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Zuwendungen und Gemeinnützigkeit im Zusammenhang mit dem Hochwasser im August 2002

Zuwendungen und Gemeinnützigkeit im Zusammenhang mit dem Hochwasser im August 2002
vom 20. November 2002

OFD Cottbus, Verfügung vom 20.08.2002, S 0453 - 4 - St 258,
OFD Cottbus, Verfügung vom 28.08.2002, S 2332 - 64 - St 215,
OFD Cottbus, Verfügung vom 09.09.2002, S 2223 - 61 - St 223,
BMF, Schreiben vom 01.10.2002, IV C 4 - S 2223 - 301/02, BStBl I 2002, 960,
OFD Cottbus, Verfügung vom 07.11.2002, S 2223 - 61 - St 223

Im Zusammenhang mit dem Hochwasser im August 2002 wurde/wird vielerorts zu Hilfsaktionen aufgerufen. In großem Umfang wurden/werden dabei Spenden gesammelt. Zu den insoweit zu beachtenden steuerlichen Problemkreisen nehme ich wie folgt Stellung:

1. Was ist beim Zuwendenden/Zuwendungsgeber zu beachten?

1.1 Spenden

Spenden sind Ausgaben, die freiwillig und unentgeltlich aus dem geldwerten Vermögen des Spenders (Zuwendender) zur Förderung spendenbegünstigter Zwecke geleistet werden. Dies können Geld- oder Sachspenden sein; Nutzungen und Leistungen sind keine Spenden (Ausnahme: Verzicht auf einen für eine Nutzung/Leistung bestehenden Erstattungsanspruch - Geldspende); § 10 b Abs. 3 EStG, § 9 Abs. 2 KStG, § 9 Nr. 5 Satz 8 GewStG.

Diese Zuwendungen dürfen nach § 10 b EStG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG bzw. § 9 Nr. 5 GewStG nur abgezogen werden, wenn

  • sie für spendenbegünstigte Zwecke verwendet werden (vgl. nachfolgend unter Tz. 1.1.1),
  • der Empfänger der Zuwendungen zu dem begünstigten Empfängerkreis nach § 49 EStDV gehört (vgl. nachfolgend unter Tz. 1.1.2) und
  • sie durch eine Zuwendungsbestätigung nachgewiesen werden (vgl. nachfolgend unter Tz. 1.1.3).

1.1.1 Spendenbegünstigter Verwendungszweck

Zuwendungen, insbesondere Spenden, sind steuerlich begünstigt, wenn sie zur Förderung

  • mildtätiger,
  • kirchlicher,
  • religiöser,
  • wissenschaftlicher und
  • der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke

geleistet werden (§ 10 b EStG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG bzw. § 9 Nr. 5 GewStG i. V. m. § 48 EStDV und Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV).

Die Unterscheidung der Zwecke ist wegen der unterschiedlichen (Höchst-)Be­trä­ge beim Spendenabzug (5 % ó 10 %, Großspendenabzug sowie bei Zuwendungen an Stiftungen) erforderlich.

Bei den Zuwendungen, die zugunsten der Hochwasseropfer geleistet werden, ist von einer Verwendung für mildtätige Zwecke auszugehen (insoweit auch erhöhter Spendenhöchstbetrag, d. h. 10 %), es sei denn, aus den vorgelegten Zuwendungsnachweisen, dem Spendenaufruf oder sonstigen Informationen ergibt sich eine anderweitige Verwendung (vgl. auch Ausführungen unter 2.2.1).

Beispiele: Spende an eine Gemeinde unter dem Stichwort „Hochwasserhilfe“
 mildtätige Zwecke
  Spende an einen Kulturverein zum Wiederaufbau seines Museums
kulturelle Zwecke

Zuwendungen, die mit der Auflage geleistet werden, sie an eine bestimmte natürliche Person weiterzugeben, sind nach R 111 Abs. 1 Satz 3 EStR nicht abziehbar.

