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Runderlass Nr. 3/1999
Hinweise zur haushaltsrechtlichen Umsetzung der Verzinsung von Bestandteilen der Rücklage

Runderlass Nr. 3/1999
Hinweise zur haushaltsrechtlichen Umsetzung der Verzinsung von Bestandteilen der Rücklage

vom 12. April 1999

Außer Kraft getreten am 23. Dezember 2014 durch Aufhebungsrunderlass Nr. 04/2014 vom 23. Dezember 2014

Durch die Novellierung des Kommunalabgabengesetzes (KAG) ist nunmehr ein Anspruch des Abgabenschuldners auf angemessene Verzinsung der geleisteten Vorauszahlungen auf zukünftig entstehende Kosten normiert worden (§ 6 Abs. 2 Satz 9 KAG).

Derartige Vorauszahlungen können, da es an einer allgemeinen Ermächtigung fehlt, nur auf der Basis spezieller Ermächtigungsnormen erhoben werden.

Die Ermächtigung in § 9 Abs. 2 Nr. 4 des Brandenburgischen Abfallgesetzes (BbgAbfG) lässt eine Berücksichtigung später notwendiger Sanierungsmaßnahmen von Deponien in der Gebührenbedarfsberechnung zu und beschreibt den Rahmen der ansatzfähigen Kosten mit den erkennbaren Aufwendungen für Sicherung, Rekultivierung und Nachsorge.

Für die haushalts- und gebührenrechtliche Umsetzung der Gesetzesänderung werden die nachfolgenden Hinweise zur Umsetzung unter Berücksichtigung der momentanen Rechtslage gegeben.

I. Haushaltsrechtliche Einordnung

Bei Vorauszahlungen handelt es sich nicht um Abschreibungen, sondern um sonstige kalkulatorische Kosten, die in der Aufzählung des § 11 Abs. 1 GemHVO nicht enthalten sind. Eine Veranschlagung dieser "kalkulatorischen Ausgaben" sowie einer Ausgabe für die nach § 6 Abs. 2 Satz 9 KAG erforderlichen Zinsen ist daher im Haushalt (Abschnitt 72) nicht vorzunehmen. Der hinsichtlich der Vorauszahlungen im Unterabschnitt dadurch entstehende Überschuss ist insoweit unproblematisch, als das Kostenüberschreitungsverbot nicht an den Darstellungen im Haushaltsplan, sondern an der Gebührensatzung und der dieser zugrundeliegenden Bedarfskalkulation überprüft wird.

Bei den für die spätere Sicherung, Rekultivierung und Nachsorge der Deponien erforderlichen Maßnahmen ist erkennbar, dass es sich überwiegend um die Herstellung einzelner Anlagen handelt, bei denen jede für sich betrachtet in Verbindung mit Abschnitt 157 der Einkommensteuerrichtlinien dem Vermögenshaushalt zuzuordnen wäre.

Dies ist wie folgt zu begründen:

  • Bei der Rekultivierung des Deponiegrundstückes, mithin seiner Anpassung an die umgebende Landschaft, wird das durch die Deponienutzung ganz oder teilweise abgeschriebene Grundstück in seinem Werte gesteigert und damit neues Vermögen geschaffen. Eine Anwendung der Nr. 6.33 der Verwaltungsvorschriften über die Gliederung und Gruppierung der Haushaltspläne der Gemeinden und Gemeindeverbände (VV Gliederung und Gruppierung) scheidet aus, da es sich nicht um eine Erhaltungsmaßnahme handelt.
  • Die Sicherung der Deponie, die die Maßnahmen umfasst, die erforderlich sind, Störungen des Wohles der Allgemeinheit zu verhindern, umfassen nicht nur regelmäßige Kontrollen der Deponie, sondern insbesondere auch die Errichtung geeigneter Sicherungs- und Kontrolleinrichtungen. Sicherungsmaßnahmen können z. B. sein: Probebohrungen, Abdeckungen, Abdichtungen zum Grundwasser, Einzäunung, Ableitung der Sickerwässer und deren Reinigung. Zumindest die Herstellung und Errichtung der dafür notwendigen Anlage erfüllt nach den Regelungen der Nrn. 6.21 und 6.31 der VV Gliederung und Gruppierung in Verbindung mit Abschnittes 157 der Einkommensteuerrichtlinien die Zuordnungskriterien für den Vermögenshaushalt.
  • Nicht unmittelbar zuordenbar sind die unter dem Begriff der Nachsorge zusammengefassten Maßnahmen, da hier sowohl Kontrolluntersuchungen der abgeschlossenen Deponie, wie auch weitere, am jeweiligen Stand der Technik orientierte Bau- und Sicherungsmaßnahmen erfasst sein können.

