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Bekämpfung von illegaler Abfallentsorgung im Zusammenhang mit Abfalllagern (Illegale Abfalllager)

Bekämpfung von illegaler Abfallentsorgung im Zusammenhang mit Abfalllagern (Illegale Abfalllager)
vom 21. Juli 2021
(ABl./21, [Nr. 32], S.674)

Im Rahmen der Abfallentsorgung werden Abfälle häufig ohne die dafür erforderliche Zulassung in und im Zusammenhang mit Entsorgungsanlagen zeitweilig gelagert. In Entsorgungs­anlagen, die bauaufsichtlich oder immissionsschutzrechtlich genehmigt sind, oder im Zusammenhang mit der Nutzung dieser Standorte kommt es häufiger zu Überschreitungen der zulässigen Abfallmenge, der für die Abfalllagerung zugelassenen Fläche oder zu Verstößen gegen die zugelassene Abfallart. In den jeweiligen Fallkonstellationen fehlt es an der erforderlichen Zulassung. In den nachfolgenden Ausführungen wird insofern von „illegalen Abfalllagern“ gesprochen. Diese Ausführungen betreffen wegen des Anknüpfungspunkts des „Lagerns im Zusammenhang mit Abfalllagern“ weder Deponien, in denen Abfälle von Anfang an abgelagert werden (also für immer am gleichen Ort verbleiben sollen), noch geht es nachfolgend im engeren Sinne um die Fallkonstellation des „wilden Mülls“, bei der Abfälle außerhalb jeglicher Anlage abgelagert werden und abfallrechtlich Pflichtige nicht herangezogen werden können (§ 4 des Brandenburgischen Abfall- und  Bodenschutzgesetzes).

Um die enormen Schäden für die Umwelt und das Gemein­wesen insgesamt, die aus illegal lagernden Abfällen herrühren, zu minimieren, ist bereits frühzeitig der Entstehung solcher illegalen Abfallentsorgungen zu begegnen. Hierfür sind alle Instrumente der Zulassung(-sverfahren) und der Überwachung, vor allem des maßgeblichen Abfall-, Immissionsschutz- und Baurechts, zu nutzen. Die nachfolgenden Ausführungen gliedern sich wie folgt: 

1 Grundsatz

2 Zulassungsverfahren und -entscheidungen

  1. Bauaufsichtliche Genehmigungsverfahren und -entscheidungen für Abfalllager
  2. Immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren und -entscheidungen für Abfalllager

3 Überwachung

  1. Bauaufsichtliche Maßnahmen
  2. Immissionsschutzrechtliche Maßnahmen
  3. Abfallrechtliche Maßnahmen, unter anderem bei Entsorgungsfachbetrieben und bei personenbezogenen Kontrollverfahren (Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen)

4 Möglichkeiten bei Standorten von nach EMAS registrierten Organisationen

5 Gewerberechtliche Untersagung

6 Sanktionen durch das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht

1 Grundsatz

Bereits bei ersten Anzeichen einer illegalen Abfalllagerung - wie zum Beispiel Lagermengenüberschreitungen, Lagerung auf unzulässigen Flächen oder Lagerung von nicht zugelassenen Abfallarten - soll die zuständige Behörde Maßnahmen prüfen und erforderlichenfalls treffen, um den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Dazu gehören neben der immissionsschutzrechtlichen Untersagungs-, Stilllegungs- und Beseitigungsverfügung das bauaufsichtliche Eingreifen, aber auch abfallrecht­liche Instrumente (hierzu siehe vor allem die Ausführungen unter Nummer 3). 

2 Zulassungsverfahren und -entscheidungen

Bei Zulassungsverfahren und -entscheidungen für Abfalllager sind folgende Aspekte zu beachten.

Das vorherige Genehmigungsverfahren für Abfalllager dient dazu, möglichen Gefahren, die sich aus der Nutzung von Standorten als Abfalllager ergeben können, zu begegnen. Bei Abfalllagern sind dies häufig Brände, aber auch Gefahren für Boden und (Grund-)Wasser, die es zu vermeiden beziehungsweise zu verringern gilt. Im Hinblick auf die Brandgefahren, die sich bei derartigen Abfalllagern bereits realisiert haben, sowie die durch den Klimawandel fortschreitenden Hitzeperioden und die damit einhergehende Trockenheit ist bei der Lagerung brennbarer Abfälle besonderes Augenmerk auf den vorbeugenden, organisatorischen und abwehrenden Brandschutz zu richten, unter anderem durch ausreichende Abstände, Lagerhöhen etc. (siehe auch die Kunststoff-Lagerrichtlinie). Außerdem ist vor der Nutzung der Standorte eine ausreichende Löschwasserversorgung und Löschwasserrückhaltung (Löschwasser-Rückhalte-Richtlinie) sicherzustellen.

Daneben sind die Anforderungen an Abfalllager aus der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft zu beachten, wie die Notwendigkeit, das Eindringen von Schadstoffen in Boden und Grundwasser zu verhindern (Nummer 5.4.8.12), und die Vorschriften für wassergefährdende Stoffe, wie die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV).

Abfalllager haben - wie alle Abfallentsorgungsanlagen - während der gesamten Nutzungsdauer vor allem Menge, Art und Ursprung der Abfälle sowie ihre Bestimmung, Häufigkeit der Sammlung, die Beförderungsart und die Art der Entsorgung zu dokumentieren (§ 47 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes - KrWG), hierauf sollte in der Genehmigung hingewiesen werden.

