Erlass des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz zur Bekanntmachung der Erhaltungsziele nach § 26b Absatz 3 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes und zur Bewirtschaftung des Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung "Pinnow"
Dieser Erlass regelt auf der Grundlage des § 26b Absatz 3 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes (BbgNatSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Mai 2004 (GVBl. I S. 350), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 29. Oktober 2008 (GVBl. I S. 266), die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung von Artikel 6 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/105/EG vom 20. November 2006 (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 368) - Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie). Er legt die unter Nummer 3 genannten Erhaltungsziele fest sowie die erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen und deren Umsetzungsinstrumente in Anlage 2. Die Umsetzung ist durch die zuständigen Behörden zu gewährleisten.
1 Bewirtschaftungsgegenstand
Die in Anlage 1 (Übersichtsskizze) näher bezeichnete Fläche im Landkreis Uckermark wurde als FFH-Gebiet mit der Bezeichnung “Pinnow“ und der Gebietsnummer DE 2950-303 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung der Europäischen Kommission aufgenommen.
Das Gebiet hat eine Größe von circa 1 251 Hektar und umfasst Flächen in folgenden Fluren:
Gemeinde: | Gemarkung: | Flur: |
---|---|---|
Frauenhagen | Frauenhagen | 1 |
Mürow | Mürow | 2 |
Mark Landin | Schönermark | 3 |
Mark Landin | Landin | 1, 5 - 7 |
Pinnow | Pinnow | 1 - 3 |
Schöneberg | Felchow | 2 |
Angermünde | Dobberzin | 1 |
Crussow | Crussow | 1. |
Die Grenze des Geltungsbereichs dieses Erlasses ist in der Übersichtsskizze (Anlage 1) und im Maßstab 1 : 10 000 in der Biotoptypenkarte, der Karte der FFH-Lebensraumtypen (LRT) und der Zielkarte sowie in Liegenschaftskarten eingezeichnet. Maßgeblich ist die Einzeichnung in den Liegenschaftskarten. Diese Karten sind mit einer Flurstücksliste beim Landesumweltamt in Potsdam, beim Landkreis Uckermark als untere Naturschutzbehörde in Prenzlau, bei dem Amt Oder-Welse und bei der Stadt Angermünde von jedermann während der Dienstzeiten einsehbar.
2 Beschreibung des Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung
Das FFH-Gebiet besteht aus zwei Teilflächen, die nordöstlich und südwestlich von Pinnow bei Angermünde liegen. Es befindet sich im Rückland der Mecklenburg-Brandenburger Seenplatte und gehört geologisch betrachtet zur stark reliefierten Grundmoräne im Rückland der Angermünder Staffel. Aufgrund der meist guten Böden wurde hier eine ertragreiche Ackerlandschaft geschaffen, die kaum durch Gehölze strukturiert ist. Wegen der häufig auftretenden Kleingewässer und Sölle befinden sich im Gebiet Schwerpunktvorkommen der Rotbauchunke (Bombina bombina) und des Kammmolches (Triturus cristatus).
3 Erhaltungsziele
Ziel ist die Entwicklung und Wiederherstellung
der Stillgewässer des Gebietes als “Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions“ (LRT 3150)
sowie die Erhaltung und Entwicklung
der Populationen der Rotbauchunke und des Kammmolches sowie ihrer jeweiligen Lebensräume.
4 Beschreibung, Bewertung und ökologische Erfordernisse der LRT nach Anhang I und der Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie
Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions, LRT-Nummer 3150, Größe: circa 4,3 Hektar, Erhaltungszustand C
Fünf der im Gebiet auftretenden Kleingewässer sind als natürlich eutrophe Seen einzuordnen. Sie sind infolge ihrer Lage in den intensiv genutzten Ackerflächen und der fehlenden oder nur sehr schmal ausgebildeten Pufferstreifen durch Stoffanreicherung beeinträchtigt. Dies äußert sich in einer geringen Sichttiefe, verstärktem Algenwachstum, der Bildung von Faulschlamm sowie in einer Ufervegetation aus wenigen, nährstoffliebenden Arten. Ein Gewässer weist eine intensive Angelnutzung auf. Es werden Fische eingesetzt, die die Entwicklung von Amphibien behindern. Alle eutrophen Seen sind für Amphibien und die Ringelnatter von Bedeutung, drei von ihnen sind Reproduktionsgewässer der Rotbauchunke. Die Seen sollen vor weiterem Nährstoffeintrag aus der Ackerlandschaft geschützt und teilweise renaturiert werden. Alle fünf eutrophen Seen sind nach § 32 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes geschützt.