Insgesamt ist aus haushaltsrechtlicher Sicht davon auszugehen, dass der größte Teil der aus diesen Gebührenbestandteilen zu finanzierenden Projekte dem Vermögenshaushalt zuzuordnen ist, womit in Anwendung der Nr. 6.32 der VV Gliederung und Gruppierung wegen des einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs insgesamt eine Zuordnung zum Vermögenshaushalt vorzunehmen ist.

Mit der Zuordnung der Maßnahmen zum Vermögenshaushalt ist gemäß § 19 Abs. 4 GemHVO eine Ansammlung der Mittel in einer Sonderrücklage ausgeschlossen, die Ansammlung hat vielmehr in der allgemeinen Rücklage zu erfolgen, wobei das Verfahren nach § 21 Abs. 1 und 2 GemHVO anzuwenden ist.

Eine Berücksichtigung der Vorauszahlungen und der darauf entfallenden Zinsen in der Pflichtzuführung vom Verwaltungs- an den Vermögenshaushalt nach § 21 Abs. 1 Satz 2 GemHVO ist wegen der abschließenden Aufzählung in der Norm ausgeschlossen, ebenso eine direkte Sonderzuführung an die Rücklage.

II. Haushaltstechnische Umsetzung

Die Rücklagenbewirtschaftung muß sich daher an den folgenden Grundsätzen orientieren:

  1. Zur Sicherung der dauernden Leistungsfähigkeit und des Haushaltsausgleiches in zukünftigen Jahren muss die Überarbeitung der Gebührenkalkulation kurzfristig erfolgen. Es ist der Betrag zu ermitteln, der als Vorauszahlung der Abgabenschuldner in der allgemeinen Rücklage vorhanden sein müsste. Unter Heranziehung geeigneter Zinssätze und des zu erwartenden Sanierungsaufwandes ist der Betrag zu berechnen, den die Körperschaft als Verzinsung dieser Vorauszahlung erwirtschaften muss.

    Sollte die Summe des Gesamtbetrages der bisher im Unterabschnitt vereinnahmten Vorauszahlungen und des nach § 19 Abs. 2 GemHVO notwendigen Mindestbestandes der allgemeinen Rücklage erheblich größer sein als der momentane Stand der Rücklage, so sind von der Kommune Maßnahmen zu ergreifen, die den Haushaltsausgleich zukünftiger Jahre sichern und kurzfristig die Ansammlung des notwendigen Bestandes der Rücklage sicherstellen.

    Die Darstellungen über die Herkunft der in der allgemeinen Rücklage angesammelten Mittel und deren zukünftige Verwendung sind notwendige Entscheidungshilfen bei der Planung und Realisierung weiterer Investitionen. Wenngleich diese Darstellungen die Mittel der allgemeinen Rücklage nicht separieren können und dürfen, da sie mit der Einstellung in die allgemeine Rücklage ihre Herkunft verlieren, bieten sie doch einen Anhaltspunkt hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung des Anlagevermögens.

    Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auch auf die sogenannten "Roten Rücklagen" zu verweisen. "Rote Rücklagen" müssen dann als problematisch angesehen werden, wenn der Zeitpunkt der aus diesen nicht mehr vorhandenen Mitteln ursprünglich zu finanzierenden Ersatzinvestitionen im Finanzplanungszeitraum erreicht wird, so dass die Kommune aus § 19 Abs. 3 Nr. 3 GemHVO zur Ansammlung von Rücklagen verpflichtet werden kann. Spätestens zu diesem Zeitpunkt müsste der Vermögenshaushalt zwingend auf diese zukünftigen Belastungen ausgerichtet werden.

