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Erlass Nr. 4/2017 Ausländerrecht;
Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen zum Zwecke des Schulbesuchs nach § 16 Abs. 5 Alternative 3 AufenthG (AVwV Nr. 16.5.2.2.3 - 16.5.2.5)

Erlass Nr. 4/2017 Ausländerrecht;
Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen zum Zwecke des Schulbesuchs nach § 16 Abs. 5 Alternative 3 AufenthG (AVwV Nr. 16.5.2.2.3 - 16.5.2.5)

vom 4. April 2017

Für die Ermessensausübung nach § 16 Abs. 5 AufenthG werden in Ergänzung der AVwV und in Abstimmung mit dem MBJS folgende konkretisierende Kriterien festgelegt:

Die allgemeine Schulausbildung ist grundsätzlich im jeweiligen Herkunftsstaat zu absolvieren. Aufenthaltserlaubnisse zur Teilnahme am Schulbesuch können nach § 16 Abs. 5 AufenthG nur in Ausnahmefällen erteilt werden. Nach den AVwV Nr. 16.5.2.2.3 - 16.5.2.5 können Ausnahmen in der Regel nur ab der 9. Jahrgangsstufe und nur in den unter 1. und 2. dargestellten Fällen in Betracht kommen. Eine Wiederholung von bereits vorhandenen Bildungsabschlüssen, die in einem anderen Staat erworben wurden, ist im Rahmen von § 16 Abs. 5 AufenthG nicht möglich. Insofern ist ein besonderes Augenmerk auf das Alter der Schülerin/des Schülers zu richten.

1. Schule mit internationaler Ausrichtung
(AVwV Nr. 16.5.2.2.3)

1.1 Es handelt sich insbesondere um eine öffentliche Schule oder staatlich anerkannte Ersatzschule, die jeweils

  1. bilinguale Bildungsgänge oder
  2. Bildungsgänge mit einem deutschen und einem ausländischen Abschluss

anbietet.

1.2 Ein bilingualer Bildungsgang setzt vorbehaltlich anderweitiger schulrechtlicher Regelungen voraus, dass die Schülerinnen und Schüler erweiterte Kenntnisse in der Zielfremdsprache haben oder nach einer Vorbereitungsphase in Form eines erweiterten Fremdsprachenunterrichts erwerben (mindestens Niveau B 1) und der Unterricht in mindestens zwei Sachfächern in der Zielfremdsprache durchgeführt wird. Das Angebot muss sich zeitlich durchgehend auf alle weiteren Jahrgangsstufen einer bestimmten Schulform erstrecken. Sofern der bilinguale Bildungsgang an der Schule nicht mehr fortgeführt werden soll, sind die Voraussetzungen so lange erfüllt, wie sich noch Schülerinnen und Schüler in dem Bildungsgang befinden. Die Bilingualität des Bildungsgangs bedarf bei Ersatzschulen in freier Trägerschaft der Genehmigung durch das für Schule zuständige Ministerium und bei Schulen in öffentlicher Trägerschaft der Genehmigung des zuständigen staatlichen Schulamtes.

1.3 Eine Schule mit internationaler Ausrichtung liegt auch dann vor, wenn sich der internationale Charakter einer Schule in einem mit den Regelbeispielen vergleichbaren Maße aufdrängt. Bei der Prüfung können folgende Punkte Berücksichtigung finden: internationale Schülerschaft aus mehreren Herkunftsländern, international zusammengesetztes Lehrerkollegium, internationale Ausrichtung der Bildungs- und Erziehungsarbeit, Unterrichtssprachen, Breite des Fremdsprachenangebots, Sicherung einer erweiterten und vertieften Fremdsprachenkompetenz in mindestens zwei modernen Fremdsprachen, internationale Schulpartnerschaften, Kooperationen mit internationalen Instituten, regelmäßiger Schüleraustausch, Lehrkräftefortbildung zu international relevanten Themen, Teilnahme an internationalen Wettbewerben und Programmen, Konzept zur Sicherung der pädagogischen und sozialen Integration der ausländischen Schüler, Konzept bzgl. einer Schule mit internationalem Profil, das die Schülerschaft insgesamt erfasst, internationales Profil der Lern- und Lehrinhalte unter Berücksichtigung des Konzepts, der Schulhomepage, der Öffentlichkeitsarbeit u. ä..