1.1.2 Begünstigter Empfängerkreis

Als Empfänger von spendenbegünstigten Zuwendungen kommen in Betracht:

  • inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts und inländische öffentliche Dienststellen (§ 49 Nr. 1 EStDV; z. B. Gebietskörperschaften wie Städte und Gemeinden, Kirchen, Kammern, Hochschulen, Stiftungen öffentlichen Rechts, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten) oder
  • die in § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG bezeichneten Körperschaften Personenvereinigungen oder Vermögensmassen (§ 49 Nr. 2 EStDV; z. B. gemeinnützige/mildtätige/kirchliche Vereine/Stiftungen/GmbH).

Zuwendungen an andere Personen bzw. Organisationen (z. B. Zuwendungen unmittelbar an Privatpersonen oder Firmen/Unternehmen, Zuwendungen an nicht gemeinnützige Einrichtungen) sind nicht begünstigt.

Teilweise stellt sich in diesen Fällen aber die Frage, wer eigentlich Spender und Spendenempfänger ist - Beispiele:

  • Sammelt z. B. eine Firma Geldspenden von ihren Kunden ein und überweist (oder überbringt) das Geld einem mildtätigen Verein, ist grund­sätz­lich die Firma als Spender (Nachweis der Spende bei Einzahlung auf ein Sonderkonto durch den entsprechenden Einzahlungsbeleg, ansonsten durch eine förmliche Zuwendungsbestätigung) und der mildtätige Verein als Spendenempfänger anzusehen.
  • Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn die Firma lediglich als Bote/Treu­händer/„Durchlaufstelle“ tätig wird. Die Spenden werden hier (eigentlich) von den Kunden an den Verein geleistet. Die spendenden Kunden müssen als Spender listenmäßig erfasst und die Liste mit dem Geldbetrag an den mildtätigen Verein weitergeleitet werden.

    Die Firma kann die Spenden von ihren Kunden in bar oder auf einem Spenden(treuhand)konto einsammeln und dann an den Verein übergeben bzw. überweisen.

    Der Verein muss in diesen Fällen für jeden Spender/Kunden grundsätzlich förmliche Zuwendungsbestätigungen ausstellen. Unter folgenden Voraussetzungen ist aber auch hier der vereinfachte Zuwendungsnachweis möglich: Die Spenden werden von dem Treuhandkonto auf ein Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder eines amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrts­pflege überwiesen und die einzelnen Spender erhalten eine Ablichtung der Buchungsbestätigung des Kreditinstituts sowie eine Liste über alle be­teiligten Spender einschließlich der jeweils geleisteten Beträge. Vgl. Tz. IV.2 des Schrei­bens des BMF vom 01.10.2002, IV C 4 - S 2223 - 301/02, BStBl I 2002, 960.
  • Des Weiteren ist es möglich, dass eine Firma von dem mildtätigen Verein als Erfüllungsgehilfe eingeschalten wird, die Spenden also im Namen und für Rechnung des Vereins einsammelt. Auch hier werden die Spenden von den Kunden an den Verein geleistet. Die Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen ist auch in diesem Fall erforderlich.
  • Ggf. kommt im Einzelfall auch die Annahme eines gesonderten Zweckvermögens in Betracht, das steuerbegünstigt sein kann.

Ein Zweckvermögen ist eine selbständige Vermögensmasse, die aus dem Vermögen und der Verfügungsmacht des bisherigen Eigentümers ausgeschieden ist und einem bestimmten Zweck dienen soll. Im Rahmen der Hochwasser-Spendensammelaktionen können danach verselbständigte Zweckvermögen entstanden sein, die bei Erfüllung der Anforderungen an Satzung und tatsächliche Geschäftsführung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, § 3 Nr. 6 GewStG steuerbefreit und auch zuwendungsempfangsberechtigt sein können.

Hinweis auf:

1914 BGB (durch öffentliche Sammlung für einen vorübergehenden Zweck zusammengebrachtes Vermögen); Kießling/Buchna: Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, Erich Fleischer Verlag, 2000, 7. Auflage, Tz. 2.1.3; Graffe, in: Dötsch/Evers­berg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 1 KStG, Rz. 51.