    Die allgemeingültige Beschränkung auf den Finanzplanungszeitraum sollte dann nicht genutzt werden, wenn mehr als 50% des Gesamtbetrages der Vorauszahlungen in der allgemeinen Rücklage fehlen und der Finanzplan keinen Anhalt bietet, dass in den nächsten Jahren mit außerordentlichen Zuführungen an die Rücklage gerechnet werden kann.
  2. Bei der Verpflichtung zur Ansammlung von Rücklagen nach § 19 Abs. 3 GemHVO handelt es sich um eine "Soll-Vorschrift", mithin um eine Regelung, von der ein Abweichen nur in atypischen Einzelfällen möglich ist. Wegen des absehbar erheblichen Umfanges der für die Deponiesanierung notwendigen Finanzmittel muss die Verpflichtung zur Ansammlung von Rücklagen in diesem speziellen Fall über den Finanzplanungszeitraum hinaus erweitert werden. Es ist unerlässlich, dass seitens der Gemeinden und Gemeindeverbände der Vermögenshaushalt langfristig auf diese zukünftigen Belastungen ausgerichtet wird, da eine Verzögerung die Belastungen wegen des eintretenden Zinseszinseffektes nicht unwesentlich erhöht.
  3. Von der Möglichkeit des Ausgleichs des Verwaltungshaushaltes durch die Entnahme von Mitteln der allgemeinen Rücklage kann bei einer absehbaren Inanspruchnahme für die Deponiesanierung nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn der Bestand noch so groß ist, dass die Sanierung (und eventuelle Gebührenerstattung) mit den noch vorhandenen Mitteln (ohne Kreditaufnahme) durchgeführt werden kann. Anderenfalls darf die Entnahme zum Ausgleich des Verwaltungshaushaltes nicht erfolgen, da die Deponiesanierung als Maßnahme im Sinne von § 21 Abs. 3 Nr. 2 GemHVO zu verstehen ist.

III. Empfehlungen zur Wahl des geeigneten Zinssatzes:

  1. Hinsichtlich der Vorauszahlungen und der nunmehr darauf entfallenden Zinsen besitzt der Abgabenschuldner nur einen Anspruch auf Abrechnung und Rückzahlung überzahlter Beträge, so dass es sich aus der Sicht der kommunalen Haushaltswirtschaft nicht um einen Kredit handelt.

    Ein Kredit wäre nur dann anzunehmen, wenn die Kommune die erhaltenen Gelder unbedingt zurückzahlen müsste, was hier nicht der Fall ist. Eine Rückzahlungsverpflichtung der Kommune ist vielmehr nur dann gegeben, wenn die erhaltenen Beträge und die darauf entfallenden Zinsen den zukünftig anrechenbaren Investitionsaufwand überstiegen haben.
  2. Da es sich bei den von den Gebührenzahlern geleisteten Vorauszahlungen nicht um Kredite im Sinne des § 43 Nr. 19 GemHVO handelt, muss sich die Gemeinde bzw. der Gemeindeverband bei der Wahl des in der Kalkulation zu berücksichtigenden Zinssatzes auch nicht an den gegenwärtigen Kreditzinsen orientieren, sondern kann den niedrigeren Zins für Geldanlagen wählen.

    Für die Kommune ergibt sich daraus der Vorteil der Reduktion der zu erwirtschaftenden Zinssumme, während sich für den Gebührenschuldner insoweit auch kein Nachteil ergibt, da er, sofern er die geleisteten Beträge selbst bis zur Fälligkeit ansparen würde, ebenfalls nur den geringeren Sparzins erhalten würde.

    Da dem Anspruch des Abgabenschuldners auf Verzinsung nur ein Zinssatz zugrundegelegt werden kann, zu dessen Erwirtschaftung die Körperschaft unter Beachtung der Beschränkungen des § 20 GemHVO und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften rechtlich in der Lage ist, muss in der Gebührenkalkulation auch nur ein derartiger Zinssatz berücksichtigt werden. Es empfiehlt sich ebenfalls die Berücksichtigung der verschiedenen Laufzeiten von Geldanlagen.
  3. Für die erstmalige Kalkulation von Zinsen und die daraus resultierende Notwendigkeit der Anpassung der Gebühren wird folgender Weg vorgeschlagen:

    Nachdem der Gesamtbetrag der bisher eingenommenen Vorauszahlungen ermittelt wurde, wird mittels eines unter Beachtung der Restlaufzeit der Deponie ermittelten Zinssatzes (z. B. Rendite einer Bundesanleihe gleicher Laufzeit) derjenige Betrag ermittelt, der aus diesen Vorauszahlungen zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme zur Verfügung steht. Es sollte hierbei von einer Wiederanlage der Zinserträge (Thesaurierung) ausgegangen werden.

    Die sich dann ergebende, noch zu erwirtschaftende Differenz zum voraussichtlichen Sanierungsaufwand kann unter Berücksichtigung eines angemessenen Zinssatzes (siehe 2.) unter Beachtung der Wiederanlage erwirtschafteter Zinsen auf die Restlaufzeit verteilt werden und bildet somit die Grundlage für die noch zu erhebenden Vorauszahlungen.
  4. Sollte sich unter Beachtung der Verzinsung bereits ein Betrag ergeben, der größer ist als der zu erwartende Sanierungsaufwand, so ist der überschießende Betrag unter Beachtung der Verzinsung während der Restlaufzeit durch eine Absenkung der Gebühren den Abgabenschuldnern zu erstatten.

Im Auftrag

gez. Hoffmann