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Aktuelle Fassung Anlagen (2)

Erlass des Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz und des Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft zur Bewirtschaftung des Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung "Großer Kuhsee bei Gramzow"


vom 3. April 2012
(ABl./12, [Nr. 19], S.687)

Dieser Erlass regelt auf der Grundlage des § 32 Absatz 4 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542) die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung von Artikel 6 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/105/EG vom 20. November 2006 (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 368) - Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie). Er benennt die Erhaltungsziele und erforderliche Erhaltungsmaßnahmen sowie deren Umsetzungsinstrumente in Anlage 2. Die Umsetzung erfolgt direkt durch die zuständigen Behörden oder wird von ihnen unterstützt. Der Bewirtschaftungserlass ist im Rahmen des behördlichen Handelns zu beachten.

1 Bewirtschaftungsgegenstand

Der in Anlage 1 (Kartenskizze) näher bezeichnete Geltungsbereich des Erlasses im Landkreis Uckermark umfasst das Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung (FFH-Gebiet) mit der Bezeichnung “Großer Kuhsee bei Gramzow“, Gebietsnummer DE 2749-323, mit einer anliegenden Pufferzone (Pufferflächen), deren Nutzung einen erheblichen ökologischen Einfluss auf das FFH-Gebiet hat.

Der Geltungsbereich des Erlasses hat eine Größe von rund 40 Hektar und umfasst Flächen in folgenden Fluren:

GemeindeGemarkungFlur
Gramzow Gramzow 7;
Gramzow Neu-Meichow 3.

Die Grenzen des FFH-Gebietes und seiner Pufferzone sind im Maßstab 1 : 10 000 in der Biotoptypenkarte, in der Lebensraumtypenkarte (LRT), in der Zielkarte sowie in Liegenschaftskarten (zwei Blätter) eingezeichnet. Maßgeblich ist die Einzeichnung in den Liegenschaftskarten.

Die Pufferflächen sind in der Biotoptypenkarte, der Lebens-raumtypenkarte und der Zielkarte mit gestrichelter Linie, in den Liegenschaftskarten mit durchgehender Linie und T-Signatur dargestellt. Diese Karten sind mit einer Flurstücksliste beim Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz in Potsdam, beim Landkreis Uckermark als untere Naturschutzbehörde in Prenzlau und in der Amtsverwaltung Gramzow sowie beim Landesbetrieb Forst Brandenburg, Service-Einheit Templin, von jedermann während der Dienstzeiten einsehbar.

2 Beschreibung des Gebietes

Das FFH-Gebiet befindet sich in der nördlichen Uckermark im Gebiet der naturräumlichen Einheit Rückland der Mecklenburgischen Seenplatte (Südteil) sowie in der naturräumlichen Haupteinheit Uckermärkisches Hügelland mit Uecker- und Randowtal (Ostteil).

Der Große Kuhsee ist ein eiszeitlich entstandener Rinnensee mit einer Länge von etwa 1 400 Metern. Er hat im Osten eine Maximalbreite von etwa 350 Metern und verschmälert sich im Westen bis auf etwa 100 Meter Breite. Die Grenze des FFH-Gebietes verläuft weitestgehend am oberen Rand des zum See abfallenden Hanges. Geologisch finden sich hier periglaziäre und fluviatile Sedimente verschiedenkörniger Sande. Angrenzend sind Grundmoränenbildungen mit Geschiebemergel und Lehm vorhanden.

Das Gebiet ist eingebettet in eine hügelige Agrarlandschaft. Im östlichen Teil sind vermoorte Senken und Röhrichte ausgebildet, im Westteil sind kleinflächig Reste eines Erlen-Eschenwaldes vorhanden. In der großflächig strukturarmen, von Ackerbau geprägten Agrarlandschaft stellt das FFH-Gebiet für die Tier- und Pflanzenwelt einen bedeutenden Rückzugs- und Ausbreitungsraum mit Verbundfunktion zu ähnlichen Lebensräumen dar.

3 Erhaltungsziele

Die folgenden Erhaltungsziele sind aus dem Standarddatenbogen zum FFH-Gebiet “Großer Kuhsee bei Gramzow“ abgeleitet:

Ziel ist die Erhaltung und Entwicklung des Großen Kuhsees als natürlicher eutropher See mit Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions sowie der Erhaltung und Entwicklung des prioritären Lebensraumtyps Auenwälder mit Alnus glutinosa (Schwarzerle) und Fraxinus excelsior (Gewöhnliche Esche) Alno-Padion, Alnion incanae und Salicion albae.

