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Runderlass III Nr. 85/1994
Kommunalaufsichtliche Genehmigung nach § 90 Abs. 3 der Gemeindeordnung (GO)

Runderlass III Nr. 85/1994
Kommunalaufsichtliche Genehmigung nach § 90 Abs. 3 der Gemeindeordnung (GO)

vom 14. November 1994

Bezug: Meine Runderlasse III Nr. 19/1992, III Nr. 96/1992 und III Nr. 62/1994

In den o. g. Runderlassen wurden bereits umfangreiche Hinweise zu der Veräußerung kommunaler Vermögenswerte gegeben. In diesem Runderlass soll auf die Veräußerung von Sonderflächen eingegangen und bestimmte Vorgaben früherer Runderlasse konkretisiert bzw. modifiziert werden. Damit werden Sachverhalte aufgegriffen, die im Rahmen der durchgeführten kommunalaufsichtlichen Genehmigungsverfahren stetig zu Problemen geführt haben.

Gliederungsübersicht:

I. Grundsätzliches zu § 90 Abs. 1 Satz 2 GO - Veräußerung zum vollen Wert -
I.1. Abweichen vom Grundsatz der Veräußerung zum vollen Wert
I.1.1. Grundstücksveräußerungen zur Ansiedlung von Gewerbe- und Industriebetrieben.
I.1.2. Grundstücksveräußerungen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus
I.2. Grundsätzliches zu unentgeltlichen Übertragungen
I.3. Veräußerung von Sportplätzen
I.4. Veräußerung von Schlössern, Herrenhäusern und vergleichbaren Baulichkeiten
I.5. Grundstücksübertragungen an Eigengesellschaften in Form von Sacheinlagen

II. Erstellen von Verkehrswertgutachten - Gültigkeitsdauer

III. Bestandteile von Gemeindevertretungs- bzw. Kreistagsbeschlüssen bei Grundstücksveräußerungen

IV. Hinweis auf den bevorstehenden Erlass einer Freistellungsverordnung - Allgemeines

I.

Nach § 90 Abs. 1 Satz 2 der GO dürfen Gemeinden Vermögensgegenstände in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußern. Mit dieser Vorschrift soll in Verbindung mit den §§ 74 und 89 GO (vormals §§ 34 und 48 der Kommunalverfassung) die wirtschaftliche Haushaltsführung und der wertmäßige Bestand der Vermögenswerte sichergestellt werden.

Der volle Wert eines Vermögensgegenstandes ist in der Regel dessen Verkehrswert. Sollte jedoch nachweislich ein über den festgestellten Verkehrswert hinausgehendes Gebot für eine Liegenschaft vorliegen, reicht die alleinige Erfüllung der Veräußerungsvoraussetzung nach § 90 GO nicht mehr aus, um kommunalverfassungsrechtlich konformes Handeln der Gemeinden zu belegen. Hier ist der § 74 GO einschlägig, wonach die Gemeinden wirtschaftlich mit ihren Vermögenswerten umzugehen haben. Dazu gehört, dass bei Vorliegen eines höheren Gebotes für eine Liegenschaft dieses zunächst grundsätzlich den Zuschlag bekommen müsste. Wird ein geringeres Kaufgebot berücksichtigt, so ist dies ausführlich zu begründen. Mögliche Begründungen hierfür wären z. B. ein besseres Nutzungskonzept oder das Eingehen einer Verpflichtung zum Erhalt bzw. zur Schaffung von Arbeitsplätzen, sowie zu Investitionen in einer bestimmten Größenordnung.

