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Runderlaß II Nr. 4/1995
Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden im Zusammenhang mit Betreibermodellen
Runderlaß II Nr. 4/1995
Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden im Zusammenhang mit Betreibermodellen
vom 5. Juli 1995
Außer Kraft getreten am 14. November 2001 durch Runderlass Nr. 11/2001 vom 14. November 2001
I.
Abwasserbeseitigungspflicht
Die Gemeinden sind gemäß § 66 Abs. 1 des Brandenburgischen Wassergesetzes vom 13. Juli 1994 (GVBl. 1994, S. 302) verpflichtet, das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser zu beseitigen und die dazu notwendigen Anlagen zu betreiben. Damit ist die Abwasserbeseitigung eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinden, die diese unter Beachtung der Vorschriften des Wasserhaushaltesgesetzes, des Brandenburgischen Wassergesetzes und der dazu ergangenen bzw. noch ergehenden Verwaltungsvorschriften zu erfüllen haben. Von dieser Pflichtaufgabe sind die Gemeinden nur dann befreit, soweit das Brandenburgische Wassergesetz Einschränkungen zuläßt oder andere Träger für die Abwasserbeseitigung benennt. Abwasserzweckverbände sind nach § 68 des Brandenburgischen Wassergesetzes anstelle der Gemeinden zur Abwasserbeseitigung verpflichtet, soweit sie diese Aufgabe satzungsgemäß übernehmen.
Abweichende Regelungen hiervon sind unzulässig.
Die Abwasserbeseitigungspflicht umfaßt die Pflicht, das durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende und gesammelte Wasser (Schmutzwasser) sowie das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließende Wasser (Niederschlagswasser) zu beseitigen.
Der Abwasserbeseitigungspflicht unterfällt auch die Pflicht zur Beseitigung des in abflußlosen Gruben anfallenden Abwassers. Zu diesem Zweck sind die zur Abwasserbeseitigung notwendigen öffentlichen Anlagen entsprechend den dafür in Betracht kommenden technischen Regeln zu betreiben und soweit erforderlich, zu errichten, zu erweitern oder nachzurüsten.
Der notwendige Investitionsaufwand ist im Rahmen der Gesamtdeckung aus vermögenswirksamen Einnahmen der Gemeinde zu finanzieren. Soweit andere vermögenswirksame Einnahmen nicht zur Verfügung stehen, ist die Gemeinde auf Kreditaufnahmen angewiesen.
Dies gilt für alle nachfolgend genannten Organisationsformen in gleicher Weise.
II.
Organisationsformen
- Öffentlich-rechtliche Organisationsform
Die Einrichtungen der Abwasserbeseitigung können als kostenrechnende Einrichtungen im Haushalt der Gemeinde geführt werden. Gemäß § 101 Abs. 3 Nr. 1 der Gemeindeordnung für das Land Brandenburg (GO) vom 15. Oktober 1993 (GVBl. 1993, S. 398) können Einrichtungen jedoch auch als Eigenbetriebe geführt werden. Der Gemeinde steht ein Organisationsermessen dahingehend zu, ob sie die Einrichtungen ganz oder teilweise als Eigenbetrieb führen möchte. Die Gemeinde kann aber auch Mitglied eines Zweckverbandes werden. - Privatrechtliche Organisationformen
Da die Abwasserbeseitigung eine Pflichtaufgabe der Gemeinde ist, kann diese Aufgabe nicht auf eine von der Gemeinde gegründete Gesellschaft privaten Rechts bzw. eine entsprechende Beteiligungsgesellschaft oder auf private Dritte übertragen werden. Eine Privatisierung der Abwasserbeseitigung durch die Übernahme der vollen Aufgabenverantwortung einer privaten Gesellschaft und eines privaten Dritten ist rechtlich nicht möglich. Die Gemeinde kann sich jedoch zur Erfüllung ihrer Abwasserbeseitigungspflicht kommunaler Gesellschaften, also z. B. der eigenen Stadtwerke-GmbH oder anderer privater Betreiber als "Erfüllungsgehilfen" bedienen.