  1. Bauaufsichtliche Genehmigungsverfahren und -entscheidungen für Abfalllager

    Unterhalb der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsschwelle von Abfalllagern (das heißt unterhalb einer Gesamtlagerkapazität von 30 Tonnen bei gefährlichen Abfällen und ab 100 Tonnen bei nicht gefährlichen Abfällen, im Einzelnen §§ 6, 16 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - BImSchG - in Verbindung mit Nummern 8.12 bis 8.14 des Anhangs 1 der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - 4. BImSchV) sind Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Lagern zum zeitweiligen Lagern von Abfällen als bauliche Anlagen (Aufschüttung oder Lagerplatz nach § 2 Satz 2 Nummer 1 und 2 der Brandenburgischen Bauordnung - BbgBO) bauaufsichtlich genehmigungsbedürftig (§§ 59 bis 62, § 72 BbgBO).

    Abfallentsorgungsanlagen, und speziell Abfalllager, sind als Sonderbauten zu qualifizieren, wenn mit der Lagerung erhöhte Brandgefahren einhergehen (§ 2 Absatz 2 Nummer 19 und 20 BbgBO). Insofern können auch besondere Anforderungen an ihre Anordnung, Änderung und Instandhaltung gestellt werden (§ 51 Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 14 BbgBO). Bereits im Genehmigungsverfahren ist daher unter Beteiligung der unteren Abfallwirtschaftsbehörde zu prüfen, ob für die Abfälle ein ausreichender Durchsatz, damit auch die Zeitweiligkeit der Lagerung gegeben und das Lagerungskonzept der baulichen Anlage schlüssig ist. Darüber hinaus sind bauliche Anlagen so zu beseitigen, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden (§ 3 Satz 2 BbgBO). Dazu gehört auch eine ausreichende Abfallentsorgung nach dem Nutzungsende des Lagers.

    Durch den Baugenehmigungsbescheid sind die zugelassenen Abfallarten nach dem Abfallartenkatalog, die Kapazitätsangabe unterhalb der Mengenschwelle nach Anhang 1 der 4. BImSchV, bezogen auf die einsetzbare Abfallmenge (Durchsatz), die Lagermenge und die Lagerfläche für die Abfälle festzulegen. Abfalllager sind unter der auflösenden Bedingung zu genehmigen, dass die Abfälle nicht länger als ein Jahr im Lager liegen, ansonsten das Lager zu beseitigen ist, weil es sich in diesem Fall um ein immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiges Langzeitlager handeln würde (Nummer 8.14 des Anhangs 1 der 4. BImSchV). Für die Einhaltung dieser Bedingung soll eine angemessene
    Sicherheit in der Höhe der Entsorgungskosten für die genehmigte Lagerkapazität von Abfällen verlangt werden (§ 72 Absatz 2 Satz 1 BbgBO). Im Hinblick auf ein vergleich­bares Vorgehen mit immissionsschutzrechtlich genehmigten Abfalllagern können sich die unteren Bauaufsichtsbehörden an das Landesamt für Umwelt wenden, insbesondere wegen der dort vorliegenden Informationen und Festlegungen zur Berechnung der Höhe einer angemessenen Sicherheit (siehe auch den unter Nummer 2 Buchstabe b erwähnten Sicherheitsleistungserlass, dessen Ausführungen, vor allem zur Art der Sicherheit, ergänzend herangezogen werden können).

  2. Immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren und -entscheidungen für Abfalllager

    Abfalllager sind immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig ab einer Gesamtlagerkapazität von 30 Tonnen bei gefährlichen Abfällen und ab 100 Tonnen bei nicht gefährlichen Abfällen (im Einzelnen §§ 6, 16 BImSchG in Ver­bindung mit Nummern 8.12 bis 8.14 des Anhangs 1 der 4. BImSchV).

Änderungen zur Beschaffenheit der gelagerten Abfälle oder die Erhöhung der Abfallmenge können ebenso wie die Ausdehnung der Flächen, auf denen die Abfälle gelagert werden, als „wesentlich“ im Sinne des Immissionsschutzrechts einzuordnen sein und damit genehmigungsbedürftig (§§ 15, 16 BImSchG). Denn diese Änderungen können für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 BImSchG (in Verbindung mit § 5 Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 3 BImSchG) erheblich sein (§ 16 Absatz 1 BImSchG).

Vor der Genehmigungserteilung sind bei immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Abfalllagern insbesondere der Plan zur Behandlung der Abfälle (§ 4c der Verordnung über das Genehmigungsverfahren - 9. BImSchV) und die Anforderungen zur Einhaltung der Nachsorgepflichten (§ 5 Absatz 3 BImSchG) zu prüfen. Zur Einhaltung der Nachsorgepflichten gehört es, immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach der Betriebseinstellung von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile oder Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können (§ 5 Absatz 3 Nummer 1 BImSchG), vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet sowie ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden (§ 5 Absatz 3 Nummer 2 BImSchG) und die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Betriebsgeländes gewährleistet ist (§ 5 Absatz 3 Nummer 3 BImSchG). Insbesondere muss das Abfallentsorgungskonzept dementsprechend schlüssig sein und den immissionsschutz- und abfallrechtlichen Vorgaben genügen. Bei den Nachsorgepflichten (§ 5 Absatz 3 BImSchG) geht es um sämtliche Abfälle, das heißt nicht nur um die in der Anlage erzeugten, sondern auch um diejenigen, die in die Anlage eingebracht wurden.

