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Erlass Nr. 05/2013
Asylverfahrensrecht und Aufenthaltsrecht;
Räumliche Beschränkung des Aufenthalts von Asylsuchenden und geduldeten Ausländern
Neufassung der Anwendungshinweise (Erlass Nr. 7/2010)

Erlass Nr. 05/2013
Asylverfahrensrecht und Aufenthaltsrecht;
Räumliche Beschränkung des Aufenthalts von Asylsuchenden und geduldeten Ausländern
Neufassung der Anwendungshinweise (Erlass Nr. 7/2010)

vom 18. April 2013

Außer Kraft getreten am 31. Dezember 2018

Neufassung der Anwendungshinweise (Erlass Nr. 7/2010)

Vorbemerkung

Seit der Lockerung der räumlichen Beschränkungen von Asylsuchenden und vollziehbar ausreisepflichtigen geduldeten Ausländern nach Inkrafttreten der "Verordnung über das vorübergehende Verlassen des Bereichs der Aufenthaltsgestattung" vom 23. Juli 2010 (GVBl. II Nr. 49) und des Erlasses Nr. 7/2010 am 29. Juli 2010 liegen inzwischen hinreichende Erfahrungen im Umgang mit den genannten Regelungen vor. Insbesondere die Auswertung einer Umfrage im Jahr 2011 und der daraus erstellte Evaluierungsbericht für den Landtag haben einigen Konkretisierungs- und Änderungsbedarf deutlich werden lassen. Aus diesem Grund werden die Anwendungshinweise nachfolgend neu gefasst mit dem Ziel, Auslegungsschwierigkeiten auszuräumen, die Verwaltungsverfahren zu vereinfachen, eine einheitlichere Rechtsanwendung zu ermöglichen und im Hinblick auf Berlin die Anwendungspraxis beider Länder anzugleichen.

I. Räumliche Beschränkung des Aufenthalts - Grundsatz

1. Die allgemeine Beschränkung des Aufenthaltsbereichs von Asylsuchenden im Land Brandenburg, die nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in der Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Abs. 1 AsylVfG zu wohnen, regelt die "Verordnung über das vorübergehende Verlassen des Bereichs der Aufenthaltsgestattung" in ihrer jeweils geltenden Fassung.

2. Der Aufenthaltsbereich vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer richtet sich grundsätzlich nach der gesetzlichen Regelung des § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG und ist räumlich auf das Gebiet des Landes Brandenburg beschränkt.

3. Die Gestattung bzw. Duldung ist bei ihrer erstmaligen Erteilung und bei ihrer jeweiligen Verlängerung mit folgender Nebenbestimmung zu versehen:

"Der Aufenthalt ist beschränkt auf: Land Brandenburg."

Zusätzlich ist die Nebenbestimmung

"Wohnsitznahme im Landkreis ….. /in der Stadt ….. "

zu verfügen.

II. Einschränkungen des Aufenthaltsbereichs

1. Die Einschränkung des unter I.1 genannten Aufenthaltsbereichs von Asylsuchenden im Einzelfall, z.B. auf den Bezirk der Ausländerbehörde, ist unzulässig und lässt sich auch nicht aus § 56 Abs. 1 AsylVfG ableiten.

2. Bedingungen und Auflagen nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, mit denen der unter I.2 genannte Aufenthaltsbereich von vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern nach pflichtgemäßem Ermessen eingeschränkt werden kann, richten sich nach Ziffer 61.1.2 der AVwV-AufenthG. Sie kommen insbesondere in folgenden Fällen in Betracht:

2.1 feststehender Abschiebungstermin innerhalb der nächsten 3 Monate,

2.2 rechtskräftige Verurteilung wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem AufenthG oder dem AsylVfG nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben.

In diesen Fällen lautet die Nebenbestimmung:

"Der Aufenthalt ist beschränkt auf den Landkreis…. /die Stadt …."