An diesem "Erfüllungsgehilfen" kann die Gemeinde gesellschaftlich beteiligt sein. Die Abwasserbeseitigungspflicht verbleibt aber bei der Gemeinde mit der Folge, dass z. B. die Organe der Gemeinde auch zivil- und strafrechtlich verantwortlich bleiben. Die Abwasserbeiträge und -gebühren werden weiterhin durch die Gemeinde erhoben. Lediglich für die nichthoheitliche "mechanische" Tätigkeit des Gebühreneinzuges (Formularerstellung und -versand) kann sich die Gemeinde des Dritten bedienen. Die Rechtsbeziehungen bestehen nur zwischen der Gemeinde und der privatrechtlichen Gesellschaft, die ein privatrechtliches Entgelt für ihre Leistungen erhält einerseits und der Gemeinde und den Grundstückseigentümern (Abwassereinleitern) andererseits.
Entsprechendes gilt für Abwasserzweckverbände.
Bevor die Gemeinde eine Privatisierung beschließt, hat sie deren Vor- und Nachteile umfassend zu prüfen. Gemäß § 100 Abs. 3 GO bzw. § 101 Abs. 4 GO i. V. m. § 100 Abs. 3 GO hat die Gemeinde im Interesse einer sparsamen Haushaltsführung dafür zu sorgen, dass Leistungen, die von privaten Anbietern in mindestens gleicher Qualität und Zulässigkeit bei gleichen oder geringeren Kosten erbracht werden können, diesen Anbietern übertragen werden, sofern dies mit dem öffentlichen Interesse vereinbar ist. Dazu sind Angebote einzuholen und Vergleichsberechnungen vorzunehmen, die der Gemeindevertretung bzw. ggf. dem Hauptausschuss vorzulegen sind. Dabei hat sie insbesondere auch steuerliche Auswirkungen zu bedenken.
Bei der Einschaltung privater Dritter sind die Bindung der Gemeinde an die Monopolstellung des privaten Partners, die fortbestehende Gewährleistungspflicht der Gemeinde gegenüber ihren Bürgern sowie das Risiko eines eventuellen Konkurses des privaten Partners zu berücksichtigen. Vor einer Einschaltung privater Dritter bei der Abwasserbeseitigung müssen u. a. diese Gesichtspunkte sorgfältig geprüft werden.
Darüber hinaus ist bei der Ausgestaltung der Abwasserbeiträge und -gebühren in Satzungen unbedingt das Äquivalenzprinzip einzuhalten. Dieses Prinzip entspricht im Abgabenrecht dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zwischen einer Abwassergebühr und dem tatsächlichen Wert der in Anspruch genommenen Leistung der Einrichtung darf kein Missverhältnis bestehen. Bei der Privatisierung der Abwasserentsorgung sind die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes von der Gemeinde oder dem Zweckverband strengstens einzuhalten.
Die Privatisierung der Abwasserbeseitigung ist unter folgenden Bezeichnungen anzutreffen:
Betriebsführungsmodell, Dienstleistungsmodell, Geschäftsbesorgungsmodell, Betreibermodell, Managementmodell, Pachtmodell, Eigentumsmodell, Kooperationsmodell, Niedersachsenmodell, Konzessionsmodell, Teilhoheitsmodell, Entwicklungsmodell, BOT-Modell, Betriebsbetreuungsmodell, Beratungsmodell, Besitzermodell, Leasingmodell, Fondsmodell und Factoringmodell.
Gleichwohl lässt sich diese Begriffsvielfalt auf drei Grundformen zurückführen:
- Betreibermodell
- Kooperationsmodell
- Betriebsführungsmodell.
Im Betreibermodell übernimmt ein privates Unternehmen den Bau, die Finanzierung und den Betrieb der Abwasserbeseitigungsanlagen mit eigenem Personal und in eigener Verantwortung. Grundlage ist ein langfristig abgeschlossener Betreibervertrag. Für den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage erhebt der private Unternehmer bei der Gemeinde ein Vertragsentgelt, dass dieses über die Benutzungsgebühren an die Benutzer weiterleitet. Die Außenverantwortung bleibt bei der Gemeinde, die zur Sicherung dieser Verantwortung darauf zu achten hat, ausreichende Eingriffs- und Kontrollrechte zu besitzen.