Soweit die Abfälle auf dem eigenen Anlagengelände behandelt werden sollen, muss die Kapazität der Behandlungsanlage für die gelagerten Abfallmengen ausreichen beziehungsweise im richtigen Verhältnis stehen. Auch wenn der Genehmigungsantrag von der Recyclingprodukteigenschaft ausgeht, kann es sich wegen deren fehlender gesicherter Nachfrage und Verwendbarkeit um Abfälle handeln (OVG Münster, Urt. v. 10.12.1999 - 21 A 3481/96).

Durch die Genehmigung ist neben der Festlegung der zugelassenen Abfallarten nach dem Abfallartenkatalog eine Kapazitätsangabe nach Anhang 1 der 4. BImSchV, bezogen auf die einsetzbare Abfallmenge (Durchsatz), die Lagermenge und die Lagerfläche vorzunehmen.

Im Genehmigungsbescheid ist die Sicherheitsleistung regelmäßig anzuordnen, soweit sie noch nicht geleistet wurde; bei Änderungsgenehmigungsbescheiden für Abfalllager kann eine Erhöhung der Sicherheitsleistung erforderlich werden. Bei diesen Bescheiden ist auch auf die Möglichkeit zu deren nachträglicher Erhöhung hinzuweisen, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern (Erhöhung der Kapazität, Veränderung der Entsorgungskosten). Im Einzelnen wird auf den Erlass zur Erhebung von Sicherheitsleistungen bei Abfallentsorgungsanlagen verwiesen (Erlass 5/1/10 über Sicherheitsleistungen bei Abfallentsorgungsanlagen vom 18. Oktober 2010, ABl. S. 1778, der zuletzt durch den Erlass vom 12. Juni 2020, ABl. S. 595, geändert worden ist;  siehe konsolidierte Fassung: https://bravors.brandenburg.de/verwaltungsvorschriften/abfall2010, im Folgenden: „Sicherheitsleistungserlass“).

Eine Lagerung von Abfällen darf erst erfolgen, nachdem der zuständigen Behörde die erforderliche Sicherheitsleistung in entsprechender Höhe vorgelegt wurde. Dies ist durch entsprechende Nebenbestimmungen im Genehmigungsbescheid (aufschiebende Bedingung) abzusichern (zur Sicherheitsleistung siehe auch Nummer 1.2 des oben genannten Sicherheitsleistungserlasses 5/1/10).

Um die Angemessenheit der Sicherheitsleistung sachgerecht überprüfen zu können, soll im Genehmigungsbescheid festgelegt werden, dass die Lagerbestände in bestimmten Zeiträumen, mindestens alle sechs Monate, zu melden sind (§ 52 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit § 12 Absatz 1 Satz 2, § 17 Absatz 4a Satz 1 BImSchG).

Soweit am Standort nicht genehmigte Abfälle lagern, darf eine Genehmigung zur Lagerung von zusätzlichen (auch anderen) Abfällen allenfalls erteilt werden, wenn dies der Legalisierung der am Standort noch illegal lagernden Abfälle dient und ein schlüssiges Abfallentsorgungskonzept vorgelegt werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Stilllegungsverfügung auf Grund Bau- oder Immis­sionsschutzrechts für den Anlagenbetrieb existiert. Das Vorliegen der Voraussetzungen zur Sicherstellung der Abfallentsorgung (§ 22 Absatz 1 Nummer 3 und § 5 Absatz 3 BImSchG) ist in diesen Fällen im Genehmigungsverfahren besonders sorgfältig zu prüfen (siehe auch VG Köln, Urt. v. 02.07.2009 - 13 K 484/08), und zwar sowohl hinsichtlich Abfallart, Lagermenge wie Lagerdauer. Insbesondere fehlt ein Sachbescheidungsinteresse, wenn die neue Genehmigung nicht der Legalisierung vorhandener Abfälle dient.

Darüber hinaus kann in denjenigen Fällen, in denen am Standort bereits illegal Abfälle lagern, eine erforderliche Sicherheitsleistung Zug um Zug gegen die Ausreichung der  Genehmigung verlangt werden, weil der die Nachsorge­sicherung begründende Umstand - die Lagerung von Abfällen - bereits eingetreten ist; alternativ kann die Rechtswirksamkeit der Genehmigung von der aufschiebenden Bedingung der Hinterlegung einer insolvenzfesten Sicherheit abhängig gemacht werden (§ 6 Absatz 1 Nummer 1, § 5 Absatz 3 in Verbindung mit § 12 Absatz 1 Satz 2 und § 17 Absatz 4a Satz 1 BImSchG, auch § 18 der Deponieverordnung verlangt die Sicherheit vor Beginn der Ablagerungsphase).

Soweit Tatsachen (siehe unter Nummer 3 Buchstabe b) bekannt werden, die die Unzuverlässigkeit des zukünftigen Genehmigungsinhabers bereits vor Erteilung der immis­sionsschutzrechtlichen Genehmigung belegen, ist die Versagung der Genehmigung zu prüfen. Dass solche personenbezogenen Elemente in besonderen Fallkonstellationen bereits bei Erteilung einer - an sich anlagenbezogenen - Zulassung berücksichtigt werden können, ist auch durch die Rechtsprechung anerkannt (BVerwG, Urt. v. 13.03.2008 - 7 C 44.07, Rz. 34). Es lässt sich nämlich im Rahmen des fehlenden Sachbescheidungsinteresses würdigen, wenn die Genehmigung für den Antragsteller deshalb keinen Nutzen haben kann, weil er unmittelbar im Anschluss an deren Erteilung eine Untersagungsverfügung nach § 20 Absatz 3 BImSchG erwarten müsste (Hansmann, in Landmann/Rohmer, Kommentar, Umweltrecht, Std. 01.12.2017, Rnr. 56 zu § 20 BImSchG m.w.N.). Zur Unzuverlässigkeit siehe auch die Ausführungen unten unter Nummer 3 Buchstabe b und Nummer 5).

