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Richtlinie des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg zur Förderung von Maßnahmen zur Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie in der öffentlichen Abwasserbeseitigung (RiLi Abwasser/WRRL)

Richtlinie des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg zur Förderung von Maßnahmen zur Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie in der öffentlichen Abwasserbeseitigung (RiLi Abwasser/WRRL)
vom 9. Januar 2024
(ABl./24, [Nr. 3], S.42)

1 Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

Das Land gewährt Förderung auf Grundlage dieser Richtlinie sowie nach Maßgabe insbesondere folgender Regelungen in der jeweils geltenden Fassung:

  • §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung (LHO) sowie die zu diesen Regelungen erlassenen Verwaltungsvorschriften (VV/VVG);
  • Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG);
  • Brandenburgisches Wassergesetz (BbgWG).

Die Förderung richtet sich auf Investitionen im Bereich der kommunalen Abwasserbeseitigung, für die ein besonderes Landesinteresse im Sinne des § 23 LHO besteht. Das besondere Interesse liegt im Erreichen des guten Zustands beziehungsweise des guten Potenzials der Gewässer im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie1 (WRRL). Dementsprechend richten sich die förderfähigen Vorhaben vorrangig darauf, die Einträge von Nähr- und Schadstoffen in Gewässer weiter zu reduzieren. Die Förderung verfolgt das Ziel einer nachhaltigen Gewässerbewirtschaftung gemäß § 6 WHG und dient der Erfüllung wasserwirtschaftlich vorrangiger Aufgaben des Landes im Sinne der §§ 27 ff., 82 bis 84 WHG.

Ein Rechtsanspruch der oder des Antragstellenden auf die Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Vielmehr entscheidet die Bewilligungsstelle aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2 Gegenstand der Förderung

2.1 Ertüchtigung im Sinne eines technischen Ausbaus (Aufrüstung) von Kläranlagen zum verbesserten Rückhalt von Stickstoff, Phosphor und organischen Frachten zum Beispiel durch

  • eine zusätzliche Denitrifikationsstufe,
  • Phosphatfällung oder Phosphatflockung,
  • Anpassungen der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik oder
  • Umbau oder Nachrüstung einzelner verfahrenstechnischer Elemente von Kläranlagen.

2.2 Kapazitätserweiterung von Kläranlagen, sofern hierbei zugleich deren Nährstoffrückhalt dauerhaft verbessert wird.

2.3 Neubau von Kläranlagen, wenn

  1. die behördlich angeforderte Verbesserung des Nährstoffrückhalts an einer bestehenden Kläranlage im baulichen Zustand oder aus verfahrenstechnischen Gründen nicht möglich ist oder unwirtschaftlich wäre oder
  2. dies für eine dauerhaft ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung erforderlich ist und hierfür keine zumutbaren Alternativen bestehen.

2.4 Herstellung einer Überleitung von Abwasser auf eine Kläranlage mit höherem Nährstoffrückhalt, wenn

  1. die bestehende Kläranlage stillgelegt wird oder
  2. die Abwasserüberleitung für eine dauerhaft ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung erforderlich ist und hierfür keine zumutbaren Alternativen bestehen.

Die Vorhaben nach Nummer 2.4 sind nur dann förderfähig, wenn sich die Gesamtlösung zugleich auch als die wirtschaftlich günstigste Variante erweist. Rückbaumaßnahmen sind in diesem Zusammenhang förderfähig.

2.5 Neubau von Ausgleichsbecken auf Kläranlagen.

2.6 Neubau oder Sanierung von Anlagen zur Behandlung von Niederschlagswasserabflüssen aus dem Trennsystem, sofern

  1. die Niederschlagswasserabflüsse von mindestens 2 Hektar der Flächengruppe V3 oder mindestens 5 Hektar der Flächengruppe V2 gemäß Anhang A des Arbeitsblatts DWA-A 102-22 stammen oder
  2. die Anforderungen zum Stoffrückhalt immissionsbezogen anhand des Merkblatts DWA-M 102-33 ermittelt wurden oder
  3. die Niederschlagswasserbehandlung mit einem Retentionsbodenfilter vorgenommen wird.

