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Runderlass Nr. 2/2019 "Kommunalaufsicht im kommunalen Auftragswesen" (Rderl. 2/2019)

Runderlass Nr. 2/2019 "Kommunalaufsicht im kommunalen Auftragswesen" (Rderl. 2/2019)
vom 26. August 2019

1. Allgemeines

Vergabeaufsicht als allgemeine Rechtsaufsicht

Die Vergabe von Aufträgen unterfällt der kommunalen Selbstverwaltung. Die staatliche Aufsicht beschränkt sich daher auf eine Rechtsaufsicht, sofern nicht besondere Vorschriften ausdrücklich eine Sonder- oder Fachaufsicht anordnen. Auch wenn der Kommune bestimmte Aufgaben als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung oder als Auftragsangelegenheiten zugewiesen sind, ist die Beschaffung der Lieferungen und Leistungen zur Wahrnehmung dieser Aufgabe grundsätzlich Selbstverwaltungsangelegenheit. Insbesondere Fehler im Vergabeverfahren fallen daher in die Zuständigkeit der Rechtsaufsicht. Fach- oder sonder-aufsichtliche Maßnahmen können sich hingegen insbesondere auf den Inhalt der Ausschreibung beziehen. Die Rechtsaufsicht wird nach den §§ 108 ff. BbgKVerf von den Kommunalaufsichtsbehörden wahrgenommen, sofern besondere Vorschriften nicht ausnahmsweise die Rechtsaufsicht anderen Behörden zuweisen. Die Aufsicht erstreckt sich sowohl auf das nach außen gerichtete privatrechtliche Verfahren als auch auf das interne öffentlich-rechtliche Verfahren (z. B. das Beschlussverfahren in der Gemeindevertretung).

2. Zuständigkeiten

2.1. Allgemeine Zuständigkeitsverteilung

Es gelten die allgemeinen Zuständigkeiten. Zuständig für den kreisangehörigen Bereich sind die Landräte als allgemeine untere Landesbehörden, im Übrigen das Ministerium des Innern.

2.2. Aufsicht gegenüber juristischen Personen des Privatrechts

(1) Juristische Personen des Privatrechts unterliegen nicht der Kommunalaufsicht, auch wenn sie sich in ausschließlich kommunaler Trägerschaft befinden.

(2) Die Kommunen haben durch Ausübung ihrer Gesellschafterrechte auf ein rechtmäßiges Handeln der Privatrechtsgesellschaften hinzuwirken. Diese Ausübung der Gesellschafterrechte unterliegt der Kommunalaufsicht, so dass insoweit Vergaben von juristischen Personen des Privatrechts mit kommunalen Anteilseignern mittelbar der kommunalaufsichtlichen Kontrolle unterfallen.

2.3. Nachprüfstellen

Die Kommunalaufsichtsbehörden sind keine Prüfstellen nach § 21 VOB/A. Zur Einrichtung solcher Stellen und zur Angabe in den Ausschreibungsunterlagen vgl. Rundschreiben zum Kommunalen Auftragswesen im Land Brandenburg vom 26.08.2019; Gesch.Z.: 31-313-35.

2.4. Schlichtungsstellen

(1) Die Kommunalaufsichtsbehörden sind nicht die der auftraggebenden Stelle unmittelbar vorgesetzte Stelle im Sinne von § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 VOB/B.

(2) Vor der Kommunalaufsichtsbehörde finden Schlichtungsverfahren grundsätzlich nicht statt. Bei Anrufung zur Streitschlichtung sind dabei übermittelte Unterlagen unter Mitteilung der Unzuständigkeit an das Unternehmen zurückzureichen. Ist eine örtlich und sachlich zuständige Schlichtungsstelle eingerichtet, ist das Unternehmen an diese zu verweisen. 

