Suche

Suche innerhalb der Norm

ARCHIV

Link zur Hilfe-Seite

Runderlass III Nr. 74/1994
Haushaltsmittel für Fraktionen in Vertretungen kommunaler Körperschaften

Runderlass III Nr. 74/1994
Haushaltsmittel für Fraktionen in Vertretungen kommunaler Körperschaften

vom 7. Dezember 1997

Außer Kraft getreten am 4. Dezember 2013 durch Runderlass Nr. 03/2013 vom 4. Dezember 2013

Die mit Runderlass III Nr. 46/1994 angeforderten Berichte der Landkreise und kreisfreien Städte zur Fraktionsfinanzierung in den kommunalen Vertretungen haben die rechtlichen Unsicherheiten bei der Gewährung von Zuschüssen, aber auch die große Bandbreite der Fraktionszuwendungen verdeutlicht. Die nachstehenden Erläuterungen dienen deshalb dazu, bestehende Rechtsunsicherheiten zu beseitigen und eine Vereinheitlichung der Fraktionsfinanzierung zu erleichtern.

Die Landräte werden gebeten, diesen Runderlass den kreisangehörigen Gemeinden zur Kenntnis zu geben.

  1.  
    1. Fraktionen sind Zusammenschlüsse von Mitgliedern einer Vertretungskörperschaft, die nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck gebildet werden und auf gemeinsamen Grundanschauungen beruhen. Als solche sind sie Teile und ständige Gliederungen der Vertretung (vgl. BVerGE 20, S. 56 ff). Fraktionen leisten in erster Linie in der Informations-, Vorbereitungs- und Abstimmungsphase einen wichtigen Beitrag zu einer effizienten Aufgabenerledigung durch die Vertretung.
    2. Die Kommunalverfassung des Landes Brandenburg vom 15. 10. 1993 (GVBl. I S. 398) enthält in den §§ 40 GO, 34 LKrO Bestimmungen über die Bildung und die Stellung der Fraktionen in kommunalen Vertretungen, wobei die nähere Ausgestaltung in der Geschäftsordnung erfolgen kann. Fraktionen können sich danach aus den Mitgliedern der Vertretung, die nicht derselben Partei angehören müssen, völlig frei bilden.
    3. Die Finanzierung der Fraktionsarbeit kann aus unterschiedlichen Quellen erfolgen. Insbesondere sind zu nennen:
        • Finanzmittel der Partei bzw. Wählervereinigung,
        • Spenden an die Partei mit entsprechender Zweckbindung für eine Fraktion,
        • Umlage der Fraktionsmitglieder und
        • Zuwendungen aus kommunalen Haushaltsmitteln.

      Dieser Runderlass behandelt nur die Zuwendungen aus dem kommunalen Haushalt, nicht jedoch die Verwendung von freien Mitteln.

    4. Während die Kommunalverfassung des Landes Brandenburg keine Regelungen für Zuwendungen an die Fraktionen enthält, bestimmt § 13 Abs. 6 i. V. m. § 44 der Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO Bbg) vom 23. Juni 1992 (GVBl. II S. 306), dass den Fraktionen durch Beschluss der (Gemeinde-) Vertretung Zuwendungen aus dem kommunalen Haushalt gewährt werden können. Wird ein entsprechender Beschluss gefasst - wozu keine Verpflichtung besteht -, dann ist darauf zu achten, dass
        • die Zuwendungen nur zur Wahrnehmung von organschaftlichen Aufgaben der Fraktionen gewährt werden (Zweckbindung) und
        • über die Verwendung dieser Mittel von den Fraktionen ein Nachweis in einfacher Form geführt werden muss (Verwendungsnachweis), der dem hauptamtlichen Bürgermeister, Amtsdirektor oder Landrat (Hauptverwaltungsbeamten) zuzuleiten ist.

      Die Verwaltungsvorschrift zu § 13 GemHVO erläutert insbesondere, dass

        • zuwendungsfähig nur die tatsächlich geleistete oder konkret beabsichtigte Aufwendung der Fraktion ist (keine fiktiven Beträge) und
        • dass Zuwendungen nur für solche Aufwendungen geleistet werden dürfen, die zur Erfüllung der organschaftlichen Aufgaben der Fraktionen (d. h. Erleichterung der Zusammenarbeit in der Vertretung) anfallen.
    5. Hieraus folgt, dass Fraktionszuschüsse nicht zum Ersatz von Aufwendungen dienen dürfen, die einzelnen Mitgliedern der Vertretung entstehen und die bereits durch die persönliche Auf-wandsentschädigung abgegolten sind (Verbot der Doppelentschädigung). Darüber hinaus dürfen sie nicht zu einer verfassungswidrigen verdeckten Parteienfinanzierung führen.

