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Runderlass zur Durchführung des Landesaufnahmegesetzes zur vorläufigen Unterbringung von Aussiedlern und jüdischen Emigranten vom 25.6.1996 und 01.07.1998

Runderlass zur Durchführung des Landesaufnahmegesetzes zur vorläufigen Unterbringung von Aussiedlern und jüdischen Emigranten vom 25.6.1996 und 01.07.1998
vom 25. Juni 1996

Integration von Spätaussiedlern und jüdischen Emigranten

Meine o. g. Regelungen zur vorläufigen Unterbringung, zur sozialen Betreuung und zu Ansiedlungsschwerpunkten ergänze ich aus aktuellem Anlass im Einzelnen wie folgt:

  1. Vorläufige Unterbringung

    Wie in meinem Runderlass vom 01.07.1998 dargestellt, ist die vorläufige Unterbringung in Übergangswohnheimen eine Maßnahme, die der Vermeidung von Obdachlosigkeit dient. Auch wenn der Zugang zu den Spätaussiedlern und jüdischen Emigranten bei Unterbringung in Übergangswohnheimen für Informations- und Betreuungsmaßnahmen erleichtert ist, dient doch die vorläu­fige Unterbringung selbst nicht der Integration. Sie erschwert eine Integration in den Wohnungsmarkt, fördert Unselbständigkeit und Abhängigkeit der Betrof­fenen, isoliert sie von der einheimischen Bevölkerung und wirkt damit gerade zu Beginn des Integrationsprozesses kontraproduktiv für die notwendige rasche Integration.

    Soweit nach § 4 Abs. 1 LAufnG eine vorläufige Unterbringung nur dann zulässig ist, wenn eine Versorgung mit geeignetem Wohnraum nicht möglich ist, sind bei der Beurteilung der Geeignetheit vorhandenen Wohnraums im wesentlichen folgende Kriterien zu beachten:

    • zumutbarer Zustand der Wohnung
    • passende Größe der Wohnung
    • angemessener, d. h. den jeweiligen Richtwerten entsprechender Mietpreis
    • Sozialverträglichkeit im Hinblick auf das Wohnumfeld

    Im Übrigen kann auch dort, wo eine Versorgung mit Wohnraum grundsätzlich möglich ist, übergangsweise für kurze Zeit bis zur Bereitstellung einer passen­den Wohnung eine vorläufige Unterbringung notwendig sein.

  1. Schwerpunktansiedlungen, Sozialverträglichkeit

    Im Hinblick auf die Sozialverträglichkeit von Schwerpunktansiedlungen von Spätaussiedlern weise ich darauf hin, dass auch im Land Brandenburg Bei­spiele zeigen, dass die Ansiedlung auch von mehreren Hundert Spätaussiedlern in einem Wohnbereich keineswegs mit einer Ghettobildung gleichzusetzen ist, sondern durchaus der Integration dienen kann. Positive Effekte von Ansied­lungsschwerpunkten liegen insbesondere darin, dass

    • der für die Identität der Zuwanderer erforderliche innere Familien- und Gruppenzusammenhalt gefördert wird,
    • der Zugang für Betreuungsmaßnahmen erleichtert wird und
    • Integrationsmaßnahmen, insbesondere Sprachkurse u. a. aufgrund des größeren Bedarfs und der Nachfrage leichter realisiert werden können.

    Allerdings ist die mit Schwerpunktansiedlungen von Zuwanderern verbundene Gefahr sozialer Konflikte auch im Jugendbereich von Anfang an zu berücksich­tigen und negativen Entwicklungen ggf. frühzeitig zu begegnen. Ich wiederhole hierzu meine Empfehlung, neben einer adäquaten Schwerpunktsetzung bei der Jugendarbeit insbesondere regelmäßige Beratungen sowohl der beteiligten Ämter als auch Runde Tische mit allen beteiligten Behörden, wie des zustän­digen Arbeitsamtes, Bildungsträgern, Wohlfahrtsverbänden, Betreuungs- und Beratungsstellen u. a., durchzuführen. Dabei sollten unter Einbeziehung der Ämter und Gemeinden kommunale Kooperations- und Integrationsstrukturen weiterentwickelt werden. Zur Unterstützung dieser Aufgabe wird ab 1. Septem­ber 1998 das von mir geförderte Projekt “Entwicklung kommunaler Integra­tionsstrukturen (EKIS)” seine Arbeit aufnehmen. Wie bereits in der Klausurta­gung mit den Sozialämtern am 29./30. Juni 1998 und in der Sozialdezernentenbesprechung am 01. Juli 1998 vorgestellt, können Sie die Unterstützung des EKIS-Teams unter Leitung von Herrn Dr. Gabriel ab diesem Zeitpunkt in An­spruch nehmen. Ich gehe davon aus, daß das Team Ihnen jeweils bis zu 2 Monaten zur Verfügung stehen kann.

