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Anweisung für die Behandlung der in amtlichen Gewahrsam gelangten Gegenstände (Gewahrsamssachenanweisung)
Anweisung für die Behandlung der in amtlichen Gewahrsam gelangten Gegenstände (Gewahrsamssachenanweisung)
vom 27. Oktober 2014
(JMBl/14, [Nr. 11], S.130)
Außer Kraft getreten am 1. Dezember 2023 durch Allgemeine Verfügung vom 6. November 2023
(JMBl/23, [Nr. 12], S.195)
A. Allgemeine Bestimmungen
I. Behandlung der Gegenstände
Gelangen Gegenstände in den amtlichen Gewahrsam einer Justizbehörde, so haben alle beteiligten Bediensteten darauf zu achten, dass die Gegenstände vor Verlust, Verderb und Beschädigung geschützt sind. Insbesondere ist darauf zu achten, dass Gegenstände, die wegen ihrer Beschaffenheit oder ihrer besonderen Bedeutung für einen künftigen Empfangsberechtigten eine besonders vorsichtige Behandlung erfordern, mit entsprechender Sorgfalt behandelt werden.
II. Nachweis des Verbleibs der Gegenstände; Empfangsbescheinigung
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Die in amtlichen Gewahrsam gelangten Gegenstände sind in den Akten, zu denen sie gehören, besonders zu vermerken. Der Vermerk ist auf der Innenseite des Aktenumschlags oder auf einem Vorblatt anzubringen. In dem Vermerk sind neben den einzelnen Gegenständen die Aktenblätter anzugeben, deren Inhalt die für die Aufbewahrung bedeutsamen Umstände (zum Beispiel Einlieferung, Weitergabe, Rückgabe, Einziehung) betrifft. Auf Urkunden, die in amtlichen Gewahrsam gelangt sind, ist ferner mit Bleistift das Aktenzeichen des Vorganges zu notieren, zu dem sie gehören.
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Dem Einlieferer eines in amtlichen Gewahrsam gegebenen Gegenstandes ist auf Verlangen über die Einlieferung eine Bescheinigung zu erteilen.
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Bei der Weitergabe eines Gegenstandes ist der Verbleib aktenkundig zu machen. Gerät ein Gegenstand in Verlust oder wird er beschädigt, so ist dies unverzüglich dem Behördenleiter anzuzeigen.
III. Herausgabe von Akten und Gegenständen
Urkunden und sonstige Gegenstände, die im Falle des Verlustes nicht ohne Schwierigkeiten oder erhebliche Kosten ersetzt werden können, sind bei zeitweiliger Weggabe der Akten aus den Geschäftsräumen der Behörde zurückzubehalten, sofern die Beifügung nicht ausdrücklich angeordnet ist. Bei ihrer Versendung ist durch die Wahl der Versendungsart sicherzustellen, dass der Beförderer bei Verlust oder Beschädigung des Versandgutes in angemessenem Umfang zur Ersatzleistung herangezogen werden kann.
IV. Aufbewahrungsarten
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Für die Aufbewahrung gelten die Bestimmungen der Abschnitte B. bis E. Gegenstände, die eines besonderen Schutzes vor Verlust oder Beschädigung nicht bedürfen, sind in die einfache Aufbewahrung (Abschnitt B.) zu nehmen. Ansonsten gelten die Bestimmungen über die besonders gesicherte Aufbewahrung (Abschnitte C. bis E.).
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Eines besonderen Schutzes vor Verlust oder Beschädigung bedürfen insbesondere Geld, Schecks, Kostbarkeiten, Gegenstände aus Edelmetall, Wertpapiere und sonstige Urkunden, deren Besitz für die Geltendmachung von Rechten erforderlich ist (zum Beispiel Sparbücher, Hypothekenbriefe, Bürgschaftsurkunden, Depotscheine), alle Gegenstände und Urkunden, denen aus sonstigen Gründen besonderer Wert zukommt (zum Beispiel technische Geräte in Patentstreitigkeiten, sonstige wichtige Beweisstücke, Verleihungsurkunden, Fahrzeugscheine und -briefe), in Strafverfahren sichergestellte, beschlagnahmte und eingezogene Rausch- und Betäubungsmittel (Opium, Morphin, Heroin, Haschisch und so weiter) sowie Waffen nebst Munition und andere verbotene Gegenstände nach dem Waffenrecht. Entsprechendes gilt für anderweitig in den Besitz einer Behörde gelangte Betäubungs- und Rauschmittel sowie Waffen nebst Munition und andere verbotene Gegenstände nach dem Waffenrecht (zum Beispiel bei Verzicht des Verfügungsberechtigten oder Fund).
