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Anwendung der §§ 3 und 6 GrEStG in Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG

Anwendung der §§ 3 und 6 GrEStG in Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG
vom 27. September 2007

Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 12. Oktober 2006 II R 79/05, BStBl II 2007, 409 entschieden, dass nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbare Gesellschafterwechsel bei schenkweiser Übertragung der Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft gemäß § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG grunderwerbsteuerfrei sind. Der Anwendbarkeit des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steht danach nicht entgegen, dass § 1 Abs. 2a GrEStG den Grundstücksübergang fingiert, während der Schenkungsteuer die freigebige Zuwendung der Gesellschaftsanteile an die Erwerber unterliegt. Denn Zweck des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG ist, die doppelte Belastung eines Lebensvorgangs, trotz unterschiedlicher rechtstechnischer Anknüpfungspunkte, mit Grunderwerbsteuer einerseits und Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer andererseits zu vermeiden.

Aufgrund dieser Rechtsprechung werden im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder in dem o. g. Bezugserlass die Ausführungen zur Nichtanwendung der personenbezogenen Befreiungsvorschrift nach § 3 Nr. 2 GrEStG in Fällen des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG gestrichen.

Der Erlass erhält somit die folgende Fassung:

a. Kapitalgesellschaften

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteile vom 31. März 1982 - BStBl II S. 424 - und 8. Juni 1988 - BStBl II S. 785 - ) können personenbezogene Befreiungsvorschriften in Fällen der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG) nicht angewendet werden. Der BFH hat dies damit begründet, dass beim Anteilserwerb derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, grunderwerbsteuerrechtlich so behandelt werde, als habe er ein Grundstück von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen. Dies gilt sinngemäß auch für die ab 1. Januar 2000 geltende Fassung des § 1 Abs. 3 GrEStG.

Für die Fälle des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG haben die Urteile keine Bedeutung. Da die Grundstücke einer Gesellschaft, deren Anteile zu mindestens 95 vom Hundert in einer Hand vereinigt sind, grunderwerbsteuerrechtlich diesem Gesellschafter zugerechnet werden, ist bei einer Übertragung der Anteile davon auszugehen, dass der neue Gesellschafter die Grundstücke von dem früheren Gesellschafter und nicht von der Gesellschaft erwirbt. Für die Fälle, in denen mindestens 95 vom Hundert der Anteile einer Gesellschaft von einem Gesellschafter auf einen anderen übertragen werden, steht somit der Anwendbarkeit personenbezogener Befreiungsvorschriften nichts entgegen.

b. Personengesellschaften

Zu den Gesellschaften i. S. des § 1 Abs. 3 GrEStG gehören auch Personengesellschaften (BFH-Urteile vom 25. Februar 1969 - BStBl II S. 400 -, 11. Juni 1975 - BStBl II S. 834 - und 26. Juli 1995 - BStBl II S. 736 -). Dabei ist aber zu beachten, dass im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG bei Personengesellschaften unter „Anteil an der Gesellschaft“ die gesamthänderische Mitberechtigung und nicht die vermögensmäßige Beteiligung am Gesellschaftskapital zu verstehen ist (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 1995 - BStBl II S. 736 -). § 1 Abs. 2a GrEStG ist vorrangig anzuwenden.

Erwerbsvorgänge i. S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG werden beispielsweise verwirklicht, wenn bei einer GmbH & Co. KG mit Grundbesitz einer der Kommanditisten sowohl die anderen Kommanditanteile als auch mindestens 95 vom Hundert der Anteile an der Komplementär-GmbH erwirbt.

Für Erwerbsvorgänge i. S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG bei Personengesellschaften sind die personenbezogenen Befreiungsvorschriften zu beachten. Die unter Buchst. a genannten BFH-Urteile vom 31. März 1982 und vom 8. Juni 1988 sind jeweils zur Anteilsvereinigung bei einer Kapitalgesellschaft ergangen. Die Schlussfolgerungen aus diesen Urteilen können nicht gleichermaßen für Personengesellschaften gezogen werden. Personengesellschaften sind weder zivilrechtlich noch grunderwerbsteuerrechtlich (vgl. §§ 5, 6 GrEStG) uneingeschränkt als selbständig anzusehen. Eigentümer des Vermögens einer Personengesellschaft sind die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit. Die besondere Rechtsnatur der Personengesellschaften rechtfertigt es daher auch, persönliche Eigenschaften der Gesellschafter im Grundstücksverkehr mit der Gesellschaft, d.h. mit der Gesamtheit der Gesellschafter, zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 21. November 1979 - BStBl II 1980 S. 217 zu einem Erwerbsfall des § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 6 GrEStG sowie BFH-Beschluss vom 26. Februar 2003 - BStBl II S. 528 -).

§ 6 Abs. 2 und 3 GrEStG ist anwendbar, da derjenige, in dessen Hand sich die Vereinigung der Anteile i. S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG vollzieht, grunderwerbsteuerrechtlich so behandelt wird, als habe er das Grundstück von der Gesellschaft erworben. Für den Anwendungsbereich des § 6 GrEStG liegen somit fiktive Grundstücksübertragungen von der GmbH & Co. KG auf den künftigen Alleinkommanditisten bzw. die Personengesellschaft vor. Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. 2 GrEStG können hiernach gleichzeitig sowohl nach einer personenbezogenen Befreiungsvorschrift als auch nach § 6 GrEStG (unter Beachtung der Beschränkung des § 6 Abs. 4 GrEStG) begünstigt sein.

Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder. Er tritt an die Stelle des Bezugserlasses.