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Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

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Aktuelle Fassung

Gemeinsamer Runderlass über die Errichtung und den Betrieb von Leitstellen für den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz (Leitstellenerlass)


vom 7. April 1994
(ABl./94, [Nr. 27], S.400)

Auf Grund des § 26 Abs. 3 Nr. 1 des Brandschutzgesetzes (BSchG) vom 14. Juni 1991 (GVBl. S. 192) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. März 1994 (GVBl. I S. 65) und § 11 Abs. 2 des Brandenburgischen Rettungsdienstgesetzes (BbgRettG) vom 8. Mai 1992 (GVBl. I S. 170) ergeht folgender Erlass:

1. Begriffsbestimmung

Die Leitstellen der Landkreise und kreisfreien Städte sind Einrichtungen für den Rettungsdienst, den Brandschutz und den Katastrophenschutz. Sie sind ständig zu besetzen und dienen zur Entgegennahme von Hilfeersuchen und anderen Meldungen sowie zum Alarmieren, Koordinieren und Lenken von Einsatzkräften.

2. Generelle Aufgaben der Leitstelle

Die Leitstelle hat die Aufgabe, Hilfeersuchen aller Art anzunehmen, erforderlichenfalls weiterzuleiten und die notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Dazu muss das Leitstellenpersonal in der Lage sein, eigenverantwortlich Hilfeersuchen und Gefahrensituationen einzuschätzen, zu beurteilen und entsprechende Schlussfolgerungen abzuleiten.

Die Leitstelle arbeitet mit infragekommenden Dienststellen und Behörden sowie Nachbarleitstellen zusammen und dient fremden Einheiten als Ansprechstelle.

Sie überwacht den Funksprechverkehr des Rettungsdienstes, der Feuerwehren und der Einheiten des Katastrophenschutzes nach der Meterwellenfunkrichtlinie BOS und der Polizeidienstvorschrift PDV/DV 810.3.

Für die Organisation und Durchführung des Dienstes in den Leitstellen ist eine Dienstanweisung durch den Landkreis bzw. die kreisfreie Stadt zu erlassen, in der insbesondere die Zuordnung der Leitstelle zu den betreffenden Dezernaten/Ämtern, ein verantwortlicher Leiter der Leitstelle sowie die Sicherstellung der Fachaufsicht festzulegen sind.

Die in der Anlage 1 dargestellten Anhalte für die Vorhaltung von technischen Hilfsmitteln, Auskunftsunterlagen, Einsatzplänen u. a. sind zu beachten.

2.1 Aufgaben auf dem Gebiet des Rettungsdienstes

Auf dem Gebiet des Rettungsdienstes sind folgende Aufgaben zu erfüllen:

  • Alarmierung der zuständigen Einsatzkräfte des Rettungsdienstes nach Maßgabe der Alarm- und Ausrückeordnung,
  • Einsatzlenkung und -koordinierung des Rettungsdienstes,
  • Führen eines täglich aktuellen Bettennachweises der Krankenhäuser im Rettungsdienstbereich, gegliedert nach Fachabteilungen,
  • Führen einer Dokumentation zur Alarmierung des Rettungsdienstpersonals, Notarztes, Leitenden Notarztes u. a.,
  • Führen der Leitstellendokumentation "Rettungsdienst"
  • Auslösung von Maßnahmen (Sofortreaktion) bei größeren Schadensereignissen (Massenanfall von verletzten oder erkrankten Personen), Alarmierung der Sondereinsatzgruppen sowie der überörtlichen Hilfe, Unterstützung der Einsatzleitung,
  • Einholen und Weiterleiten erforderlicher Auskünfte (z. B. Giftnotruf, Spezialbetten, ...).

2.2 Aufgaben auf dem Gebiet des Brandschutzes

Auf dem Gebiet des Brandschutzes sind von der Leitstelle folgende Aufgaben zu erfüllen:

  • Alarmierung der zuständigen Einsatzkräfte nach Maßgabe der Alarm- und Ausrückeordnung,
  • Lenken und Koordinieren aller Einsätze der Feuerwehren,
  • Unterstützung der Einsatzleitung vor Ort,
  • Führen des Einsatztagebuches und der Einsatzstatistik,
  • Bereithalten von Alarm- und Einsatzplänen sowie anderer Auskunftsunterlagen und Verzeichnisse (siehe Anlage 1),
  • Einholen und Weiterleiten von erforderlichen Auskünften, (z. B. über gefährliche Stoffe und Güter, u. a.),
  • Alarmierung der überörtlichen Hilfe auf Anweisung bzw. Anforderung,
  • Überwachung der angeschlossenen Feuer- und Fernmeldeeinrichtungen.