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Bei der Vorlage von Urkunden, insbesondere bei Personenstandsurkunden, deren Wiederbeschaffung für die Beteiligten mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist, ist zu prüfen, ob beglaubigte Abschriften oder Ablichtungen für die Akten genügen und die Originalurkunden sofort zurückgegeben werden können. Die Prüfung und Entscheidung obliegt dem Sachbearbeiter.
V. Anordnung der Aufbewahrungsart in Zweifelsfällen
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Ist zweifelhaft, ob ein Gegenstand in die einfache oder die besonders gesicherte Aufbewahrung zu nehmen ist, so obliegt die Entscheidung dem Sachbearbeiter.
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Dieser kann auch anordnen, dass
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Gegenstände, für welche die einfache Aufbewahrung in Betracht kommt, der besonders gesicherten Aufbewahrung und
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Gegenstände, für welche die besonders gesicherte Aufbewahrung in Betracht kommt, ausnahmsweise (zum Beispiel bei nur kurzfristiger Aufbewahrung) der einfachen Aufbewahrung
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zugeführt werden.
B. Einfache Aufbewahrung
I. Zuständigkeit der Geschäftsstelle; Durchführung der Aufbewahrung
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Die einfache Aufbewahrung obliegt der Geschäftsstelle. Sie hat hierbei die allgemeinen Anordnungen des Behördenleiters (Nummer 2) und etwaige besondere Anordnungen des Sachbearbeiters zu beachten.
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Der Behördenleiter ordnet allgemein an, wie die einfache Aufbewahrung durchzuführen ist (zum Beispiel Aufbewahrung bei den Akten, in offenen oder verschließbaren Fächern, Schränken oder Schreibtischkästen). Schutzbedürftige Gegenstände, deren einfache Aufbewahrung der Sachbearbeiter für ausreichend erklärt hat (Abschnitt A. V. Nummer 2 Buchstabe b), sind – sofern der Sachbearbeiter nichts anderes anordnet – unter Verschluss zu nehmen. Deshalb ist stets auch die Möglichkeit einer Aufbewahrung unter Verschluss vorzusehen.
II. Sichere Aufbewahrung; Kennzeichnung der Gegenstände
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Gegenstände, die bei den Akten aufbewahrt werden, sind durch Einlegen in einen mit den Akten verbundenen Umschlag oder in sonst geeigneter Weise gegen das Herausfallen zu sichern.
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Bei Gegenständen, die außerhalb der Akten aufbewahrt werden, ist auf der Umhüllung oder auf einem an dem Gegenstand zu befestigenden Zettel das Aktenzeichen anzugeben.
C. Besonders gesicherte Aufbewahrung durch die Geschäftsstelle
I. Zuständigkeit
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Stehen der Geschäftsstelle ausreichend sichere Aufbewahrungsmöglichkeiten (Stahlschrank, ein besonders gesicherter Verwahrraum oder dergleichen) zur Verfügung, so führt sie die Aufbewahrung selbst durch. Der Behördenleiter bestimmt in diesem Fall für alle Abteilungen der Geschäftsstelle einen Bediensteten des mittleren Dienstes zum Aufbewahrungsverantwortlichen.
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Geldbeträge,
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die im Einzelfall 100 Euro übersteigen,
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bei deren Verwahrung der Gesamtbetrag des aufbewahrten Geldes 1.500 Euro übersteigen würde,
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sollen stets an die Kasse (Abschnitt E. I.) abgeliefert werden. Soweit für die Aufbewahrung ein Panzerschrank zur Verfügung steht, erhöhen sich die in Satz 1 genannten Beträge
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zu a) auf 400 Euro
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zu b) auf 3.000 Euro.
II. Aufbewahrungsliste
Der Aufbewahrungsverantwortliche hat über die ihm übergebenen Gegenstände jahrgangsweise eine Aufbewahrungsliste nach dem Muster der Anlage zu führen; dabei sind die hierzu gegebenen Erläuterungen zu beachten. In der Liste darf nichts radiert oder sonst unleserlich gemacht werden. Soweit es (insbesondere bei größeren Behörden) erforderlich erscheint, kann zu der Liste ein Namensverzeichnis geführt werden; die Entscheidung hierüber trifft der Behördenleiter. Die Aufbewahrungsverwaltung kann auch in elektronischer Form erfolgen, wenn sie den Anforderungen der Sätze 1 bis 3 entspricht.
