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Geschäftsstellenordnung für die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und für die Staatsanwaltschaften des Landes Brandenburg (Geschäftsstellenordnung ordG-Sta - GStO-ordG-StA)
Geschäftsstellenordnung für die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und für die Staatsanwaltschaften des Landes Brandenburg (Geschäftsstellenordnung ordG-Sta - GStO-ordG-StA)
vom 26. September 2016
(JMBl/16, [Nr. 10], S.103)
§ 1
Anwendungsbereich
(1) Diese Geschäftsstellenordnung regelt den Aufbau, die Organisation, die Leitung und die Aufgaben der Geschäftsstelle der Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaften (§ 153 des Gerichtsverfassungsgesetzes [GVG]).
(2) Die zum Geschäftsbetrieb ergangenen Vorschriften (zum Beispiel Geschäftsordnung, Brandenburgische Aktenordnung, Generalaktenverfügung, Statistikanordnungen) bleiben hiervon unberührt.
§ 2
Grundsätze der Zusammenarbeit und Führung
(1) Die Leiterin oder der Leiter des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft (Leitung des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft) ist im Rahmen ihrer beziehungsweise seiner Leitungs- und Aufsichtsaufgaben dafür verantwortlich, dass die Geschäftsstelle ihre Aufgaben ordnungsgemäß, insbesondere rechtzeitig, vollständig und wirtschaftlich erfüllt.
(2) Die Leitung des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft wird von Bediensteten mit Leitungsfunktionen unterstützt (Geschäftsleitung, Gruppenleitung). Diese fördern die Erledigung der Aufgaben aus eigener Initiative, beobachten die Entwicklung und erarbeiten Vorschläge, setzen Ziele, schreiben diese fort und koordinieren und beaufsichtigen die Bearbeitung. Sie sorgen ferner für einen reibungslosen Arbeitsablauf und für die Unterrichtung, Anleitung und den zweckmäßigen Einsatz der ihnen zugeordneten Bediensteten.
(3) Bevor Bedienstete mit Leitungsfunktionen betraut werden, sollen sie an für ihren künftigen Aufgabenbereich geeigneten Qualifizierungsmaßnahmen teilgenommen haben. Sie sollen dabei insbesondere mit für ihre Aufgaben einschlägigen Maßnahmen des Personalmanagements vertraut gemacht werden.
(4) Es ist vorrangig Aufgabe der Bediensteten mit Leitungsfunktionen, das Leistungspotenzial ihrer Bediensteten zu entwickeln und zu fördern. Hierbei werden die Bediensteten von der Leiterin oder dem Leiter des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft zielbewusst unterstützt. Insbesondere haben sie
- alle Bediensteten an Informations- und Entscheidungsprozessen zu beteiligen,
- Vorbild an Einsatz und Tatkraft sowie im persönlichen Umgang zu geben,
- Anerkennung und Kritik angemessen und sachlich zu vermitteln,
- auf ein gutes Arbeitsklima hinzuwirken,
- den berechtigten persönlichen Anliegen der ihnen zugeordneten Bediensteten Verständnis entgegenzubringen und sie vor ungerechtfertigten Angriffen in Schutz zu nehmen und
- die Qualität der Aufgabenerfüllung durch gezielte Fortbildungsmaßnahmen zu steigern.
§ 3
Leitung der Geschäftsstelle
(1) Die Geschäftsstelle untersteht der Geschäftsleiterin oder dem Geschäftsleiter des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft (Geschäftsleitung). Zu den Aufgaben der Geschäftsleitung gehört unter anderem, den Dienstbetrieb der Geschäftsstelle zu leiten und die Befolgung der einschlägigen Vorschriften zu überwachen.
(2) Die Geschäftsleitung ist gegenüber den Bediensteten der Geschäftsstelle sachlich und personell weisungsbefugt und für den reibungslosen Ablauf des gesamten Geschäftsbetriebes verantwortlich. Über Einwendungen gegen Anordnungen der Geschäftsleitung entscheidet die Leitung des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft, bis zu deren abweichender Entscheidung gilt die Anordnung der Geschäftsleitung weiter.
(3) Die Geschäftsleiterin oder der Geschäftsleiter wird von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, bei den Staatsanwaltschaften von der Generalstaatsanwältin oder dem Generalstaatsanwalt bestellt. Die Geschäftsleiterin oder der Geschäftsleiter des Brandenburgischen Oberlandesgerichts wird von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, bei der Generalstaatsanwaltschaft von der Generalstaatsanwältin oder dem Generalstaatsanwalt jeweils im Einvernehmen mit dem für Justiz zuständigen Ministerium bestellt.
(4) Die Leitung des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft kann eine Vertretung der Geschäftsleitung durch eine, einen oder zwei Beamtinnen oder Beamte des gehobenen Dienstes oder eine, einen oder zwei vergleichbare Beschäftigte bestimmen, soweit diese Stellen nicht als Funktionsstellen auszuschreiben sind.