4 Beschreibung, Bewertung und ökologische Erfordernisse der Lebensraumtypen (LRT) nach Anhang I und der Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie

Natürlich eutropher See mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions, LRT-Nummer 3150, Größe 25 Hektar, Erhaltungszustand B

Westlich von Gramzow befindet sich der Große Kuhsee. Er ist ein repräsentativer, stabil geschichteter eutropher Rinnensee in der uckermärkischen Agrarlandschaft. Anthropogene Nährstoffeinträge, vor allem von den landwirtschaftlich genutzten Ackerflächen, beeinträchtigen die Wasserqualität.

Das Seeufer fällt im Süden, Westen und Nordwesten meist steil ab, im Osten und Nordosten sind breitere Flachwasserzonen vorhanden. Insbesondere im östlichen Teil sind größere Schilfröhrichtbestände vorhanden. In den westlichen Uferbereichen füllen des öfteren kleine schmale, im Flachwasser stehende Sumpf-seggen-Röhrichte und einzelne Grauweidengebüsche die Lücken zwischen den dort vorhandenen spärlichen Schilfröhrichtbeständen. Dem Schilfröhrichtgürtel vorgelagert finden sich zum Teil Teichrosenbestände und Laichkrautbestände mit Kamm-Laichkraut (Potamogeton pectinatus); diese Bestände sind meist lückig ausgebildet. Unterwasserpflanzenbestände des Gemeinen Quellmooses (Fontinalis antipyretica), Rauhen Hornblatts (Ceratophyllum demersum) sowie vereinzelt des Tannenwedels (Hippurus vulgaris) existieren aufgrund der Gewässermorphologie nur im östlichen Teil. Das Gewässer ist durchgehend von einem standorttypischen Gehölzsaum umgeben. Am nördlichen Ufer des von Anglern genutzten Gewässers ist eine Badestelle mit Gehölzen vorhanden, im Südosten unterbrechen mehrere Steganlagen den Schilfgürtel. Das Gewässer ist gemäß § 30 BNatSchG geschützt und soll der freien Sukzession überlassen bleiben.

Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion, Alnion incanae, Salicion albae), LRT-Nummer 91E0, Größe rund 0,2 Hektar, Erhaltungszustand B

Dieser prioritäre Lebensraumtyp ist im Gebiet an einer Stelle am Westrand des Sees vorhanden. In der Baumschicht dominiert die Gewöhnliche Esche (Fraxinus excelsior) gegenüber der vereinzelt vorkommenden Schwarz-Erle (Alnus glutinosa). Die Strauchschicht wird hauptsächlich von der Esche gebildet, zur Wasserfläche hin wird der Anteil der Grauweide (Salix cinerea) deutlich höher. Die typische Bodenvegetation besteht hauptsächlich aus Sumpfsegge (Carex acutiformis), Gemeinem Schilf (Phragmites australis) und Sumpffarn (Thelypteris palustris). Teilflächen am Nord- und Südufer des Sees mit über 50 Prozent Eschenanteil wurden als Entwicklungsflächen für diesen Lebensraumtyp kartiert.

Es kann eine den Lebensraum erhaltende forstliche Bewirtschaftung erfolgen, die diesen Lebensraum fördert und einen angemessenen Alt- und Totholzanteil belässt. Die Bewirtschaftung dieses gemäß § 30 BNatSchG geschützten Lebensraumtyps sollte in den empfindlichen Feuchtbereichen besonders bodenschonend erfolgen.

Erläuterung:

A - hervorragender Erhaltungszustand
B - guter Erhaltungszustand
C - durchschnittlicher oder beschränkter Erhaltungszustand

5 Bestand und Bewertung weiterer Arten und Biotope

  • Nach § 30 BNatSchG in Verbindung mit § 32 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes (BbgNatSchG) geschützte Biotope,
  • Biotope, die Einfluss auf die in Nummer 3 aufgeführten Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie und Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie haben.

Gräben

Im Ostbereich des Großen Kuhsees ist ein naturnaher, ständig wasserführender Graben vorhanden, dessen Abfluss über einen funktionsfähigen Stau geregelt wird. Hier kommen verschiedene Seggen (Carex ssp.), Ästiger Igelkolben (Sparganium erectum) und Tannenwedel (Hippurus vulgaris) vor. Der Graben endet in einem Feuchtgebietskomplex.

Am Westrand mündet ein naturnaher, ständig wasserführender Graben, der durch eine Kopfbaumreihe beschattet wird, in den See. Im Grabenbereich kommen Schilfröhrichte (Phragmites australis), Wasserstern (Callitriche palustris) und Sumpfdotterblume (Caltha palustris) vor; der Zufluss wird derzeit nicht durch Staue oder Sohlschwellen reguliert.

Der Status quo soll bei beiden Gräben beibehalten und auf Unterhaltungsmaßnahmen verzichtet werden. Der Biotop ist gemäß § 30 BNatSchG geschützt.

