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Richtlinien zur Erstellung von Katastrophenschutzplänen (Runderlass III Nr. 17/1995)

Richtlinien zur Erstellung von Katastrophenschutzplänen (Runderlass III Nr. 17/1995)
vom 16. Juni 1995

Der Entwurf des Katastrophenschutzgesetzes des Landes Brandenburg (KatSG Bbg) verpflichtet im § 10 die Katastrophenschutzbehörden zur umfassenden Vorbereitung für eine rechtzeitige und wirkungsvolle Katastrophenabwehr. Diese Aussage wird unter anderem durch den § 12 „Katastrophenschutzpläne“ präzisiert:

„Die Katastrophenschutzbehörden haben Katastrophenschutzpläne sowie ereignisbezogene und erforderlichenfalls objektbezogene Sonderpläne zu erstellen und fortzuschreiben. In den Plänen sind vor allem das Alarmierungsverfahren, die Vorbereitungsmaßnahmen und alle für die Katastrophenhilfe in Betracht kommenden Behörden, Einheiten und Einrichtungen sowie sonstigen Organisationen auszuweisen.“

Da die Verabschiedung des KatSG Bbg voraussichtlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, die Fachaufgaben jedoch schon jetzt wahrgenommen werden müssen, ist der Erlass von einheitlichen Richtlinien zur Erstellung von Katastrophenschutzplänen dringend notwendig.

Nachfolgend wird für Landkreise und kreisfreie Städte der Aufbau und - beispielhaft - der Inhalt eines Katastrophenschutzplanes (KatS-Plan) dargestellt. Während am Aufbau festgehalten werden sollte, kann die inhaltliche Ausgestaltung im Einzelfall variieren. Grundsätzlich ist immer das spezielle Gefahrenpotential/ die Besonderheiten des Landkreises/der kreisfreien Stadt zu berücksichtigen.

Ein Exemplar des nach diesen Richtlinien aufgestellten KatS-Planes bitte ich mir spätestens bis zum 31.12.1995 zu übersenden.

Grundsatz: Der KatS-Plan an sich stellt ein allgemeines „Dach-Dokument“ dar. Er beinhaltet keinerlei Handlungsmaßnahmen. Diese sind ausschließlich Bestandteil der Sonderpläne.

Katastrophenschutzplan des Landkreises/der kreisfreien Stadt

0. Inhaltsverzeichnis und Stichwortregister

1. Allgemeines

Das Zuständigkeitsgebiet und besondere Gefahrenschwerpunkte sind zu beschreiben. Sämtliche Aussagen sollten kurz gehalten sein und graphisch dargestellt werden. Hierbei ist vorzugsweise Kartenmaterial 1 : 50.000 mit UTM-Gitter, erforderlichenfalls mit größerem Maßstab zu verwenden.

1.1 Geographische Lage

  • Flächengröße insgesamt in km2, Nord-Süd-/Ost-West-Ausdehnung
  • Lage im Bundesland, Nachbarkreise, Nachbarbundesländer, Staatsgrenzen
  • Besonderheiten in der geographischen Struktur, Höhendiagramme
  • Besonderheiten bei den klimatischen Verhältnissen (Temperatur, Niederschlag, Wind)

1.2 Bevölkerung

  • Einwohnerzahl insgesamt, Bevölkerungsdichte anhand der Verwaltungsstruktur
  • Ballungsgebiete bei der Ansiedlung fremdsprachiger Einwohner

1.3 Verwaltungsgliederung

  • Organigramm der Verwaltung des Landkreises/der kreisfreien Stadt
  • Gliederung des Zuständigkeitsgebietes in Ämter/ amtsfreie Gemeinden bzw. Stadtteile

1.4 Infrastruktur

  • Verkehrswege Straße, Schiene, Wasser, Luft jeweils mit Längenangabe

1.5 Gefahrenschwerpunkte bzw. besondere Schutzgebiete (nach territorialen Gegebenheiten)

  • Energieversorgung (Elektrizität, Gas, Öl, Kernkraft)
  • Waldbrandgefährdete Gebiete
  • Hochwassergefährdete Gebiete
  • Betriebe mit besonderem Gefahrenpotential (Chemie, Betrieb des Bergwesens, insbesondere Kohleaufbereitungs- und Veredlungsanlagen sowie Anlagen im Erdöl- und Erdgasbergbau, einschließlich Untergrundspeicher, etc.)
  • Militärbrachen mit besonderem Gefahrenpotential (militärische Altlasten wie Chemikalien, Übungskampfstoffe, Munition, etc.)
  • Verkehrsknotenpunkte (Flughäfen, Großbahnhöfe, Verkehrswege mit hohem Aufkommen an Gefahrguttransporten, etc.)
  • Schutzgebiete (Trinkwasser, Naturschutz, etc.)