Zur Erzielung des vollen Wertes ist es daher bei der Veräußerung von Liegenschaften, bei denen wegen ihrer Beschaffenheit und Lage vielfältiges Kaufinteresse bestehen könnte, dringend geboten, diese Liegenschaften ggf. bereits auf der Grundlage des Verkehrswertes in geeigneter Weise auszuschreiben. Die Ausschreibung einer Liegenschaft ist jedoch gesetzlich im Gegensatz beispielsweise zu der Vergabe von Leistungen (VOL/VOB) nicht vorgeschrieben. Sie ist aber hervorragend geeignet, den Nachweis des tatsächlich am Markt erzielbaren Preises zu erbringen. Das kann zum einen dazu führen, dass anstelle des ermittelten Verkehrswertes ein höherer Kaufpreis erzielt wird, andererseits kann seitens der Kommune gegenüber der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde bei einer Veräußerung unter dem Verkehrswert auch nachgewiesen werden, dass die Nachfrage von potentiellen Interessenten an der Liegenschaft derart gering war, dass der vom Gutachter ermittelte Verkehrswert im Rahmen der Kaufpreisverhandlungen nicht durchzusetzen war.

Für den nationalen Ausschreibungsraum bieten sich folgende Medien zur Veröffentlichung von Grundstücksangeboten an:

  1. Der Bundesanzeiger, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz
    Verlag: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln
  2. Überregionale Tageszeitungen
  3. Fachzeitschriften für den Grundstücksverkehr

I.1.

Vom Grundsatz der Veräußerung zum vollen Wert kann nur in besonderen Einzelfällen im Rahmen und zum Zwecke der Aufgabenerfüllung abgewichen werden. Dieses Abweichen kommt einer Subventionierung des zukünftigen Eigentümers gleich. An mögliche Subventionierungen muss daher ein strenger Maßstab angelegt werden, weil sie letztlich zunächst zu Lasten aller Gemeinde- oder Kreiseinwohner gehen. Insofern kann ein Abweichen vom Grundsatz der Veräußerung zum vollen Wert nur gebilligt werden, wenn einer Gemeinde bzw. einem Kreis umfangreiche Vorteile aus der Veräußerung erwachsen. Dabei muss seitens der Kommune bedacht werden, dass ein Veräußerung unter dem vollen Wert Forderungen weiterer Interessenten nach Subventionierungen unter Hinweis auf den Gleichheitsgrundsatz nach sich ziehen könnten. Die Gewährung von Subventionierungen kann somit für zukünftige Veräußerungen negative Folgewirkungen mit sich bringen. Zur weiteren Information werden nachfolgend einige Aussagen des OVG Lüneburg aus seinem Urteil vom 19.12.1985 - 2 OVG A 7/84/1 VG A 378/81 - aufgeführt (vgl. Thiele, Niedersächsische Gemeindeordnung, 3. Auflage, § 97, Anwendungsgrundsätze). Das Gericht hat u. a. festgestellt, dass

  • die Anerkennung einer Ausnahme von der Regel § 97 Abs. 1 Satz 2 NGO (der Veräußerung zum vollen Wert) umso größeren rechtlichen Bedenken begegnet, je stärker die Abweichung der Gegenleistung von dem Wert des zu veräußernden gemeindlichen Grundstücks zugunsten eines privaten Erwerbers ist. Hier stand nach dem der Klägerin bekannten Wertgutachten ein Preisnachlass in der Größenordnung von 40.000,- DM, also etwa einem Drittel des vollen Wertes des zu veräußernden Grundstücks, infrage. Darin lag eine erhebliche Vergünstigung für den Erwerber. Es musste davon ausgegangen werden, dass ihr Bekanntwerden von anderen Bürgern oder anderen auswärtigen Kaufinteressenten als Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) empfunden würde, wenn die Klägerin nicht bereit wäre, in anderen Fällen ähnlich großzügig zu verfahren.
  • Ausnahmen (von dem Grundsatz der Veräußerung zum vollen Wert) daher nur unter bestimmten Voraussetzungen in Betracht gezogen werden können (z. B. wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der von dem Erwerber beabsichtigten Nutzung besteht),
  • bei Unterschreitung des Verkehrswertes in der hier gegebenen Größenordnung der Spielraum der Kommunalaufsicht, von einer Beanstandung abzusehen, äußerst eingeschränkt ist, wenn sie sich nicht dem Vorwurf aussetzen will, klare Gebote des Gesetzgebers zu vernachlässigen.

I.1.1.

