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Gegenleistung bei Grundstücksenteignungen und Grundstückserwerben zur Vermeidung der Enteignung

Gegenleistung bei Grundstücksenteignungen und Grundstückserwerben zur Vermeidung der Enteignung
vom 8. Februar 2001

OFD Cottbus, Verfügung vom 14.09.1993, S 4521 - 6 - St 133

OFD Cottbus, Verfügung vom 25.01.2001, S 4521 - 2 - St 231

Der Erlass des Ministeriums der Finanzen vom 22.07.1993 III/2 - S 4521 - 2/93, bekannt gegeben durch die Bezugsverfügung vom 14.09.1993, erhält durch den Erlass des Ministeriums der Finanzen des Landes Brandenburg vom 12.01.2001 32 - S 4521 - 2/00 folgende Fassung:

1. Gegenleistung im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes ist jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt, oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks empfängt. Dabei ist unerheblich, ob die Leistung auf freiwilliger oder gesetzlicher Grundlage beruht.

1.1. Bei der Enteignung gilt als Gegenleistung die Entschädigung. Wird ein Grundstück enteignet, das zusammen mit anderen Grundstücken eine wirtschaftliche Einheit bildet, so gehört die besondere Entschädigung für eine Wertminderung der nicht enteigneten Grundstücke nicht zur Gegenleistung; dies gilt auch dann, wenn ein Grundstück zur Vermeidung der Enteignung freiwillig veräußert wird (§ 9 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG).

1.1.1 Unter "Entschädigung" sind Leistungen zu verstehen, die im Enteignungsverfahren als Entschädigungen festgesetzt und dem Entschädigungsberechtigten zugesprochen werden (BFH, Urteil v. 05.02.1975, BStBl II 1975, 454).

Sie werden gewährt für

  1. den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust und
  2. andere durch die Enteignung eintretende Vermögensnachteile.

1.1.2 Zu den Entschädigungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG gehören außer der Barentschädigung oder einer Landentschädigung auch sonstige Leistungen, die der Enteignungsberechtigte dem Inanspruchgenommenen bzw. dem Verkäufer gegenüber für den Erwerb des Grundstücks erbringt. Zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage gehören jedoch keine Leistungen, mit denen nicht der Erwerb des Grundstücks abgegolten wird.

2.1 Für eine freiwillige Veräußerung zur Vermeidung der Enteignung ist Voraussetzung, dass eine Enteignung ernstlich gedroht hat. Außerdem bedarf die besondere Entschädigung für die Wertminderung der nichtveräußerten Grundstücke der Vereinbarung im Kaufvertrag.

2.1.1 Eine freiwillige Veräußerung zur Vermeidung der Enteignung liegt dann vor, wenn bei Abschluss des Vertrages eine Enteignung formell und materiell möglich war (vgl. BFH, Urteil v. 30.01.1980, BStBl II 1980, 362). Diese Voraussetzung ist ohne weitere Nachprüfung als erfüllt anzusehen, wenn die zuständige Enteignungsbehörde bestätigt, dass die Veräußerung zur Vermeidung der Enteignung erfolgte.

2.1.2 Grundstücksveräußerungen an die Straßenbauverwaltung für Zwecke von Straßenbauvorhaben stellen stets eine Veräußerung zur Vermeidung einer Enteignung i. S. d.  § 9 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG dar, wenn nicht besondere Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen.

3.1 Zur Gegenleistung gehören aber nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 7 GrEStG:

  • dem Verkäufer gewährte Entschädigungen für die Räumung des Kaufgrundstücks und den etwaigen Erwerb eines Ersatzgrundstücks (z. B. Entschädigungen für Umzugs- und Verlegungskosten, Restbetriebsbelastungen, Erwerbsverluste; BFH, Urteil v. 01.04.1953, BStBl III 1953, 145),
  • Entschädigungen für Aufwuchs (z. B. Holzbestand, Dauerkulturen) und Aufbauten,
  • Entschädigungen, die der Veräußerer des Teils eines Betriebsgrundstücks für eine Betriebseinschränkung auf dem Restgrundstück erhält, wenn die Betriebseinschränkung unmittelbare Folge der Veräußerung des Grundstücksteils ist, sowie die ihm für den Abbruch von Gebäuden auf dem veräußerten Grundstücksteil zustehenden Vergütungen (BFH, Urteil v. 24.06.1992, BStBl II 1992, 986),
  • die vom Erwerber übernommenen Kosten der Vermessung und Beschaffung von Katastermaterial, die als Kosten der Übergabe der verkauften Sache nach § 448 BGB dem Verkäufer zur Last fallen (BFH, Urteil v. 21.11.1974, BStBl II 1975, 362) - wegen der Ausnahmen vgl. 3.2 -,
  • Kostenübernahme des Erwerbs (auch wenn dies im Kaufvertrag selbst nicht vereinbart ist), z. B. für Ersatz oder Verlegung von Verkehrs-, Fernmelde- oder Versorgungseinrichtungen sowie von Einrichtungen und Anlagen der Abwasserwirtschaft,

    Beispiel:
    Die Gemeinde X veräußert ein Grundstück, über das ein Gemeindeweg verläuft, an den Bund. Dieser muss neben dem Kaufpreis die Kosten für die Anlage eines Ersatzweges übernehmen.
  • Entschädigungen für Bodenverkommen - z. B. Kies, Sand, Torf (BFH, Urteile v. 22.06.1966, BStBl III 1966, 550, 552),
  • Entschädigungen für Ernteausfall und Vorratsdüngung,
  • Entschädigungen für mit dem Boden festverbundene Anlagen (z. B. Zäune, Tränken, Pumpenanlagen).