Im Gegensatz dazu überträgt im Betriebsführungsmodell die Gemeinde einem privaten Betriebsführungsunternehmen vertraglich gegen Entgelt die kaufmännische und/oder technische Betriebsführung eines kommunalen Unternehmens für Rechnung und im Namen der Gemeinde.
Die Gemeinde bleibt als Betriebsinhaberin Eigentümerin der Anlagen. Die Betriebsführer ist kommunaler Verwaltungshelfer oder Erfüllungsgehilfe der Gemeinde.
Sowohl im Betreiber- als auch im Betriebsführungsmodell besteht die Möglichkeit, sich als Gemeinde (oder Zweckverband) an der privatrechtlichen Gesellschaft zu beteiligen. Diese Form der Beteiligung wird Kooperationsmodell genannt.
Wegen des notwendigen kommunalen Einflusses (§ 102 Nr. 2 GO) werden die Gesellschaftsanteile der Gemeinde regelmäßig mehr als 50 % betragen.
Betreiber-, Betriebsführungs- und Kooperationsverträge (-modelle) sind europaweit nach der EG-Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge) auszuschreiben. Die EG-Dienstleistungsrichtlinie gilt nur dann, soweit bei Dienstleistungen der geschätzte Wert ohne Mehrwertsteuer 200.000,-- ECU (= 400.010,-- DM) oder mehr beträgt. Aufgrund der langen Laufzeit der Verträge ergibt sich, dass in der Regel der Schwellenwert von 200.000,-- ECU (= 400.010,-- DM) überschritten wird. Die Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung des Auftrags-/ Schwellenwertes sind in Artikel 7 der EG-Dienstleistungsrichtlinie geregelt.
III.
Rechtsaufsicht
Die genannten Organisationsformen sind der Rechtsaufsicht der Kommunalaufsichtsbehörden unterworfen. Die Aufsicht in Selbstverwaltungsangelegenheiten (Kommunalaufsicht) hat sicherzustellen, dass die Verwaltung der Gemeinden im Einklang mit den Gesetzen erfolgt.
1. Grundsatz
Satzungen, Beschlüsse und andere Maßnahmen der Gemeinde, die der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde bedürfen, werden erst mit der Genehmigung wirksam (§ 122 Absatz 1 GO).
Wenn die Kommunalaufsichtsbehörde bei Geschäften des bürgerlichen Rechtsverkehrs (z. B. Betreiber-, Betriebsführungs- und Entsorgungsverträgen) die Genehmigung versagt und die Versagung noch nicht bestands- oder rechtskräftig ist, so ist der andere Teil zum Rücktritt berechtigt.
Genehmigungspflichtig bis zum 31. Dezember 1998 sind Entscheidungen der Gemeinde über
- die Gründung
- die wesentliche Erweiterung
- die gänzliche oder teilweise Veräußerung
- die Übernahme
- die Änderung der Rechtsform
- die wesentliche Änderung des Zwecks
- die Beteiligung von mehr als einem Viertel von/an Unternehmen und Einrichtungen (§ 110 Abs. 4 GO).
Die entsprechenden Beschlüsse sind der Kommunalaufsichtsbehörde nicht nur unverzüglich - spätestens sechs Wochen vor Beginn des Vollzugs - anzuzeigen, sondern unterliegen auch der Genehmigung durch die Kommunalaufsichtsbehörde gemäß § 110 Abs. 4 GO. Damit sind Beschlüsse über die Beteiligung an Gesellschaften im Rahmen des Kooperationsmodells jedenfalls genehmigungspflichtig.