III. Erweiterung des Aufenthaltsbereichs auf das Land Berlin

1. Nach einer Vereinbarung mit der Senatsverwaltung für Inneres und Sport des Landes Berlin wird der Aufenthaltsbereich von Inhabern einer Aufenthaltsgestattung oder einer Duldung, die ihren zugewiesenen Wohnsitz im Land Brandenburg haben, für die Geltungsdauer der Gestattung bzw. der Duldung in Anwendung des § 58 Abs. 1 AsylVfG bzw. des § 12 Abs. 5 AufenthG auf das Land Berlin ausgedehnt, sofern nicht einer der unter III.2 und III.3 genannten Ausschlussgründe vorliegt.

2. Ausschlussgründe bilden - sowohl für Asylsuchende als auch für Geduldete - folgende Sachverhalte:

2.1 rechtskräftige Verurteilung zu einer oder mehreren Jugend- oder Freiheitsstrafen oder Geldstrafen von mehr als 50 Tagessätzen (additiv); Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel im Sinne des JGG bleiben ebenso außer Betracht wie alle Verurteilungen wegen des Verstoßes gegen die räumliche Beschränkung,

2.2 rechtskräftige Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen das BtMG oder nur deshalb keine Verurteilung, weil die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch hergestellt oder erworben wurden (§ 29 Abs. 5 BtMG) oder weil lediglich nach § 31a BtMG von einer Strafverfolgung abgesehen wurde,

2.3 durch Tatsachen begründete konkrete - nicht nur vermutete - Gefahr des Missbrauchs der Erweiterung des Aufenthaltsbereichs, z. B. wenn diese zur Begehung von Straftaten oder für verfassungsfeindliche Bestrebungen genutzt wird.

3. Darüber hinaus ist die Erweiterung des Aufenthaltsbereichs auf das Land Berlin bei vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern ausgeschlossen, wenn diese gegenwärtig und vorsätzlich die Aufenthaltsbeendigung

3.1 aufgrund falscher Angaben oder

3.2 aufgrund von Täuschungen über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder

3.3 mangels Erfüllung zumutbarer Anforderungen an die Beseitigung von Ausreisehindernissen

verhindern oder verzögern.

4. Werden unter III.2 und III.3 genannte Tatbestände nachträglich bekannt, ist die durch die Erweiterung der räumlichen Beschränkung erteilte Erlaubnis zum vorübergehenden Aufenthalt im Land Berlin nicht zu verlängern. Das Gleiche gilt, wenn die Nutzung des erweiterten Aufenthaltsbereichs bei Asylsuchenden dazu führt, dass die ordnungsgemäße Durchführung des Asylverfahrens nicht mehr gewährleistet ist, beispielsweise weil Termine beim BAMF nicht wahrgenommen werden.

5. Zum Verfahren ergehen folgende Hinweise:

5.1 Sofern keiner der genannten Ausschlussgründe vorliegt, erfolgt die Erweiterung des Aufenthaltsbereichs jeweils bei Vorsprache zum Zwecke der Ausstellung oder Verlängerung der Aufenthaltsgestattung bzw. der Erteilung oder Verlängerung der Duldung, indem die räumliche Beschränkung in der Gestattung bzw. Duldung wie folgt verfügt wird:

"Der Aufenthalt wird beschränkt auf: Länder Berlin und Brandenburg."

Gleichzeitig ist die Wohnsitznahme wie unter I.3 zu verfügen.

Gleiches gilt, wenn Ausländer, die im Besitz einer noch gültigen Gestattung oder Duldung sind, die eine räumliche Beschränkung nach I. enthält, gegenüber der Ausländerbehörde den Wunsch nach Ausdehnung des Aufenthaltsbereichs auf das Land Berlin äußern. Auf die Hinweis- und Beratungspflicht der Ausländerbehörde nach § 25 VwVfG wird hingewiesen.

