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Grunderwerbsteuerfragen bei der Durchführung des Vermögensgesetzes
Grunderwerbsteuerfragen bei der Durchführung des Vermögensgesetzes
vom 2. September 1998
Außer Kraft getreten
Den im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder ergangenen Erlass des Ministeriums der Finanzen des Landes Brandenburg vom 19.08.1998 - Az.: 32 - S 4500 - 12/98 gebe ich mit der Bitte um Kenntnisnahme und Beachtung wie folgt bekannt:
Nach § 3 Abs. 1 des Vermögensgesetzes - VermG - i. d. F. der Bekanntmachung vom 04.08.1997 (BGBl. I 1997 S. 1974) sind Vermögenswerte, die den Maßnahmen i. S. d. § 1 VermG unterlagen und in Volkseigentum überführt oder an Dritte veräußert wurden, auf Antrag an die Berechtigten zurückzuübertragen, soweit dies nicht nach dem VermG ausgeschlossen ist.
Vermögenswerte in diesem Sinne sind u. a. bebaute und unbebaute Grundstücke (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG) sowie (wieder zu begründende) Erbbaurechte und rechtlich selbständige Gebäude und Baulichkeiten i. S. v. § 2 Nrn. 1 und 2 GrEStG (§ 2 Abs. 2 VermG).
Anträge auf Rückübertragung können insbesondere solche natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften stellen, deren Vermögenswerte durch Maßnahmen gemäß § 1 VermG betroffen sind (§ 2 Abs. 1 VermG). Antragsberechtigt sind aber auch deren Rechtsnachfolger, z. B. bei natürlichen Personen deren Erben. Für die Entscheidung über solche Anträge sind, soweit Unternehmen übertragen oder entflochten werden, die Landesämter zur Regelung offener Vermögensfragen zuständig (§ 25 VermG), für andere Anträge liegt die Zuständigkeit bei den Ämtern zur Regelung offener Vermögensfragen (§§ 30, 35 VermG). Das Eigentum an Grundstücken geht auf den Berechtigten über, wenn die Entscheidung über die Rückübertragung unanfechtbar und für einen etwaigen Wertausgleich nach § 7 Abs. 1 Satz 5 VermG Sicherheit geleistet oder ein etwaiger Ablösebetrag nach § 18 a VermG hinterlegt worden ist (§ 34 Abs. 1 VermG). Die Eigentumsverhältnisse ändern sich somit ohne Eintragung im Grundbuch; die Entscheidungsbehörde ersucht das Grundbuchamt dann um die erforderliche Berichtigung des Grundbuches (§ 34 Abs. 2 VermG).
Bei einer solchen Rückübertragung handelt es sich um einen Übergang des Eigentums nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG (BFH, Urteil v. 10.12.1997, BStBl II 1998, S. 159). Der Erwerbsvorgang ist nach § 34 Abs. 3 Satz 1 VermG von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn das Grundstück auf einen Berechtigten i. S. d. § 2 Abs. 1 VermG zurückübertragen wird. Der Befreiungstatbestand ist auch auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die bei der Rückgabe von Unternehmen und deren Entflechtung verwirklicht werden (§ 34 Abs. 4 VermG).
Der Steuerbefreiung steht es nicht entgegen, wenn der Berechtigte einen Wertausgleich zahlen musste, weil am Grundstück werterhöhende Maßnahmen durchgeführt wurden oder für untergegangene dingliche Rechte am Grundstück ein Ablösungsbetrag nach § 18 VermG zu entrichten war. Steuerbefreiung ist auch zu gewähren bei der Übertragung von Ersatzgrundstücken gemäß §§ 9 und 21 VermG.
Die Berechtigten können ihre Ansprüche abtreten und verpfänden; die Ansprüche können auch gepfändet werden. Die Abtretung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung erfolgt; sie und die Verpflichtung hierzu bedürfen der notariellen Beurkundung, wenn der Anspruch auf Rückübertragung eines Grundstücks, Gebäudes oder Unternehmens gerichtet ist (§ 3 Abs. 1 Satz 2 VermG).