3 Überwachung

Auch nach Erteilung einer Genehmigung hat die zuständige Behörde alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit eine Lagerung oder Ablagerung von Abfällen, die die genehmigten Bestände überschreitet, gar nicht erst entsteht oder zumindest mit dem Ziel der Beseitigung eingeschritten wird. Bei baugenehmigungspflichtigen Abfalllagern und Abfallentsorgungsanlagen ist die untere Abfallwirtschaftsbehörde für die Überwachung der Anlagen im oben genannten Sinne zuständig. Hierfür sollen insbesondere regelmäßige Vor-Ort-Kontrollen von Abfallentsorgungsanlagen genutzt werden (siehe Über­wachungskonzept für das Landesamt für Umwelt zu den immissionsschutzrechtlich genehmigten Abfalllagern: jährliche Regelüberwachung, speziell zu Entsorgungsfachbetrieben, siehe auch unter Nummer 3 Buchstabe c Doppelbuchstabe aa). Die unteren Abfallwirtschaftsbehörden haben die bauaufsichtlich genehmigungsbedürftigen Abfallanlagen regelmäßig zu überwachen (§ 47 Absatz 2 KrWG). Soweit die untere Abfallwirtschaftsbehörde im Zusammenhang mit bauaufsichtlich genehmigten Abfallentsorgungsanlagen im Rahmen der Überwachung eine illegale Lagerung feststellt (zum Beispiel die Art der Abfälle, ihre Menge, Lagerdauer oder die Lagerfläche entspricht nicht den Genehmigungsanforderungen), informiert sie die untere Bauaufsichtsbehörde. Daneben bedarf es der anlassbezogenen Überwachung durch die unteren Abfallwirtschaftsbehörden bei Hinweisen auf schwerwiegende Umweltbeeinträchtigungen und bei Verdacht auf Straftaten.

Stellt die untere Abfallwirtschaftsbehörde erste Anzeichen einer illegalen Abfalllagerung - wie zum Beispiel Lagermengenüberschreitungen, Lagerung auf unzulässigen Flächen oder Lagerung von nicht zugelassenen Abfallarten - fest, soll die untere Abfallwirtschaftsbehörde die untere Bauaufsichtsbehörde möglichst frühzeitig über die abfallrechtliche Lage informieren. Die untere Bauaufsichtsbehörde prüft dann, ob und welche bauaufsichtlichen Maßnahmen getroffen werden können, um den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Auch die untere Abfallwirtschaftsbehörde prüft, ob und welche abfallrechtlichen Maßnahmen sie gegen eine illegale Abfalllagerung ergreifen kann. Die untere Abfallwirtschaftsbehörde und die untere Bauaufsichtsbehörde sollen miteinander abstimmen, ob und welche Maßnahmen ergriffen werden können.

Werden solche Verstöße gegen die ordnungsgemäße und schadlose Lagerung von Abfällen bekannt, so kann ein erheblicher Verstoß beziehungsweise mehrere kleinere Verstöße gegen die betreffenden Rechtsvorschriften auch insgesamt auf die Unzuverlässigkeit der Betreiber von Abfallanlagen schließen lassen, neben immissionsschutz-, abfall- und bauaufsichtlichen Maßnahmen ist dann an eine Gewerbeuntersagung zu denken (siehe hierzu unter Nummer 5).

Regelmäßig besteht an der Stilllegung eines derartigen illegalen Abfallanlagenbetriebes ein überwiegendes öffentliches Interesse wegen der Gefahr von Nachahmungseffekten; die sofor­tige Vollziehung der Stilllegungsverfügung soll daher üblicherweise angeordnet werden (§ 80 Absatz 2 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung). Darüber hinaus soll im Fall eines unmittelbaren Gefährdungspotenzials für Schutzgüter wie Boden oder Wasser, zum Beispiel durch flüssige gefährliche Abfälle, sowie aus Gründen effektiver Gefahrenabwehr bei Anlagen, die noch über einen solventen Betreiber verfügen, eine entsprechende Beseitigungsverfügung mit der Androhung verbunden werden, dass bei Nichtbefolgung innerhalb der Frist die Ersatzvornahme unmittelbar vollstreckt und Ersatzvornahme-Kosten im Voraus verlangt werden können (§ 32 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg).

  1. Bauaufsichtliche Maßnahmen

    Wird ein Lager für Abfälle oder eine Aufschüttung ohne die erforderliche bauaufsichtliche Genehmigung genutzt oder geändert, so hat die zuständige untere Bauaufsichtsbehörde die notwendigen bauaufsichtlichen Maßnahmen zu ergreifen (§§ 79 ff. BbgBO). Zur Vermeidung späterer Entsorgungsprobleme sind zunächst unverzüglich wirksame Maßnahmen gegen die weitere Annahme von Abfällen zur Lagerung zu treffen. Bei einer unzulässigen Nutzung eines Grundstückes als Lagerplatz für Abfälle ist nach § 80 Absatz 1 Satz 2 BbgBO umgehend dessen Nutzung zu untersagen. Über darüberhinausgehende Anordnungen zur Beseitigung der baulichen Anlage ist unter Beachtung der Voraussetzungen des § 80 Absatz 1 Satz 1 BbgBO zu entscheiden.