Rotbauchunke (Bombina bombina), Erhaltungszustand C
Die Rotbauchunke kommt an fast allen Kleingewässern des Gebietes vor. Es treten meist Rufergemeinschaften zwischen fünf und zehn Männchen auf, wobei an einigen Gewässern bis zu 100 rufende Männchen gehört worden sind. Jungtiere wurden nur an wenigen Gewässern beobachtet. Die Population der Rotbauchunke im FFH-Gebiet “Pinnow“ weist einen negativen Trend auf. Dies liegt vor allem an den zum Teil durch Stoffeinträge stark degradierten Gewässern, an dem Rückgang von Landschaftsstrukturen zugunsten einer effizienteren Flächenbewirtschaftung, an wintergetreide- und rapsdominierten Fruchtfolgen, an der vom Einsatz von Kunstdünger und Pflanzenschutzmitteln abhängigen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung, an dem dichten Heranpflügen an Kleingewässer sowie an den seit Beginn der Wetteraufzeichnung festgestellten, sinkenden Niederschlagsraten.
Die Population im FFH-Gebiet ist verbunden mit Vorkommen der Rotbauchunke Richtung Westen nach Frauenhagen, insbesondere aber Richtung Osten zum Felchowseegebiet und bis nach Schwedt. Sie kann daher zur Stabilisierung des Unkenvorkommens auch über das FFH-Gebiet hinaus beitragen. Allerdings zerschneidet die B 2 das Gebiet, wodurch die Population der Rotbauchunke im Biotopverbund und damit in ihrem Fortbestehen geschwächt wird. Auch eine wie oben dargestellte land-wirtschaftliche Nutzung kann die Unkenvorkommen beeinträchtigen, wenn sich zum Beispiel Bewirtschaftungszeitpunkte mit Wanderungszeiträumen der Unke überschneiden, Uferrandstreifen ackerbaulich genutzt werden oder Stoffe in die Gewässer gelangen. Umso wichtiger wird es, den Zustand der Teillebensräume innerhalb des FFH-Gebietes zu verbessern und Wanderwege zu verkürzen.
Die Rotbauchunke benötigt verbundene Gewässersysteme und deren Uferzonen als Sommerlebensraum sowie Wald- und Gehölzstreifen mit Totholzstrukturen oder Laub-, Reisig- und Lesesteinhaufen im Uferbereich und der Umgebung der Gewässer als Winterlebensraum. Die Gewässer als Fortpflanzungs- und Sommerlebensräume sollen freie besonnte Wasserflächen mit einer Mindestwasserführung bis Mitte Juli hinein besitzen, um sie herum sind ausreichend breite Uferrandstreifen für die Nahrungssuche und zum Schutz vor Verletzung durch landwirtschaftliche Bearbeitung zu entwickeln. Weiterhin mangelt es dem FFH-Gebiet an Winterlebensräumen für die Rotbauchunke. Daher ist es mit Gehölzstrukturen anzureichern. Weiterhin ist es von Bedeutung, einen Kompromiss zwischen Bewirtschaftungszeitpunkten und Wanderungszeiträumen zu finden, so dass Beeinträchtigungen durch beispielsweise Düngergaben und mechanische Verletzungen verhindert werden können.
Kammmolch (Triturus vulgaris), Erhaltungszustand C
Der Kammmolch besiedelt nur wenige Gewässer im Gebiet. In seinen Strukturen besitzt das Gebiet für die Lebensraumansprüche des Kammmolches einen beschränkten Erhaltungszustand. Sein Lebensraum ist jedoch von der Zerschneidung durch die B 2 und die intensive landwirtschaftliche Nutzung beeinträchtigt. Der Kammmolch benötigt sonnenexponierte, vegetationsreiche, stehende, eutrophe und fischfreie Flachgewässer jeglicher Art, und ähnliche Überwinterungsplätze wie die Rotbauchunke. Die entsprechenden Strukturen sind zu erhalten beziehungsweise zu entwickeln.