2.3 Aufgaben auf dem Gebiet des Katastrophenschutzes

Im Katastrophenfall hat die Leitstelle folgende Aufgaben zu erfüllen:

  • Auslösung von Sofortmaßnahmen,
  • Benachrichtigung der Katastrophenschutzbehörde, wenn ein Ereignis Katastrophenmerkmale aufweist,
  • Einholen von Informationen über Schadensfälle,
  • Alarmierung weiterer Katastrophenschutzkräfte.

Nach Zusammentritt der Katastrophenschutzleitung (KatSL) dient die Leitstelle als Meldestelle, Informations-, Nachrichtenübermittlungsstelle sowie Führungsmittel.

3. Personelle Ausstattung der Leitstelle

Grundsätzlich müssen in der Leitstelle ständig mindestens zwei Personen des Leitstellenpersonals zur Besetzung des Rettungsdienst- und des Brandschutzarbeitsplatzes anwesend sein.

Das Leitstellenpersonal muss über umfangreiche Kenntnisse des Verantwortungsbereiches verfügen und derart qualifiziert sein, dass alle Aufgaben der Leitstelle (entsprechend Punkt 2) zügig und sicher erfüllt werden können.

Leitstellenpersonal für den Rettungsdienst muss eine Rettungsassistentenausbildung oder Krankenschwester/-pflegerausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, ein Jahr im Rettungsdienst tätig gewesen sein, einen Leitstellenlehrgang und den Sprechfunklehrgang für Leitstellenpersonal an einer vom Ministerium des Innern und Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen anerkannten Ausbildungseinrichtung mit Erfolg absolviert haben.

Leitstellenpersonal für den Brand- und Katastrophenschutz muss eine Ausbildung für Berufsoberbrandmeister (B3) und soweit noch nicht vorhanden einen Sprechfunklehrgang für Leitstellenpersonal vorweisen, ein Jahr Einsatzerfahrung besitzen und einen Leitstellenlehrgang an einer vom Ministerium des Innern anerkannten Ausbildungseinrichtung erfolgreich abgeschlossen haben.

Das Leitstellenpersonal hat alle drei Jahre eine 40-stündige Fortbildung und jährlich eine 4-wöchige praktische Tätigkeit im Einsatzdienst Feuerwehr/Rettungsdienst nachzuweisen.

Die aktuell geltenden Festlegungen des Tarifvertrages (gegenwärtig die 40-Stunden Arbeitswoche) sind die Grundlagen für die Berechnung der Stellenanzahl je Leitstellenfunktion.

Eine gegenseitige Ersetzbarkeit des Leitstellenpersonals soll über eine entsprechende Qualifizierung erreicht werden. Dazu sind die angebotenen Qualifizierungsmöglichkeiten auf dem Gebiet des Brand- und Katastrophenschutzes sowie Rettungsdienstes zu nutzen.

Das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Leitstellenerlasses diensttuende Leitstellenpersonal kann nach Feststellung der Eignung weiter beschäftigt werden, ist jedoch notwendigenfalls entsprechend diesem Runderlass nachzuqualifizieren.

4. Technische Ausstattung der Leitstelle

Die Leitstellen sind mit folgender technischer Grundausstattung zu versehen:

4.1 Nachrichtentechnische Ausstattung:

  • eine ausreichend ausgelegte Notrufabfrageeinrichtung, die dem Standard des Integrierten Systems Digitaler Netze (ISDN) entsprechen muss,
  • nachrichtentechnische Verbindung zwischen Leitstelle und Polizei zur verzögerungsfreien gegenseitigen Überweisung von Notrufen,
  • ausreichende Anzahl von Posthauptleitungen mit einer Nebenstellenanlage und Zielwahltasten,
  • Telefax mit ca. 50 Speicherplätzen und eigener Amtsleitung,
  • EDV-Anlage, die für den Datentransfer geeignet ist,
  • technische Einrichtungen für die digitale Alarmierung,
  • Funkgeräte mit Anschluss an die vom Ministerium des Innern vorgegebenen Funkverkehrskreise (für 2 bis 3 Funkkanäle),
  • Kurz- und Langzeitdokumentationen,
  • Funkmeldesystem (FMS) mit Fahrzeuganweisung,
  • ausreichend dimensionierte Notstromeinrichtung,
  • unabhängige Stromversorgung.