      In dem Verwendungsnachweis sind die Bürokosten, Reisekosten, Kosten für Fachliteratur, Öffentlichkeitsarbeit und Fortbildung der Fraktionsmitglieder als wesentliche Ausgabearten darzustellen. Die Nachweise unterliegen der örtlichen Prüfung durch den Hauptverwaltungsbeamten und der überörtlichen Prüfung nach den §§ 116 GO, 63 Abs. 2 LKrO.
  2. Kommunale Zuwendungen können insbesondere für folgende Zwecke erbracht werden:
    1. Anmietung von Räumen (einschließlich Nebenkosten), jedoch nur, wenn den Fraktionen nicht von der Gebietskörperschaft Räume für die Fraktionsgeschäftsstelle und für dauernde oder bedarfsweise Durchführung von Fraktionssitzungen zur Verfügung gestellt werden. Hierfür kommen nicht nur Räume in den Dienstgebäuden der Verwaltung, sondern auch in öffentlichen Einrichtungen der Gebietskörperschaft (z. B. Schulen) in Betracht.
    2. Kosten für die laufende Fraktionsgeschäftsführung. Hierzu zählen einmalige Kosten (Büromöbel, Maschinen) und wiederkehrende Ausgaben (Wartung der Büromaschinen, Porto, Telefon, Papier etc.).
    3. Beschaffung einer Grundausstattung an Literatur und Zeitschriften, wenn die Inanspruchnahme der verwaltungseigenen Bibliothek nicht möglich oder nicht aus-reichend ist.
    4. Beiträge an kommunalpolitische Vereinigungen, sofern die Vereinigungen satzungsgemäß oder tatsächlich eine nicht nur untergeordnete Unterstützung der Fraktionen bei der Wahr-nehmung ihrer organschaftlichen Aufgaben leisten. Auf diese Zweckbindung ist besonders zu achten, um es nicht zu einer unzulässigen Parteienfinanzierung kommen zu lassen.
    5. Reise der Fraktion, einzelner Mitglieder oder sachkundiger Einwohner im Auftrag der Fraktion, wenn sie der Vorbereitung von Initiativen der Fraktion in der Vertretung oder der Meinungsbildung zu Entscheidungen dienen, die in der Vertretung anstehen (Informationsreisen).

      Es handelt sich nicht um Dienstreisen i. S. d. § 14 der Kommunalaufwandsentschädigungsverordnung, die von der Genehmigung der Vertretung abhängig sind. Folglich kann die Reisekostenvergütung aus den Fraktionszuwendungen gezahlt werden. Aus Gründen der Gleichbehandlung sowie der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist die Reisekostenvergütung nach den Vorschriften des Bundesreisekostengesetzes zu bemessen.
    6. Bewirtung von Gästen und Zuziehung von Referenten und Sachverständigen zu Fraktionssitzungen. Nach § 18 Abs. 3 GO, § 16 Abs. 3 LKrO kann die Vertretung Sachverständige hören. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Fraktionen nicht auch Sachverständige und Referenten hinzuziehen dürfen.

      Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft handelt, die Zuständigkeit der Vertretung gegeben ist, ein konkreter Anlass für die Hinzuziehung besteht (kein abstraktes Gutachten) und eine zusätzliche Auskunft der Verwaltung nicht ausreichend ist.
    7. Fortbildung der Fraktionsmitglieder und sachkundiger Einwohner durch Teilnahme an Kongressen und Seminaren, die sich inhaltlich auf die Aufgaben der Gebietskörperschaft und der Fraktionen beziehen.
    8. Öffentlichkeitsarbeit durch eigene Publikation, Pressekonferenzen (einschließlich Bewirtung) oder Presseerklärungen zu bestimmten Tagesordnungspunkten. Hierbei hat die Fraktion besonders auf die Abgrenzung einer zulässigen Öffentlichkeitsarbeit von einer unzulässigen Wahlwerbung für die sie tragende Partei zu achten (vgl. Runderlass III Nr. 39/1994).
  3. Unzulässig ist die Verwendung von Fraktionsgeldern aus kommunalen Haushaltsmitteln z. B. für
    1. Aufwendungsersatz der Fraktionsmitglieder für Fraktionssitzungen am Ort der Vertretung. Für diese Zwecke erhalten die Fraktionsmitglieder bereits Sitzungsgeld und Fahrtkostenersatz von der Körperschaft
    2. Verfügungsmittel des Fraktionsvorsitzenden, aus denen Geschenke, Arbeitsessen, Fahrkosten, Fernsprechgebühren und sonstige Büroaufwendungen gezahlt werden sollen, da hierfür den Fraktionsvorsitzenden bereits eine erhöhte Aufwandsentschädigung gezahlt wird oder es sich um Geschäftsbedürfnisse nach Nr. 2 b handelt
    3. Zuwendungen an stellvertretende Fraktionsvorsitzende
    4. Teilnahme an Kongressen und Seminaren von Parteien und Parteigliederungen, die nicht regelmäßig Fortbildung betreiben (Parteiveranstaltungen)
    5. Durchführung von allgemeinen Bildungsreisen und geselligen Veranstaltungen, da ein konkreter Bezug zu den Fraktionsaufgaben fehlt
    6. Spenden.
  4. Bei der Entscheidung der Vertretung, ob und in welcher Höhe den Fraktionen Zuwendungen gewährt werden, ist wie folgt zu verfahren:
    1. Die Gewährung von Zuwendungen an die Fraktionen ist eine Ermessensentscheidung der Vertretung unter Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommune und unter Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung.

      Zur fehlerfreien Ausübung des Ermessens ist es erforderlich, den Bedarf zu ermitteln und festzulegen, in welchem Umfang er abgedeckt werden soll. Wie oben bereits dargestellt, verfügen die Fraktionen auch über andere Einnahmemöglichkeiten. Zuwendungen, die ohne ausreichende Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen gewährt werden, sind rechtswidrig.
    2. Zunächst sind daher die Aufwendungen der Geschäftsführung der Art nach festzulegen, die die Kommune ganz oder teilweise übernehmen will. Es ist durchaus zulässig, nur einzelne der in Nr. 2 aufgeführten Aufwendungen als zuwendungsfähig festzusetzen.
    3. Die Ermittlung der Höhe der Aufwendungen sollte sich an einer Analyse des Bedarfs in der Vergangenheit orientieren. Die Erfahrungen des Hauptverwaltungsbeamten mit der Prüfung der Verwendungsnachweise sollten in den Entscheidungsprozess einfließen.

      Ein weiterer Gesichtspunkt bei der Bemessung der Höhe der Zuwendungen kann die Einwohnergröße der Gebietskörperschaft sein. Da die Größe der Vertretung und sinngemäß der Umfang der Aufgaben, die von den Fraktionen in der Vertretung wahrzunehmen sind, von der Anzahl der Einwohner in der Gebietskörperschaft abhängt, ist es sachgerecht, wenn die Fraktionszuwendungen im Verhältnis zur Größe der Vertretung und der Einwohner der Gebietskörperschaft steigen.
    4. Liegt der Umfang der Aufwendungen fest, ist zu entscheiden, welche davon durch Sachleistungen abgedeckt und welche in Geld zugewendet werden sollen. Die danach erforderlichen Mittel sind ordnungsgemäß im Haushalt zu veranschlagen. Dies soll durch eine Einzelveranschlagung nach den zulässigen Zwecken in einer Haushaltsstelle des Unterabschnittes 00... Fraktionen mit den passenden Gruppen und Untergruppen der Hauptgruppen gewährleistet werden. Die Aufteilung der Haushaltsmittel auf die Fraktionen nach Grund- und Kopfbeträgen kann in den Erläuterungen erfolgen.
    5. Für die Verteilung der Mittel auf die einzelnen Fraktionen ist ein Maßstab zu wählen, der einerseits dem Bedarf gerecht wird, andererseits aber auch dem Gebot der Chancengleichheit Rechnung trägt.

      Der Bedarf kann sich je nach Fraktion unterschiedlich darstellen: Einmal können Fraktionen neu in der Vertretung sein, die eine Erstausstattung benötigen, über die andere bereits verfügen. Andererseits können unterschiedliche Arbeitsweisen Auswirkungen auf die Kosten der Geschäftsführung haben. Die Verteilung der Mittel für die laufenden Geschäftsführungskosten richtet sich nach dem ermittelten Bedarf, der jedoch unter dem Gesichtspunkt der Chancen-gleichheit nur insoweit befriedigt werden darf, als er einen Betrag nicht übersteigt, der nach für alle Fraktionen gleichen Maßstäben errechnet wird: Keine Zuwendung über den konkreten Bedarf hinaus, keine Abdeckung des konkreten Bedarfs über einen allgemeinen Maßstab hinaus.