    Sobald die untere Abfallwirtschaftsbehörde feststellt, dass eine bauaufsichtlich genehmigte Anlage die maßgebliche Mengenschwelle zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit (§§ 4, 6 BImSchG in Verbindung mit Nummern 8.12 bis 8.14 des Anhangs 1 der 4. BImSchV) überschreitet, informiert sie die untere Bauaufsichtsbehörde. Die untere Bauaufsichtsbehörde prüft die notwendigen Maßnahmen, die erforderlich sind, um einen gesetzeskonformen Zustand herzustellen (insbesondere Anordnung auf Grund von § 80 BbgBO), bei Verstößen gegen die Genehmigungsbedürfnisse der Brandenburgischen Bauordnung verdichtet sich das Ermessen der unteren Bauaufsichtsbehörde, einzuschreiten.

    Unabhängig von dem bauordnungsrechtlichen Instrumentarium zur Stilllegung und Beseitigung von Abfalllagern, für die eine Baugenehmigung erteilt worden ist, sollen von den unteren Abfallwirtschaftsbehörden die allgemeinen abfallrechtlichen Anordnungen und darüber hinaus auch alle weiteren geeigneten, insbesondere abfallrechtlichen Eingriffsmöglichkeiten geprüft werden, um illegale Abfall­lagerungen zu verhindern beziehungsweise zu beseitigen und die daraus resultierenden Schäden zu minimieren. Insbesondere ist bei festgestellten Verstößen durch die untere Abfallwirtschaftsbehörde eine engmaschige Kontrolle im Rahmen der Überwachung sicherzustellen.

  2. Immissionsschutzrechtliche Maßnahmen

    Wird ein Lager für Abfälle ohne die erforderliche immis­sionsschutzrechtliche Genehmigung errichtet oder betrieben, sind die Instrumente der immissionsschutzrechtlichen Untersagungs-, Stilllegungs- und Beseitigungsverfügung zu nutzen (§ 20 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes).

    Auch die Beantragung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung berechtigt nicht dazu, Abfälle zu lagern oder vorzuhalten. Erst nach Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung unter Einhaltung ihrer Voraussetzungen an die ordnungsgemäße Lagerung dürfen Abfälle angenommen und gelagert werden. Daher soll bis zur Erteilung der Genehmigung ein solcher Lagerungsbetrieb stillgelegt werden.

    Der Betrieb der Abfallentsorgungsanlage soll auch bis zur Hinterlegung der Sicherheit untersagt werden, wenn zwar die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt wurde, aber gegen die durch aufschiebende Bedingung auf­erlegte Sicherheitsleistung Rechtsschutz nachgesucht wird
    (§ 20 Absatz 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, VG Cottbus, Beschl. v. 09.12.2016 - 4 L 485/15; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 14.03.2017 - OVG 11 S 5.17). Bei immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen ist Rechtsgrundlage für den Annahmestopp von Abfällen bei betriebenen Anlagen die Stilllegungs- und gegebenenfalls Beseitigungsverfügung bereits lagernder Abfälle auf Grund § 20 Absatz 2 des Bundes-Immissionsschutz­gesetzes (BImSchG).

    Soweit gegen den Betreiber oder einen mit der Leitung des Betriebes Beauftragten (insbesondere Geschäftsführer, Gesellschafter, Mitglieder des Vorstandes, sonstige vertretungsbefugte Person, Prokurist) einer immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit dieser Person belegen, kann dieser Person der weitere Betrieb der Anlage untersagt werden (§ 20 Absatz 3 BImSchG). Die Informationen innerhalb des Landesamtes für Umwelt sollen hierzu geprüft werden.

    Als unzuverlässig gilt nach dem Gewerberecht, wer keine Gewähr dafür bietet, sein Gewerbe in Zukunft ordnungs­gemäß auszuüben. Dabei setzt die Unzuverlässigkeit kein Verschulden voraus, sondern verlangt nur eine durch Tat­sachen untermauerte Prognose. Soweit das Immissionsschutzrecht speziell auf die Einhaltung der Rechtsvorschriften zum Schutz schädlicher Umwelteinwirkungen abstellt (§ 20 Absatz 3 Satz 1 BImSchG), sind diese Rechtsvorschriften weit auszulegen. Darüber hinaus können Grundlage für die Prognose auch andere Verstöße als solche gegen Immissionsschutzvorschriften sein. In Betracht kommen neben Arbeitsschutzvorschriften insbesondere solche des Abfallrechts, aber auch des Bau- und Wasserrechts. Tatsachen, die für das Vorliegen von Unzuverlässigkeit sprechen, sind vor allem Verurteilungen wegen umweltschutzrechtlicher Delikte, daneben aber auch einzelne erhebliche Verstöße oder wiederholte kleinere Verstöße gegen Rechtsvorschriften, die den ordnungsgemäßen Anlagenbetrieb betreffen. Zudem können auch Tatsachen, die sich aus der Tätigkeit der Person in anderen als der aktuell betriebenen Anlage ergeben, die Unzuverlässigkeit begründen. Bestandskräftige Verfügungen nach § 20 Absatz 3 BImSchG sind gemäß § 149 Absatz 2 Nummer 1b der Gewerbeordnung (GewO) beim Gewerbezentralregister eintragen zu lassen.

    Da es sich bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung um eine Sachkonzession handelt, bleibt diese von der Untersagung der Betriebsführung durch eine bestimmte Person allerdings unberührt.