Seggenriede und Weidengebüsche nährstoffreicher Moore und Sümpfe

Das Seggenried mit dominierender Sumpf-Segge ist als Begleitbiotop eines Schilfröhrichtes am Ostufer des Großen Kuhsees ausgebildet. Unmittelbar östlich des Großen Kuhsees befindet sich ein Gebüsch mit Grauweide, Schilf und Sumpfsegge. Diese Bereiche sollen der natürlichen Sukzession überlassen bleiben. Der Biotop ist gemäß § 30 BNatSchG in Verbindung mit § 32 BbgNatSchG geschützt.

Acker/Grünland

An der Nord- und Südgrenze des Gebietes befinden sich Ackerflächen. Insbesondere bei starken Niederschlägen können aus diesen Flächen zusätzliche Stoffeinträge in den See erfolgen und im Ergebnis einer weiteren Nährstoffanreicherung den Lebensraum beeinträchtigen. Deshalb soll das Ackerland in einem Streifen von mindestens 20 Metern um den See in Grünland umgewandelt werden (Pufferzonen). Diese Nutzungsartenumstellung soll künftig mit einer extensiven Grünlandbewirtschaftung einhergehen. Falls eine Umwandlung in Grünland nicht möglich ist, sollen die Ackerflächen in den Pufferzonen als Blüh- und Schonstreifen entwickelt werden. Dabei kann der Aufwuchs gemulcht werden. Bei Fortführung des Ackerbaus soll zumindest auf eine Düngung verzichtet werden. Die weiteren Grünlandbereiche im Gebiet sollen ebenfalls extensiv genutzt werden, um angrenzende Gewässer und ihre begleitenden Lebensräume vor Stoffeinträgen zu schützen. Sofern eine extensive Grünlandnutzung nicht wiederaufgenommen wird oder keine Blüh- und Schonstreifen entwickelt werden, sollen die Pufferflächen zum Schutz des Großen Kuhsees weiterhin der Sukzession überlassen bleiben.

Wald- und Forstflächen

Am Nord- und Südufer sind im Gebiet standorttypische Ufergehölzstreifen ausgebildet, in denen die Schwarzerle vorherrscht und vereinzelt Gewöhnliche Esche vorkommt. Weiterhin existieren kleinflächige Waldbestände beziehungsweise Feldgehölze. Sie sind in ihrer Funktion als Puffer gegen verschiedenartige Störungen für die unter Nummer 4 genannten Lebensräume von besonderer Bedeutung. Es kann eine einzelstammweise bis truppweise forstliche Nutzung sowie eine naturnahe Bewirtschaftung mit Einsatz standort- und lebensraumtypischer Baumarten, wie zum Beispiel Gemeine Esche, Schwarz-Erle und Flatter-Ulme (Ulmus laevis), erfolgen.

6 Erhaltungsmaßnahmen

Die geeigneten Maßnahmen zur Umsetzung der unter Nummer 3 benannten Erhaltungsziele sind in der Anlage 2 aufgeführt. Unberührt bleiben Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen, die durch die zuständige Naturschutzbehörde angeordnet, zugelassen oder durchgeführt werden.

Besonderer Handlungsbedarf zur Sicherung oder Wiederherstellung günstiger Erhaltungszustände des Sees besteht in der Einrichtung von Pufferzonen als extensives Dauergrünland beziehungsweise als Blüh- und Schonstreifen.

Änderungen der Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen bedürfen der Zustimmung des Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz und bei Betroffenheit des Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft.

7 Projekte

Es wird darauf hingewiesen, dass Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebietes zu überprüfen sind, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebietes dienen. Die Maßstäbe für die Verträglichkeit ergeben sich aus den Erhaltungszielen im Standarddatenbogen. Gewässerbezogene Maßnahmen müssen die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie zur Erreichung eines guten ökologischen Zustands der Gewässer berücksichtigen und dürfen dem Bewirtschaftungsplan und Maßnahmeprogramm der Flussgebietseinheit Oder nicht widersprechen.

8 Umsetzung

Für die Betreuung, Koordinierung und Kontrolle der Umsetzung des Bewirtschaftungserlasses ist die untere Naturschutzbehörde verantwortlich. Die Umsetzung der einzelnen Erhaltungsmaßnahmen beziehungsweise deren Berücksichtigung im Vollzug obliegt der jeweilig zuständigen Fachbehörde, die darüber die zuständige Naturschutzbehörde auf Anforderung informiert.

Es wird darauf hingewiesen, dass seitens der Eigentümer/Nutzer eine entsprechende Kooperationsbereitschaft vorliegt, um die Maßnahmen zur Sicherung des FFH-Gebietes auf der Grundlage von Vereinbarungen umzusetzen.

9 Inkrafttreten

Dieser Erlass tritt am Tage nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt für Brandenburg in Kraft.

Anlagen