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Partnerschaften Polizei und Schule - Kooperation bei der Prävention und Bekämpfung von Kriminalität und Verkehrsunfällen sowie der Notfallplanung
Partnerschaften Polizei und Schule - Kooperation bei der Prävention und Bekämpfung von Kriminalität und Verkehrsunfällen sowie der Notfallplanung
vom 25. Juni 2018
(ABl./18, [Nr. 32], S.682)
1 Vorbemerkung
Entsprechend den Zielen und Grundsätzen der Erziehung und Bildung ist die Schule zum Schutz der seelischen und körperlichen Unversehrtheit der Schülerinnen und Schüler verpflichtet. Diesen Anspruch zu erfüllen ist zunächst Aufgabe aller an Schule Beteiligten. Polizeiliche Prävention unterstützt dieses Ziel und leistet hierbei einen unverzichtbaren Beitrag zur Vermeidung von Kriminalität sowie zur Verhütung von Verkehrsunfällen.
Die Prävention und Bekämpfung von Kriminalität und Verkehrsunfällen erfordern ein gemeinsames Handeln. Die Bildung regionaler kooperativer Netzwerke stellt dabei eine gute gemeinsame Basis der Zusammenarbeit dar. Wesentliche Ziele dieser Kooperation sind die Vorbeugung und Zurückdrängung, aber auch die Bekämpfung von Kinder- und Jugenddelinquenz sowie die umfassende Vorbereitung auf eine aktive und unfallfreie Teilnahme am Straßenverkehr. Diese Arbeit setzt von allen Partnern ein ganzheitliches Problemlösungsverständnis voraus. In der Zusammenarbeit von Polizei und Schule sind diese Themen daher regelmäßig zum Gegenstand gemeinsamer Umsetzung zu machen.
Um das gemeinsame Ziel zu erreichen, ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit von Polizei und Schulen kontinuierlich weiter zu fördern. Hierbei werden Demokratie, Toleranz und Respekt nachhaltig gestärkt. Im Rahmen der Prävention aller Akteure wird zu den Gefahren und Konsequenzen gewalttätigen Handelns sensibilisiert. Somit können Kinder, Jugendliche und Heranwachsende beispielhaft erleben, dass unterschiedliche Beteiligte - hier Schule und Sicherheitsbehörden - mit unterschiedlichen Motivationen und Meinungen gemeinsam an der Lösung gesellschaftlicher Fragen arbeiten.
2 Ziele
Ziele der Partnerschaften Polizei und Schule sind es, durch früh ansetzende präventive Angebote und Einflussnahme
- das Entstehen von Kriminalität und Gewalt in Schule, schulischem Umfeld und darüber hinaus zu verhindern beziehungsweise zu minimieren,
- das Rechtsbewusstsein zu festigen,
- das Sicherheitsgefühl zu verstärken,
- eine sichere und regelkonforme Verkehrsteilnahme zu ermöglichen,
- das Vertrauen der Kinder und Jugendlichen in Schule und Polizei zu fördern sowie
- die Schulen in ihrem Auftrag zur Gewaltprävention und Mobilitätsbildung und Verkehrserziehung zu unterstützen.
Neben dem kriminal- und verkehrsunfallpräventiven Anliegen sollen auch die Sicherheitsbelange der Schule, einschließlich möglicher aktueller Gefährdungslagen, zum Beispiel Amokläufe, in den Blick genommen werden. Für die Erreichung der genannten Ziele ist die Aktivierung und Bündelung der Ressourcen der beiden Verantwortungsträger eine wesentliche Voraussetzung.
Darüber hinaus soll die Schulfahndung als zielgruppen-orientierte Öffentlichkeitsfahndung den sexuellen Missbrauch an Kindern bekämpfen (siehe Nummern 6 und 7). Diese länderübergreifende themenbezogene Fahndung an Schulen gilt als erfolgsversprechende Maßnahme mit geringerer Beeinträchtigung der Opferinteressen gegenüber der medialen Öffentlichkeitsfahndung (ein entsprechendes Merkblatt ist in der Anlage zu finden).
3 Zielgruppen
Zielgruppen partnerschaftlicher Aktivitäten in den Schulen sind vor allem Multiplikatorinnen und Multiplikatoren kriminal- und verkehrsunfallpräventiver Inhalte. Dazu zählen Lehrkräfte, das im schulischen Zusammenhang tätige sonstige pädagogische Personal sowie Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter, aber auch die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern. Die Polizei leistet einen spezifischen Beitrag zu gesamtgesellschaftlichen Präventions-bemühungen und versteht sich als Initiator, Berater und Unterstützer für die originär Verantwortlichen.