2.5. Rechnungsprüfung

Die Ausübung der Kommunalaufsicht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens ist organisatorisch und personell sowohl von den Tätigkeiten im Prüfungswesen nach § 102 Abs. 1 Nr. 4 BbgKVerf als auch von der Tätigkeit der für die überörtliche Prüfung zuständigen Rechnungsprüfungsbehörden nach § 105 BbgKVerf zu trennen. Die Rechnungsprüfungsämter dürfen mit der Ausübung von Kommunalaufsicht nicht beauftragt werden.

3. Beratung

3.1. Beratung kommunaler Vergabestellen

(1) Die Kommunalaufsicht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens ist in erster Linie auf eine vorbeugende Beratung der kommunalen Vergabestellen auszurichten. Dies erfolgt insbesondere durch die Weitergabe bereichsspezifischer Informationen und Regelungen der obersten Kommunalaufsichtsbehörde.

(2) Die Beratung durch die Kommunalaufsichtsbehörde ist auf eine rechtsfehlerfreie Anwendung der bereichspezifischen Rechtsvorschriften gerichtet, d.h. sie ist Rechtsberatung. Die Zweckmäßigkeit rechtmäßiger Maßnahmen der Vergabestellen wird nicht beurteilt.

(3) Die Beratung beschränkt sich so weit wie möglich auf die Erteilung allgemeiner Rechtsauskünfte zur Anwendung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren. Eine konkrete rechtliche Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts im Einzelfall darf von der Kommunalaufsichtsbehörde nur dann vorgenommen werden, wenn sie den beurteilungserheblichen Sachverhalt zuvor aktenkundig festgestellt hat. Die verfahrensbezogene Beratung einer Vergabestelle darf nicht dazu führen, dass die Kommunalaufsichtsbehörde praktisch die Vorbereitung oder Durchführung des Vergabeverfahrens in ihre eigene Verantwortung übernimmt.

(4) Ist die Rechtslage - etwa wegen fehlender oder uneinheitlicher Rechtsprechung - nicht eindeutig oder sind die aufgeworfenen Rechtsfragen für die Kommunalaufsicht nicht oder nur mit unangemessenem Aufwand zu beantworten, kann die Kommunalaufsichtsbehörde die Vergabestelle auf eine Entscheidung in eigener Verantwortung verweisen; sie kann zudem die Vergabestelle darüber informieren, wenn aufgrund des gegenwärtigen Erkenntnisstandes kommunalaufsichtliche Maßnahmen nicht ergriffen werden sollen.

(5) Verbindliche Rechtsauskünfte werden von der Kommunalaufsichtsbehörde nur schriftlich erteilt. Bezieht sich eine Auskunft auf einen Sachverhalt, der von der Kommunalaufsichtsbehörde nicht selbst festgestellt wurde, sondern für den lediglich ein Vortrag der Vergabestelle zu Grunde gelegt wurde, ist dies in der Mitteilung deutlich zu machen. Gleiches gilt für die Beantwortung von Fragen, die losgelöst vom Einzelfall gestellt werden.

(6) Von der Kommunalaufsichtsbehörde werden ausschließlich Rechtsfragen beurteilt. Kommt es für die rechtliche Beurteilung auf eine Klärung anderer Fachfragen an, ist die Vergabestelle aufzufordern, sich zur Vorbereitung oder Durchführung des Vergabeverfahrens eines geeigneten Experten zu bedienen.

(7) Bei der Beratung dürfen die Ermessens- und Beurteilungsspielräume der kommunalen Auftraggeber nicht eingeschränkt werden. Zu einer bestimmten Maßnahme darf die Vergabestelle nur aufgefordert werden, wenn feststeht, dass jede andere Maßnahme rechtswidrig wäre.

(8) Die Beratung von Vergabestellen ist ein vertraulicher Vorgang zwischen der Kommunalaufsichtsbehörde und der Kommune. Die Kommunalaufsichtsbehörde ist zu gemeindefreundlichem Verhalten verpflichtet und erteilt daher Stellen und Personen außerhalb der öffentlichen Verwaltung grundsätzlich keine Auskünfte über den Gegenstand und die Inhalte der Beratung. Dabei kann der Vergabestelle gestattet werden, dass deren Beauftragte und Verfahrensbevollmächtigte an den Beratungen teilnehmen.