 4.2 Leitstelleneinrichtung und sonstige Ausstattung:

  • mindestens 3 Doppelbildschirmarbeitsplätze,
  • nach ergonomischen Gesichtspunkten gestaltete Tische (3 Leitstellentische) und Sessel,
  • bei Vorhandensein von besonderen Gefahrenpotentialen im Zuständigkeitsbereich einer Leitstelle, z. B. Betriebe oder Einrichtungen mit gefährlichen Stoffen und Gütern, durch die die Umgebung über das normale Maß hinaus gefährdet werden könnten, können zusätzliche Einrichtungen, wie z. B. Standleitungen, erforderlich sein,
  • Radio mit RDS-Einrichtung,
  • Hausüberwachung (z. B. Hallentorsteuerung), elektrische Lautsprecheranlage (ELA), jedoch nur, wenn die Leitstelle in einem Wachgebäude untergebracht ist,
  • Schallisolation und Klimaanlage im Leitstellenraum.

5. Dokumentation von Einsatzdaten im Brandschutz und im Rettungsdienst

Für die Kurz- und Langzeiterfassung von Einsatzdaten gelten die in der Anlage 2 aufgeführten Grundsätze.

6. Übergangsregelungen

Bisher bestehende Leitstellen/Notrufabfragestellen für den Rettungsdienst und Brandschutz der Landkreise können bei Bedarf, jedoch nur bis zur Sicherstellung der nachrichtentechnischen Voraussetzungen für die Entgegennahme von Hilfeersuchen sowie die Alarmierung, Koordinierung und Lenkung von Einsatzkräften durch die gemeinsame Leitstelle, weiter als Notrufabfragestellen betrieben werden.

Notrufabfragestellen sind der zuständigen Leitstelle nachgeordnet. Für die Organisation und Durchführung des Dienstes in der Notrufabfragestelle ist eine Dienstordnung zu erlassen. Im übrigen gelten die Festlegungen dieses Erlasses.

Von den Vorschriften über die Qualifikation des Leitstellenpersonals können der Minister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen bzw. der Minister des Innern bis zum 31. Dezember 1995 Ausnahmen erlassen.

Anlage 1

Anhalte für die Vorhaltung von technischen Hilfsmitteln, Auskunftsunterlagen, Einsatzplänen u. a. Dokumenten in der Leitstelle

1. Auskunftsunterlagen:

  • Nachschlagewerke, Gefahrstoffinformationen, TUIS-Mappen,
  • Fernsprechnummern aller Leitstellen im Land Brandenburg sowie angrenzender Leitstellen der Nachbarbundesländer,
  • Aufstellung der Funkkanalverteilung für den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz im Land Brandenburg,
  • Dienstbereitschaften von Apotheken, Ärzten, Zahnärzten, Blutbanken,
  • Bettennachweis und Verzeichnis von Spezialeinrichtungen,
  • Übersicht über Autobahnabschnitte, Bundesstraßen, Streckenführung der Deutschen Bahn AG, Wasserstraßennetz, Versorgungsleitungen u. a.,
  • Übersicht über Spezialeinsatztechnik, Sonderfahrzeuge, Entsorgungsunternehmen u. a.,
  • Telefon- und Adressenverzeichnisse von Ministerien, Behörden und Ämtern sowie deren Bereitschaftspläne (soweit vorhanden),
  • Übersicht über vorhandene Fahrzeug- und Materialreserven sowie Lösch- und Einsatztechnik und deren Einsatzbereitschaft (Technikausfälle bzw. Defekte).

2. Kartenmaterial:

  • Karte des Verantwortungsbereiches (1:50000 UTM-Netz) in mindestens 2-facher Ausführung,
  • Waldbrandschutzkarten des zuständigen Amtes für Forstwirtschaft (in ausreichender Anzahl, um die Einsatzleitung vor Ort ebenfalls im Einsatzfall auszustatten),
  • Straßenkarte des Landes Brandenburg und der Bundesrepublik Deutschland.

3. Einsatzpläne, Gefahrenabwehrpläne, Sondereinsatzpläne

  • Alarm- und Ausrückeordnung,
  • Einsatzpläne von Betrieben mit besonderem Gefahrenpotential,
  • Einsatzpläne für besonders gefährdete Waldgebiete,
  • Maßnahmeplan "Sofortreaktion" (Rettungsdienst),
  • Katastrophenabwehrpläne des eigenen Verantwortungsbereiches sowie der unmittelbaren Nachbarkreise,
  • Alarmstichwortkatalog,
  • Evakuierungspläne besonderer Einrichtungen (z. B. Krankenhäuser, Pflegeheime, u. a.).