4 Rechtsgrundlagen
4.1 Gemäß § 1 Absatz 1 des Brandenburgischen Polizeigesetzes hat die Polizei die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren (Gefahrenabwehr) sowie im Rahmen dieser Aufgabe Straftaten zu verhüten (vorbeugende Bekämpfung von Straftaten). Aus dieser gesetzlichen Regelung sowie der Polizeidienstvorschrift 100 ergibt sich ferner die Verpflichtung, Verkehrsunfälle zu verhüten oder deren Folgen zu minimieren. Polizeiliche Prävention ist damit grundsätzlich Aufgabe aller Polizeibediensteten im Land Brandenburg.
Gleichwohl bedarf es spezialisierter Organisationseinheiten, um den gesetzlichen Auftrag effektiv und effizient zu erfüllen. Dazu sind auf Landesebene ein Sachbereich Prävention im Behördenstab des Polizeipräsidiums, auf regionaler Ebene jeweils ein Sachbereich Prävention in den Stäben der vier Polizeidirektionen und auf lokaler Ebene die Organisationseinheiten „Prävention“ in 15 Polizeiinspektionen eingerichtet. Auf lokaler Ebene werden Präventionsprojekte initiiert und Multiplikatoren zu Themen der Kriminalitätsvorbeugung und Verkehrssicherheit geschult. Zudem findet hier die Zusammenarbeit mit Behörden, Institutionen und anderen Trägern von Präventionsaufgaben statt.
4.2 Gemäß § 4 Absatz 1 des Brandenburgischen Schulgesetzes ist Schule dem „Schutz der seelischen und körperlichen Unversehrtheit, der geistigen Freiheit und der Entfaltungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler verpflichtet“. Unter § 4 Absatz 5 heißt es weiter: „Bei der Vermittlung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Werthaltungen fördert die Schule insbesondere die Fähigkeit und Bereitschaft der Schülerinnen und Schüler …, Beziehungen zu anderen Menschen auf der Grundlage von Achtung, Gerechtigkeit und Solidarität zu gestalten, Konflikte zu erkennen und zu ertragen sowie an vernunftgemäßen und friedlichen Lösungen zu arbeiten, … eigene Rechte zu wahren und die Rechte anderer auch gegen sich selbst gelten zu lassen“ und „Verantwortung für die eigene Gesundheit … zu begreifen und wahrzunehmen.“
Der zum Schuljahr 2017/2018 wirksam gewordene Rahmenlehrplan für die Jahrgangsstufen 1 bis 10 verpflichtet die Schulen, die übergreifenden Themen Gewaltprävention sowie Mobilitätsbildung und Verkehrserziehung in ihrem schulinternen Curriculum zu verankern und in den Fächern und Lernbereichen zu berücksichtigen. Im Mittelpunkt steht dabei die Entwicklung personaler und sozialer Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler.
5 Benennung von Ansprechpartnern
Die Partnerschaften Polizei und Schule werden durch die gegenseitige Benennung von festen Ansprechpartnern gebildet und ausgebaut. Um die Bedeutung dieser Partnerschaften zu unterstreichen, sollen konkrete Benennungen über die lokale Durchführungsebene hinaus stattfinden, um auch in den strategischen und konzeptionellen Ebenen Kooperationen zu ermöglichen. Schulen in freier Trägerschaft entscheiden weiterhin selbstständig über Formen der Zusammenarbeit mit der Polizei.
5.1 Ansprechpartner Landesebene (Strategieebene)
- Polizeipräsidium (Behördenstab, Stabsbereich 1-K [Kriminalität] und 1-E [Einsatz])
- staatliche Schulämter
5.2 Ansprechpartner regionale Ebene (Konzeptionelle Ebene)
- Polizeidirektionen (Stabsbereiche 1, Sachbereich Prävention) in Neuruppin, Frankfurt (Oder), Cottbus, Brandenburg an der Havel
- staatliche Schulämter
5.3 Ansprechpartner lokale Ebene (Durchführungsebene)
- Polizeiinspektionen (Prävention/Revierpolizei)
- allgemein bildende Schulen und Oberstufenzentren (Schulleitung)
6 Präventions-/Handlungsfelder
Die örtliche ressortübergreifende Zusammenarbeit erfolgt insbesondere in den nachfolgenden Präventions- und Handlungsfeldern. Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend, sondern beschreibt sowohl die schulischen als auch polizeilichen landesweiten Schwerpunkte. Eine Leitlinie der polizeilichen Prävention ist die Verfolgung des integrativen Ansatzes, nach dem - soweit möglich - Kriminal- und Verkehrsunfallprävention miteinander verknüpft werden.