(9) Eine zusätzliche Beratung von Vergabestellen, die entgeltlich sachverständige Dritte mit der Vorbereitung bzw. Durchführung eines Vergabeverfahrens beauftragt haben, ist grundsätzlich nicht notwendig. Ebenso werden die Beauftragten der Vergabestelle nicht beraten.

(10) Erleidet die Gemeinde einen Schaden, kann die aufsichtliche Beratung auch Hinweise auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen umfassen.

3.2. Beratung Dritter

(1) Dritte, insbesondere private Unternehmen als Teilnehmer an Vergabeverfahren, werden von Kommunalaufsichtsbehörden nicht beraten.

(2) Auskünfte werden erteilt über Zuständigkeiten von Behörden des Landes, Zuständigkeiten der Gemeinden und Gemeindeverbände, Rechtsauffassungen der Kommunalaufsichtsbehörden, die von den Vergabestellen allgemein beachtet werden sollen.

(3) Für allgemeine Informationen und Beratungen zum öffentlichen Auftragswesen sind die Unternehmen an die Auftragsberatungsstelle Brandenburg e. V., – Mittelstraße 5, 12529 Schönefeld; Tel.: 030/3744607-0; Fax: 030/3744607-21; E-Mail: info@abst-brandenburg.de, zu verweisen.

(4) Die Beratung der ihrer Aufsicht unterliegenden Gesellschafter kommunaler Eigen- und Beteiligungsgesellschaften erfolgt nur insoweit, als Maßnahmen des kommunalen Gesellschafters zu treffen sind.

4. Kommunalaufsichtliche Maßnahmen

4.1. Öffentliches Interesse

(1) Jede Maßnahme der Kommunalaufsicht setzt ein öffentliches Interesse voraus. Dies wird in § 109 BbgKVerf ausdrücklich klargestellt. Ob ein öffentliches Interesse besteht, ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalles zu beurteilen.

(2) Gegen ein öffentliches Interesse sprechen folgende Gesichtspunkte:

  • Rechtsschutzmöglichkeiten für einen unterlegenen Bieter
  • Zuschlag wurde erteilt und es stehen nur noch Haftungsansprüche im Raum
  • keine oder unwesentliche Auswirkungen auf den Gemeindehaushalt
  • mögliche Fehler können nicht mehr rückgängig gemacht werden

(3) Für ein öffentliches Interesse sprechen folgende Gesichtspunkte:

Verdacht einer strafbaren Handlung

  • wesentliche Auswirkungen auf den Gemeindehaushalt
  • Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht
  • vorsätzliche, offensichtliche, erhebliche oder wiederholte Rechtsverletzungen

(4) Ist ein öffentliches Interesse von vornherein auszuschließen, erfolgt eine Rechtmäßigkeitsprüfung nicht.

4.2. Unterrichtungsrecht

(1) Das Unterrichtungsrecht nach § 112 BbgKVerf gilt auch für Vergabeprüfungen. Die Kommunalaufsicht kann sich in jeder Phase des Vergabeverfahrens unterrichten lassen. Evtl. Geheimhaltungsverpflichtungen der Vergabestellen gelten nicht gegenüber der Aufsicht. Die Aufsicht unterliegt ihrerseits allen Geheimhaltungsverpflichtungen der Vergabestelle.

(2) Das Unterrichtungsbegehren erfolgt anlassbezogen, wenn die Möglichkeit einer rechtswidrigen Maßnahme besteht. Insbesondere eine allgemeine Unterrichtung über Vergaben der Kommunen oder stichprobenartige Prüfungen sind vom Unterrichtungsrecht nicht abgedeckt.

(3) Originalakten sind nur anzufordern, soweit dies für die Beurteilung des Sachverhaltes erforderlich ist. Würde durch die Übersendung das Vergabeverfahren unzumutbar verzögert, ist eine Einsichtnahme vor Ort zu empfehlen. In geeigneten Fällen können auch zunächst Kopien angefordert und die Originalakten nachgereicht werden.