Bei der Veräußerung von Gewerbeflächen ist die Vorschrift des § 90 Abs. 1 Satz 2 GO - Veräußerung zum vollen Wert - ebenfalls grundsätzlich zu beachten und einzuhalten. Nur in besonderen Ausnahmefällen sind hier Abschläge vom Verkehrswert von bis zu 50 vom Hundert möglich. Auch hier müssen die Vorteile für die Kommune aus der verbilligten Veräußerung erkennbar sein und durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen abgesichert werden. Voraussetzung ist jedoch, dass die Hinweise, die ich in meinem Runderlass III Nr. 19/1992 vom 26.03.1992 unter "III." zu Veräußerungen unter dem vollem Wert gegeben habe, berücksichtigt werden. Dazu zählen insbesondere:

  1. Feststellung des Verkehrswertes
  2. Beschluss des für die Veräußerung zuständigen Organs nach § 35 Abs. 2 Nr. 19 GO bzw. § 29 Abs. 2 Nr. 18 der Landkreisordnung (LKrO) mit ausführlicher und nachvollziehbarer Begründung für die verbilligte Veräußerung.
  3. Haushaltstechnische Buchung des Mindererlöses nach den Prinzipien der Haushaltswahrheit und -klarheit (beispielsweise ist bei der verbilligten Veräußerung eines Gewerbegrundstückes auf der Einnahmeseite der volle Wert und auf der Ausgabeseite der verminderte Erlös als Zuschuss zu buchen).
  4. Sicherungsvereinbarungen für die vom Käufer zugesagten Baumaßnahmen und Investitionen.

Das bedeutet hier konkret, dass zur Verhinderung von Spekulationsgeschäften durch den Erwerber (z. B. die Weiterveräußerung des verbilligt erworbenen Grundstückes an einen Dritten) und zur Sicherung der zugesagten Investitionen (und Arbeitsplätze) im Kaufvertrag entsprechende verpflichtende Vereinbarungen zu treffen sind. Zur Sicherung des Rückübertragungsanspruchs bzw. des Anspruchs auf Zahlung des vollen Verkehrswertes (ggf. mit angemessener Kapitalverzinsung) ist eine Rückauflassungsvormerkung zugunsten der Kommune in das Grundbuch für die veräußerten Gewerbegrundstücke gemäß § 883 BGB einzutragen.

I.1.2.

Auch für Grundstücksveräußerungen zur Schaffung von Wohnraum gilt zunächst der allgemeine Grundsatz der Veräußerung zum vollen Wert. Jedoch werde ich zukünftig bei Grundstücksveräußerungen zur Verbesserung der Wohnbedingungen der Einwohner im Wege des privaten Bauens und des aus öffentlichen Haushalten geförderten Wohnungsbaus Abschläge vom Verkehrswert zulassen. Zur Durchführung des privaten Bauens und des mit Mitteln aus öffentlichen Haushalten des Bundes oder des Landes im 1. Förderweg geförderten sozialen Wohnungsbaus kann demnach der Veräußerungspreis den Verkehrswert um bis zu 40 vom Hundert unterschreiten.

Für den übrigen mit Mitteln aus öffentlichen Haushalten geförderten Wohnungsbau kann der Veräußerungspreis den Verkehrswert um bis zu 20 vom Hundert unterschreiten, wobei die volle Ausschöpfung des Absenkungsspielraumes in beiden Fällen einer besonderen Begründung bedarf.

Es muss jedoch sichergestellt sein, dass der gewährte Preisnachlass auch an die zukünftigen Bewohner/Mieter des geschaffenen Wohnraums weitergegeben wird und nicht zur Gewinnmaximierung des Investors/Bauträgers beiträgt.

Von den Möglichkeiten der Kaufpreisabsenkung, also dem Verzicht auf erzielbare Einnahmen, sollte aufgrund der schlechten kommunalen Finanzsituation nur beim Vorliegen besonderer Bedürftigkeit Gebrauch gemacht werden.