(5) Ist die Geschäftsstelle in Organisationseinheiten gegliedert worden, so kann die Leitung des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft für mehrere Serviceeinheiten/Servicegruppen eine Beamtin oder einen Beamten des gehobenen oder des mittleren Dienstes oder eine vergleichbare Beschäftigte oder einen vergleichbaren Beschäftigten mit der Gruppenleitung beauftragen, der oder dem insoweit die Leitung des gesamten Geschäftsbetriebs obliegt. Die von der Gruppenleitung für ihren Geschäftsbereich getroffenen Anordnungen sind bis zur anderweitigen Entscheidung der Geschäftsleitung oder der Leitung des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft zu beachten.
§ 4
Aufbau und Organisation der Geschäftsstelle
(1) Die Geschäftsstellentätigkeit soll in Serviceeinheiten, in denen eine ganzheitliche Bearbeitung durch Servicekräfte (Beamtinnen oder Beamte des mittleren Dienstes oder vergleichbare Beschäftigte) erfolgt, wahrgenommen werden. Die Geschäftsverteilung innerhalb der Geschäftsstelle wird durch schriftliche - in dringenden Fällen oder in Fällen vorübergehender Bedeutung gegebenenfalls mündliche - Anordnung der Geschäftsleitung geregelt, soweit sich nicht die Leitung des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft dies vorbehält.
(2) Die Geschäftsstelle kann nach Maßgabe von Art und Umfang der zu erledigenden Aufgaben in verschiedene Organisationseinheiten (zum Beispiel Serviceeinheit, Servicegruppe) eingeteilt werden, deren Bezeichnung in Rechtssachen der Spruchkörperbezeichnung oder der Bezeichnung der Abteilungen, Kammern und Senate des Gerichts beziehungsweise der Abteilungen und Dezernate der Staatsanwaltschaft folgen soll.
(3) Mehrere Serviceeinheiten können zu Servicegruppen zusammengefasst werden.
§ 5
Aufgaben der Geschäftsstelle
Die Geschäftsstelle ergreift neben den Geschäften, die ihr nach Rechts- oder Verwaltungsvorschriften obliegen, alle Maßnahmen selbstständig, die im Interesse des Geschäftsbetriebes im Allgemeinen oder zur Förderung einer einzelnen Sache angezeigt oder im Rahmen der Sachbearbeitung angeordnet sind. Die Bediensteten der Geschäftsstelle erledigen ihre Aufgaben einschließlich des Schreib- und Protokolldienstes unter Anwendung der zur Verfügung stehenden IT-Technik effizient und gesamtverantwortlich im Team, sofern die Leitung des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft keine davon abweichenden Regelungen getroffen hat.
§ 6
Funktionelle Zuständigkeit
(1) Die Aufgaben der Geschäftsstelle einschließlich der Aufgaben der Urkundsbeamtinnen und Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (UdG) werden von Beamtinnen und Beamten des mittleren Dienstes oder vergleichbaren Beschäftigten wahrgenommen, soweit die Aufgaben nicht nach anderen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften den Beamtinnen und Beamten des gehobenen Dienstes oder vergleichbaren Beschäftigten vorbehalten sind. Mit den Aufgaben können auch Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare, Anwärterinnen und Anwärter für die Laufbahnen des gehobenen und mittleren Dienstes oder geeignete Beschäftigte betraut werden, wenn diese auf dem Sachgebiet, das ihnen übertragen werden soll, einen Wissens- und Leistungsstand aufweisen, der dem durch die Ausbildung nach § 153 Absatz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes vermittelten Stand gleichwertig ist (§ 153 Absatz 5 GVG). Die Entscheidung über die Eignung trifft die Leitung des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft.
(2) Die Aufgaben der Kostenbeamtin oder des Kostenbeamten im Sinne der Kostenverfügung und anderer Verwaltungsvorschriften obliegen den Beamtinnen oder Beamten des mittleren Dienstes und können geeigneten vergleichbaren Beschäftigten übertragen werden, soweit die Aufgaben nicht nach dieser Verfügung oder anderen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften den Beamtinnen oder Beamten des gehobenen Dienstes vorbehalten sind. Beschäftigten dürfen Aufgaben der Kostenbeamtin oder des Kostenbeamten erst nach Unterweisung über die Grundzüge des Kostenrechts zugewiesen werden.
(3) Den Beamtinnen oder Beamten des gehobenen Dienstes oder vergleichbaren Beschäftigten bleiben vorbehalten die Aufgaben der Kostenbeamtin oder des Kostenbeamten in
- Zwangsversteigerungs- und -verwaltungssachen,
- Insolvenz- und Gesamtvollstreckungssachen,
- Grundbuchsachen,
- Registersachen sowie unternehmensrechtlichen Verfahren,
- Schiffsregister- und Schiffsbauregistersachen,
- Betreuungssachen und betreuungsgerichtlichen Zuweisungssachen,
- Nachlass- und Teilungssachen,
- familienrechtlichen Angelegenheiten nach Nummer 1310 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Absatz 2 des Gesetzes über Gerichtskosten in Familiensachen (KV-FamGKG) (nur bei Genehmigungen gemäß § 1643 BGB), nach den Nummern 1311 bis 1313 KV-FamGKG und in Ehewohnungs- und Haushaltssachen, Gewaltschutzsachen und in Versorgungsausgleichssachen nach Nummer 1320 KV-FamGKG,
-
- übrigen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach Teil 1, Hauptabschnitt 5, Abschnitt 1 bis 3 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Absatz 2 des Gerichts- und Notarkostengesetzes (KV-GNotKG),
- Angelegenheiten nach Anlage 1, Teil 1, Hauptabschnitt 7 Nummer 17004, Nummer 3 und 4 KV-GNotKG,
- Unterbringungssachen gemäß § 26 Absatz 3 GNotKG, Anlage 1, Teil 3, Hauptabschnitt 1, Nummer 31015 KV-GNotKG.