2. Anschriften

Der Anschriftenteil hat den Charakter eines allgemeinen „Adressenverzeichnisses für Notfälle“. Er soll sämtliche, in jeder vorstellbaren Schadenslage, eventuell notwendigen Organisationen und Einrichtungen enthalten. Lediglich in Bezug auf die Mitglieder der Katastrophenschutzleitung stellt diese Auflistung einen Alarmierungsteil dar.

Alle Angaben sind mit Anschrift, Telefon, Telefax und ggf. weiteren Kommunikationsmöglichkeiten zu verzeichnen.

2.1 intern

  • Bereitschaftsdienst BS/KatS (falls vorhanden)
  • Kreisbrandmeister (KBM)/Stellvertreter
  • Leitender Arzt des Rettungsdienstbereiches und Leitender Notarzt/Stellvertreter (bzw. Bereitschaftsdienst)
  • Alarmierungsliste der Mitglieder der KatSL (inklusive Hinweisen zur Bereitstellung von Arbeitsräumen, Zugangssicherung, Betriebsmöglichkeit)
  • Verwaltung des Landkreises/der kreisfreien Stadt mit allen Dezernaten/Ämtern inkl. nachgeordneter Einrichtungen (z. B. Schulen, Bäder, Kitas, etc.)

2.2 extern

a) Landesebene

  • Ministerium des Innern des Landes Brandenburg, Ref. III/4 inklusive Bereitschaftsdienst (beinhaltet Anforderung Bundeswehr, BGS, Flugunternehmen, zentrale Lagerreserven, Spezialtechnik)
  • Lagezentrum MI (inkl. Anforderung Munitionsbergungsdienst und Anforderung der Durchsage von Warnungen an die Bevölkerung durch überregionale Medien)
  • MELF/Landesforstamt
  • MASGF, Ref. 44
  • MSWV (Verkehrswege-Aufsicht)
  • MUNR („ULIZ“)/LUA („ZBD“)
  • MWMT/OLB

b) regionale Ebene

  • Leitstellen benachbarter Landkreise/kreisfreier Städte
  • Polizei
  • Amt für Immissionsschutz
  • Amt für Forstwirtschaft
  • Technisches Hilfswerk
  • Träger der Straßenbaulast (Straßen-, Autobahnmeisterei)
  • Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt
  • Verteidigungsbezirkskommando/Beauftragter der Streitkräfte für regionale Aufgaben (BeaRegA)
  • Amt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik
  • Bergamt

c) kommunale Ebene

  • Ämter/amtsfreie Gemeinden inkl. nachgeordneter Einrichtungen

d) Unternehmen und Einrichtungen

  • private Hilfsorganisationen
  • Telekom
  • Deutsche Post AG
  • Deutsche Bahn AG
  • Energieversorgungsunternehmen
  • Be- und Entwässerungswerke
  • ÖPNV-Unternehmen
  • Bauunternehmen
  • Gesundheitseinrichtungen (z. B. Gesundheitszentren, niedergelassene Ärzte einschließlich Notdienste, Luftrettungsunternehmen, Apotheken Arzneimittelhersteller/-lager, Blutspendeeinrichtungen/-depots, etc.)
  • Rettungseinrichtungen des Bergbaus (z. B. Hauptstelle für das Grubenrettungswesen Leipzig)
  • Sport- und Bildungseinrichtungen (z. B. nichtöffentliche Turnhallen, Schwimmbäder, Schulen, Kindertagesstätten, etc.)
  • Kirchliche Ansprechpartner
  • Landwirtschaftliche Unternehmen
  • Entsorgungsunternehmen/Sondermülldeponien
  • Umweltschutzfachfirmen (z. B. Laboratorien)
  • Wetterdienst
  • Transportunternehmen/Speditionen (auch Gefahrguttransporte)
  • Bestattungsunternehmen
  • Dolmetscher
  • regionale Medien

3. Einsatzkräfte und -mittel

Die eigenen (im Zuständigkeitsbereich stationierten) Einsatzkräfte und -mittel sind unter Angabe des Standortes, der Ansprechpartner, der Ausstattung und insbesondere der Alarmierbarkeit anzugeben. Bei den jeweiligen Fachdiensten können auch vertraglich gebundene Firmen benannt werden. Sollte in benachbarten Landkreisen/kreisfreien Städten Spezialtechnik verfügbar sein, auf die erfahrungsgemäß in Ermangelung eigener vergleichbarer Technik häufiger zurückgegriffen werden muss, so kann auch diese (unter entsprechender Kennzeichnung) als „eigenes“ Einsatzmittel aufgeführt werden.

