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Umsetzung des Familienleistungsausgleichs ab dem Veranlagungszeitraum (VZ) 1996
Umsetzung des Familienleistungsausgleichs ab dem Veranlagungszeitraum (VZ) 1996
vom 20. Mai 2003
1. Familienleistungsausgleich ab dem VZ 1996
1.1 Kinderfreibetrag
Wie mit OFD Cottbus, Verfügung vom 26.04.2000, S 0338 - 2 - St 252, S 2280 - 2 - St 212, mitgeteilt, konnten Einspruchsverfahren, die sich gegen die behauptete Verfassungswidrigkeit des § 32 Abs. 6 EStG (Höhe des Kinderfreibetrags für den VZ 1996) richten, aufgrund eines anhängigen Revisionsverfahrens (BFH, VI R 67/97) zum Ruhen gebracht werden.
Der BFH hat mit Urteil vom 13.08.2002 (BFH/NV S. 1456, bzw. HI 838672) das vorgenannte Revisionsverfahren, das nunmehr unter dem neuen Aktenzeichen BFH, VIII R 80/97, registriert ist, entschieden und festgestellt, dass § 66 EStG, der die Höhe des Kindergeldes regelt, für den VZ 1996 verfassungsgemäß ist, unabhängig davon ob der Kinderfreibetrag ausreichend hoch bemessen ist oder den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die steuerliche Freistellung des Existenzminimums von Kindern genügt.
Gegen die Entscheidung des BFH, wonach dieser die Höhe des Kindergeldes für das erste und zweite Kind von jeweils 200 DM als verfassungsgemäß ansieht, wurde Beschwerde beim BVerfG eingelegt. Diese ist unter dem Aktenzeichen BVerfG, 2 BvR 1537/02, anhängig geworden. Aufgrund des anhängigen Verfahrens können offene Einspruchsverfahren bezüglich der Verfassungsmäßigkeit der Kinderfreibetragsregelung 1996 weiterhin ruhen.
1.2 Erledigung der sog. "Masseneinsprüche und Massenanträge" aus dem Veranlagungszeitraum 1996
Für die gemäß OFD Cottbus, Verfügung vom 19.09.1997 S 2280 - 2 - St 114, S 0622 - 16 - St 214, als sog. "Sammelablage" abgelegten "Masseneinsprüche und Massenanträge" liegt noch keine entsprechende (neue) gesetzliche Grundlage (EGAO) vor, um eine einheitliche Erledigung bereits durch das Gesetz zu erreichen. Es bleibt jedem Finanzamt jedoch unbenommen, über die diesbezüglich vorliegenden Einsprüche förmlich zu entscheiden bzw. den Einspruchsführern das Ruhen des Verfahrens aufgrund des o. g. Verfahrens beim BVerfG, 2 BvR 1537/02, anzubieten, sofern nicht bereits die Voraussetzung nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO erfüllt ist.
1.3 Ruhenlassen von außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren
In diesem Zusammenhang weise ich auf ein neu anhängig gewordenes Revisionsverfahren hin (BFH, VIII R 76/02), in dem zu entscheiden ist, ob die für den Veranlagungszeitraum 2000 geltenden Regelungen zum Familienleistungsausgleich deshalb verfassungswidrig sind, weil im Rahmen der Günstigerprüfung dem Kinder- und Betreuungsfreibetrag das gezahlte Kindergeld gegenüber zu stellen ist und sich die Freibeträge nur bei Steuerpflichtigen mit hohen Grenzsteuersätzen auswirken.
Aufgrund des vorgenannten neuen Revisionsverfahrens beschlossen die Referatsleiter Abgabenordnung nach Erörterung der Thematik der Verfassungsmäßigkeit der ab 1996 geltenden Vorschriften zum Kinderfreibetrag dass Einspruchsverfahren, mit denen die Verfassungswidrigkeit der für die Veranlagungszeiträume ab 1996 geltenden Regelungen zum Kinderfreibetrag geltend gemacht werden, gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes ruhen.
2. Steuerfreistellung des Existenzminimums eines Kindes in den VZ 1983 bis 1995 gemäß § 53 EStG
Die weitere Verfahrensweise zu den nach § 53 EStG strittigen Fällen ist mit gesonderter Verfügung bekannt gegeben worden (OFD Cottbus, Verfügung vom 19.03.2003, S 2282a - 5 - St 212).
3. BFH-Entscheidung vom 3. Juli 2002 in sog. Anlassfällen
Der BFH hat in mehreren Entscheidungen vom 03.07.2002 (veröffentlichte Entscheidung BFH, VI R 87/99 - vgl. dazu BStBl II 2002, S. 857) Revisionen verschiedener Kläger in vollem Umfang stattgegeben, nach dem diese bereits beim BVerfG mit ihren Verfassungsbeschwerden Erfolg gehabt hatten.
Mit Beschluss vom 10.11.1998, 2 BvR 980/91, hatte das BVerfG wesentliche Teile des früheren einkommensteuerlichen Familienlastenausgleichs vor 1996 für verfassungswidrig erklärt. Das BVerfG hatte damals u. a. beanstandet, dass verheiratete Ehepaare mit Kindern keine Kinderbetreuungskosten und keinen Haushaltsfreibetrag geltend machen konnten. Die verfassungswidrigen Normen (im Verfahren BFH, VI R 87/99, § 32 Abs. 7 EStG und § 33 c EStG 1986) wurden vom BVerfG allerdings nicht für nichtig, sondern bis zu der gebotenen gesetzlichen Neuregelung weiterhin für anwendbar erklärt. Anders als bei sonstigen Betroffenen, die den verfassungswidrigen Zustand bis zu den Neuregelung hinnehmen mussten, hatte das BVerfG allerdings in den von ihm aufgegriffenen Ausgangsverfahren (sog. Anlassfälle) bestimmt, die betreffenden Beschwerdeführer hätten einen Anspruch darauf, dass ihnen der Erfolg ihrer Verfassungsbeschwerden in den jeweils anhängigen Veranlagungszeiträumen zugute kommen müsse.
Nachdem weder der Gesetzgeber die Anlassfälle in eine gesetzliche Neuregelung einbezogen, noch die beklagten Finanzämter eine Abhilfe in Betracht gezogen hatten, gab der BFH nunmehr den Revisionen der betroffenen Kläger in vollem Umfang statt.
Ich weise darauf hin, dass die Entscheidungen des BFH insoweit lediglich für die Beschwerdeführer ergangen sind. Eine Anwendung für ähnlich bzw. gleichgelagerte Fälle, d. h. die Gewährung von Kinderbetreuungskosten für verheiratete Ehepaare außerhalb der Neuregelungen durch das (erste) Gesetz zur Familienförderung vom 22.12.1999 (BStBl I 2000, S. 4) über den Betreuungsfreibetrag bzw. die Gewährung eines Haushaltsfreibetrags für verheiratete Ehepaare in der jeweils geltenden Höhe bleibt trotz des o. g. BFH-Urteils ausgeschlossen.