  3. Abfallrechtliche Maßnahmen, unter anderem bei Entsorgungsfachbetrieben und bei personenbezogenen Kontrollverfahren (Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen)

Soweit abfallrechtliche Anordnungsmöglichkeiten gegen Erzeuger oder (ehemalige) Besitzer existieren, sollen diese ebenfalls ausgeschöpft werden (§ 62 KrWG, §§ 23, 24 des Brandenburgischen Abfall- und Bodenschutzgesetzes - BbgAbfBodG); insbesondere ist die abfallrechtliche Inanspruchnahme von ehemaligen Besitzern nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zulässig (BVerwG, Urt. v. 28.06.2007 - 7 C 5.07), im Land Brandenburg wurde eine solche Inanspruchnahme ehemaliger Besitzer im Eilverfahren auch im Fall bereits behandelter Abfälle bestätigt (VG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 09.01.2018 - 5 L 1475/17, bestätigt durch OVG BE-BB, Beschl. v. 14.11.2019 - 11 S 11/18). Dabei ist auf eine ausreichende Dokumentation des Ermessens (unter anderem zur Störerauswahl, siehe Leitfaden zur Störerauswahl im Abfallrecht, Std. 30.10.2012) zu achten (die abfallrechtliche Kommentierung geht allerdings davon aus, dass die immissionsschutzrechtliche Anordnung nach § 20 Absatz 2 BImSchG als „Soll-Bestimmung“ sowie als auf eine ein­deutige Rechtsfolge gerichtete Vorschrift gegenüber der all­gemeinen abfallrechtlichen Anordnungsmöglichkeit spezieller ist, siehe Beckmann, in: Landmann/Rohmer, Kommentar, Umweltrecht, Std. 01.04. 2021, Rnr. 8, 9 zu § 62 KrWG). 

Unabhängig von dem immissionsschutzrechtlichen Instrumentarium zur Stilllegung und Beseitigung bei immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Abfalllagern und den allgemeinen abfallrechtlichen Anordnungen, sollen darüber hinaus auch alle weiteren geeigneten, insbesondere abfallrechtlichen Eingriffsmöglichkeiten geprüft werden, um illegale Abfalllagerungen zu verhindern und die daraus resultierenden Schäden zu minimieren.

aa) Besondere Anforderungen gelten beispielsweise für den Entsorgungsfachbetrieb, der einem System der (Eigen-)Überwachung durch Technische Überwachungsorganisationen oder die Entsorgergemeinschaft unterliegt und im Gegenzug bestimmte Privilegien genießt (zum Beispiel Freistellung von der Eingangsbestätigung und Einholung des Entsorgungsnachweises gemäß § 7 der Nachweisverordnung). Ob es sich um einen Entsorgungsfachbetrieb handelt, kann inzwischen dem elektronischen Entsorgungsfachbetriebe-Register entnommen werden (§ 28 der Entsorgungsfachbetriebeverordnung - EfbV). In dem Zertifikat sind die zertifizierten Tätigkeiten des Betriebes, insbesondere bezogen auf seine Standorte und Anlagen sowie die Abfallarten, genau zu bezeichnen, das Zertifikat ist zu befristen. Die Gültigkeitsdauer darf einen Zeitraum von 18 Monaten nicht überschreiten (siehe hierzu auch die Mitteilung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 36 - Vollzugshilfe „Entsorgungsfachbetriebe“ - LAGA M 36, Std. 31.01.2018, zugänglich auf der Internetseite der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft  Abfall - LAGA, hier: https://www.laga-online.de/Publikationen-50-Mitteilungen.html). Das Vorliegen der Voraussetzungen wird mindestens jährlich von der technischen Überwachungsorganisation oder der Entsorgergemeinschaft überprüft. Die Zustimmungsbehörde ist berechtigt, die beauftragten Sachverständigen bei den Vor-Ort-Terminen zu begleiten. Insofern kann die zuständige Überwachungsbehörde von der Technischen Überwachungsorganisation oder Entsorgergemeinschaft verlangen, für Abfallentsorgungsanlagen, insbesondere Abfalllager, die Vor-Ort-Termine mitzuteilen (§ 22 Absatz 3 EfbV).

Bei illegalem Anlagenbetrieb durch einen Entsorgungsfachbetrieb ist die zuständige Technische Überwachungsorganisation oder die Entsorgergemeinschaft zu informieren. Insbesondere kann nachgefragt werden, wann die letzte (mindestens jährlich erforderliche) Überprüfung der Voraussetzungen für das Zertifikat durch die Technische Überwachungsorganisation oder der Entsorgergemeinschaft stattgefunden hat und mit welchen Ergebnissen (siehe auch das elektronische Entsorgungsfachbetriebe-Register und ASYS). Darüber hinaus kann die Technische Überwachungsorganisation oder die Entsorgergemeinschaft gebeten werden, das von ihr erteilte Zertifikat und die Berechtigung zum Führen des Überwachungszeichens zu entziehen, indem sie den Betrieb auffordert, innerhalb einer bestimmten Frist das Zertifikat zurückzugeben und das Überwachungszeichen nicht weiter zu verwenden, weil die Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind (§ 56 Absatz 8 Satz 1 KrWG). Denn Voraussetzung für den Entsorgungsfachbetrieb ist, dass er die für die ordnungs­gemäße Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlichen Anforderungen an seine Organisation erfüllt, das heißt über die personelle, gerätetechnische und sonstige Ausstattung sowie über die Zuverlässigkeit, Fach- und Sachkunde seines Personals (§ 56 Absatz 3 KrWG, konkretisiert durch die §§ 3 bis 10 EfbV). Anforderungen zur Zuverlässigkeit werden sowohl an den Inhaber und die für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortlichen Personen (§ 8 EfbV) sowie an das sonstige Personal (§ 10 EfbV) gestellt. Dabei ist eine Unzuverlässigkeit nicht nur regelmäßig anzunehmen, wenn ein Inhaber oder eine leitende Person in den letzten fünf Jahren mit einer Geldbuße in Höhe von mehr als 2 500 Euro belegt oder zu einer Strafe verurteilt worden ist. Vielmehr kann eine Unzuverlässigkeit auch dann angenommen werden, wenn die Person wiederholt oder grob pflichtwidrig gegen die betreffenden Umweltvorschriften verstoßen hat (§ 8 Absatz 2 Nummer 1 und 2 EfbV). Regelmäßig wird allerdings vor dem Entzug des Zertifikats eine Frist zur Mängelbeseitigung als angemessen angesehen, die dem eigentlichen Entzug vorgeschaltet ist; in Ausnahmefällen - bei besonders schweren Mängeln - ist jedoch ein sofortiger Entzug des Zertifikats ohne Fristsetzung gerechtfertigt (Nummer IX.1, S. 66 der LAGA M 36).