Die Gemeinde bzw. der Zweckverband haben bei der Kommunalaufsichtsbehörde um Genehmigung nachzusuchen. Wenn die Kommunalaufsichtsbehörde nicht innerhalb von 2 Monaten nach Eingang des Antrags die Genehmigung ablehnt, schriftlich der Gemeinde bzw. dem Zweckverband gegenüber Bedenken geäußert oder um weitere Aufklärung ersucht hat, gilt die Genehmigung als erteilt. Die Kommunalaufsicht muss deshalb unverzüglich nach Eingang des Antrages mit der Rechtmäßigkeitsprüfung beginnen. Sofern die Kommunalaufsichtsbehörde Bedenken äußert oder um weitere Aufklärung ersucht, können die Gemeinde bzw. der Zweckverband erneut die Genehmigung unter Vorlage erbetener Unterlagen o. ä. oder unter Stellungnahme zu den Bedenken beantragen. Nach Eingang dieser erneuten Vorlage muss die Kommunalaufsichtsbehörde innerhalb von 2 Monaten entscheiden, da andernfalls die Genehmigung als erteilt gilt.
Die möglichst schriftliche und dann auch zu begründende Entscheidung der Kommunalaufsichtsbehörde kann dahingehend lauten, weitere Bedenken zu äußern oder um weitere Aufklärung nachzusuchen oder die Genehmigung zu erteilen/nicht zu erteilen.
Zu beachten ist, dass bei der Beteiligung an Unternehmen nur die Beteiligung von mehr als einem Viertel zur Anzeige- und zur Genehmigungspflicht (§§ 110 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 4 GO), andernfalls nur zur Anzeigepflicht führt.
Die Beteiligung von weniger als einem Viertel an Gesellschaften, die für die Gemeinde oder den Zweckverband Leistungen im Bereich von Pflichtaufgaben erbringen, erscheint schon deshalb untunlich, weil die Erfüllung von Pflichtaufgaben nur dann sinnvoll durch Dritte als Erfüllungsgehilfe der Gemeinde erfolgen kann, wenn die Gemeinde bei einer Beteiligung an diesen Unternehmen mindestens 51 % der Gesellschaftsanteile hält.
2. Betreiberverträge
Betreiber- und Betriebsführungsverträge sind grundsätzlich gemäß § 85 Abs. 5 GO genehmigungspflichtig. Nach § 85 Abs. 5 GO bedarf die Begründung einer Zahlungsverpflichtung, die wirtschaftlich einer Kreditverpflichtung gleichkommt, der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde.
Die Möglichkeiten für die Begründung von Zahlungsverpflichtungen, die wirtschaftlich einer Kreditverpflichtung gleichkommen, sind vielfältig. Zu ihnen zählen insbesondere langfristige Verträge, wie z. B. der Abschluß von Leasingverträgen. Da Betreiberverträge regelmäßig über mehrere Jahre, teilweise sogar mit einer Laufzeit von 20 Jahren, abgeschlossen werden, gilt diese Genehmigungspflicht nach § 85 Abs. 5 GO ebenfalls auch für Betreiber- und Betriebsführungsverträge.
Unterstützend ist auch auf § 86 Abs. 3 GO zu verweisen, wo eine Genehmigungspflicht für die Zustimmung von Rechtsgeschäften besteht, aus denen der Gemeinde in künftigen Haushaltsjahren Verpflichtungen zur Leistung von Ausgaben erwachsen können.
Betreiber- und Betriebsführungsverträge, die nicht durch die Kommunalaufsichtsbehörde genehmigt wurden, sind bis zur Erteilung der Genehmigung schwebend unwirksam. Erst bei Erteilung der Genehmigung werden sie wirksam. Wird die Genehmigung endgültig nicht erteilt, gelten die Verträge als nicht geschlossen.
Die Aufsicht erfolgt in diesen Fällen als Kommunalaufsicht und damit nur als Rechts- und nicht als Fachaufsicht. Die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Beschlüsse und Verträge soll gesichert werden. Bei der Kontrolle ist zu beachten, dass sich die gesetzlichen Voraussetzungen der wirtschaftlichen Tätigkeit auf verschiedene unbestimmte Rechtsbegriffe gründen, die der Gemeinde insbesondere bei der Beteiligung an Unternehmen einen Beurteilungsspielraum überlassen, der von der Aufsichtsbehörde zu respektieren ist. Zweckmäßigkeitserwägungen haben zu unterbleiben.