Hinweis: Einige Spendenaufrufe (beispielsweise von Presse, Funk und Fernsehen) erfolgen zugunsten von Wohlfahrtsorganisationen oder anderen Hilfseinrichtungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG. Die Spenden werden dabei vom Spender direkt an die begünstigten Organisationen/Einrichtungen überwiesen .
  Unmittelbarer Spendenempfänger sind hier also - zutref­fen­derweise - Körperschaften/Personenvereinigungen/Ver­mö­gens­­massen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG (§ 49 Nr. 2 EStDV) 

1.1.3 Nachweis der Zuwendungen

Spenden können grundsätzlich nur dann abgezogen werden, wenn eine nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck ausgestellte ordnungsgemäße Zuwendungsbestätigung (förmliche Zuwendungsbestätigung) vorliegt (§ 50 Abs. 1 EStDV).

1.1.3.1 Vereinfachter Zuwendungsnachweis

In den nachfolgenden Fällen kommt - abweichend vom v. g. Grundsatz - der sog. vereinfachte Zuwendungsnachweis in Betracht:

  1. Für den Nachweis von Geldspenden, die zur Linderung der Not in Katastrophenfällen geleistet werden, genügt nach § 50 Abs. 2 Nr. 1 EStDV der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts, wenn die Zuwendung
  • innerhalb eines von den obersten Finanzbehörden der Länder im Benehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen bestimmten Zeitraums
  • auf ein für den Katastrophenfall eingerichtetes Sonderkonto
  • einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines inländischen amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen
    eingezahlt worden ist.

Die bisher bekannt gewordenen Sonderkonten sind mit Verfügungen der OFD Cottbus vom 09.09.2002 und vom 07.11.2002, S 2223 - 61 - St 223 mitgeteilt worden.

Auf Grund der Vielzahl an Sonderkonten/Konten von inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, inländischen öffentlichen Dienststellen und inländischen amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege einschließlich ihrer Mitgliedsorganisationen gilt der vereinfachte Zuwendungsnachweis nach dem Erlass des FinMin Brandenburg vom 28.08.2002, 35 - S 2223 - 4/02 für alle Zuwendungen die an diese Empfänger unter einem Stichwort wie „Hochwasseropfer“, „Flutkatastrophe“ o. ä. geleistet werden (vgl. auch Tz. IV.2 des Schreibens des BMF vom 01.10.2002, IV C 4 - S 2223 - 301/02, BStBl I 2002, 960).

Der vereinfachte Zuwendungsnachweis ist bei Geldspenden in Katastrophenfällen betragsmäßig nicht begrenzt.

Beispiele: Einzahlung von 200 € auf Grund des Spendenaufrufs der Landesregierung Brandenburg auf das (Sonder-)Konto 1900 bei der Bank für Sozialwirtschaft (BLZ 100 205 00) unter dem Stichwort „Fluthilfe Brandenburg“ (vgl. Verfügung der OFD Cottbus vom 09.09.2002, S 2223 - 61 - St 223)
  Überweisung einer Spende von 50 € auf das Sonderkonto der Caritas International (Konto 202 bei der Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 660 205 00, Stichwort: „Hochwasser“) 
vereinfachter Zuwendungsnachweis 
  1. Der vereinfachte Zuwendungsnachweis (Bareinzahlungsbeleg oder Buchungsbestätigung des Kreditinstituts [§ 50 Abs. 2 Nr. 2 EStDV]; ggf. zusätzlich Vorlage des vom Zuwendungsempfänger hergestellten Belegs [§ 50 Abs. 2 Satz 3 EStDV]) kommt auch für Geldspenden in Betracht, wenn diese den Betrag von 100 € nicht übersteigen und der Empfänger der Zuwendung
    • eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine inländische öffentliche Dienststelle ist (§ 50 Abs. 2 Nr. 2 a EStDV) oder
    • eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG ist und der steuerbegünstigte Zweck, für den die Zuwendung verwendet wird, sowie die Angaben über die Freistellung des Empfängers von der KSt auf einem von ihm hergestellten Beleg aufgedruckt sind und darauf angegeben ist, dass es sich um eine Spende handelt (§ 50 Abs. 2 Nr. 2 b EStDV).
Beispiele: Spende von 20 € für die Hochwassergeschädigten auf das (allgemeine) Konto der Stadt Dresden 
  Überweisung einer Spende von 100 € auf das Konto des DRK-Verban­des X mittels eines von diesem hergestellten Überweisungsformulars 
vereinfachter Zuwendungsnachweis

1.1.3.2  Zuwendungsbestätigung

In allen anderen Fällen von Geldspenden und bei Sachspenden kann auf die Vorlage einer förmlichen Zuwendungsbestätigung nicht verzichtet werden.