Bei Vorhaben nach Nummer 2.1 oder Nummer 2.2 sind Sanierungsmaßnahmen nur in dem Umfang förderfähig, in dem sie zur Umsetzung des Vorhabens unabdingbar sind. Verfahrenstechnisch beziehungsweise technologisch zusammengehörige Komponenten werden hierbei als eine Einheit betrachtet.

3 Zuwendungsempfangende

Zur Antragstellung berechtigt sind die Aufgabenträger der öffentlichen Abwasserbeseitigung im Land Brandenburg.

4 Zuwendungsvoraussetzungen

4.1 Eine Zuwendung kann nur gewährt werden, wenn

  • eine vorliegende wasserrechtliche Zulassung oder Sanierungsanordnung beziehungsweise Ordnungsverfügung die Reduzierung von Stoffeinträgen in die Gewässer verlangt und
  • das zu fördernde Vorhaben zu deren Umsetzung erforderlich ist.

Für Vorhaben gemäß Nummer 2.3 Buchstabe b hat anstelle dessen die zuständige Wasserbehörde das Erfordernis gemäß § 66 Absatz 1 Satz 3 BbgWG festzustellen und zu bescheinigen.

4.2 Mit dem Antrag sind alle notwendigen fachtechnischen Stellungnahmen nachzuweisen.

4.3 Mit dem Antrag sind die Genehmigungsplanungen und die in diesem Zusammenhang notwendigen behördlichen Zulassungen nachzuweisen. Liegen Letztere zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht vollständig vor, so ist nachzuweisen, dass die jeweils zuständige Behörde diese in Aussicht gestellt hat (positive Genehmigungsprognose).

4.4 Bestehen mehrere Alternativen zur Umsetzung des Vorhabens, ist die optimale Variante mittels dynamischer Kostenvergleichsrechnungen4 zu ermitteln. Eine Erklärung hierzu ist dem Förderantrag beizulegen. Es wird nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gefördert (siehe VV zu § 7 LHO).

4.5 Im Zuge der Prüfung des Antrages holt die Bewilligungsstelle das fachliche Votum des Richtliniengebers (Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz - MLUK) zum Antragsgegenstand ein.

5 Art, Umfang und Höhe der Zuwendung

5.1 Zuwendungsart: Projektförderung

5.2 Finanzierungsart: Anteilfinanzierung

5.3 Form der Zuwendung: Zuweisung/Zuschuss

5.4 Bemessungsgrundlage

5.4.1 Förderfähige Kosten

Förderfähig sind diejenigen investiven Kosten, die zur Umsetzung des zu fördernden Vorhabens erforderlich sind.

5.4.2 Zuwendungshöhe

Der Fördersatz bei Vorhaben gemäß den Nummern 2.1 bis 2.5 richtet sich nach der Ausbaugröße der kommunalen Kläranlage (in EW)5, an der das Vorhaben durchgeführt werden soll. Der Fördersatz beträgt regelmäßig:

  • 80 Prozent der förderfähigen Kosten bei Kläranlagen unter 10 000 EW;
  • 70 Prozent der förderfähigen Kosten bei Kläranlagen von 10 000 EW bis 49 999 EW;
  • 60 Prozent der förderfähigen Kosten bei Kläranlagen von 50 000 EW bis 99 999 EW;
  • 50 Prozent der förderfähigen Kosten bei Kläranlagen ab 100 000 EW.

Bei Vorhaben gemäß Nummer 2.4 ist die Größenklasse derjenigen Anlage maßgebend, auf die das Abwasser aufgeleitet wird.

Der Fördersatz bei Vorhaben gemäß Nummer 2.6 beträgt 60 Prozent der förderfähigen Kosten.