Zur Genehmigungsfähigkeit von Grundstücksveräußerungen zum Zwecke des privaten Bauens sind neben den o. g. allgemeinen weitere spezielle Voraussetzungen seitens der Kommunen zu erfüllen:

  1. Es ist ein Kriterienkatalog für die Vergabe verbilligter Grundstücke zu erstellen, mit dem eine möglichst gerechte Vergabepraxis erreicht werden kann. Die Vergabekriterien sollten vorrangig die familiären und finanziellen Verhältnisse der Wohnraumsuchenden berücksichtigen. Eine Übertragbarkeit auf vergleichbare Fälle muss gewährleistet sein.
  2. In den jeweiligen Kaufverträgen sind Vereinbarungen zu treffen, die das von der Gemeinde angestrebte Ziel, bestimmten Bevölkerungsgruppen preisgünstige Grundstücke zur eigenen Wohnnutzung anzubieten, sicherstellen. Dazu gehören eine Bauverpflichtung für den Erwerber und für einen bestimmten Zeitraum ein Wiederkaufsrecht (bis zu 10 Jahre) zugunsten der Gemeinde, damit das verbilligte Grundstück nicht auf dem freien Grundstücksmarkt zu erhöhten Preisen weiterveräußert werden kann.

    Auch hier ist in das Grundbuch des veräußerten Grundstückes eine Rückauflassungsvormerkung gemäß § 883 BGB einzutragen.

I.2.

Eine unentgeltliche Veräußerung von Vermögensgegenständen steht ebenfalls dem Grundsatz einer wirtschaftlichen Haushaltswirtschaft in der Regel entgegen. Deshalb gelten für derartige Veräußerungen besondere, strenge Voraussetzungen.

Eine unentgeltliche Veräußerung wäre ggf. dann zulässig, wenn dies zur Erfüllung oder Fortführung einer kommunalen Aufgabe (Selbstverwaltungs- oder Pflichtaufgabe) notwendigerweise erforderlich ist und kein potentieller Interessent bereit ist, einen Kaufpreis zu entrichten. In Zweifelsfällen ist ein Ausschreibungsverfahren durchzuführen.

In den Fällen einer unentgeltlichen Veräußerung sind Regelungen zu treffen, die den Rückfall der Vermögensgegenstände oder die Zahlung des Verkehrswertes nach Aufgabe der besonderen Nutzung sicherstellen. Der Verwendungszweck des Grundstückes ist durch die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch festzulegen. Zur Sicherung des Anspruches auf Rückübereignung oder des Anspruches auf Zahlung des Verkehrswertes zum Zeitpunkt der Nutzungsaufgabe ist im Grundbuch zugunsten der Kommune eine Rückauflassungsvormerkung gemäß § 883 BGB einzutragen.

In der Zeit von der ursprünglichen Übertragung bis zum Rückfall vom neuen Eigentümer nachweislich erbrachte wertverbessernde Maßnahmen sind - sofern die Mittel hierfür nicht von anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften wie z. B. Landes- und Bundesbehörden gewährt wurden - angemessen zu entschädigen. In diesem Zusammenhang verweise ich ausdrücklich auf die Hinweise zur Übertragung von sozialen Einrichtungen in meinem Runderlass III Nr. 62/1994.

Zulässig ist eine unentgeltliche Veräußerung grundsätzlich auch dann, wenn der Vermögensgegenstand für die Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben nicht mehr benötigt wird und für die Verwaltung und Unterhaltung des Vermögensgegenstandes fortlaufend Kosten anfallen, die den kommunalen Haushalt belasten. Die entsprechenden Nachweise sind bei der Beantragung der kommunalaufsichtlichen Genehmigung beizubringen.

Voraussetzung für die unentgeltliche Übertragung ist auch hier, dass die Erzielung eines Kaufpreises nicht möglich ist.

I.3

Die Veräußerung von Sportplätzen kann unter bestimmten, nachfolgend aufgeführten Voraussetzungen unentgeltlich erfolgen, wenn für die Liegenschaft - wie bereits unter "I.2." ausgeführt - kein Kaufpreis erzielbar ist. Auch hier ist jedoch in Zweifelsfällen (beispielsweise bei mehreren Kaufinteressenten) ein Ausschreibungsverfahren durchzuführen.