Die (förmlichen) Zuwendungsbestätigungen müssen alle Angaben enthalten, die nach den amtlich vorgeschriebenen Vordrucken gefordert sind. Für den Spendenabzug und die Spendenverwendung (einschließlich Nachweis- und Spendenhaftungsfragen) sind insbesondere von Bedeutung der steuerbegünstigte Zweck und die Angabe, ob die Zuwendung im Inland oder im Ausland verwendet wird.

1.2 Lohnverzicht und Verzicht auf Aufsichtsratsvergütungen

Zum Teil werden auch Spenden und Beihilfen des Arbeitgebers zusammengetragen, indem Arbeitnehmer auf Teile ihres Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens zugunsten der vom Hochwasser Betroffenen verzichten. Unter den im Erlass des FinMin Brandenburg vom 26.08.2002, 36 - S 2332 - 5/02 (bekanntgegeben mit Verfügung der OFD Cottbus vom 28.08.2002, S 2332 - 64 - St 215) bzw. den in Tz. II.2 des Schreibens des BMF vom 01.10.2002, IV C 4 - S 2223 - 301/02, BStBl I 2002, 960 genannten Voraussetzungen kann der Arbeitgeber aus Billigkeitsgründen insoweit vom Lohnsteuer­einbehalt absehen. Bei der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers dürfen die steuerfrei belassenen Lohnteile jedoch nicht als Spende berücksichtigt werden.

Verzichtet ein Aufsichtsratsmitglied auf Teile seiner Aufsichtsratsvergütung, gelten nach Tz. III des Schreibens des BMF vom 01.10.2002, IV C 4 - S 2223 - 301/02, BStBl I 2002, 960 die für den Lohnverzicht aufgestellten Grundsätze entsprechend.

1.3 Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen

Zur steuerlichen Behandlung von Sponsoring-Aufwendungen, Zuwendungen an Geschäftspartner und sonstige Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen verweise ich auf Tz. I des Schreibens des BMF vom 01.10.2002, IV C 4 - S 2223 - 301/02, BStBl I 2002, 960.

2. Was ist beim Zuwendungsempfänger und der Spendenverwendung zu beachten?

Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen werden steuerlich begünstigt (vgl. z. B. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, § 3 Nr. 6 GewStG), wenn sie nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich, unmittelbar und selbstlos steuerbegünstigte Zwecke (gemeinnützige, mildtätige und/oder kirchliche Zwecke) verfolgen.

Zu einer ordnungsgemäßen tatsächlichen Geschäftsführung gehört auch die korrekte Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen (außerhalb des vereinfachten Zuwendungsnachweises) und die zweckentsprechende Verwendung der im Zusammenhang mit dem Hochwasser eingesammelten Spenden, d. h. die Spen­den müssen tatsächlich für den steuerbegünstigten Zweck verwendet werden, der

  • (beim vereinfachten Zuwendungsnachweis) im Spendenaufruf oder
  • in der Zuwendungsbestätigung

angegeben ist.

Werden Zuwendungsbestätigungen falsch ausgestellt oder Spenden nicht zweckentsprechend verwendet, kann dies auf Seiten des Zuwendungsempfängers Spendenhaftung auslösen (vgl. § 10 b Abs. 4 EStG, § 9 Abs. 3 KStG, § 9 Nr. 5 Sätze 8 ff. GewStG; der Spender genießt - von Ausnahmen abgesehen - Vertrauensschutz) und zur Versagung der Gemeinnützigkeit des Zuwendungsempfängers führen.