      Als Maßstab für die Verteilung der Haushaltsmittel ist die Fraktionsstärke sachgerecht. Würden die Mittel aber allein nach der Kopfzahl berechnet, dann bliebe unberücksichtigt, dass ein gewisser Grundbedarf bei allen Fraktionen gleich ist. Für die Mehrzahl der unter Nr. 2 genannten Kostenfaktoren ist der Ansatz eines gleichen Grundbedarfs bei allen Fraktionen unproblematisch. Zum Grundbedarf gehören insbesondere
        • Miete für Geschäftsräume nach Größe der Geschäftsstelle, evtl. Sitzungsräume,
        • Unterhaltungskosten der Räume,
        • Wartung und Unterhaltung der Büroausstattung,
        • Papier und sonstiges Verbrauchsmaterial,
        • Zeitschriften und Literatur.

      Die danach notwendige Differenzierung der Fraktionszuwendungen kann so aussehen, dass der Grundbetrag in einem für alle Fraktionen gleichen Sockelbetrag zusammengefasst wird und daneben ein bestimmter Kopfbetrag pro Mitglied der Fraktion gezahlt wird.

  5. Zu den Grundsätzen einer geordneten Haushaltswirtschaft gehört die Prüfung der zweckentsprechenden Mittelverwendung, insbesondere dann, wenn die Haushaltsmittel den Fraktionen zur Selbstbewirtschaftung zugewiesen werden, also keine Bewirtschaftung durch die Verwaltung vorgenommen wird. Festzustellen ist, ob die Mittel bestimmungsgemäß für die zulässigen Zwecke und nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung verwendet worden sind.
    1. Der Verwendungsnachweis i. S. d. § 13 Abs. 6 GemHVO soll summarisch die wesentlichen Ausgabearten mit den darauf entfallenden Beträgen darstellen. Weiter ist eine Versicherung des Fraktionsvorsitzenden erforderlich, dass die Haushaltsmittel und Sachleistungen bestimmungs-gemäß, d. h. nur für die Geschäftsbedürfnisse der Fraktion verwendet worden sind.
    2. Als örtliche Kontrollinstanz wurde der Hauptverwaltungsbeamte bestimmt. Dies bedeutet, dass weder der Rechnungsprüfungsausschuss noch das Rechnungsprüfungsamt einzuschalten sind. Grund hierfür ist, dass beide Institutionen der Vertretung unterstehen und verhindert werden soll, dass sich die Fraktionen gegenseitig kontrollieren. Die Prüfung ist von dem Hauptverwaltungsbeamten selbst oder durch Mitarbeiter vorzunehmen, die nicht dem Rechnungsprüfungsamt angehören.
    3. Gegenstand der Prüfung ist die bestimmungsgemäße Verwendung, aber auch die bedarfsgerechte Höhe der Zuwendungen als Entscheidungsgrundlage für eine zukünftige Veranschlagung der Mittel im Haushaltsplan.

      Hierbei ist festzustellen, ob die Bemessung der Mittel mit der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommune und mit den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung in Einklang steht. Werden Verstöße festgestellt, darf und muss der Hauptverwaltungsbeamte die nicht oder nicht bestimmungsgemäß verwendeten Mittel zurückfordern oder mit künftigen Zuwendungen verrechnen. Politische Entscheidungen der Fraktionen im Rahmen ihrer Aufgaben sind nicht Gegenstand der Prüfung. Nicht verausgabte Fraktionszuwendungen können im Rahmen des § 18 Abs. 2 GemHVO auf das folgende Haushaltsjahr übertragen werden.
    4. Der dem Hauptverwaltungsbeamten vorliegende Verwendungsnachweis muss auch der überörtlichen Prüfung zugänglich sein. Dafür sind geeignete Unterlagen bereitzuhalten, denn nur durch Einsichtnahme in Belege kann der Prüfauftrag gemäß den §§ 116 GO, 63 Abs. 2 LKrO erfüllt werden. Einblick in Belege wird gegeben werden müssen, wenn die Verwendungsnachweise begründete Zweifel an der gesetzmäßigen Verwendung der Haushaltsmittel durch die Fraktionen ergeben, die auch durch zusätzliche Erläuterungen auf Nachfrage nicht ausgeräumt werden können.