Die Obergrenze von Zuwendungen beträgt 500 000 Euro. Diese Obergrenze gilt nicht für Vorhaben gemäß Nummer 2.3.

5.4.3 Bagatellgrenze

Es können nur Zuwendungen bewilligt werden, die mindestens 50 000 Euro betragen (Bagatellgrenze).

5.4.4 Nicht förderfähige Ausgaben

Nicht gefördert werden Ausgaben für:

  • Straßen- und Wegebau, soweit er nicht der unmittelbaren Erfüllung des zu fördernden Vorhabens dient oder nicht zur Wiederherstellung des alten Zustandes erforderlich ist;
  • Kostenbeteiligung für Straßen- und Wegebau im Zusammenhang mit deren grundhaftem Ausbau oder Neubau;
  • Instandhaltung von Gebäuden;
  • Betrieb, Unterhaltung und Reparatur von Maschinen und Anlagen;
  • Außenanlagen und Sicherungsmaßnahmen, sofern sie nicht zur unmittelbaren Durchführung des zu fördernden Vorhabens erforderlich sind;
  • Beschaffung von Kraftfahrzeugen und Geräten;
  • Grunderwerbskosten und Grunderwerbsnebenkosten;
  • Leistungen auf der Grundlage von pauschalen Verträgen beziehungsweise pauschalen Leistungsangeboten;
  • Eigenleistungen;
  • Leistungen gemäß der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI-Leistungen), Vermessung und Bestandsdokumentation;
  • Finanzierungskosten;
  • Leistungen, die in Form neuer Kostenpositionen nach Erteilung des Zuwendungsbescheides anfallen.

6 Sonstige Zuwendungsbestimmungen

6.1 Die Zuwendung kann an Dritte weitergeleitet werden, sofern sich die Zuwendungsempfangenden dieser zur Aufgabenwahrnehmung unmittelbar bedienen. Die Weiterleitung an die Letztempfangenden kann auf dem öffentlich-rechtlichen oder dem privatrechtlichen Wege erfolgen.

6.2 Die Zuwendung kann widerrufen werden, wenn die geförderten

  • Grundstücke, Bauten und baulichen Anlagen innerhalb von zwölf Jahren ab Fertigstellung,
  • technischen Einrichtungen, Maschinen und Geräte innerhalb von fünf Jahren ab Lieferung an die oder den Zuwendungsempfangenden

veräußert oder nicht mehr dem Zuwendungszweck entsprechend verwendet werden.

6.3 Der Landesrechnungshof, das Fachministerium, deren beauftragte Dritte und alle an der Zuwendung beteiligten öffentlichen Mittelgebenden sind berechtigt, bei den Zuwendungsempfangenden - und wenn Mittel an Dritte weitergeleitet wurden, auch bei diesen - zu prüfen.

6.4 In Bezug auf die Anwendung der vergaberechtlichen Vorschriften gelten die einschlägigen Festlegungen in den Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) beziehungsweise den Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden (ANBest-G) gemäß § 44 LHO in Verbindung mit § 55 LHO.

7 Verfahren

7.1 Antragsverfahren

Die Anträge für Vorhaben sind formgebunden (Vordrucke der Bewilligungsstelle) und vollständig über das ILB-Kundenportal bei der Bewilligungsstelle einzureichen. Mit dem Antrag sind alle notwendigen behördlichen Zulassungen und fachtechnischen Stellungnahmen nachzuweisen. Die Antragsunterlagen inklusive der dazugehörigen Vordrucke, Erklärungen und Hinweise werden von der Bewilligungsstelle bereitgestellt.

Die Anträge können fortlaufend über das ILB-Kundenportal eingereicht werden. Die Bearbeitung erfolgt in der Reihenfolge des Vorliegens der vollständigen Antragsunterlagen.