Zu weiteren Problemen bzw. Einzelfragen im Zusammenhang mit der Spendenverwendung nehme ich wie folgt Stellung:

2.1 Hochwasserspenden und steuerbegünstigte Zwecke (§§ 52 - 54 AO)

2.1.1 Mildtätige Zwecke (§ 53 AO)

Die Unterstützung der vom Hochwasser betroffenen natürlichen Personen erfolgt in der Regel im Rahmen der Verwirklichung mildtätiger Zwecke i. S. d. § 53 AO.

Hinweis: Zuwendungen für die Wiederherstellung eines durch die Hochwasserkatastrophe geschädigten Betriebs sind nur dann als für mildtätige Zwecke verwendet anzusehen, wenn die Mittel an eine natürliche Person weitergegeben werden, die als Unternehmer, Mitunternehmer oder Gesellschafter einer Unternehmens-Kapitalgesellschaft durch die Schädigung des Betriebs selbst in einer Notlage ist (vgl. Tz. IV.1 des Schreibens des BMF vom 01.10.2002, IV C 4 - S 2223 - 301/02, BStBl I 2002, 960). 

Neben Unterstützungsleistungen wegen persönlicher Hilfsbedürftigkeit (körperliche, geistige oder seelische Notlage; § 53 Nr. 1 AO) werden die mildtätigen Zwecke vor allem durch Geldleistungen an wirtschaftlich Hilfsbedürftige (§ 53 Nr. 2 AO) verwirklicht. Wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit ist nach § 53 Nr. 2 AO bei Personen gegeben, deren Bezüge das Vier-/Fünffache des Sozialhilfe-Regel­satzes nicht übersteigen und die nur über ein geringes Vermögen verfügen.

Von der Prüfung der Bezüge-Grenzen und des Vermögens nach § 53 Nr. 2 Satz 1 AO kann abgesehen werden, wenn die wirtschaftliche Lage der zu unterstützenden Personen aus besonderen Gründen (z. B. bei Naturkatastrophen) zu einer Notlage geworden ist. Die Hilfsbedürftigkeit an sich (d. h. beispielsweise Wohnsitz im überfluteten Bereich, Schaden an der Wohnung) muss der Zuwendungsempfänger jedoch prüfen und dokumentieren (Nachweis z. B. auch durch Fotos).

Die Verwirklichung mildtätiger Zwecke dient der Abwendung der persönlichen oder wirtschaftlichen Not der betroffenen Personen (beachte: Vorrang von Versicherungsleistungen). Insoweit können Maßnahmen zur Soforthilfe (u. a. Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts, Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung, Renovierung u. ä.) und zur Existenzsicherung (z. B. Überbrückungsgelder, Übergangshilfen) eingeleitet werden. Nicht zulässig sind jedoch die Unterstützung von Luxussanierungen oder Maßnahmen zur Verbesserung des Lebensstandards. Hinsichtlich der (im Regelfall zulässigen) Höhe der Unterstützungsleistungen können die Bezügegrenzen nach § 53 Nr. 2 Satz 1 AO als Anhaltspunkt dienen. Die Dauer der Unterstützungsleistungen hängt von der Dauer der Bedürftigkeit ab.

2.1.2 Andere steuerbegünstigte Zwecke

Neben den mildtätigen Zwecken können im Zusammenhang mit dem Hochwasser auch zahlreiche andere steuerbegünstigte Zwecke verwirklicht werden, z. B.:

  • Förderung des Hochwasser-, Umwelt- und Naturschutzes
    (§ 52 Abs. 2 Nr. 1 AO, Abschn. A Nr. 5 der Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV),
  • Förderung des Katastrophenschutzes
    (§ 52 AO, Abschn. A Nr. 9 der Anlage 1 zu § 48 Nr. 2 EStDV),
  • Förderung der Wohlfahrtspflege
    (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 AO, Abschn. A Nr. 6 der Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV),
  • Förderung der Rettung aus Lebensgefahr
    (§ 52 AO, Abschn. A Nr. 8 der Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV),
  • Förderung der Jugend- und Altenhilfe
    (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 AO, Abschn. A Nr. 2 der Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV),
  • Förderung der Kultur
    (§ 52 Abs. 2 Nr. 1 AO, Abschn. A Nr. 3 [evtl. Abschn. B Nr. 2] der Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV),
  • Förderung des Sports
    (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 AO, Abschn. B Nr. 1 der Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV).
Beispiele: Wiederherstellung/Sanierung von Deichen
 Förderung des Hochwasserschutzes
  Tätigkeiten eines Jugendclubs bzw. Altenheims zur Beseitigung von Hochwasserschäden am Club-/Heimgebäude
 Förderung der Jugend-/Altenhilfe
  Beseitigung von Hochwasserschäden an einem Museum und den Ausstellungsstücken
 Förderung kultureller Zwecke
  Wiederherrichtung des Sportplatzes eines Sportvereins
 Förderung des Sports

2.1.3 Steuerbegünstigte Zwecke und hoheitliche Pflichtaufgaben bei Körperschaften des öffentlichen Rechts

Körperschaften des öffentlichen Rechts, insbesondere Gebietskörperschaften, dürfen erhaltene Spenden nicht zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Pflichtaufgaben einsetzen, da sie insoweit nicht selbstlos handeln (kein uneigennütziges Handeln; Erledigung einer gesetzlichen [Pflicht-]Aufgabe kann nicht als freiwilliges Opfer angesehen werden).

2.1.4 Spendenaufruf für Hochwasseropfer und Satzung(szweck)

Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen dürfen nach § 56 AO nur ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgen (Grundsatz der Ausschließlichkeit). Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO dürfen auch die Mittel nur für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke eingesetzt werden.

Im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe rufen/riefen zahlreiche gemeinnützige Körperschaften, die nach ihrer Satzung keine mildtätigen Zwecke verfolgen (z. B. Sportverein, Bildungsverein, Kleingartenverein oder Brauchtumsverein), in Solidaritätsaktionen zu Spenden für die Opfer der Hochwasserkatastrophe auf, die sie selbst unmittelbar den Betroffenen zugute kommen lassen.

Nach den vorstehenden Grundsätzen ist eine solche Betätigung und ein derartiger Mitteleinsatz nicht zulässig. In diesen Fällen wäre es erforderlich, dass die Körperschaften ihre Satzungen um die Förderung mildtätiger Zwecke ergänzen/erweitern.

In Anbetracht des Ausmaßes der Hochwasserkatastrophe und der Hilfsbereitschaft der Bevölkerung hat das Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder folgende Billigkeitsregelung getroffen (vgl. Tz. V des Schreibens des BMF vom 01.10.2002, IV C 4 - S 2223 - 301/02, BStBl I 2002, 960):

„Es ist unschädlich für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine mildtätigen Zwecke fördert, wenn sie Mittel, die sie im Rahmen einer Sonderaktion für die Hilfe für Opfer der Hochwasserkatastrophe 2002 erhalten hat, ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung unmittelbar für den angegebenen Zweck verwendet. Die Körperschaft muss in den Zuwendungsbestätigungen für Spenden, die sie für die Hilfe für Opfer der Hochwasserkatastrophe erhält und verwendet, Zuwendungen für mildtätige Zwecke bescheinigen. Auf die Sonderaktion ist in der Zuwendungsbestätigung hinzuweisen.“

2.2 (Un)mittelbare Spendenverwendung

Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 AO müssen die steuerbegünstigten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen ihre satzungsmäßigen Zwecke grundsätzlich selbst verwirklichen.

Teilweise wurden/werden Spenden von steuerbegünstigten oder öffentlich-rechtlichen Organisationen aber lediglich gesammelt und anschließend an eine steuerbegünstigte Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts weitergegeben. Es stellt sich die Frage, inwieweit eine solche Spendenverwendung zulässig ist:

2.2.1 Spendenverwendung durch steuerbegünstigte Körperschaften

Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG haben folgende Möglichkeiten, empfangene Spenden weiterzugeben:

a) Hilfsperson

Die steuerbegünstigten Körperschaften können sich zur Erfüllung ihrer Zwecke einer Hilfsperson bedienen (§ 57 Abs. 1 Satz 2 AO). Das Handeln der Hilfsperson (natürliche oder juristische Personen) wird der Körperschaft dann wie eigenes Handeln zugerechnet, wenn die Hilfsperson in ihrem Wirken an die (Weisungen der) Körperschaft und deren Satzung gebunden ist.