2. Schule, die auf internationale Abschlüsse, Abschlüsse anderer Staaten oder staatlich anerkannte Abschlüsse vorbereitet
(AVwV Nr. 16.5.2.2.4)

2.1 Es handelt sich um eine Schule, die nicht oder nicht überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, die Schülerinnen und Schüler auf internationale Abschlüsse, Abschlüsse anderer Staaten oder staatlich anerkannte Abschlüsse vorbereitet bzw. hinführt. Hierzu zählen im Land Brandenburg angezeigte oder staatlich anerkannte Ergänzungsschulen, die z. B. auf die staatliche Nichtschülerprüfung vorbereiten oder zum Erwerb des „International General Certificate of Secundary Education“ (IGCSE), von High-School-Diplomen (AP-Prüfung) oder des International Baccalaureate (IB Diploma) führen.

2.2 Insbesondere bei Internatsschulen muss eine Zusammensetzung aus Schülerinnen und Schülern verschiedener Staatsangehörigkeiten gewährleistet sein. Eine Zusammensetzung aus Schülerinnen und Schülern verschiedener Staatsangehörigkeiten besteht, wenn die Schule generell Schülerinnen und Schüler verschiedener Staatsangehörigkeiten aufnimmt (mindestens drei verschiedene Staatsangehörigkeiten außer der deutschen), darunter können auch ausländische Schülerinnen und Schüler mit einem anderen Aufenthaltstitel als nach § 16 Abs. 5 AufenthG sein. Bei Schülerinnen und Schülern mit doppelter Staatsangehörigkeit zählt jedoch die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Anteil der ausländischen Schülerinnen und Schüler muss zudem mindestens 25 % der Schülerinnen und Schüler einer Klasse betragen. Für die Bewertung kann durch die Ausländerbehörde ggf. auf entsprechende Unterlagen (bspw. das Schulkonzept i. V. m. entsprechenden Schülerinnen- und Schülerlisten) zurückgegriffen werden, die bei Bedarf von der Schule anzufordern sind.

3. Besondere Anforderungen bei Staatsangehörigen von Staaten mit Rückführungsschwierigkeiten
(AVwV Nr. 16.5.2.3.1 bis 16.5.2.3.4)

3.1 An Staatsangehörige von Staaten, mit denen die Rückführung eigener Staatsangehöriger auf Schwierigkeiten stößt, kann die Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn darüber hinaus

  • die Schule die Schülerinnen und Schüler zur Hochschulreife oder einem vergleichbaren Abschluss führt,
  • die Schülerinnen und Schüler grundsätzlich in einem zur Schule gehörenden Internat untergebracht werden,
  • der Anteil der ausländischen Schülerinnen und Schüler mit einer Staatsangehörigkeit der Staaten, mit denen Rückführungsschwierigkeiten bestehen, 20 Prozent je Schulklasse nicht überschreitet und
  • die Schule oder eine im Bundesgebiet lebende Person i.d.R. eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abgibt.

3.2 Wenn der Schule kein Internat angegliedert ist, kann im Einzelfall gleichwohl eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 5 AufenthG unter den folgenden Voraussetzungen erteilt werden: Bei minderjährigen Schülerinnen und Schülern in der Sekundarstufe I muss es sich um eine Ganztagsschule handeln, die außerhalb der Unterrichtszeiten eine pädagogische Betreuung gewährleistet und die ausländischen Schülerinnen und Schüler müssen in einem Wohnheim untergebracht werden. Minderjährige Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe II müssen in einem Wohnheim untergebracht werden.

Für das Wohnheim muss eine nach § 45 SGB VIII i. V. m. § 20 AGKJHG erteilte Betriebserlaubnis des für Jugend zuständigen Ministeriums als oberste Landesjugendbehörde vorliegen. Die Unterbringung in einem Wohnheim umfasst die Versorgung und pädagogische Betreuung durch fachkompetentes Personal. Wohnheim und Schule müssen eine pädagogische Einheit bilden. Mindestens eine Ansprechpartnerin/ein Ansprechpartner muss rund um die Uhr anwesend sein und den Schülerinnen und Schülern zur Verfügung stehen.