3.1 Fachdienst Führung/Fernmelde

  • ELW 1
  • ELW 2
  • Sondereinsatzgruppe Führung/Fernmelde (SEG-Fm) bzw. analog Führungseinheiten
    (Anmerkung: SEG-Fm befindet sich in Planung)
  • ELW 3 auf Anforderung bei MI

3.2 Fachdienst Brandschutz

  • Berufsfeuerwehr
  • sämtliche FF
  • Brandschutzeinheit (Einheitsführer und Organigramm)
  • Standorte Sonderfahrzeuge (RW, DL, Kran)

3.3 Fachdienst Bergung/Instandsetzung

  • technische Züge und Fachgruppen des THW

3.4 Fachdienst Umweltschutz

  • ABC-Komponenten des Bundes
  • GW-Mess
  • Messkoffer
  • GW-Gefahrgut (Ölsperre)

3.5 Fachdienst Sanitär

  • Rettungsdienst
  • SEG-San/T
  • SEG-Transport
  • Arzt-Komponenten des Bundes
  • Bereitstellung von medizinischem Hilfspersonal (z. B. Schwesternhelferinnen)

3.6 Fachdienst Betreuung

  • SEG-Betreuung
  • SEG-Versorgung
  • Notfallseelsorger

3.7 KatS-Lager

4. Sonderpläne

Für besondere Gefahrenlagen sind ereignis- bzw. objektbezogene Sonderpläne aufzustellen. Sie stellen eine Anlage zum Katastrophenschutzplan dar und sind, im Gegensatz zu diesem, Maßnahmenkataloge. Unter Berücksichtigung der im Zuständigkeitsbereich möglichen Schadensereignisse und der dem Einzelfall angemessenen Reaktion sind beispielhaft für folgende Ereignisse Sonderpläne aufzustellen:

  • Waldbrand
  • Hochwasser
  • Schadenslagen mit Massenanfall von Verletzten wie z. B. Massenkarambolagen, Flugzeugabstürze, Zugunglücke
  • Schadensfälle in Krankenhäusern, Altenheimen, Sanatorien (Evakuierungen)
  • Unfälle in Betrieben/Firmen mit besonderem Gefahrenpotential (speziell kerntechnische Anlagen, Chemie, Raffinerien, gentechnische Unternehmen, Betriebe des Bergwesens, insbesondere Kohleaufbereitungs- und Veredlungsanlagen sowie Anlagen im Erdöl- und Erdgasbergbau, einschließlich Untergrundspeicher)
  • Unfälle in Energieversorgungsanlagen und -leitungen (Mineralöl, Gas, Elektrizität)
  • Kampfmittelfunde/-beseitigung
  • Seuchen/Epidemien
  • Unwetterkatastrophen (Sturm, Schnee, Eis)
  • großflächige Gewässerverunreinigungen/Trinkwasserverschmutzungen
  • Unfälle beim Transport gefährlicher Stoffe und Güter

Die Sonderpläne sind nach folgendem Schema aufzubauen:

4.1 Kurzdarstellung der anzunehmenden Gefahr (inkl. Kartenmaterial)

4.2 Benennung der fachlich zuständigen Behörden und Einrichtungen sowie deren Alarmierung

4.3 Bekämpfungsmaßnahmen (soweit allgemein vorzugeben, jeweils flexibel unter Beachtung des konkreten Einzelfalls).

Hierbei sind insbesondere auch Aussagen über die Schaffung zusätzlicher Aufnahmekapazitäten zur medizinischen Betreuung Verletzter zu treffen.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass

  • Sonderpläne nach Einzelfallprüfung ggf. auch für solche Ereignisse in Nachbarländern erforderlich sein können, deren Auswirkungen das eigene Zuständigkeitsgebiet betreffen könnten (z. B. kerntechnischer Unfall im Lager Gorleben;
  • Katastrophenschutzpläne für friedensmäßige Schadenslagen die Grundlage für entsprechende Planungen im Bereich der zivilen Verteidigung bilden; insofern sie ggf. schon jetzt um verteidigungsfallrelevante Angaben ergänzt werden können.

gez. Dr. Muth