oder der Schulpsychologie erst im Wege einer Bearbeitung des Vorfalls abgefragt.

    Des Weiteren ist der Datenschutz ebenso bei der Aufarbeitung und Dokumentation des Vorfalls zu beachten und einzuhalten.

    6. Schlussbestimmungen

    Die Thematik "Gewaltprävention und Umgang mit (Gewalt-)Vorfällen" ist einmal jährlich im Rahmen einer Schulkonferenz zu behandeln. Die Berichterstattung darüber, wann sich die Schulkonferenz mit diesem Thema befasst hat, ist in ZENSOS zu dokumentieren.

    7. Inkrafttreten

    Dieses Rundschreiben tritt am 01.09.2025 in Kraft und hebt gleichzeitig das Rundschreiben 09/21 "Hinsehen – Handeln – Helfen, Angst- und gewaltfrei leben und lernen in der Schule" vom 22. Juni 2021 auf.

    Anlagen

    Anlage 1: Handlungsschritte bei (Gewalt-)Vorfällen in der Schule
    Anlage 2: Handlungsschritte bei Vorfällen gem. § 64a BbgSchulG in der Schule
    Anlage 3: Pädagogische Ansprüche und pädagogisches Handeln sowie Begriffsdefinitionen
    Anlage 4: Ausgewählte Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner sowie Kontaktdaten; Hinweise und Unterstützung
    Anlage 5: Meldebogen der Schulen zu (Gewalt-)Vorfällen (nur online in weBBschule und ZENSOS abrufbar)

    Anlagen

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