Insofern können auch Spendenmittel an eine Hilfsperson weitergegeben werden, die diese dann zu (den bescheinigten) steuerbegünstigten Zwecken verwendet. Die steuerbegünstigten Körperschaften haben das weisungsgemäße Handeln der Hilfsperson einschließlich der korrekten Mittelverwendung zu überwachen und nachzuweisen.

b) 58 Nr. 2 AO

Die (bloße) Weitergabe der gesammelten Spenden ist nach § 58 Nr. 2 AO unschädlich für die Gemeinnützigkeit der spendensammelnden steuerbegünstigten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, wenn

  • es sich um eine teilweise Mittelweitergabe (nicht mehr als 50 % der Mittel der Körperschaft)
  • an eine ebenfalls nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbegünstigte Körperschaft oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts
  • zur Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke handelt.

Die spendensammelnde Körperschaft hat sich die ordnungsgemäße Verwendung der Spenden nachweisen zu lassen.´

c) 58 Nr. 1 AO

Eine Mittel- bzw. Spendenweitergabe ist außerdem nach § 58 Nr. 1 AO unschädlich für die Gemeinnützigkeit der spendensammelnden steuerbegünstigten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, wenn sie ihren steuerbegünstigten Zweck nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung (auch) verwirklicht, indem sie Mittel (insbesondere Spenden) beschafft für die Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke

  • einer anderen steuerbegünstigten (inländischen) Körperschaft,
  • einer dem Grunde nach steuerbegünstigten ausländischen Körperschaft oder
  • durch eine (inländische oder ausländische) juristische Person des öffentlichen Rechts.

Die spendensammelnde Körperschaft hat sich auch hier davon zu überzeugen, dass die Verwendung der Mittel zu steuerbegünstigten Zwecken sichergestellt ist.

2.2.2 Spendenverwendung durch öffentlich-rechtliche Körperschaften

a) Durchlaufspenden

Inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts, die Gebietskörperschaften sind, ihre Dienststellen und inländische kirchliche juristische Personen des öffentlichen Rechts können Spenden nach der Vorgabe des Spenders weitergeben an

  • Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG oder
  • andere inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts.

Insoweit vollzieht sich die Spendenweitergabe in Form des Durchlaufspendenverfahrens (R 111 Abs. 2 EStR und H 111 „Durchlaufspendenverfahren“ EStH). Dazu sind in den Zuwendungsbestätigungen entsprechende Angaben zu machen (vgl. amtlich vorgeschriebene Vordrucke für Zuwendungen an inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts [BStBl 1999 I S. 979] und Tz. 12 des Schreibens des BMF vom 02.06.2000, IV C 4 - S 2223 - 568/00, BStBl I 2000, 592]).

b) Hilfsperson

Außerhalb des Durchlaufspendenverfahrens sind Spenden an eine juristische Person des öffentlichen Rechts von dieser selbst unmittelbar zu steuerbegünstigten Zwecken zu verwenden.

Es besteht jedoch auch hier die Möglichkeit, einen Erfüllungsgehilfen (im Sinne einer Hilfsperson; natürliche oder juristische Personen) einzuschalten, der die Spenden im Auftrag der juristischen Person des öffentlichen Rechts zweckentsprechend verwendet. Das Handeln des Erfüllungsgehilfen ist der juristischen Person des öffentlichen Rechts zuzurechnen, die sich daher die Spendenverwendung nachweisen lassen sollte.

3. Zeitliche Anwendung

Die in dem Schreiben des BMF vom 01.10.2002, IV C 4 - S 2223 - 301/02, BStBl I 2002, 960 zusammengefassten Verwaltungsregelungen, die zur Unterstützung der Hochwasseropfer getroffen worden sind, gelten - soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist - in der Zeit vom 01.08. bis 31.12.2002.