4. Prüfung schulfachlicher Kriterien

4.1 Zur Prüfung, ob eine Schule im Einzelfall die Eigenschaften unter Nr. 1. (Status einer öffentlichen oder anerkannten Ersatzschule mit internationaler Ausrichtung) oder Nr. 2.1 (Status einer Ergänzungsschule) erfüllt, ist das für Schule zuständige Ministerium durch das Ministerium des Innern und für Kommunales in einem verwaltungsinternen Verfahren zu beteiligen. Zu diesem Zweck trägt die Ausländerbehörde den Sachverhalt je Schule und Schuljahr gesondert dem Ministerium des Innern und für Kommunales vor.

Der Status einer Schule als Internatsschule oder der Wohnheimcharakter ist ebenfalls immer über das Ministerium des Innern und für Kommunales beim für Schule zuständigen Ministerium abzufragen. Die Prüfung wird durch das für Schule zuständige Ministerium nach der vorhandenen Aktenlage durchgeführt.

4.2 Erst nach der Beteiligung des für Schule zuständigen Ministeriums, Feststellung einer der genannten Fallkonstellationen und Vorliegen der weiteren aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen ist der Ausländerbehörde ein Ermessensspielraum eröffnet, im Einzelfall die Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

5. weitere aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen

5.1 Neben den allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen ist weiterhin zu prüfen, ob der Lebensunterhalt einschließlich Krankenversicherungsschutz und entstehende Ausbildungskosten der ausländischen Schülerin/des ausländischen Schülers z. B. durch Zahlungen der Eltern gesichert sind und die Rückkehrbereitschaft im Anschluss an die Schulausbildung sichergestellt ist. Zudem ist von der Schülerin/dem Schüler nachzuweisen, dass sie/er realistische Aussichten für den erfolgreichen Abschluss der Schulausbildung besitzt. Dazu sind neben den vorgelegten Zeugnissen des Herkunftsstaates etwaige allgemeine oder einzelfallbezogene Hinweise der deutschen Auslandsvertretung vor Ort zu beachten.

5.2 Der Ausländerbehörde sind vom jeweiligen Ausländer der Antrag zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 5 AufenthG, der Pass mit dem entsprechenden Einreisevisum, der Nachweis zur Sicherung des Lebensunterhalts (meist Verpflichtungserklärung), der Nachweis über eine Krankenversicherung, der Sprachnachweis über die Deutschkenntnisse und bei Teilnahme am bilingualen Unterricht der Sprachnachweis in Bezug auf die Zielfremdsprache, eine Schulbescheinigung, die Anmeldebescheinigung der Meldebehörde, der Schulvertrag mit den Eltern sowie eine Sorgerechtserklärung bei Minderjährigen vorzulegen.

5.3 Bei minderjährigen ausländischen Schülerinnen und Schülern ist, insbesondere wegen der grundsätzlich bestehenden Schulpflicht gemäß § 36 ff. des Gesetzes über die Schulen im Land Brandenburg - Brandenburgisches Schulgesetz (BbgSchulG), die Einreise für einen vorbereitenden Deutsch-Sprachkurs in Brandenburg nicht möglich. Minderjährige ausländische Schülerinnen und Schüler müssen vor der Einreise (im Visumverfahren) zum Zwecke des Schulbesuchs ausreichende deutsche Sprachkenntnisse (mindestens Niveau B 1) nachweisen (Zertifikat des Goethe-Instituts, TELC-Zertifikat, ÖSD-Zertifikat oder erfolgreicher Besuch einer deutschen Auslandsschule), wenn der Unterricht an der Schule zumindest teilweise in deutscher Sprache stattfindet, damit sichergestellt ist, dass sie tatsächlich dem Unterricht in ausreichendem Maße folgen können.