Die Rechtsaufsicht prüft, ob die Vorschriften der Gemeindeordnung eingehalten sind, insbesondere ob die Gemeinde bzw. der Zweckverband auch weiterhin den notwendigen Einfluss behält, um die Pflichtaufgabe "Abwasserbeseitigung" zu erfüllen. Innerhalb der vertraglichen Konstruktionen ist sicherzustellen, dass die Gemeinde abwasserbeseitigungspflichtig bleibt. Sie bleibt verantwortlich für den Zustand der Anlagen und die Abwasserentsorgung der Grundstücke. Die Gemeinde muss sich die notwendigen Weisungsbefugnisse gegenüber dem von den Dritten eingesetzten Personal vorbehalten, die Organisations- und Betriebsabläufe ebenso regelmäßig überwachen wie die Wartung der Anlagen. Sie muss sich jederzeit von der ordnungsgemäßen Funktion der Anlagen überzeugen können.
Es ist weiterhin besonders darauf zu achten, ob die Übertragung von Grundstücken und sonstigen im Eigentum der Gemeinde bzw. des Zweckverbandes stehenden Anlagen so erfolgt, dass im Falle des Konkurses des Betreibers die Gemeinde bzw. der Zweckverband ihre Abwasserbeseitigungspflicht auch weiterhin erfüllen kann und dass nicht unentgeltliche Verfügungen über Vermögensgegenstände getroffen werden, die ebenso wie Grundstücksverkäufe gemäß § 90 Abs. 3 GO grundsätzlich genehmigungspflichtig sind.
Die Auswirkungen auf die Abgaben (Beiträge und Gebühren) sind zu beachten. Es ist auszuschließen, dass die abzuschließenden Verträge die rechtmäßige Erhebung von Kommunalabgaben beeinträchtigen. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob die Anlagen des Betreibers oder Kooperationspartners im Vertrag als "öffentliche Einrichtungen" bezeichnet werden. Denn nur für deren Benutzung kann die Gemeinde Abgaben erheben. Die Gemeinde muss in die Lage versetzt werden, den Anschluss- und Benutzungszwang weiterhin auszuüben.
Vergabe- und haushaltsrechtliche Regelungen sind einzuhalten. Ebenso muss geklärt sein, wer Inhaber bestimmter Genehmigungen werden kann und soll. Besonders wichtig ist die Vereinbarung eines angemessenen Entgeltes für die Leistungen des Betreibers bzw. Betriebsführers oder Kooperationspartners. Die Weiterreichung der einer Gemeinde gewährten Fördermittel muss ebenso im Vertrag behandelt werden wie die Haftung der Vertragsparteien und die Laufzeit des Vertrages einschließlich der Kündigungsmöglichkeiten. Für den Fall der Kündigung des Vertrages oder des Betreiberkonkurses ist eine Endschaftsklausel aufzunehmen. Diese regelt das weitere Schicksal der Anlagen bei Vertragsende.
Wird die Aufsichtsfunktion nicht rechtmäßig von den mit der Aufsicht betrauten Personen bei den Kommunalaufsichten ausgeübt, so verletzen diese die ihnen gegenüber den Gemeinden bzw. Zweckverbänden obliegende Amtspflicht mit der Folge einer Haftung des Landes nach Art. 34 GG, § 839 BGB im Falle der Schädigung der Gemeinde bzw. des Zweckverbandes.
Die Aufsicht erfolgt in diesen Fällen als Kommunalaufsicht und damit nur als Rechts- und nicht als Fachaufsicht. Beide können nicht nur durch die Nichtgenehmigung, sondern auch durch die Genehmigung von Verträgen geschädigt werden. Den unteren Kommunalaufsichtsbehörden wird deshalb empfohlen, erforderlichenfalls fachkundigen Rat beim Ministerium des Innern oder anderen unabhängigen Dritten einzuholen.