4.3. Beanstandung

(1) Der Beanstandung nach § 113 BbgKVerf unterliegen grundsätzlich alle rechtswidrigen Maßnahmen der Gemeinde im Vergabeverfahren. Eine Beanstandung erfolgt in der Regel nicht, wenn die Maßnahme nicht mehr rückabgewickelt werden kann. Dies gilt insbesondere, wenn der Zuschlag zivilrechtlich verbindlich erteilt wurde. Etwas anderes kann gelten, wenn gravierende Rechtsverstöße vorliegen, insbesondere, wenn zudem eine Wiederholungsgefahr zu besorgen ist. In diesen Fällen ist vorab zu prüfen, ob der Zuschlag überhaupt wirksam erteilt wurde oder ob beispielsweise wegen Verstoßes gegen die guten Sitten ein nach § 138 BGB nichtiges Rechtsgeschäft vorliegt.

(2) Künftige Maßnahmen unterliegen grundsätzlich nicht der Beanstandung. Voraussetzung für eine ausnahmsweise ausgesprochene Beanstandung in diesen Fällen ist, dass die Maßnahme unmittelbar bevorsteht und eine nachträgliche Beanstandung zu nicht oder nur schwer wiedergutzumachenden Schäden führt. Um dem eigenverantwortlichen Handeln der Gemeinden im Vergabeverfahren Rechnung zu tragen, wird ein unmittelbar bevorstehender, zivilrechtlich wirksamer Zuschlag nur beanstandet oder nach § 113 Abs. 2 BbgKVerf einstweilig beanstandet, wenn ein unter 4.1 Abs. 3 genannter Gesichtspunkt vorliegt. Gleiches gilt für die Aufhebung einer Ausschreibung, wenn eindeutig ist, dass die Kommune die Vergabeabsicht aufgegeben hat.

4.4. Anordnung

(1) Die Zuschlagerteilung darf nicht angeordnet werden.

(2) Die Aussetzung von Vergabeverfahren ist kein selbständiges Rechtsinstrument der Kommunalaufsicht. Eine auf die Aussetzung eines Vergabeverfahrens gerichtete Anordnung nach § 115 BbgKVerf darf nicht ergehen. Davon unberührt bleibt das Recht zur einstweiligen Beanstandung von Maßnahmen (§ 113 Abs. 2 BbgKVerf) unter den dafür allgemein geltenden kommunalaufsichtsrechtlichen Voraussetzungen.

4.5. Ermessen

(1) Ob und welche Maßnahmen eingeleitet werden, steht im Ermessen der Kommunalaufsichtsbehörde. Zu erwägen ist insbesondere, ob eine aufsichtliche Beratung zur Bereinigung oder Vermeidung von Rechtsfehlern ausreicht. Zudem dürfen die Maßnahmen nicht außer Verhältnis zu den der Kommune dadurch entstehenden Nachteilen (z. B. Schadensersatzverpflichtungen, Fehlen benötigter Ausrüstung) stehen.

(2) Bei Verstößen gegen europäisches Gemeinschaftsrecht sind die Aufsichtsbehörden grundsätzlich zum Einschreiten verpflichtet. Dies gilt insbesondere, wenn die EU-Kommission bereits Schritte wegen einer möglichen Vertragsverletzung eingeleitet hat.

5. Behandlung von Aufsichtsbeschwerden

5.1. Vorgehensweise

(1) Bei Eingang einer Aufsichtsbeschwerde im Bereich der Auftragsvergabe, die nicht offensichtlich gegenstandslos ist, wird zunächst – ggf. durch Nachfrage bei der Vergabestelle - geprüft, ob der Zuschlag erteilt wurde und ob es sich um eine Vergabe oberhalb oder unterhalb der EG-Schwellenwerte handelt.

(2) Aufsichtsverfahren vor Zuschlagerteilung sind, soweit möglich, vorrangig und zügig zu behandeln.