Durch die Abtretung eines Anspruchs auf Rückübertragung nach § 3 Abs. 1 Satz 2 VermG wird noch kein Steuertatbestand i. S. v. § 1 GrEStG begründet (BFH, Urteil v. 10.12.1997 - a. a. O.). Erst wenn mit unanfechtbar gewordener Entscheidung des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen das Eigentum an dem Grundstück auf den Abtretungsempfänger kraft Gesetzes übergeht, wird der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG verwirklicht, und der Steueranspruch ist entstanden. Dieser Erwerbsvorgang ist nicht von der Grunderwerbsteuer befreit (§ 34 Abs. 3 Satz 2 VermG). Steuerbefreiung kann allerdings nach anderen Vorschriften in Betracht kommen (z. B. nach § 3 Nr. 6 GrEStG, weil die am Abtretungsgeschäft Beteiligten in gerader Linie verwandt sind oder die Übereignung des Grundstücks an den Verwandten in gerader Linie nach zuvor erfolgter, gemäß § 34 Abs. 3 Satz 1 VermG steuerbefreiter Rü;ckübertragung auf den Berechtigten auch zur Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG geführt haben würde).
Wird über den Rückübertragungsanspruch ablehnend entschieden und geht das Eigentum am Grundstück deshalb nicht auf den Abtretungsempfänger über, entsteht keine Steuer, da die Abtretung des Rückübertragungsanspruchs kein grunderwerbsteuerlicher Tatbestand i. S. d . § 1 GrEStG ist.
Die Verpfändung und Pfändung geltend gemachter Ansprüche nach dem VermG wird im allgemeinen nicht auf den Erwerb eines Grundstücks durch den Pfandgläubiger abzielen. Geht das Eigentum am Grundstück jedoch später aufgrund des Pfandrechts mit der Unanfechtbarkeit der Entscheidung des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen auf den Pfandgläubiger über, wird der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG verwirklicht und die Grunderwerbsteuer ist festzusetzen (§ 34 Abs. 3 Satz 2 VermG).
In den Fällen, in denen der Anspruch i. S. d. § 3 Abs. 1 VermG auf Rückübertragung eines Grundstücks i. S. d. § 2 GrEStG gerichtet ist, bedürfen die Abtretung und die Verpflichtung hierzu der notariellen Beurkundung (§ 3 Abs. 1 VermG). Für diesen Fall besteht keine Anzeigepflicht der Notare nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, da kein Rechtsvorgang i. S. d. § 1 Abs. 1 GrEStG beurkundet wird. Eine Anzeigepflicht des Notars ergibt sich auch nicht aus § 18 Abs. 2 GrEStG.
Entscheidungen der Landesämter zur Regelung offener Vermögensfragen und der Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen, durch die ein Wechsel im Grundstückseigentum bewirkt wird, sind nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG dem zuständigen Finanzamt anzuzeigen. Es obliegt dann der Entscheidung des Finanzamtes, ob ein nach § 34 Abs. 3 Satz 1 VermG steuerfreier Erwerb vorliegt.
In den Fällen des § 34 Abs. 2 VermG übersendet das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen bzw. das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen dem zuständigen Finanzamt zur Erstattung der Anzeige ein Doppel des bestandskräftigen Rückübertragungsbescheides, der Angaben über eine Abtretung, Verpfändung oder Pfändung des Anspruchs enthält. Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sind die Beteiligten über die geleisteten Zahlungen und sonstigen Leistungen des Abtretungsempfängers bzw. die der Pfändung oder Verpfändung zugrunde liegenden Forderungen um Auskunft zu ersuchen.
Die Zahlungen und sonstigen Leistungen des Abtretungsempfängers an den Berechtigten bzw. die Forderungen des Pfandgläubigers gegen den Berechtigten gehören zur Gegenleistung der Grunderwerbsteuer nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG. Außerdem gehören zur Gegenleistung der Grunderwerbsteuer die Wertausgleichszahlungen an den Verfügungsberechtigten und an den Ausgleichsfonds (§ 7 Abs. 1 und 5 VermG) sowie die Ablösebeträge nach § 18 VermG.
Nach § 22 Abs. 1 GrEStG darf der Erwerber eines Grundstücks erst nach Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung in das Grundbuch eingetragen werden. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn Steuerfreiheit gegeben ist (§ 22 Abs. 2 GrEStG).
Zur Verfahrenserleichterung bin ich jedoch damit einverstanden, dass die Grundbuchberichtigung ohne Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung erfolgt, wenn das Grundstück auf den Berechtigten übergegangen und deshalb Steuerfreiheit nach § 34 Abs. 3 Satz 1 VermG gegeben ist. In diesen Fällen ist deshalb von der Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung abzusehen.
Ist das Grundstück infolge Abtretung, Verpfändung oder Pfändung übertragen worden, so ist die Grundbuchberichtigung erst nach Vorliegen der Unbedenklichkeitsbescheinigung vorzunehmen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung ist nach Maßgabe des § 22 Abs. 2 GrEStG zu erteilen und - falls nichts anderes beantragt worden ist - unmittelbar dem Grundbuchamt zu übersenden.