Sofern die Deutschkenntnisse in einem anderen Bundesland, dessen Schulrecht die Schulpflicht während eines Deutsch-Sprachkurses ruhen lässt, erworben worden sind, liegt bei einem beabsichtigten anschließenden Schulbesuch in Brandenburg ein anderer Aufenthaltszweck vor. Das nach  § 16 Abs. 2 AufenthG normierte Zweckwechselverbot greift hier jedoch nicht, da dieses sich nur auf solche Aufenthalte bezieht, bei denen der Zweck wechselt, wenn der ursprüngliche Zweck noch nicht erfüllt ist, also die ausländische Schülerin/der ausländische Schüler einen Aufenthaltstitel für den Schulbesuch begehrt, obwohl sie/er den Sprachkurs in dem anderen Bundesland noch nicht abgeschlossen hat. So der Sprachkurs in einem anderen Bundesland abgeschlossen wurde, kann für den Aufenthaltszweck „Schulbesuch“ in Brandenburg der erforderliche Aufenthaltstitel im Inland eingeholt werden; das in § 39 Nr. 1 AufenthG i. V .m. §§ 8 Abs. 1, 16 Abs. 5 AufenthG normierte Ermessen ist zugunsten der Betroffenen/des Betroffenen eröffnet.

5.4 Bei minderjährigen ausländischen Schülerinnen und Schülern, die Staatsangehörige von Staaten mit Rückführungsschwierigkeiten sind, hat die Ausländerbehörde eine Wohnsitzauflage, bezogen auf das Internat oder das Wohnheim, verbunden mit der Teilnahmeverpflichtung an der pädagogischen Betreuung außerhalb des Schulunterrichts, zu verfügen.

5.5 Bei volljährigen ausländischen Schülerinnen und Schülern gilt für den Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse Nr. 5.3 entsprechend. Aufgrund der nicht mehr bestehenden Vollzeitschulpflicht (§ 39 Abs. 3 BbgSchulG) kann die Einreise zum Zweck eines maximal einjährigen Deutsch-Sprachkurs, der der Vorbereitung auf den anschließenden Schulbesuch der Sekundarstufe II dient, erfolgen, wenn die übrigen oben genannten Voraussetzungen hinsichtlich der anschließend zu besuchenden Schule vorliegen und bei Staatsangehörigen von Staaten mit Rückführungsschwierigkeiten ansonsten die unter Nr. 3. genannten Anforderungen an die Unterbringung und pädagogische Betreuung erfüllt sind. § 39 Nr. 1 AufenthV ist im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens zu berücksichtigen.

5.6 Beim Besuch einer Schule, die bilinguale Bildungsgänge anbietet, ist durch die ausländische Schülerin/den ausländischen Schüler die Teilnahme am bilingualen Unterricht erforderlich. Sprachkenntnisse über das Elementarstadium hinaus (mindestens B 1) in der Zielfremdsprache müssen den vorgelegten Zeugnissen des Herkunftsstaates zu entnehmen sein. Bei der Einschätzung sind insbesondere die Dauer des Erwerbs der Sprache und die Noten heranzuziehen.

5.7 Für die Anerkennung schulischer Abschlüsse, die außerhalb des Landes Brandenburg erworben wurden, ist das staatliche Schulamt Cottbus zuständig. Im Rahmen des Visumverfahrens muss feststehen, in welche Klassenstufe die schulpflichtige ausländische Schülerin/der schulpflichtige ausländische Schüler nach ihrer/seiner Einreise eingestuft wird.

5.8 Ein Wechsel der Schule innerhalb von Brandenburg ist im Einzelfall möglich, wenn der erfolgreiche Schulabschluss weiterhin gesichert erscheint, die andere Schule ebenfalls die oben genannten Anforderungen erfüllt und zu demselben oder einem gleichwertigen Abschluss führt. In diesem Fall liegt kein Zweckwechsel im Sinne von § 16 Abs. 5 i. V. m. § 16 Abs. 2 AufenthG vor. Der Wechsel bedarf der Zustimmung der zuständigen Ausländerbehörde.

5.9 Es wird empfohlen, die Aufenthaltserlaubnis mit einer Auflage zu versehen, die im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Schulverhältnisses oder des nicht mehr ordnungsgemäßen Schulbesuchs (dauerhaftes Fernbleiben von der Schule) eine sofortige Information an die Ausländerbehörde vorsieht. Ggf. kann im Einzelfall darüber hinaus ein entsprechender Hinweis an die betroffene Schule angezeigt sein.

6. Inkrafttreten

Dieser Erlass tritt mit Veröffentlichung in Kraft; der Erlass Nr. 1/2015 tritt gleichzeitig außer Kraft. Der Erlass Nr. 5/2005 bleibt aufgehoben, die Informationen Nr. 46/2006, 56/2006 und 76/2006 bleiben gegenstandslos.