  1. Mit der Übertragung der Liegenschaft müssen sämtliche Kosten für die Unterhaltung, die Bewirtschaftung und Instandsetzung der Flächen und Anlagen sowie sämtliche Pflichten eines Grundstückseigentümers wie z. B. die Verkehrssicherungspflicht auf den Käufer (z. B. Sportverein) mitübergehen. Die Übertragung muss letztendlich zur Entlastung des kommunalen Haushaltes beitragen.
  2. Der Kommune ist eine angemessene kostenlose Nutzung der übertragenen Flächen und Anlagen, beispielsweise für den Schulsport, zu ermöglichen.
  3. Für den Fall der Aufgabe der Nutzung als Sportplatz (z. B. nach einer entsprechenden Änderung des Flächennutzungsplanes) sind entsprechende Sicherungsvereinbarungen für die Kommune zu treffen. Hierbei wird empfohlen, entweder den Rückfall der Liegenschaft oder die Zahlung des für die zukünftige Nutzung maßgeblichen Verkehrswertes zu vereinbaren. Die Ansprüche auf Rückübertragung bzw. Zahlung des Verkehrswertes sind mit einer Rückauflassungsvormerkung zu sichern.

    Zur Absicherung der Verwendung des Grundstückes als Sportplatz sollte auch hier eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen werden. Siehe hierzu die Ausführungen auf den Seiten 4 und 5 meines Runderlasses III Nr. 62/1994.

Am Rande sei bemerkt, dass Erfahrungen in der Grundstücksbewertung gezeigt haben, dass die Bodenpreise für nicht kommerziell genutzte Sportanlagen im allgemeinen aus den Werten originärer Agrarlandflächen (Ackerland) abgeleitet werden. Insofern dürfte der Bodenwert für derartige Sportplatzflächen im Land Brandenburg durchschnittlich unter 5,- DM/qm liegen.

Für aufstehende Gebäude, z. B. Gaststätten, ist im Rahmen der Grundstücksveräußerung grundsätzlich der Verkehrswert zu fordern. Dabei können jedoch in der Vergangenheit vom Sportverein nachweislich aus eigenen Mitteln erbrachte werthaltige Maßnahmen angemessen berücksichtigt werden, so dass der zu entrichtende Kaufpreis unter dem Verkehrswert für das Gebäude liegen kann.

Sollte an dem Grundstück beispielsweise zugunsten eines Sportvereins ein Erbbaurecht bestellt werden, so ist zu beachten, dass der Erbbauberechtigte beim Heimfall bzw. bei der Beendigung des Erbbaurechtes nach der Erbbaurechtsverordnung gegenüber dem Grundstückseigentümer grundsätzlich Vergütungs- oder Entschädigungsansprüche für die Bauwerke geltend machen kann. Es muss hierbei vertraglich abgesichert werden, dass der Erbbauberechtigte nur für Maßnahmen entschädigt wird, die vom ihm nach der Bestellung des Erbbaurechtes nachweislich aus eigenen Mitteln erbracht worden sind, also nicht durch direkte oder indirekte Zuschüsse und Fördermittel aus öffentlicher Hand finanziert wurden, und denen der Grundstückseigentümer zugestimmt hat.

I.4.

In der Genehmigungspraxis hat sich gezeigt, dass die Veräußerungen von Schlössern, Herrenhäusern und vergleichbarer Baulichkeiten immer wieder mit besonderen Problemen behaftet sind.

Ein Problem besteht darin, dass in weiten Teilen der Bevölkerung angenommen wird, dass derartige Immobilien einen unermesslichen Wert darstellen und folglich Kaufpreise in Millionenhöhe vereinbart werden müssten. Insofern stoßen Veräußerungen dieser Immobilien zu Kaufpreisen unterhalb der Millionengrenze auf großes Unverständnis und werden mit entsprechender Kritik begleitet.

Die Realität stimmt jedoch oftmals mit der allgemeinen Erwartungshaltung nicht überein.