Kommt der Betrieb der Aufforderung zur Rückgabe des Zertifikats und zur Nichtverwendung des Überwachungszeichens innerhalb der von der Entsorgergemeinschaft oder der Technischen Überwachungsorganisation gesetzten Frist nicht nach, so kann jedenfalls die zuständige Abfallbehörde selbst dem Betrieb das Zertifikat und die Berechtigung zum Führen des Überwachungszeichens sowie die Verwendung der Bezeichnung „Entsorgungsfachbetrieb“ entziehen (§ 56 Absatz 8 Satz 2 KrWG).

Mit dem Entzug des Zertifikats kann zwar kein illegales Abfalllager beseitigt werden. Dennoch kann zur Vermeidung zusätzlicher Schäden durch weitere illegale Abfalllager beigetragen werden, da bei Ausschreibungen regelmäßig mit der Bezeichnung als „Entsorgungsfachbetrieb“ geworben wird.

 

Außerdem haben Entsorgungsfachbetriebe, die Abfälle lagern, behandeln, verwerten oder beseitigen, neben der Betriebshaftpflicht- und einer Umwelthaftpflichtversicherung neuerdings auch über eine Umweltschadensversicherung zu verfügen (§ 6 EfbV). Die Um­welthaftpflichtversicherung betrifft den Schadensausgleich zwischen Privaten, also beispielsweise Umweltschäden, die der Abfallanlagenbetreiber durch unsachgemäße Lagerung der Abfälle am Grundstück seines Verpächters verursacht (die Haftung für Umweltschäden durch Abfallentsorgungsanlagen, die in Nummer 68 ff. des Anhangs 1 des Umwelthaftungsgesetzes genannt werden, ist verschuldensunabhängig). Die Umweltschadensversicherung betrifft demgegenüber die Kostentragungspflicht gegenüber den Behörden, beispielsweise von Abfallentsorgern wegen Gefahren­abwehr und Sanierung von Umweltschäden (§§ 5 und 6 in Verbindung mit Anlage 1 Nummer 2 des Umweltschadensgesetzes - USchadG); ein Umweltschaden im Sinne einer Schädigung der Bodenfunktionen setzt zwar voraus, dass auch eine Gefahr für die menschliche Gesundheit verursacht wird (§ 2 Nummer 1 Buchstabe c USchadG), andererseits soll der Deckungsumfang einer Umweltschadensversicherung nicht auf Fälle unmittelbaren Eingreifens des Umweltschadensgesetzes begrenzt sein (LG Düsseldorf, Urt. v. 18.12.2018 - 9 S 1/18). Insofern kann versucht werden, bei eingetretenen Schäden Ersatz für diese Schäden durch die Umweltschadens­versicherung zu erlangen.

bb) Ein Einschreiten ist auch auf Grund der abfallrechtlichen Kontrollverfahren mit personenbezogenen Elementen bei Sammlern, Beförderern, Händlern und Maklern von Abfällen (§§ 53, 54 KrWG) möglich. Das gilt beispielsweise für die Anlieferung von Abfällen an Grundstücke, auf denen illegal Abfälle lagern. Soweit die illegal gelagerten Abfälle von dem Betreiber der betroffenen Anlage, dem Eigentümer oder Nutzer des Grundstückes selbst angeliefert wurden, ist zu prüfen, ob ein Widerruf einer Erlaubnis gemäß § 54 KrWG oder die Untersagung der Beförderung von Abfällen (soweit das Befördern von Abfällen gemäß § 53 KrWG angezeigt wurde) die weitere illegale Anhäufung von Abfällen verhindern kann. Dazu ist die Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin mbH (SBB) als zuständige Behörde für Anzeige- und Erlaubnisverfahren nach §§ 53, 54 KrWG zu informieren. Sie kann dann die weiteren Schritte prüfen und veranlassen. Denn eine Untersagung beziehungsweise der Widerruf solcher Beförderungen kann mit der Unzuverlässigkeit der für die Beförderung verantwortlichen Personen begründet werden (siehe auch VG Potsdam,
Beschl. v. 10.02.2017, Az. VG 1 L 1483/16).