3. Vertragsabschlüsse vor dem 05.12.1993
Die Gemeindeordnung ist am 5. Dezember 1993 in Kraft getreten. Die Kommunalverfassung (KVerf) vom 17. Mai 1990 i. d. F. vom 22. April 1993 (GVBl. I S. 110, 137) ist gleichzeitig außer Kraft getreten.
Für die vor dem 05.12.1993 abgeschlossenen Beteiligungen und Verträge gilt deshalb die Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 fort. Gemäß § 57 KVerf konnten Gemeinden zur Durchführung ihrer Aufgaben wirtschaftliche Unternehmen im Interesse des Gemeinwohls übernehmen, gründen, unterhalten oder erweitern, sofern diese Aufgaben nicht von Dritten erfüllt wurden. Die Gründung der wirtschaftlichen Unternehmen bedurfte der Beschlussfassung durch die Gemeindevertretung. Wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde konnten Eigenbetriebe, Eigengesellschaften und Beteiligungen der Gemeinde an wirtschaftlichen Unternehmen sein. Entsprechendes galt für Zweckverbände.
Gemäß § 62 KVerf konnten die Gemeinden Kommunalverträge schließen. Die Rechtsaufsicht über wirtschaftliche Unternehmen und Gemeinden, die entsprechende Verträge schlossen, hatte sicherzustellen, dass die Verwaltung der Gemeinden im Einklang mit den Gesetzen erfolgte.
Die Rechtsaufsichtsbehörden waren berechtigt, sich jederzeit über die Angelegenheiten der Gemeinde zu unterrichten und Prüfungen an Ort und Stelle in einzelnen Angelegenheiten durchzuführen. Sie hatten das Recht, Beschlüsse und Anordnungen der Gemeinde, die das geltende Recht verletzten, zu beanstanden und zu verlangen, dass sie von der Gemeinde rückgängig gemacht wurden. Die Beanstandung hatte aufschiebende Wirkung. Sofern die Gemeinde den Festlegungen der Rechtsaufsichtsbehörde innerhalb der gesetzten Frist nicht nachkam, konnte die Rechtsaufsichtsbehörde die von ihr beanstandeten Beschlüsse und Anordnungen aufheben und verlangen, dass getroffene Maßnahmen rückgängig gemacht wurden. Durch diese Formulierung in § 66 Abs. 3 KVerf hat die Kommunalverfassung zum Ausdruck gebracht, dass zum Abschluß von Betreiber- und Betriebsführungsverträgen sowie zur wirtschaftlichen Beteiligung an Unternehmen führende Beschlüsse bei Rechtswidrigkeit aufzuheben waren.
Aus § 66 Abs. 3 KVerf ergibt sich weiterhin, dass die Rechtsaufsichtsbehörde verlangen kann, das getroffene Maßnahmen rückgängig gemacht werden. Sie konnte also verlangen, dass Verträge aufgehoben wurden. Aufgrund von § 66 Abs. 3 KVerf musste die Gemeinde damit rechnen, dass ggf. die Kommunalaufsichtsbehörden fordern würden, dass getroffene Maßnahmen rückgängig gemacht würden.
Betreiber- und Betriebsführungsverträge entsprachen nur dann dem geltenden Recht, wenn diese eine entsprechende Klausel enthielten, die auf das Genehmigungserfordernis des Vertrages hinwiesen und die Folge der Nichtgenehmigung nannten. Sofern eine solche Klausel in den Verträgen nicht enthalten war, sind diese Verträge gemäß § 134 BGB zu beurteilen, da sie gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen.
Der ohne Genehmigung abgeschlossene Vertrag ist aber nicht nichtig, sondern schwebend unwirksam. Wird die Genehmigung erteilt, wird der Vertrag voll wirksam. Mithin sind auch Betreiber- und Betriebsführungs- sowie ähnliche Verträge genehmigungsfähig und genehmigungspflichtig.