Erhaltungszustand
A - hervorragender Erhaltungszustand
B - guter Erhaltungszustand
C - durchschnittlicher oder beschränkter Erhaltungszustand
5 Bestand und Bewertung der nach § 32 BbgNatSchG geschützten Biotope, der Biotope, die Einfluss auf die in Nummer 3 aufgeführten LRT und Arten haben sowie Lebensräume der Arten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie
Kleingewässer und temporäre Kleingewässer, gegebenenfalls mit Röhrichtgesellschaften, § 32 BbgNatSchG
Das FFH-Gebiet ist sehr kleingewässerreich, obwohl schon einige Hohlformen nach Auswertung historischer Karten ausgetrocknet, verfüllt und überackert worden sind. Sie kommen in unterschiedlichster Ausprägung vor. Manche sind permanent wassergefüllt, manche periodisch wasserführend, manche scheinen gänzlich ausgetrocknet zu sein, so dass nur noch die Hohlform erhalten ist. Die noch vorhandenen Kleingewässer sind nach § 32 BbgNatSchG geschützt. Insbesondere für Rotbauchunke und Kammmolch haben die ständig oder periodisch wasserführenden Hohlformen eine große Bedeutung. Sie sind Laichgewässer und - mit angrenzendem Uferbereich - Sommerlebensraum der Amphibien. Manche Kleingewässer sollten im Hinblick auf offene Gewässerflächen möglichst flache, besonnte Ufer und Uferrandbereiche mit niedriger Vegetationsdecke erhalten. Einige sind zu entschlammen oder zu vertiefen. Die permanenten Kleingewässer weisen häufig einen Fischbestand auf, der die Entwicklung von Amphibien ausschließt.
Weiterhin sind die Gewässer von Bedeutung für die im Gebiet vorkommenden Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie Laubfrosch (Hyla arborea), Moorfrosch (Rana arvalis), Grasfrosch (Rana temporaria), Knoblauchkröte (Pelobates fuscus), Erdkröte (Bufo bufo) und Wechselkröte (Bufo viridis).
Seggen- und Röhrichtmoore, § 32 BbgNatSchG
Im südlichen Teil des FFH-Gebietes kommen einige kleinere und ein größeres Seggen- und Röhrichtmoor vor. Alle leiden unter Entwässerung sowie der damit einhergehenden Eutrophierung in Verbindung mit Stoffeinträgen durch die landwirtschaftliche Bodennutzung in unmittelbarer Umgebung.
Grünlandbrachen feuchter Standorte und Feuchtwiesen nährstoffreicher Standorte, Lesesteinhaufen,§ 32 BbgNatSchG, sowie Staudenfluren frischer, nährstoffreicher Standorte und Feuchtweiden im Kontakt mit Kleingewässern
Im südlichen Teilbereich des Gebiets kommen Grünlandflächen vor, die nur südlich von Mürow genutzt werden. Die Grünland-brachen, Feuchtwiesen und Staudenfluren, die in Kontakt zu Kleingewässern stehen, sollen einmal im Jahr gemäht oder gemulcht werden, damit eine niedrige Vegetation für die Amphibien hergestellt wird. Um eine wirtschaftliche Nutzung des Mähguts zu gewähren, kann eine Mahd der Gewässerrandstreifen in der zweiten Hälfte Mai bis zur ersten Hälfte Juni eines Jahres erfolgen. Optimal wäre jedoch eine Mahd kurz nach dem Hochsommer Mitte August oder in besonders trockenen Phasen im Sommer, in denen die Amphibien sich im verbleibenden Wasserlebensraum aufhalten. Möglich ist auch ein Pflegeschnitt im Winter im Turnus von drei Jahren, um den Jungwuchs von Gehölzen und den abgestorbenen Aufwuchs von Gräsern und Kräutern zu entfernen.
Feldgehölze, Laubgebüsche, Kiefernwäldchen, Alleen - geschützt nach § 31 BbgNatSchG, Baumreihen sowie eine Obstbaumplantage
Das Erdreich unter den Gehölzen bietet mögliche Winterlebensräume für die im Gebiet vorkommenden Amphibien. Besonders geeignet sind lockere Feldgehölze und Laubgebüsche in klimatisch begünstigten Lagen, deren Erdreich sich schneller erwärmt. Winterlebensräume, die zugleich verbindende Funktion erfüllen, sind im Gebiet möglichst in der Nähe der Sommerlebensräume zu entwickeln. Eine solche Vernetzung minimiert die Wanderwege der Amphibien und reduziert damit die potenzielle Gefährdung in der intensiv genutzten Ackerlandschaft. Eine reichere Strukturierung der Landschaft ist auch für den Laubfrosch von großer Bedeutung.
6 Umsetzung
Geeignete Maßnahmen zur Umsetzung der unter Nummer 3 genannten Erhaltungsziele sind in der Anlage 2 aufgeführt. Unberührt bleiben Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen, die durch die zuständige Naturschutzbehörde angeordnet und durchgeführt werden.
Für die Betreuung, Koordinierung und Kontrolle der Umsetzung des Bewirtschaftungserlasses ist die untere Naturschutzbehörde verantwortlich. Die Durchsetzung der einzelnen Erhaltungsmaßnahmen beziehungsweise deren Berücksichtigung im Vollzug obliegt der jeweilig zuständigen Fachbehörde, die hierüber die untere Naturschutzbehörde auf Anforderung informiert.
7 Inkrafttreten
Dieser Erlass tritt am Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt für Brandenburg in Kraft.