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Ermittlung der Anschaffungskosten von Anteilen an Kapitalgesellschaften in den neuen Bundesländern und im Ostteil Berlins bei wesentlichen Beteiligungen im Sinne des § 17 EStG

Ermittlung der Anschaffungskosten von Anteilen an Kapitalgesellschaften in den neuen Bundesländern und im Ostteil Berlins bei wesentlichen Beteiligungen im Sinne des § 17 EStG
vom 9. Februar 1995

Außer Kraft getreten

Hinsichtlich der Ermittlung der Anschaffungskosten von Anteilen an Kapitalgesellschaften in den neuen Bundesländern und im Ostteil Berlins bei wesentlichen Beteiligungen im Sinne des § 17 EStG bitte ich, wie folgt zu verfahren:

Allgemeines

Nach dem Ergebnis der Erörterung zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der Länder ist die Höhe der Anschaffungskosten erst im Veräußerungsfall zu ermitteln. Von einem derartigen Veräußerungsfall erhält das Wohnsitzfinanzamt in der Regel durch eine Kontrollmitteilung des Betriebsfinanzamts Kenntnis (Verfügung der OFD Cottbus vom 10. August 1993, S 2244 - 1 - St 111).

Zu den Anschaffungskosten rechnen neben dem Kaufpreis der Anteile bzw. der Einlageverpflichtung bei Neugründung grundsätzlich auch die in das verwendbare Eigenkapital nach § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG (EK 04) einzustellenden offenen und verdeckten Einlagen sowie Aufgelder der Gesellschafter. In der Regel korrespondiert die Erhöhung des EK 04 bei der Körperschaft mit der Erhöhung der Anschaffungskosten beim Anteilseigner.

Ausschüttungen aus dem EK 04 mindern die Anschaffungskosten der Anteile und entsprechen einer ertragsteuerlich unbeachtlichen Vermögensumschichtung.

Da in den neuen Bundesländern und im Ostteil Berlins bei bestimmten, schon vor dem 1. Juli 1990 bestehenden Betrieben keine tatsächlichen Anschaffungskosten ermittelt werden können und diese ggf. auch nicht in Deutscher Mark erbracht wurden, gelten gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 11 DMBilG die in der DM-Eröffnungsbilanz ausgewiesenen anteiligen Eigenkapitalbeträge bzw. die Verkehrswerte der Anteile zum 1. Juli 1990 als Anschaffungskosten der Anteile. Berichtigungen der DM-Eröffnungsbilanz führen auch zu einer Änderung der Anschaffungskosten der Anteile und etwaiger bereits erlassener Steuerbescheide (§ 52 Abs. 2 DMBilG i. V. m. § 52 Abs. 1 Satz 3 DMBilG).

Die nach § 52 Abs. 2 DMBilG i. V. m. § 11 DMBilG ermittelten Anschaffungskosten der Anteile an den bereits zum 1. Juli 1990 bestehenden und den im zweiten Halbjahr 1990 neu gegründeten Kapitalgesellschaften sind nicht um die in den Unternehmen belassenen (thesaurierten) Gewinne des zweiten Halbjahres 1990 zu erhöhen.

Ein im zweiten Halbjahr 1990 erzielter, thesaurierter Gewinn geht bei der Körperschaft in der erstmaligen Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals zum 1. Januar 1991 in das EK 04 ein (§ 54 a Nr. 7 KStG) und wird damit zwar insoweit den von den Gesellschaftern geleisteten Einlagen gleichgestellt. Abweichend von der körperschaftsteuerrechtlichen Zuordnung entsteht dem Anteilseigner einkommensteuerrechtlich aber kein zu Anschaffungskosten führender Aufwand i. S. v. R 32 a EStR 1993. Die üblicherweise korrespondierende Wirkung zwischen Zuwachs beim EK 04 und Erhöhung der Anschaffungskosten der Anteile gilt hier nicht; ein thesaurierter Gewinn des zweiten Halbjahres 1990 hat somit keine Auswirkung auf die Höhe der Anschaffungskosten der Anteile.

Einzelfälle

a) Durch Umwandlung ehemaliger Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH) entstandene Kapitalgesellschaften

Bei den nach der fortgeltenden Umwandlungsverordnung vom 8. März 1990 (UmwVO, GBl I 1990, 164) in Kapitalgesellschaften umgewandelten ehemaligen PGH wurden die Anteile oftmals schon im Zuge der Umwandlung, teilweise aber auch erst im Verlauf der Folgejahre in den Händen einiger weniger - dann wesentlich beteiligter - Gesellschafter vereinigt. Erfolgte die Umwandlung bereits vor dem 1. Juli 1990 oder war eine steuerliche Rückbeziehung auf diesen Stichtag gemäß § 50 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 5 DMBilG möglich, gelten nach § 52 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 11 DMBilG die in der DM-Eröffnungsbilanz ausgewiesenen anteiligen Eigenkapitalbeträge bzw. die Verkehrswerte der Anteile zum 1. Juli 1990 als Anschaffungskosten der Anteile.