Durch die entsprechende Regelung in der Gemeindeordnung hat der Gesetzgeber auch deutlich gemacht, dass diese Genehmigungspflicht fortbestehen soll. Die Genehmigungsfiktion gemäß § 110 Abs. 4 S. 2 und 3 GO gilt für Verträge, die vor dem 05.12.1993 geschlossen wurden, nicht.
Werden Verträge, die nicht genehmigt sind, gleichwohl schon z. B. durch Errichtung von Anlagen vollzogen, so tragen die Vertragsparteien das Risiko der Genehmigung durch die Kommunalaufsicht allein. Im übrigen gelten die Ausführungen zu III Nr. 2 dieses Erlasses entsprechend.
IV.
Abgabenrecht
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) für das Land Brandenburg vom 27.07.1991 (GVBl. I. S. 200) sind Benutzungsgebühren zu erheben, wenn eine Einrichtung oder Anlage überwiegend dem Vorteil einzelner Personen oder Personengruppen dient, sofern nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Das Brandenburgische Kommunalabgabengesetz lässt folglich außer der Erhebung öffentlich-rechtlicher Abgaben in Form von Beiträgen (§ 8) und Gebühren (§ 6) sowie den Ersatz für Haus- und Grundstücksanschlüsse (§ 10) die Erhebung privatrechtlicher Entgelte zu. Für die Inanspruchnahme ihrer öffentlichen Einrichtungen können die Gemeinden also auch ein privatrechtliches Entgelt erheben.
Die privatrechtlichen Entgelte sind in der Abwasserbeseitigung auf gleiche Art und Weise zu kalkulieren wie öffentlich-rechtliche Abgaben (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 1994, § 6 Rd.-Nr. 23). Privatrechtliche Entgelte führen also nicht zu einer anderen Kalkulation oder Ausgestaltung von Abgaben als dies bei öffentlich-rechtlichen Abgaben für die Beiträge und Gebühren sowie den Ersatz für Haus- und Grundstücksanschlüsse der Fall ist.
Wenn ein privatrechtliches Entgelt erhoben wird, darf das aber nicht dazu führen, dass zur Deckung ein und derselben Kostenstelle gleichzeitig eine öffentlich-rechtliche Benutzungsgebühr und ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Der Begriff des Entgeltes wird als Oberbegriff für alle Zahlungen verwendet, die zur Abgeltung von Lieferungen und Leistungen gefordert und erbracht werden. Darunter fallen nicht nur Grund- und Benutzungsentgelte, sondern auch einmalige Entgelte wie der dem Beitrag entsprechende Baukostenzuschuß. Privatrechtliche Entgelte werden nicht einseitig festgesetzt, sondern auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen erhoben.
Unabhängig davon, in welcher Organisations- und Rechtsform die jeweilige öffentliche Einrichtung geführt wird, können entweder öffentlich-rechtliche Abgaben oder privatrechtliche Entgelte erhoben werden. Die Installation eines Betreibermodells erfordert also keinesfalls gleichzeitig die Erhebung privatrechtlicher Entgelte. Ausgeschlossen ist die Erhebung privatrechtlicher Entgelte insoweit aber nicht.
Öffentlich-rechtliche Abgaben werden durch Bescheid beim jeweiligen Abgabepflichtigen geltend gemacht, sofern eine Satzung als Ermächtigungsgrundlage für den Bescheid vorhanden ist.
Privatrechtliche Entgelte werden demgegenüber durch eine Rechnung angefordert. Grundlage für die Erhebung privatrechtlicher Entgelte sind entsprechende Entgeltbedingungen. Dies können z. B. allgemeine Entsorgungsbedingungen sein, für die allerdings im Gegensatz zur Wasserversorgung - AVBWasserV - keine bundesrechtliche oder landesrechtliche Verordnung vorhanden ist.
Die Landräte werden gebeten, vorstehenden Erlass den Ämtern, Gemeinden und Abwasserzweckverbänden bekanntzumachen.
Im Auftrag
gez. Lieber