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Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten
Kurzinformation Ertragsteuern vom 10.05.2002, Ausgabe 09/02
Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten
Kurzinformation Ertragsteuern vom 10.05.2002, Ausgabe 09/02
vom 10. Mai 2002
Gegen Einkommensteuerbescheide für die Kalenderjahre 2000 und 2001 gehen vermehrt Einsprüche ein, in denen beantragt wird, Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten zu berücksichtigen. Die Einspruchsführer verweisen auf das zu dieser Streitfrage anhängige Verfahren vor dem Finanzgericht Hannover, 10 K 338/01, und beantragen, ihren Einspruch bis zur Entscheidung des Finanzgerichts in dem o. g. Verfahren ruhen zu lassen.
Ich bitte, entsprechenden Anträgen nicht zu entsprechen. Die Einsprüche können in folgendem Sinne erörtert bzw. entschieden werden:
Bei der einkommensteuerrechtlichen Beurteilung von Aufwendungen wird zwischen Aufwendungen für die Einkünfteerzielung (Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben) und solchen der Einkommensverwendung unterschieden. Aufwendungen, die für die Lebensführung gemacht werden, sind weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben; dazu gehören insbesondere die Aufwendungen für den Haushalt des Steuerpflichtigen und seine Familie. Diese Kosten werden bei der Einkommensteuerfestsetzung ausschließlich in dem durch die Vorschriften über Sonderausgaben, über außergewöhnliche Belastungen und über den Tarif bestimmten Umfang berücksichtigt. Das gilt auch, wenn die Aufwendungen zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (§ 12 Nr. 1 EStG).
Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes stellen Kosten der Lebensführung dar und sind somit nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig. Dieses gilt nach ständiger Rechtsprechung auch dann, wenn die Betreuungskosten unerlässliche Voraussetzung für die Berufstätigkeit eines Elternteils sind (BFH-Urteile vom 9.11.1982, BStBl II 1983, S. 297; vom 5.12.1997, BStBl II 1998, Seite 211; vom 2.12.1998, BFH NV 1999, Seite 1213). Eine andere Beurteilung ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11.10.1977, BStBl II 1978, S. 174 sowie Nichtannahmebeschluss vom 21. Juli 1988, 1 BvR 1189/87, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1989, S. 108).
Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10.11.1998, BStBl II 1999, S. 182, ergibt sich ebenfalls keine andere rechtliche Beurteilung. Nach dieser Entscheidung wird die Leistungsfähigkeit von Eltern über den existentiellen Sachbedarf und den erwerbsbedingten Betreuungsbedarf des Kindes hinaus, generell durch den Betreuungsbedarf gemindert. Nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts muss der Betreuungsbedarf als notwendiger Bestandteil des kindbedingten Existenzminimums einkommensteuerlich unbelastet bleiben, ohne dass danach unterschieden wird, ob die Eltern das Kind persönlich betreuen oder eine Fremdbetreuung des Kindes wegen der Erwerbstätigkeit der Eltern erforderlich ist (Abschnitt B I Tz. 3 Buchstabe b der Entscheidung). Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber daher aufgefordert, bei der Neuregelung der einkommensteuerlichen Verschonung des Betreuungsbedarfs eine gleiche betreuungsbedingte Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit bei allen Eltern zu berücksichtigen - unabhängig von der Art der Betreuung und von konkreten Aufwendungen - und dementsprechend den Kinderfreibetrag oder das Kindergeld zu erhöhen (Abschnitt C I der Entscheidung).
Dieser Aufforderung ist der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Familienförderung vom 22.12.1999, BStBl I 2000, Seite 4, nachgekommen. Durch dieses Gesetz wurde das Kindergeld für das erste und zweite Kind zum 1.1.2000 um jeweils 20 DM erhöht. Soweit das Kindergeld nicht ausreicht, um einen Einkommensbetrag in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich des Betreuungsbedarfs steuerfrei zu stellen, wird für die Kalenderjahre 2000 und 2001 bei der Einkommensteuerveranlagung ein Kinderfreibetrag und zusätzlich ein Betreuungsfreibetrag berücksichtigt. In diesem Fall wird die tarifliche Einkommensteuer um das gezahlte Kindergeld erhöht (§ 31 EStG).