3.2 Nicht zur Gegenleistung gehören:

  • Entschädigungen an den bisherigen Pächter für die Freimachung (Räumung) von Liegenschaften (insbesondere Entschädigungen für eine vorzeitige Beendigung von Pachtverhältnissen oder für Aufwuchsentschädigungen),
  • solche Vermessungs- und Katasterkosten, die ein Enteignungsberechtigter aufwenden muss, um das für die Enteignung vorgesehene Grundstück bezeichnen zu können (BFH, Urteil v. 05.02.1975, BStBl II 1975, 454). Das gilt auch, wenn das Enteignungsverfahren durch eine freiwillige Veräußerung vermieden wird,
  • Rechtsanwalts- und Gutachterkosten des von der Enteignung Betroffenen, wenn diese Kosten von dem Enteignungsbegünstigten oder im Falle einer freiwilligen Veräußerung des Grundstücks zur Vermeidung einer Enteignung vom Grundstückserwerber ohne Rücksicht auf den Ausgang des Enteignungsverfahrens zu übernehmen sind (BFH, Urteil v. 17.10.1990, BStBl II 1991, 146 und BFH, Urteil v. 18.12.1991, BStBl II 1992, 301),
  • Leistungen des Grundstückserwerbs an Dritte, die nicht als Gegenleistung für den Verzicht auf den Grundstückserwerb anzusehen sind,

    Beispiel:
    Die Gemeinde X veräußert ein Grundstück an den Bund. Über das Grundstück verlaufen ein Fernmeldekabel der Deutschen Bundespost und die Wasserleitung eines Zweckverbandes. Beide müssen im Interesse des Bundes verlegt werden. Der Bund zahlt den Kaufpreis an X und übernimmt gegenüber der Deutschen Bundespost und dem Zweckverband die Verlegungskosten.
  • im Einzelfall festgesetzte besondere Entschädigungen für Wertminderungen der nicht enteigneten Grundstücke des Betroffenen - s. o. Nr. 1.1 (z. B. Resthofentschädigungen bei An- und Durchschneidungen, Umwegen). Die bei freihändigen Erwerben vereinbarten Entschädigungen sind in voller Höhe anzuerkennen, wenn sie von den zuständigen Behörden nach den geltenden Richtlinien für die Bemessung der Entschädigung berechnet worden sind.
  • Kosten bestimmter Ersatzvornahmen, die der Erwerber durchführen lässt, falls sie für eine Wertminderung des nichtenteigneten Grundstücks aufgewendet werden,

    Beispiel:
    Zur Verbreiterung der Straße wird ein Geländestreifen (wertvoller Teil des Ziergartens) eines bebauten Grundstücks erworben. Dadurch kann der Zugang zum Haus nur beibehalten werden, wenn - anstelle des bisher sanft ansteigenden Wegs - eine Eingangstreppe errichtet wird. Durch die unmittelbare Nähe zur Straße und den Treppenzugang erfährt das bebaute Grundstück jetzt eine Wertminderung.

Neben dem Kaufpreis für den Geländestreifen zahlt der Erwerber für die Wertminderung des Grundstücks eine Entschädigung in Geld und lässt auf seine Kosten die Eingangstreppe bauen.

4. Da die Vermessung der erworbenen Grundstücke einerseits häufig erst Jahre später erfolgt, die Vermessungsergebnisse andererseits von den angenommenen Flächengrößen jedoch z. T. erheblich abweichen, wird die öffentliche Hand im Hinblick darauf dass nach Ablauf der Festsetzungsfrist eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht mehr möglich, keine endgültige Grunderwerbsteuerveranlagungen mit vorläufigen Bemessungsgrundlagen akzeptieren können.

Ich bitte daher, derartige Erwerbsvorgänge nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig zu veranlagen. Abschnitt II Nr. 3 meines Erlasses vom 30. September 1992 - III/2 - S 4521 - 3/92 - geändert durch Erlass vom 7. August 1996 - 32 - S 4521 - 2/96 - geändert durch Erlass vom 11. Januar 2001 - 32 - S 4521 - 2/00 - ist nicht anzuwenden.

Zusatz der OFD:

Der Erlass vom 30. September 1992 - III/2 - S 4521 - 3/92 - geändert durch Erlass vom 7. August 1996 - 32 - S 4521 - 2/96 - geändert durch Erlass vom 11. Januar 2001 - 32 - S 4521 - 2/00 - ist mit Verfügung vom 25.01.2001 S 4521 - 2 - St 231 in der aktuellen Fassung bekannt gegeben.

Meine Verfügungen vom 14.09.1993 und vom 11.02.1994 S 4521 - 6 - St 133 hebe ich auf.