- Prävention von Jugendkriminalität, insbesondere
- Gewalt an Schulen/alle Formen von Mobbing
- Rauschgiftkriminalität,
- Jugendschutz, insbesondere
- Kriminalität/Gefahren rund ums Internet und bei digitalen Medien
- Umgang mit Alkohol und Drogen,
- Kinderschutz, insbesondere
- Umgang mit Fremden
- Kindeswohlgefährdung
- Kriminalität/Gefahren rund ums Internet und bei digitalen Medien,
- lokale Umsetzung der Notfallpläne für Schulen des Landes Brandenburg,
- zielgruppenorientierte Verkehrsunfallprävention, insbesondere
- Mobilitätsbildung und Verkehrserziehung
- Radfahrausbildung und -prüfung im öffentlichen Verkehrsraum
- Schulwegsicherung zum Schuljahresbeginn.
- Bei Problemstellungen mit extremistischem Bezug und frühzeitigen Hinweisen auf Radikalisierungstendenzen weist der polizeiliche Ansprechpartner auf Informationsangebote des Verfassungsschutzes hin und vermittelt bei Bedarf Experten aus den Bereichen des Polizeilichen Staatsschutzes.
- Im Zusammenhang mit der Thematik „Sexueller Missbrauch von Kindern“ soll die Schulfahndung ressortübergreifend umgesetzt werden. Der polizeiliche Ansprechpartner tritt bei einer Fahndung nach dem - mutmaßlich schulpflichtigen - Opfer eines sexuellen Missbrauchs persönlich an die Schulleitungen heran. Damit kann eine Kontrolle der Polizei über den Gesamtprozess der Schulfahndung und durch persönliche Übergabe der Fahndungsunterlagen ein hohes Maß an Sensibilität im Umgang mit diesen Dokumenten erzielt werden.
- Mit der Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ im Land Brandenburg wird das Ziel verfolgt, dass die Brandenburger Schulen Konzepte zum Schutz vor sexueller Gewalt entwickeln. Diese Konzepte dienen allen an Schule Beteiligten zur Unterstützung beim Umgang und Verhalten zu diesem Thema.
Die Ansprechpartner der lokalen Ebene, die Schulleitungen und die Polizeiinspektionen ermitteln die örtlichen Bedarfe an Präventionsmaßnahmen nach Auswertung der polizeilichen Kriminalitäts- und Verkehrsunfalllagebilder beziehungsweise der individuellen schulischen Problemlagen.
7 Berücksichtigung weiterer bestehender kooperativer Regelungen (in der jeweils geltenden Fassung)
- Rundschreiben 16/17 vom 1. Dezember 2017 „Hinsehen - Handeln - Helfen. Angst- und gewaltfrei leben und lernen in der Schule“,
- Notfallpläne für die Schulen des Landes Brandenburg,
- spezifische Angebote der Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie (RAA Brandenburg) mit ihren sechs Niederlassungen,
- Merkblatt des Polizeipräsidiums zur Umsetzung bundesweiter Schulfahndung im Zusammenhang mit der Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs an Kindern (siehe Anlage),
- Integriertes Verkehrssicherheitsprogramm von April 2014,
- Fachportal zur Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“.
Darüber hinaus können über die Internetseite des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) sowie den Bildungsserver Berlin-Brandenburg auf der Seite zur Gewaltprävention weitere Informationen, Materialien, Arbeitsblätter und Literatur zu diesem Themenbereich abgerufen werden.
8 Berichterstattung zu bestehenden Partnerschaften
Das Polizeipräsidium führt eine aktuelle Übersicht zu bestehenden Partnerschaften Polizei und Schule und berichtet dazu dem Ministerium des Innern und für Kommunales jeweils jährlich zum 31. Juli (Stand 30. Juni) in tabellarischer Form. Diese Übersicht wird dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport zur Verfügung gestellt.
9 Würdigung
Der Landespräventionsrat Brandenburg vergibt jährlich den Landespräventionspreis zu jeweils unterschiedlichen Schwerpunktthemen. Turnusmäßig wird bei den Ausschreibungen die Präventionsarbeit an Schulen beziehungsweise mit Schülerinnen und Schülern Berücksichtigung finden. Herausragende Maßnahmen, Projekte oder Initiativen sollen dadurch gewürdigt werden und kreative Anregungen liefern.
10 Fortschreibung
Der Gemeinsame Runderlass des Ministeriums des Innern und des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport „Partnerschaften Polizei und Schule - Kooperation bei Kriminal- und Verkehrsunfallprävention und Notfallplanung“ vom 10. Mai 2013 (ABl. MBJS 2014 S. 124) wird mit diesem Erlass fortgeschrieben und tritt mit Inkrafttreten dieses Erlasses am 25. Juni 2018 außer Kraft.
Das Ministerium des Innern und für Kommunales sowie das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport überprüfen gemeinsam alle fünf Jahre die Gültigkeit der Inhalte des Erlasses und passen diese gegebenenfalls an.