III. Annahme und Herausgabe von Gegenständen
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Die Annahme zur Aufbewahrung und die Herausgabe sind schriftlich zu verfügen. Wird die Annahmeverfügung dem Aufbewahrungsverantwortlichen in Urschrift vorgelegt, so hat er sie mit einem Vermerk über die Erledigung unter Angabe der Nummer der Aufbewahrungsliste zu den Akten zurückzugeben. Wird sie ihm in Ausfertigung zugeleitet, so hat er über die Annahme eine Anzeige zu den Sachakten zu erstatten. Herausgabeverfügungen sind stets in Ausfertigung vorzulegen; sie verbleiben mit den Belegen über die Herausgabe (Quittungen, Postscheine) bei dem Aufbewahrungsverantwortlichen. Die Ausfertigungen der Annahme- und Herausgabeverfügungen sind nach der Folge der Listennummern aufzubewahren.
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Wird ein Gegenstand an einen Bediensteten vorübergehend herausgegeben, so ist die mit der Empfangsbescheinigung des Bediensteten versehene Herausgabeverfügung an Stelle des herausgegebenen Gegenstandes aufzubewahren und gegen Rückgabe des Gegenstandes zurückzugeben. In die Aufbewahrungsliste ist in diesen Fällen nichts einzutragen.
IV. Sichere Verwahrung; Kennzeichnung der Gegenstände
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Der Aufbewahrungsverantwortliche hat die verwahrten Gegenstände unter sicherem Verschluss zu halten. Das Nähere regelt der Behördenleiter. Dieser kann auch anordnen, dass der Verschluss durch zwei Bedienstete vorzunehmen ist.
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Auf der Umhüllung des Gegenstandes oder auf einem an ihm zu befestigenden Zettel sind die Nummer der Aufbewahrungsliste und das Aktenzeichen zu vermerken. Urkunden sind nach der Folge der Listennummern aufzubewahren.
V. Prüfung der Aufbewahrungsliste
Für die Prüfung der Aufbewahrungsliste gelten die Bestimmungen des § 9 Absatz 5 der Brandenburgischen Aktenordnung (BbgAktO) entsprechend.
D. Besonders gesicherte Aufbewahrung durch die Zahlstelle
I. Zuständigkeit
Hat die Geschäftsstelle keine ausreichend sicheren Aufbewahrungsmöglichkeiten, besteht aber bei der Behörde eine Zahlstelle, so obliegt die Aufbewahrung der Zahlstelle. Zum Aufbewahrungsverantwortlichen ist in diesem Fall der Verwalter der Zahlstelle zu bestellen. Dieser kann bei Amtsgerichten am Sitz eines Landgerichts zugleich auch zum Aufbewahrungsverantwortlichen für die Geschäftsstellen des Landgerichts bestellt werden, sofern das Amtsgericht der Dienstaufsicht des Präsidenten des Landgerichts untersteht. Zum Aufbewahrungsverantwortlichen kann auch der Verwalter der Zahlstelle des Landgerichts für das an seinem Sitz befindliche Amtsgericht bestellt werden. In beiden Fällen trifft die Entscheidung hierüber der Präsident des Landgerichts.
II. Durchführung der Aufbewahrung
- Die der Zahlstelle übergebenen Gegenstände sind in gleicher Weise aufzubewahren wie der Zahlstellenbestand. Aufbewahrtes Geld ist vom Zahlstellenbestand getrennt zu halten. Die Prüfung der Aufbewahrungsliste obliegt dem Aufsichtsbeamten der Zahlstelle. Bei Geschäftsprüfungen der Zahlstelle sind stets auch zugleich die aufbewahrten Gegenstände auf ihre Vollzähligkeit zu überprüfen.
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Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Abschnitts C. entsprechend.
E. Besonders gesicherte Aufbewahrung durch die Kasse
I. Zuständigkeit
Sind die Voraussetzungen zur Aufbewahrung durch die Geschäftsstelle oder Zahlstelle nicht gegeben, so erfolgt die Aufbewahrung durch die für die Behörde zuständige Kasse. Die Kasse behandelt die ihr zur Aufbewahrung zugeleiteten Gegenstände als Verwahrungen. Sollen Geldbeträge in den eingelieferten Stücken erhalten bleiben, so ist dies bei der Ablieferung besonders anzuordnen; die Stücke sind in diesem Fall der Kasse auf dem Kurierweg zuzuleiten. Die Quittung über die Ablieferung an die Kasse ist zu den Sachakten zu nehmen.
II. Verfügungsberechtigung
Der Kasse gegenüber ist der Sachbearbeiter zur Verfügung über die abgelieferten Gegenstände berechtigt; er erlässt die erforderlichen Kassenanordnungen.