Bei Schlössern und Herrenhäusern handelt es sich in den überwiegenden Fällen nicht um marktgängige Objekte. Aufgrund des in der Regel sehr hohen Sanierungsbedarfes und der kostenintensiven Umsetzung denkmalpflegerischer Maßnahmen ist das Interesse an Schlössern und Herrenhäusern meistens sehr gering. Die Ableitung des Verkehrswertes für diese Objekte aus dem ermittelten Sachwert und/oder Ertragswert ist daher in vielen Fällen nicht gesichert möglich. Bei der Veräußerung von Schlössern und Herrenhäusern empfehle ich daher dringend, nicht nur den Wert der Liegenschaften durch ein Verkehrswertgutachten feststellen zu lassen, sondern auch die Liegenschaften in geeigneter Weise, möglichst europaweit auszuschreiben, da in der Regel nur so der tatsächlich im Geschäftsverkehr zu erzielende Verkaufspreis feststellbar ist. Siehe hierzu die Ausführungen unter "I.".

Es wird darauf hingewiesen, dass nach § 24 Abs. 2 Denkmalschutzgesetz vom 22.07.1991 (GVBl. S. 311) der Eigentümer bei der Veräußerung eines Denkmals verpflichtet ist, den Käufer auf den bestehenden Schutz hinzuweisen und unverzüglich der unteren Denkmalschutzbehörde den Eigentumswechsel anzuzeigen. Es wird darüber hinaus empfohlen, vor einer beabsichtigten Veräußerung das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege (Brüderstr. 13, 10178 Berlin, Tel.: 030/2409136) hinsichtlich möglicher denkmalpflegerischer Auflagen und Forderungen zu konsultieren. Diese können Auswirkungen auf die Nutzbarkeit des betreffenden Denkmals haben und somit den Verkehrswert beeinflussen.

Ein weiteres Problem stellen gewährte und bereits verbaute öffentliche Fördermittel dar. Hier ist seitens der veräußernden Kommune zu prüfen, ob die spezifischen Fördermittelrichtlinien eine Veräußerung des geförderten Objektes überhaupt zulassen und/oder ob die Mittel vom Fördermittelgeber nach einer Veräußerung zurückgefordert werden könnten.

Aus diesem Grunde ist zukünftig bei der Beantragung der kommunalaufsichtlichen Genehmigung für die Veräußerung von Schlössern, Herrenhäusern und denkmalgeschützten Gebäuden ein Nachweis über gewährte Fördermittel sowie ein Bericht über die möglichen Folgen der Veräußerung unentbehrlich. Fehlanzeige ist erforderlich.

Sollten Fördermittel gewährt worden sein, ist zusätzlich eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zu der Veräußerung von den jeweiligen Fördermittelgebern einzuholen und der Kommunalaufsichtsbehörde vorzulegen.

Bei der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens ist seitens der Kommune darauf hinzuwirken, dass im Gutachten gesondert auf durch Fördermittel durchgeführte Baumaßnahmen eingegangen wird.

I.5.

Die Übertragung von Liegenschaften mittels Sacheinlage an kommunale Eigengesellschaften ist grundsätzlich nach § 90 Abs. 3 GO genehmigungsfähig, obgleich hier ein Barerlös für die Kommune nicht erzielt wird. Als Äquivalent hierfür erhält die Kommune für die übertragenen Grundstücke entsprechende Gesellschaftsanteile (bei Gesellschaften mit mehr als einem Gesellschafter) oder werden die von ihr bereits gehaltenen Gesellschaftsanteile durch die Sacheinlage im Wert erhöht (Eigengesellschaft).

Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit der Sacheinlage ist jedoch, dass die zu übertragenden Grundstücke betriebsnotwendig sind und die Grundlage zur Realisierung eines wirtschaftlichen Konzeptes bilden. Daher habe ich bereits mit den Runderlassen III Nr. 4 und III Nr. 33/1993 Grundstücksübertragungen mittels Sacheinlagen bei kommunalen Wohnungsbaugesellschaften zugelassen. Die Übertragung von Liegenschaften an Gesellschaften mit beschränkter Haftung durch Sacheinlagen zuzulassen, kann jedoch nicht dazu führen, dass mit diesem Mittel die Aushöhlung des Vermögenshaushalts und die Umgehung der genehmigten Höchstkreditaufnahme erwirkt wird. Dies wäre der Fall, wenn eine Kommune Grundstücke mittels Sacheinlage überträgt und sich letztlich über die Eigengesellschaft aus der Belastung des Grundstückes mit Grundschulden Mittel beschafft, die ihr per Kreditgenehmigung im Rahmen der Haushaltsgenehmigung nicht zugebilligt werden könnten.

Zur Beurteilung, ob Grundstücksübertragungen mittels Sacheinlage genehmigungsfähig sind, hat die beantragende Kommune Aussagen darüber zu machen, ob sich die Eigengesellschaft nach einem gewissen Anlaufzeitraum dauerhaft selbständig trägt bzw. in welchem Umfang vorgesehene Zuschüsse an die Gesellschaft abgebaut werden können. In Zweifelsfällen ist hierzu der Bericht eines Wirtschaftsprüfers vorzulegen.

Wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass trotz der beabsichtigten Sacheinlage die wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft ohne kommunale Zuschüsse nicht gesichert ist bzw. eine dauerhafte Sanierung damit auch nicht erreicht werden kann, wird eine Genehmigung zur Grundstücksübertragung mittels Sacheinlage in der Regel nicht erteilt werden können, weil zu befürchten ist, dass diese Grundstücke der Kommune unwiederbringlich verloren gehen könnten. Folglich würde eine Kommune in einem solchen Fall nachweislich grob unwirtschaftlich mit ihren Vermögenswerten umgehen und somit gegen die Wirtschaftlichkeitsgrundsätze der Gemeindeordnung verstoßen. Ausnahmen von dieser Genehmigungspraxis sind denkbar, wenn der auf absehbare Zeit notwendige Zuschuss für die Gesellschaft in einem von der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde genehmigten Haushaltssicherungskonzept berücksichtigt ist.

Werden seitens einer Kommune Grundstücke als Sacheinlagen in eine Gesellschaft eingebracht, die mehr als einen Gesellschafter hat, so verändert sich zwangsläufig die Verteilung der Gesellschaftsanteile. Das bedeutet, dass die anderen Gesellschafter, sofern sie eine bestimmte prozentuale Beteiligung an der Gesellschaftswünschen, in einer entsprechenden Höhe ebenfalls Vermögenswerte (in der Regel Geldmittel) in die Gesellschaft einbringen müssen. Ein starres Beteiligungsverhältnis ohne Nachschusspflicht hätte zur Folge, dass die anderen Gesellschafter an dem aus der kommunalen Sacheinlage resultierenden Wertzuwachs der Gesellschaft partizipieren würden. Das kann jedoch nicht das Ziel einer Grundstücksübertragung mittels Sacheinlage sein. Daher wird eine derartige Sacheinlage in der Regel nicht genehmigungsfähig sein.

II.

In meinen Runderlassen III Nr. 19/1992 und III Nr. 96/1992 habe ich für das kommunalaufsichtliche Genehmigungsverfahren nach § 49 der Kommunalverfassung bzw. nunmehr nach § 90 GO die Vorlage eines Verkehrswertgutachtens gefordert, welches zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht älter als 2 Monate war. Diese kurze Anerkennungsdauer war wegen der schnellen Preissteigerungen insbesondere in den innerstädtischen Bereichen zur Erzielung höherer Einnahmen für die kommunalen Haushalte notwendig.

Bereits im Runderlass III Nr. 96/1992 vom 23.12.92 habe ich jedoch eine Ausnahme von der "2-Monatsfrist" zugelassen und die Anerkennungsfrist des Gutachtens auf 1 Jahr verlängert. Diese Ausnahmeregelung gilt für Verkaufsfälle, bei denen im notariellen Kaufvertrag der Verkehrswert angesetzt wurde, den das Grundstück zum Zeitpunkt des Beschlusses der Gemeindevertretung hatte und zwischen dem Beschluss und der Beurkundung des Kaufvertrages nicht mehr als 1 Jahr liegt.

