Suche

Suche innerhalb der Norm
Link zur Hilfe-Seite

Zulässigkeit der Aufnahme von Investitionskrediten für die Rückzahlung von Anschlussbeiträgen;
Auslegung von § 74 Abs. 1 BbgKVerf (Runderlass in kommunalen Angelegenheiten Nr. 1/2016)

Zulässigkeit der Aufnahme von Investitionskrediten für die Rückzahlung von Anschlussbeiträgen;
Auslegung von § 74 Abs. 1 BbgKVerf (Runderlass in kommunalen Angelegenheiten Nr. 1/2016)

vom 16. Februar 2016

Im Rahmen des 19. Erfahrungsaustausches der unteren Kommunalaufsichten am 27. Januar 2016 und durch schriftliche Anfrage einer unteren Kommunalaufsichtsbehörde ist angesichts der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 12.11.2015 (1 BvR 2961/14 und 1 BvR 3051/14) zum Anschlussbeitragsrecht im Hinblick auf die erforderliche kommunalaufsichtliche Genehmigung nach § 74 Abs. 2 Satz 1 BbgKVerf nochmals die Frage aufgeworfen worden, ob für die Finanzierung von Beitragsrückzahlungen seitens der Aufgabenträger die Aufnahme von Investitionskrediten in Frage kommt, da solche Kredite nach § 74 Abs. 1 Satz 1 BbgKVerf – unter der Voraussetzung des § 64 Abs. 3 BbgKVerf (andere Finanzierung nicht möglich oder wirtschaftlich unzweckmäßig) - nur für Investitionen, Investitionsförderungsmaßnahmen und zur Umschuldung aufgenommen werden können. Dabei wurde zum Teil die Auffassung vertreten, die Rückzahlung von Beiträgen stelle keine Investition und auch keine Umschuldung i. S. d. § 74 Abs. 1 Satz 1 BbgKVerf i. V. m. den begrifflichen Definitionen in § 2 KomHKV dar, so dass die Aufnahme (und damit auch die kommunalaufsichtliche Genehmigung) eines Investitionskredites für solche Zwecke generell ausscheide.

Zu dieser Fragestellung wurde bereits mit Rundschreiben  zur Altanschließerproblematik vom 13.10.2009 (GeschZ.: III/3.24 – 376- 10/20) dargelegt, dass es aus Sicht des Ministeriums des Innern und für Kommunales grundsätzlich vertretbar erscheint, die Rückzahlung vereinnahmter Beiträge über Investitionskredite zu finanzieren, soweit der Aufgabenträger nicht ausreichend über entsprechende liquide Mittel verfügt und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dem nicht entgegensteht. Wenngleich das vorgenannte Rundschreiben mit Blick auf die durch die o. g. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts obsolet gewordenen sonstigen Darlegungen inzwischen durch Rundschreiben vom 26.01.2016 (GeschZ.33-376-01) aufgehoben wurde, hat sich die oben genannte Rechtsauffassung des Ministeriums des Innern und für Kommunales im Ergebnis nicht geändert. Überdies war die vorgenannte grundsätzliche Entscheidung zur Auslegung des § 74 Abs. 1 Satz 1 BbgKVerf bereits in 2013 und 2014 Anlass für zwei entsprechende Einzelweisungen des Ministeriums des Innern gegenüber betroffenen Kommunalaufsichtsbehörden.

Die hierfür maßgebliche Rechtsauffassung beruht auf einer weiten – über die Begriffsdefinitionen des § 2 KomHKV in zulässiger Weise hinausgehenden – Auslegung des § 74 Abs. 1 Satz BbgKVerf. Kreditaufnahmen für Beitragsrückerstattungen stehen – unabhängig davon, ob die Rückzahlung aufgrund der o. g. Entscheidung des BVerfG erfolgt oder darüberhinausgehend zur Ermöglichung des reinen Gebührenmodells dient - im Zusammenhang zur Gesamtfinanzierung der leitungsgebundenen Wasserver- bzw. Abwasserentsorgungseinrichtung und damit in einem hinreichenden sachlichen Zusammenhang mit einer Investition, deren Finanzierung über das Gesamtsystem von Beiträgen und Gebühren auch noch nicht abgeschlossen ist. Die zur Erstattung anstehenden Beiträge dien(t)en dem Ersatz von Investitionsaufwand des Aufgabenträgers, so dass der Rückzahlung zudem die Funktion der faktischen Ablösung einer Zwischenfinanzierung im weiteren Sinne zugesprochen werden könnte.

Insoweit kann eine kommunalaufsichtliche Kreditgenehmigung nicht allein mit der Begründung verweigert werden, die mit dem Kredit zu finanzierende Rückzahlung von Anschlussbeiträgen erfülle die Tatbestandsvoraussetzungen des § 74 Abs. 1 Satz 1 BbgKVerf nicht und es läge daher kein Investitionskredit im Sinne dieser Vorschrift vor.

Die vorstehend dargestellte Rechtsauffassung des Ministeriums des Innern und für Kommunales als oberster Kommunalaufsichtsbehörde ist - zur Wahrung der Rechtseinheitlichkeit der aufsichtsrechtlichen Entscheidungen - verbindlich im Sinne des § 132 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 BbgKVerf in Verbindung mit §§ 11 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 LOG. Sie ist daher in aktuellen und künftigen Genehmigungsverfahren bei den Entscheidungen der unteren Kommunalaufsichtsbehörden zugrunde zu legen.

Dies entbindet die jeweils zuständige Kommunalaufsichtsbehörde nicht von der in jedem Einzelfall vorzunehmenden Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der Kreditaufnahme im Hinblick auf die Frage, ob bzw. in welcher Höhe die Kreditaufnahme unter dem Gesichtspunkt einer geordneten Haushaltswirtschaft zu erteilen oder zu versagen ist und inwieweit die entstehenden Kreditverpflichtungen mit der dauernden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Aufgabenträgers im Einklang stehen.