(3) Bei Vergaben oberhalb der Schwellenwerte ist der Beschwerdeführer vor Zuschlagerteilung auf die Möglichkeit, die Vergabekammer anzurufen, hinzuweisen. Nimmt der Beschwerdeführer ein zulässiges Nachprüfungsverfahren nicht wahr oder ist der Antrag aus dem Beschwerdeführer zuzurechnenden Gründen unzulässig (z. B. Versäumung einer Frist oder einer Rügeobliegenheit), sind zur Durchführung einer kommunalaufsichtlichen Prüfung besondere Anforderungen an die Bejahung eines öffentlichen Interesses zu stellen.

(4) Bei Vergaben unterhalb der Schwellenwerte vor Zuschlagerteilung wird die Vergabestelle kurzfristig um Stellungnahme gebeten, wenn nicht von vornherein ein öffentliches Interesse zu verneinen ist. Die Rechtsschutzmöglichkeiten vor den (Zivil-)Gerichten sprechen nicht gegen die Bejahung eines öffentlichen Interesses. Die Kommunalaufsicht teilt dem Beschwerdeführer mit, ob sie kommunalaufsichtliche Maßnahme gegen die Kommunen eingeleitet hat. Sie kann dem Beschwerdeführer ihre Entscheidung begründen.

(5) Ist der Zuschlag erteilt und nach Einschätzung der Kommunalaufsicht eine zivilrechtliche Bindung der Kommune eingetreten, entfällt in der Regel das öffentliche Interesse. Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Kommunalaufsicht, private Schadensersatzansprüche gegen die Kommune zu prüfen und durchzusetzen. Der Beschwerdeführer wird in diesem Fall auf die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes verwiesen. Prüft die Kommunalaufsichtsbehörde die Beschwerde inhaltlich, weil Anhaltspunkte für eine Bejahung des öffentlichen Interesses nach 4.1.3 vorliegen, teilt sie dem Beschwerdeführer mit, ob sie kommunalaufsichtliche Maßnahme gegen die Kommunen eingeleitet hat. Sie kann dem Beschwerdeführer ihre Entscheidung begründen.

5.2. Akteneinsicht

(1) In den aufsichtsrechtlichen Verwaltungsverfahren der Kommunalaufsichtsbehörden haben beschwerdeführende Teilnehmer am Vergabeverfahren oder sonstige Dritte nicht die Stellung eines Beteiligten und können auch nicht als Beteiligte hinzugezogen werden (§ 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfGBbg i. V. m. § 13 Abs. 2 VwVfG). Ein Anspruch auf Akteneinsicht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfGBbg i. V. m. § 29 VwVfG besteht daher nicht.

(2) Anträge auf Akteneinsicht nach dem AIG sind gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 5 AIG abzulehnen. Dies gilt sowohl für laufende, als auch für bereits abgeschlossene Verfahren.

6. Verhältnis zu anderen Verfahren

6.1. Aussetzung des Verfahrens

Die kommunalaufsichtliche Prüfung erfolgt grundsätzlich unabhängig von Prüfungen durch andere Institutionen. Ist in der gleichen Sache ein Gerichtsverfahren anhängig, wird das Kommunalaufsichtsverfahren in der Regel bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung ausgesetzt. Bei anderen Prüfungen, etwa im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die EU-Kommission oder einer Rechnungsprüfung, kann das Verfahren ausgesetzt werden.

6.2. Einleitung anderer Verfahren

(1) Bei Verdacht einer strafbaren Handlung kann die Kommunalaufsicht Strafanzeige erstatten. Zu Maßnahmen bei Korruptionsverdacht siehe Ziff. 8.

(2) Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, ist vom Dienstvorgesetzten ein Disziplinarverfahren einzuleiten, § 18 LDG.