    Im Übrigen bitte ich Sie, mir weiterhin jeweils frühzeitig mitzuteilen, wo Ansiedlungsschwerpunkte von Spätaussiedlern oder jüdischen Emigranten entstehen.

  1. Soziale Betreuung

    Zum Inhalt der sozialen Betreuung verweise ich auf Nr. 1 meines Runderlasses vom 25. Juni 1996. Die Aussiedlerberatungsdienste sowie die überregionale Beratungsstelle für jüdische Emigranten in Potsdam haben schwerpunktmäßig gemeinwesenorientierte Sozialarbeit zu leisten. Die Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden sowie die Vernetzung mit den Regeldiensten und den bundesfinanzierten Beratungsstellen für Aussiedler sowie den zahlreichen ABM- bzw. SAM-Projekten sind unabdingbar, jedoch nach meiner Information noch immer defizitär. Eine kontinuierliche Begleitung und Qualitätskontrolle durch die Sozialämter ist daher zu gewährleisten. Bei der Qualitätskontrolle der Beratungsdienste bitte ich Sie insbesondere darauf zu achten, dass ent­sprechende konzeptionelle Grundlagen existieren. Die von einer Arbeitsgruppe der Wohlfahrtsverbände entwickelten “Aufgaben und Ziele der Sozialberatung für Aussiedler” können dabei als Arbeitsgrundlage verwendet werden (Anlage 1). Soweit keine Übergangswohnheime mehr existieren, muss dies bei den Betreuungskonzeptionen berücksichtigt werden. Insbesondere müssen dabei neue Zugangsmöglichkeiten zur Erreichung der Zielgruppe geschaffen werden. Dabei wird jedenfalls im laufenden Jahr keine Verbesserung der vorhandenen Betreuungsschlüssel möglich sein. Eine Effektivierung des vorhandenen Betreuungsnetzes durch verstärkte Kooperation der Träger ist auch deswegen geboten.

    Soweit bei den sozialen Betreuungsangeboten qualitative Defizite festzustellen sind, die nicht behoben werden können, bitte ich Sie, die Trägerschaft erneut auszuschreiben.

  1. Drittes Änderungsgesetz zum Wohnortzuweisungsgesetz

    Für Dritte Änderungsgesetz zum Wohnortzuweisungsgesetz vom 22. Dezem­ber 1997 liegt nunmehr eine aktualisierte Fassung der so genannten Eckpunkte des Bundesministeriums des Innern vor, die ich zu Ihrer Information beifüge (Anlage 2). Ich gehe davon aus, dass in den Fällen, in denen sich Spätaussied­ler während der Wohnortbindungsfrist unter Nachweis einer Wohnung und eines unterhaltssichernden Arbeitsverhältnisses bei einem Sozialamt “abmelden”, dies in der Regel akzeptiert wird. Ich weise darauf hin, dass es für eine solche “Abmeldung” keine gesetzliche Verpflichtung gibt und nach dem Wohn­ortzuweisungsgesetz Spätaussiedler den zugewiesenen Wohnort jederzeit verlassen können, um an einem anderen Ort Wohnsitz zu nehmen. Einge­schränkt ist nicht das Grundrecht der Freizügigkeit, sondern lediglich der Anspruch auf Sozialhilfe, der nur am zugewiesenen Wohnort besteht.

Sofern der örtliche Träger der Sozialhilfe an dem neuen Wohnort Sozialhilfe leistet, obwohl nach § 3 a Abs. 1 Satz 2 in der Regel nur die nach den Um­ständen unabweisbar gebotene Hilfe zu leisten ist, empfehle ich, vor einer Rückübernahme des Sozialhilfeempfängers an den zugewiesenen Wohnort ggf. in Absprache mit dem anderen Träger der Sozialhilfe die Möglichkeit der in § 3 b WoZuG vorgesehene Kostenerstattung zu prüfen. Im Übrigen bleibt abzuwarten, ob der Bundesgesetzgeber die bis zum Jahr 2000 befristete Geltung des Wohnortzuweisungsgesetzes erneut verlängert.