Soweit PGH nicht bereits - ggf. durch Rückbeziehung - zum 1. Juli 1990, sondern zu einem späteren Zeitpunkt in Kapitalgesellschaften umgewandelt wurden, kommt für die Bewertung der Anteile an diesen Kapitalgesellschaften grundsätzlich die Anwendung der Vorschriften des DMBilG nicht in Betracht, da die Kapitalgesellschaften zum Bewertungsstichtag 1. Juli 1990 in dieser Rechtsform noch nicht bestanden haben. Bis zum Umwandlungsstichtag handelt es sich bei den fortbestehenden PGH um wirtschaftliche Vereine i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG. Diese sind ab 1. Januar 1991 gemäß § 43 KStG in das körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren einzubeziehen, da sie Mitgliedschaftsrechte gewähren, die einer kapitalmäßigen Beteiligung gleichstehen (BFH, Urteil vom 23.09.1970, I R 22/67, BStBl II 1971, 47).

Für die Bewertung der Mitgliedschaftsrechte der Mitglieder ist ebenfalls § 52 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 11 DMBilG anzuwenden. Der Wert der Mitgliedschaftsrechte hat zunächst keine steuerliche Bedeutung, da § 17 EStG nur für Beteiligungen an Kapitalgesellschaften gilt. Das ändert sich jedoch mit der Umwandlung der PGH in eine Kapitalgesellschaft. Als Anschaffungskosten für die neu entstandenen Anteile an der Kapitalgesellschaft sind nach allgemeinen Grundsätzen die von dem Gesellschafter im Tausch dafür hingegebenen Werte anzusetzen. Da nach § 5 Abs. 1 UmwVO die Einbringung der Anteile aus den unteilbaren Fonds steuerfrei ist, also stille Reserven nicht aufgedeckt werden, wenden die ehemaligen PGH-Mitglieder für den Erhalt der Anteile an der Kapitalgesellschaft steuerlich nur den nach den Vorschriften des DMBilG ermittelten Wert ihrer Beteiligung an dem wirtschaftlichen Verein auf. Die Anschaffungskosten der Anteile an der neu entstandenen Kapitalgesellschaft entsprechen damit den Anschaffungskosten der Mitgliedschaftsrechte an dem wirtschaftlichen Verein. Im Ergebnis sind damit auch für diese Fälle die in der DM-Eröffnungsbilanz der PGH ausgewiesenen anteiligen Eigenkapitalbeträge bzw. die Verkehrswerte der Mitglied-schaftsrechte zum 1. Juli 1990 als Anschaffungskosten der Anteile anzusetzen.

b)  Reprivatisierte Unternehmen

Bei Rückübertragungen unmittelbar entzogener Anteile an einer Kapitalgesellschaft nach § 6 Abs. 5 b des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen - VermG - und für Anteile an ehemaligen Kapitalgesellschaften, die aufgrund geltend gemachter Rückgabeansprüche der Gesellschafter gemäß § 6 Abs. 1 a VermG "als in Auflösung befindlich" wiederaufleben, sind die Anschaffungskosten ebenfalls nach § 52 DMBilG i. V. m. § 11 DMBilG zu ermitteln (§ 52 Abs. 2 Satz 3 DMBilG).

Reprivatisierte Unternehmen, die bereits vorher aufgrund des Gesetzes über die Gründung und Tätigkeit privater Unternehmen und über Unternehmensbeteiligungen vom 7. März 1990, GBl I 1990, 141, entstanden sind, existierten entweder bereits zum 1. Juli 1990 oder konnten dieses Datum nach § 50 Abs. 1 DMBilG i. V. m. § 1 Abs. 5 DMBilG rückwirkend als ihren Entstehungszeitpunkt bestimmen. Als Anschaffungskosten der Anteile sind auch in diesen Fällen die anteiligen Eigenkapitalbeträge aus der DM-Eröffnungsbilanz oder die Verkehrswerte zum 1. Juli 1990 ohne Berücksichtigung thesaurierter Gewinne des zweiten Halbjahres 1990 anzusetzen. Das gilt auch, obwohl es aufgrund der dadurch eintretenden Werterhöhung der Anteile zu einer nachträglichen Besteuerung des an sich steuerbefreiten Gewinnes (§ 3 Abs. 1 der 1. Durchführungsverodnung zum Gesetz über die Gründung und Tätigkeit privater Unternehmen und über Unternehmensbeteiligungen, GBl I 1990, 144) für das zweite Halbjahr 1990 kommen kann.

Hinweis:

Vgl. hierzu auch Verfügung der OFD Cottbus vom 19.04.2000, S 2244 - 6 - St 225.