7. Besondere Bestimmungen bei der Verwendung von Fördermitteln

Sind zur Finanzierung der zu vergebenden Leistung in einem Vergabeverfahren von der Vergabestelle Fördermittel beantragt und bewilligt worden, soll der Fördermittelgeber über Zweifel an der rechtmäßigen Durchführung des Vergabeverfahrens bzw. der unrechtmäßigen Verwendung der Fördermittel durch die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde benachrichtigt werden. Weitere kommunalaufsichtsrechtliche Maßnahmen können solange unterbleiben, bis der Fördermittelgeber mitgeteilt hat, ob die Vergabestelle die mit dem Fördermittelbescheid verbundene Auflage zur Beachtung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren (§ 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfGBbg i. V. m. § 36 Abs. 2 Nr. 4 und 5 VwVfG) nach deren Feststellungen rechtsfehlerfrei erfüllt hat oder nicht.

8. Besondere Bestimmungen bei Korruptionsverdacht

(1) Als Korruption ist jede unrechtmäßige Einflussnahme auf die Entscheidungsabläufe der Verwaltung, d. h. deren Organe, Beschäftigte oder sonstige Beauftragte (auch Mitarbeiter mitwirkender Planungsbüros) anzusehen, die in der Absicht erfolgt, dadurch sich selbst oder einem Dritten eine bessere Position gegenüber anderen zu verschaffen. Einem Korruptionsverdacht ist immer nachzugehen. Verfestigt sich ein anfänglicher Verdacht, teilt die Kommunalaufsichtsbehörde ihre maßgeblichen Feststellungen dem Leiter der Verwaltung oder, soweit dieser selbst vom Verdacht betroffen ist, dessen Dienstvorgesetzten unverzüglich schriftlich mit. Der obersten Kommunalaufsichtsbehörde sowie der Antikorruptionsbeauftragten des Ministeriums des Innern ist eine Kopie zu übersenden.

(2) Richtet sich ein verfestigter Korruptionsverdacht gegen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, wirkt die Kommunalaufsichtsbehörde auf eine weitere Aufklärung durch den zuständigen Dienstvorgesetzten hin. Richtet sich der Verdacht gegen sonstige Beauftragte der Verwaltung oder deren Mitarbeiter, wirkt die Kommunalaufsichtsbehörde auf eine neuerliche Überprüfung der Zuverlässigkeit des Beauftragten durch den öffentlichen Auftraggeber hin, der bei festgestellter Unzuverlässigkeit das Vertragsverhältnis unverzüglich beendet, unbeschadet etwaiger strafrechtlicher Veranlassungen.

(3) Erhält die Kommunalaufsichtsbehörde Kenntnis eines Korruptionsverdachts im Verantwortungsbereich einer kommunalen Eigen- oder Beteiligungsgesellschaft, teilt sie dies dem ihrer Aufsicht unterliegenden Gesellschafter des Unternehmens mit der Bitte um Stellungnahme mit.

9. Schlussbestimmungen

9.1 Geltung

Der Runderlass enthält verbindliche Verwaltungsvorschriften für die Kommunalaufsichtsbehörden des Landes Brandenburg. Hinweise für die Kommunen zum kommunalen Auftragswesen in Brandenburg finden sich im Rundschreiben des Ministeriums des Innern zum Kommunalen Auftragswesen im Land Brandenburg vom 26.08.2019; Gesch.Z: 31-313-35.

9.2. Hinweise, Abweichungen im Einzelfall

Die Kommunalaufsichtsbehörden und jede andere Stelle können jederzeit Hinweise für Änderungen oder Ergänzungen dieses Runderlasses bei der obersten Kommunalaufsicht anbringen. Will eine Kommunalaufsichtsbehörde im Einzelfall von den Vorgaben dieses Runderlasses abweichen, ist dies nur nach vorheriger Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde vorzunehmen. Ist dies wegen der Dringlichkeit der Maßnahme ausnahmsweise nicht möglich, ist die oberste Kommunalaufsichtsbehörde unverzüglich zu informieren.

9.3. Inkrafttreten/Aufhebung von Runderlassen

Dieser Runderlass tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft. Gleichzeitig tritt der Runderlass des Ministeriums des Innern Nr. 1/2011 „Kommunalaufsicht im kommunalen Auftragswesen“ vom 17. März 2011 außer Kraft.