Anlage 2

Grundsätze für die Dokumentation von Einsatzdaten des Brandschutzes und des Rettungsdienstes

1. Gesamtdokumentation

Die Einsatzdokumentation setzt sich zusammen aus

  1. dem Meldebild (Einsatzgrunddaten-Notrufabfrage) sowie
  2. der Abwicklung (Einsatzablaufdaten).

Die Einsatzgrunddaten enthalten alle Angaben des Meldebildes, die zur Einsatzentscheidung vom Leitstellenmitarbeiter abzufragen sind. Die Einsatzablaufdaten enthalten alle Angaben vom Beginn der Alarmierung des Einsatz- und Rettungsmittels bis zu dessen Freimeldung.

Als lückenlose Datenbasis sind beide Teile der Einsatzdokumentation (Meldebild und Abwicklung) insbesondere für Zwecke der EDV-Auswertung entsprechend zusammenzuführen.

Die EDV-Daten sind so aufzubereiten, dass diese bei Einführung einer landeseinheitlichen Statistik in diese übernommen werden können.

2. Dokumentationsumfang auf dem Gebiet des Brandschutzes

2.1. Inhaltliche Erfassung

Zu dokumentieren sind mindestens:

  • die Angaben zur Person des Ereignismeldenden (Brand, Hilfeleistung, Rettungseinsatz, ...),
  • dessen Erreichbarkeit,
  • alarmierte und eingesetzte Kräfte und Mittel der Feuerwehren,
  • Anforderung anderer Behörden,
  • Einsatz von Sondersignalen,
  • mögliche Aussagen zum Schaden bzw. zur Ursache des Ereignisses,
  • Anforderungen von Spezialtechnik und ähnliche inhaltliche Aspekte.

2.2. Zeitliche Erfassung

Zu dokumentieren sind mindestens:

  • das Datum der Meldung,
  • Zeitpunkt des Einganges der Meldung,
  • Ende der Meldung,
  • Zeitpunkt der Alarmierung der Kräfte und Mittel der Feuerwehren,
  • der zeitliche Ablauf der Einsatztätigkeit (Ausrückezeit, Nachforderung von Kräften und Mitteln der Feuerwehren, Ende des Einsatzes, Rückkehr zum Standort der Feuerwehr),
  • Zeiten der Abgabe von Informationen an übergeordnete Behörden und externe Partner.

2.3. Räumliche Erfassung

Zu dokumentieren sind mindestens:

  • der Einsatzort (Gemeinde, Amt, Anschrift, km des Autobahnabschnittes bzw. der Wasserstraße, ...),
  • bei Waldbränden die erfasste Fläche, das zuständige Forstamt bzw. die Oberförsterei, Abteilung bzw. Jagen u. a.

3. Dokumentationsumfang auf dem Gebiet des Rettungsdienstes

3.1. Inhaltliche Erfassung

Zu dokumentieren sind mindestens:

  • der Anrufer- und der Patienten-Name,
  • die Rückruf-Telefonnummer,
  • die Einsatzart,
  • die vorläufige Diagnose (Einsatzanlass),
  • der Meldeweg,
  • welches Fahrzeug alarmiert wurde,
  • die Arztbeteiligung,
  • Daten der Einsatzprotokolle,
  • ob es sich um eine Vorbestellung handelt,
  • wann im Verlaufe des Einsatzes Sondersignale eingesetzt wurden,
  • ähnliche inhaltliche Aspekte.

3.2. Zeitliche Erfassung

Zu dokumentieren sind mindestens:

  • das Datum und der Zeitpunkt des Einganges der Meldung in der Leitstelle,
  • Ende der Meldung,
  • Zeitpunkt der Alarmierung der Kräfte und Mittel des Rettungsdienstes,
  • der zeitliche Ablauf der Einsatztätigkeit (Ausrückezeit, Nachforderung von Kräften und Mitteln, Ende des Einsatzes, Rückkehr zum Standort der Rettungsmittel),
  • Zeitpunkt für geplante (vorangemeldete) Krankentransporte,
  • Übernahmezeitpunkt eines Folgeeinsatzes.

3.3. Räumliche Erfassung

Hier ist mindestens der Einsatzort sowie das Transportziel zu dokumentieren.

4. Aufbewahrungsfristen

  1. Bandaufzeichnungen (Langzeitdokumentation) = 90 Tage
  2. Schriftliche Unterlagen (Tagesjournal/Wachberichte/Einsatzberichte) = 10 Jahre