4 Möglichkeiten bei Standorten von nach EMAS registrierten Organisationen

Handelt es sich um einen Standort einer am Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EMAS) registrierten Organisation, so setzt diejenige Behörde, die die Verstöße festgestellt hat (unter anderem untere Abfallwirtschaftsbehörde oder Landesamt für Umwelt als Immissionsschutz- oder Abfallbehörde), die Register-führende Stelle über die festgestellten Verstöße in Kenntnis (§ 34 des Umweltauditgesetzes - UAG).

5 Gewerberechtliche Untersagung

Wenn alle (immissionsschutz-, bau- und) abfallrechtlichen Möglichkeiten zur Berücksichtigung einer (Un-)Zuverlässigkeit ausgeschöpft sind, soll im Übrigen das örtlich zuständige Gewerbeamt hierüber und über gegebenenfalls darüberhinausgehende, für eine Entscheidung nach § 35 GewO relevante Tatsachen informiert werden. Es ist allerdings zu beachten, dass die gewerberechtliche Untersagung wegen Unzuverlässigkeit gegenüber den sonstigen Maßnahmen wegen Unzuverlässigkeit subsidiär ist, das heißt, es müssen zunächst alle sonstigen, insbesondere abfallrechtlichen Maßnahmen ausgeschöpft sein, damit die Gewerbebehörde hiervon Gebrauch machen kann (§ 35 Absatz 8 der Gewerbeordnung - GewO). Die gewerberechtliche Untersagung auf Grund Unzuverlässigkeit hat jedoch eine ungleich bedeutendere Wirkung als umweltrechtliche Maßnahmen, da sie bundesweit gilt.

6 Sanktionen durch das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht

Unabhängig von den verwaltungsrechtlichen Maßnahmen sind auch Anzeigen wegen Straftaten und Ordnungswidrigkeitenverfahren zu prüfen.

  1. Beim Verdacht einer Straftat, beispielsweise durch Betrieb einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage ohne die erforderliche Genehmigung (§ 327 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2 des Strafgesetzbuches - StGB), ist - unter anderem in Abhängigkeit von der Schwere des Vergehens und dem Ausmaß des Schadens - zu prüfen, ob eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft, gegebenenfalls der  Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Potsdam, erstattet werden soll.

    Gegenüber der Staatsanwaltschaft kann ein Vermögens­arrest zur Sicherung künftiger Zahlungspflichten des Beschuldigten aus der Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen (§§ 73c, 74c StGB) sowie wegen einer Geldstrafe angeregt werden. Die Maßnahme setzt voraus, dass ohne sie die künftige Vollstreckung vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde (§ 111e Absatz 1 der Strafprozessordnung - StPO). Die Anordnung steht dem Strafrichter zu, bei Gefahr im Verzug auch der Staats­anwaltschaft (§ 111j StPO).
  2. Daneben können durch die Verwaltungsbehörde Ordnungswidrigkeiten selbst geahndet werden (§ 47 des Ordnungswidrigkeitengesetzes - OWiG).

    Dies gilt für Verstöße gegen das Immissionsschutzrecht, beispielsweise bei Errichtung eines illegalen Abfalllagers (§ 62 Absatz 1 Nummer 1 BImSchG), bei einer nicht genehmigten wesentlichen Änderung (§ 62 Absatz 1 Nummer 4 BImSchG) und der Nichterfüllung einer vollziehbaren Auflage (§ 62 Absatz 1 Nummer 2 BImSchG). Sofern die Anlage bereits ungenehmigt betrieben wird, wäre eine Straf­anzeige mit Blick auf § 327 StGB allerdings vorrangig.

    Auch Ordnungswidrigkeiten wegen Verstoßes gegen Abfallrecht können in Betracht kommen (§ 69 KrWG).

    Dies gilt auch für Verstöße gegen das Bauordnungsrecht (§ 85 Absatz 1 Nummer 3 BbgBO).

    Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den die (juristische) Person aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Das gesetzliche Höchstmaß kann aus diesem Grunde auch überschritten werden (§ 17 Absatz 4, § 30 Absatz 3 OWiG).

    In das Gewerbezentralregister ist eine rechtskräftige Bußgeldentscheidung einzutragen, wenn die Geldbuße mehr als 200 Euro beträgt (§ 149 Absatz 2 Nummer 3 GewO).

    Wenn ein Bußgeldbescheid erlassen wurde, kann zur Sicherung der Geldbuße neuerdings die Anordnung eines Vermögensarrests in Betracht kommen (§ 30 Absatz 6, § 46 OWiG, § 111e Absatz 2 StPO), zuständig für die Anordnung ist das Gericht (siehe oben, § 111j StPO). Mit dem Vermögensarrest kann die Veräußerung von Wertgegenständen verhindert werden (§ 111h StPO), der Vermögensarrest muss dann durch Zwangsvollstreckung vollzogen werden (§ 111f StPO).
  3. Falls keine Geldbuße festgesetzt wird, aber die Person oder ein Dritter etwas durch eine mit Geldbuße bedrohte Handlung erlangt hat, so kann der Wert von Taterträgen auch selbstständig eingezogen werden (§ 29a OWiG).

Unberührt von den vorstehenden Ausführungen bleibt die Notwendigkeit für die untere Abfallwirtschaftsbehörde, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Abfallablagerung außerhalb von Anlagen zu überwachen, deren Entstehung zu unterbinden beziehungsweise für die Beseitigung entsprechender Abfallablagerungen zu sorgen (§§ 62, 28 KrWG in Verbindung mit § 1 und Nummer 1.23.3 der Anlage der Abfall- und Bodenschutz-Zuständigkeitsverordnung).