Zuwendungen zur Projektförderung dürfen nur für solche Vorhaben bewilligt werden, die noch nicht begonnen worden sind. Soweit mit der Antragstellung zugleich auch ein vorzeitiger Vorhabenbeginn beantragt wurde, dürfen die Antragstellenden mit der Durchführung der beantragten Vorhaben beginnen, sobald ihnen die Eingangsbestätigung des Antrages von der Bewilligungsstelle vorliegt. Aus der Zulassung des vorzeitigen Vorhabenbeginns leitet sich jedoch kein Anspruch auf eine Zuwendung ab. Dieser Vorhabenbeginn erfolgt auf eigenes Risiko des oder der Antragstellenden, da eine Zuwendung nur in Abhängigkeit der durchzuführenden Kontrollen und im Rahmen der bereitgestellten Haushaltsmittel gewährt werden kann.

Als Vorhabenbeginn gilt der Abschluss eines der Ausführung zugerechneten Lieferungs- oder Leistungsvertrages. Bei Baumaßnahmen gelten Planung, Baugrunduntersuchung, Grunderwerb und bauvorbereitende Maßnahmen (zum Beispiel Abbruch- und Planierarbeiten) nicht als Beginn des Vorhabens.

7.2 Bewilligungsverfahren

Bewilligungsstelle ist die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB).

Die Prüfung und Bewilligung der Anträge erfolgt in der Reihenfolge der Antragstellung. Maßgebend hierfür ist der Zeitpunkt, zu dem ein vollständiger und beurteilungsfähiger Antrag vorliegt. Die Bewilligungsstelle entscheidet aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

7.3 Anforderungs- und Auszahlungsverfahren

Die Zuwendungen dürfen nur soweit und nicht eher ausgezahlt werden, als sie voraussichtlich innerhalb von zwei Monaten nach Auszahlung für fällige Zahlungen im Rahmen des Zuwendungszwecks benötigt werden. Die Mittelanforderungen sind über das ILB-Kundenportal einzureichen.

Die Auszahlung der Mittel erfolgt im Vorschussprinzip gemäß Nummer 1.4 ANBest-P/ANBest-G zu § 44 LHO.

7.4 Verwendungsnachweisverfahren

Der Verwendungsnachweis ist über das ILB-Kundenportal gegenüber der Bewilligungsstelle zu erbringen. Er besteht aus einem Sachbericht und einem zahlenmäßigen Nachweis (inklusive tabellerarischer Belegliste). Die Bewilligungsstelle prüft den Verwendungsnachweis.

7.5 Zu beachtende Vorschriften

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten neben den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften die VVG zu § 44 LHO, soweit nicht in dieser Richtlinie Abweichungen zugelassen worden sind.

8 Geltungsdauer

Diese Richtlinie tritt am 1. Januar 2024 in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 2025.


1 Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, umgesetzt in nationales Recht vor allem durch §§ 27 ff., 48, 82 ff. WHG.

2 Arbeitsblatt DWA-A 102-2 - Grundsätze zur Bewirtschaftung und Behandlung von Regenwetterabflüssen zur Einleitung in Oberflächengewässer - Teil 2: Emissionsbezogene Bewertungen und Regelungen (in der jeweils aktuellen Fassung).

3 Merkblatt DWA-M 102-3 - Grundsätze zur Bewirtschaftung und Behandlung von Regenwetterabflüssen zur Einleitung in Oberflächengewässer - Teil 3: Immissionsbezogene Bewertungen und Regelungen (in der jeweils aktuellen Fassung).

4 Siehe hierzu die „Leitlinien zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen“ der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) in der jeweils geltenden Fassung.

5 Die Ausbaugröße bezieht sich auf die Einwohnerwerte (EW), das heißt die organisch-biologisch abbaubare Belastung, die einem biochemischen Sauerstoffbedarf in fünf Tagen (BSB5) von 60 Gramm Sauerstoff pro Tag entspricht.