Aufgrund der sich stabilisierenden Grundstücksmarktes bin ich nunmehr bereit, zukünftig grundsätzlich auch Verkehrswertgutachten unabhängig vom Zeitpunkt der Beschlussfassung durch die Gemeindevertretung bzw. durch den Kreistag anzuerkennen, die bei der notariellen Beurkundung nicht älter als 6 Monate waren.

Gleichwohl möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass bei der Vorlage eines zu alten Gutachtens nicht zwangsläufig ein vollständig neues Verkehrswertgutachten in Auftrag gegeben werden muss. Vielmehr ist es völlig ausreichend, wenn bei der Geschäftsstelle des zuständigen Gutachterausschusses zur Beurteilung der Gültigkeit des Bodenwertes im Verkehrswertgutachten eine Auskunft über den aktuellen Bodenrichtwert eingeholt wird. Bei der Beantragung der kommunalaufsichtlichen Genehmigung ist der Kommunalaufsichtsbehörde das Ergebnis der Bodenrichtwertauskunft in Form eines kurzen Vermerks zusammen mit dem Verkehrswertgutachten vorzulegen.

Abweichend von der oben genannten "6-Monatsfrist" lasse ich für Grundstücksveräußerungen in Gewerbegebieten zu, dass ein Verkehrswertgutachten zum Zeitpunkt der Veräußerung bis zu 1 Jahr alt sein kann. Hierbei ist es nicht erforderlich, dass für jedes zu veräußernde Teilstück ein gesondertes Verkehrswertgutachten erstellt werden muss. Die Erstellung eines Verkehrswertgutachtens für das gesamte Gewerbegebiet, aus dem die Kaufpreise für die einzelnen Flurstücke abgeleitet werden, wird als ausreichend angesehen.

III.

Weder in der Kommunalverfassung noch in der Gemeindeordnung gibt es eine Vorschrift, wonach die Gemeindevertreter oder Kreistagsabgeordneten über Grundstücksverkäufe nur dann beschließen können, wenn ihnen der Verkehrspreis bekannt ist. Allgemein anerkannt ist jedoch, dass die Gemeindevertreter oder Kreistagsabgeordneten zur Entscheidungsfindung in Grundstücksangelegenheiten über die wesentlichen Inhalte der beabsichtigten Vermögensveräußerung informiert werden müssen. Ein deutlicher Hinweis hierfür ist, dass Grundstücksangelegenheiten wegen ihres vertraulichen Charakters nicht in öffentlicher Sitzung beraten werden können. Grund für die vertrauliche Behandlung sind die Verhinderung von Preisspekulationen und der Schutz des privaten Vertragspartners. Es wird also unterstellt, dass die wesentlichen Bestandteile des Kaufvertrages - wie Kaufgegenstand, Vertragsart (Kauf, Erbbaurecht etc.), Vertragspartner und Kaufpreis - im Rahmen der Gemeindevertreter- bzw. Kreistagssitzung angesprochen werden.

Für das Genehmigungsverfahren nach § 90 Abs. 3 GO hat die Gemeindevertretung bzw. der Kreistag ferner über die Entbehrlichkeit des Grundstückes zu beschließen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf meinen Runderlass III Nr. 19/1992.

IV.

Ich möchte an dieser Stelle bereits ankündigen, dass ich beabsichtige, in Kürze durch Rechtsverordnung gemäß § 90 Abs. 4 und § 122 Abs. 3 GO bestimmte Rechtsgeschäfte der Kommunen von der Genehmigungspflicht freizustellen.

Ich bitte, den amtsfreien Städten und Gemeinden sowie den Ämtern von diesem Runderlass Kenntnis zu geben.

Der Runderlass wurde von dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur bezüglich des Punktes "I.4." mitgezeichnet.

gez. Werner Müller