(4) In den Angelegenheiten nach den Buchstaben d bis i des Absatzes 3 können die Aufgaben auch geeigneten Beamtinnen oder Beamten des mittleren Dienstes oder vergleichbaren Beschäftigten übertragen werden.
(5) Der Vorbehalt nach Absatz 3 gilt nicht
- für Beschwerdeverfahren,
- in Angelegenheiten, in denen die Geschäftsstelle auch für die Sachentscheidung zuständig ist,
- für die Erteilung von Ausfertigungen und Abschriften,
- für den besonderen Prüfungstermin in Insolvenz- und Gesamtvollstreckungssachen.
(6) Die Aufgaben in Rechtshilfeangelegenheiten mit dem Ausland (mit Ausnahme der Akten- und Registerführung) obliegen, soweit nicht die Zuständigkeit der Richterin beziehungsweise des Richters, der Staatsanwältin beziehungsweise des Staatsanwalts, der Amtsanwältin beziehungsweise des Amtsanwalts oder der Rechtspflegerin beziehungsweise des Rechtspflegers gegeben ist, den Beamtinnen und Beamten des gehobenen Dienstes oder vergleichbaren Beschäftigten und können geeigneten Beamtinnen und Beamten des mittleren Dienstes oder vergleichbaren Beschäftigten übertragen werden.
§ 7
Ausnahmen von der funktionellen Zuständigkeit
(1) Den Beamtinnen oder Beamten des gehobenen Dienstes oder vergleichbaren Beschäftigten ist ein Vorgang vorzulegen, wenn dies mit Rücksicht auf rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten erforderlich erscheint. Sie können in diesem Fall die Bearbeitung selbst übernehmen oder Weisungen über die Art der Bearbeitung erteilen.
(2) Steht eine zu erledigende Sache mit einem dem gehobenen Dienst vorbehaltenen Geschäft in einem so engen Zusammenhang, dass eine getrennte Bearbeitung nicht sachdienlich wäre, hat die Beamtin oder der Beamte des gehobenen Dienstes oder die oder der vergleichbare Beschäftigte die gesamte Angelegenheit zu bearbeiten.
(3) Soweit Beamtinnen oder Beamte des mittleren Dienstes, geeignete Beamtinnen oder Beamte des Justizwachtmeisterdienstes oder geeignete vergleichbare Beschäftigte nicht zur Verfügung stehen, werden die ihnen obliegenden Geschäfte vom gehobenen Dienst wahrgenommen. Die Entscheidung hierüber trifft die Leitung des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft.
§ 8
Übertragung von Verwaltungsaufgaben
(1) Die Geschäftsleitung unterstützt die Leitung des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft in Verwaltungsangelegenheiten. Sie ist für den reibungslosen Ablauf des gesamten Geschäftsbetriebs verantwortlich und sorgt für die ordnungsgemäße Erledigung der Aufgaben in allen Dienstzweigen mit Ausnahme des höheren Dienstes und des Amtsanwaltsdienstes sowie der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, soweit sie keine Verwaltungsaufgaben erledigen.
(2) Die Leitung des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft kann der Geschäftsleitung und deren Vertretung in Verwaltungsangelegenheiten Aufgaben zur selbstständigen Erledigung übertragen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Bei Bedarf kann die Leitung des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft weitere Beamtinnen und Beamte des gehobenen Dienstes oder vergleichbare Beschäftigte zur Bearbeitung in Justizverwaltungssachen heranziehen.
(4) Den Beamtinnen und Beamten des mittleren Dienstes oder vergleichbaren Beschäftigten können insbesondere die in der Anlage aufgeführten Justizverwaltungsaufgaben zur Erledigung übertragen werden.
§ 9
Schlussbestimmungen
Erscheinen Abweichungen von oder Ergänzungen zu den Vorschriften dieser Verfügung erforderlich, so ist die Leitung des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft ermächtigt, allgemeine Anordnungen zu erlassen. Dies gilt insbesondere für die Einrichtung einer Kanzlei, soweit dies für die Erledigung des Schreibwerks erforderlich ist.
§ 10
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Allgemeine Verfügung tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Justizministerialblatt für das Land Brandenburg in Kraft. Gleichzeitig tritt die Allgemeine Verfügung des Ministers der Justiz vom 30. Oktober 1992 (JMBl. S. 174) außer Kraft.
Potsdam, den 26. September 2016
Der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz
Stefan Ludwig