F. Rückgabe
I. Voraussetzung der Rückgabe
Nach Erledigung einer Sache (§ 7 BbgAktO, § 5 der Aktenordnung für die Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit des Landes Brandenburg, § 7 der Aktenordnung für das Finanzgericht Berlin-Brandenburg, § 25 der Aktenordnung für die Geschäftsstellen der Gerichte der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit des Landes Brandenburg, § 16 der Aktenordnung für das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit des Landes Brandenburg) ist von Amts wegen zu prüfen, ob von den Beteiligten zu den Akten gegebene Gegenstände, insbesondere Urkunden, zurückzugeben sind. Über die Rückgabe entscheidet der Sachbearbeiter.
II. Nachweis der Rückgabe
Die Rückgabe ist nur gegen Empfangsbescheinigung zulässig, sofern nicht der Nachweis auf andere Weise (zum Beispiel durch Einschreibesendungen) gesichert ist.
III. Behandlung unanbringbarer, verfallener oder eingezogener Sachen
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Ist der Empfangsberechtigte oder sein Aufenthalt nicht zu ermitteln, so finden, wenn die Herausgabepflicht nicht auf Vertrag beruht, gemäß § 983 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Vorschriften der §§ 979 bis 982 BGB entsprechende Anwendung. Beruht die Herausgabepflicht auf Vertrag, so ist, wenn die Rückgabe aus den in § 372 BGB aufgeführten Gründen nicht möglich ist, nach §§ 372 ff. BGB zu verfahren.
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Ist auf Einziehung, Verfallerklärung, Unbrauchbarmachung oder Vernichtung von Gegenständen erkannt, so gelten die §§ 63 bis 86 der Strafvollstreckungsordnung (StVollstrO) und die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen.
G. Sonstige Bestimmungen
I. Einschränkung des Anwendungsbereichs
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Die Bestimmungen dieser Anordnung finden keine Anwendung auf das Hinterlegungswesen, die vom Gerichtsvollzieher in Gewahrsam genommenen Sachen, Fundsachen, die Habe der Gefangenen und die in die Jugendarrestanstalt eingebrachten Sachen der Jugendlichen, die zum Musterregister niedergelegten Muster und Modelle sowie die in die besondere amtliche Verwahrung genommenen Verfügungen von Todes wegen.
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Im Übrigen bleiben die besonderen Vorschriften, in denen die Behandlung der im amtlichen Gewahrsam befindlichen Gegenstände für bestimmte Fälle geregelt ist, unberührt. Dies gilt insbesondere für
- amtlich verwahrte Gegenstände in Strafsachen (Nummern 74 bis 76 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren und § 9 BbgAktO),
- Führerscheine nach Entziehung der Fahrerlaubnis oder Verhängung eines Fahrverbotes (§§ 56 und 59a StVollstrO) und
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Urkunden in Grundbuchsachen (§ 21 Absatz 3 BbgAktO, § 30 der Grundbuchgeschäftsanweisung des Landes Brandenburg).
II. Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Allgemeine Verfügung tritt am 1. Dezember 2014 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Allgemeine Verfügung vom 2. September 1992 (JMBl. S. 128) außer Kraft.
Potsdam, den 27. Oktober 2014
Der Minister der Justiz
Dr. Helmuth Markov
Anlage zur Allgemeinen Verfügung des Ministers der Justiz vom 27. Oktober 2014 (1454-I.25)
Aufbewahrungsliste (Abschnitt C. II. der Gewahrsamssachenanweisung)
Lfd. Nr. |
Einlieferung | Herausgabe | Bemerkungen | ||||||||
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Annahmeverfügung: | Bezeichnung der Sache, zu der der Gegenstand (die Urkunde) gehört | Genaue Bezeichnung des Gegenstandes (der Urkunde) | Herausgabeverfügung: | Bezeichnung des Empfängers | Bezeichnung des herausgegebenen Gegenstandes (der Urkunde) | Nachweis der Herausgabe, Beleg: | |||||
Tag | Geschäfts-Nr. | Tag | Geschäfts-Nr. | Tag | Nr. | ||||||
1 | a 2 b | 3 | 4 | a 5 b | 6 | 7 | a 8 b | 9 | |||
- Veränderungen sind in Spalte 9 einzutragen.
- Bei Sparbüchern ist in Spalte 4 auch der Bestand im Zeitpunkt der Annahme einzutragen.
- Die Eintragungen in den Spalten 4, 7 und 9 hat der Aufbewahrungsverantwortliche zu unterschreiben.