5.2 Kommt die Erweiterung der räumlichen Beschränkung nicht oder nicht mehr in Betracht, so richtet sich das Verfahren nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

5.3 Für die Erweiterung des Aufenthaltsbereichs auf Berlin werden keine Gebühren erhoben.

IV. Erweiterung des Aufenthaltsbereichs im Einzelfall

1. Asylsuchende (§ 58 Abs. 1 AsylVfG)

1.1 Soweit das vorübergehende Verlassen des gesetzlich geregelten (I.1) oder verfügten (III.1) Bereichs der räumlichen Beschränkung nicht nach § 58 Abs. 3 und 4 AsylVfG erlaubnisfrei ist, liegen bei Asylsuchenden die Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG und damit ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Verlassenserlaubnis zum vorübergehenden Verlassen des Bereichs der räumlichen Beschränkung in folgenden Fällen vor:

  1. in Fällen des § 58 Abs. 2 AsylVfG,
  2. in den Fällen des § 58 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG,
  3. für die Wahrnehmung eines oder mehrerer notwendiger medizinischer Behandlungstermine bzw. die Begleitung eigener minderjähriger Kinder zu solchen Terminen,
  4. für die aktive Teilnahme (als Mitglied) an sportlichen, musikalischen, künstlerischen Veranstaltungen oder Veranstaltungen von Hilfsorganisationen,
  5. für die Teilnahme an Veranstaltungen der Glaubensgemeinschaft, zu der die Ausländerin oder der Ausländer sich bekennt,
  6. für die Teilnahme an schulischen Veranstaltungen, Klassenfahrten, Jugendfreizeiten, Schullandheimaufenthalten u. Ä.,
  7. für Besuche bei nahen Verwandten (Ehepartner, Eltern, Großeltern, Geschwister, Kinder, Enkel) und Lebenspartnern, insbesondere aus Anlass familiärer Feiern,
  8. für die Wahrnehmung von Bildungsangeboten, wenn vergleichbare Angebote im Bereich der räumlichen Beschränkung nicht vorhanden oder zumutbar erreichbar sind,
  9. für die Arbeits-, Schul- bzw. Ausbildungsplatzsuche,
  10. für die Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen in der Vertretung des Heimatstaates.

1.2 In allen übrigen Fällen kann Asylsuchenden das vorübergehende Verlassen des Bereichs der Aufenthaltsgestattung nach § 58 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. AsylVfG erlaubt werden. Das Ermessen der Ausländerbehörde soll grundsätzlich wohlwollend und zugunsten der Asylsuchenden ausgeübt und die Erlaubnis erteilt werden, sofern nicht schwerwiegende oder besondere Umstände des Einzelfalles einer Erlaubniserteilung entgegenstehen.

2. Vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer

2.1 Ausnahmen von der gesetzlich geregelten (I.2) oder verfügten (II.2 oder III.1) räumlichen Beschränkung richten sich bei vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern nach § 61 Abs. 1 Sätze 3 und 4 AufenthG sowie nach § 12 Abs. 5 AufenthG.

2.2 Bei der Erteilung von Verlassenserlaubnissen nach § 12 Abs. 5 Satz 2 AufenthG sind die Hinweise unter IV.1.1 entsprechend anzuwenden. Der Rechtsanspruch besteht unabhängig davon, ob die geduldete Person sich hinreichend um ihre Ausreise bemüht oder im Verdacht steht, eine falsche Identität angegeben zu haben. Auch Verstöße gegen die räumliche Beschränkung führen nicht zum Verlust des Rechtsanspruchs.

2.3 Bei der Ermessensausübung nach § 12 Abs. 5 Satz 1 AufenthG sind grundsätzlich die gleichen Maßstäbe anzulegen wie bei Inhabern der Aufenthaltsgestattung. In die Ermessenserwägungen sind auch die Gründe, die zur Aussetzung der Abschiebung geführt haben, sowie die (Nicht-)Erfüllung etwaiger Mitwirkungspflichten einzubeziehen.

2.4 Von der Erteilung einer Verlassenserlaubnis soll in der Regel abgesehen werden, wenn ein Abschiebungstermin feststeht oder hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das vorübergehende Verlassen des Aufenthaltsbereichs eine bevorstehende Abschiebung gefährden oder verzögern würde.

3. Zum Verfahren sind folgende Hinweise zu beachten:

3.1 Die Verlassenserlaubnis ist an Gestattungs- und Duldungsinhaber für den Zeitraum zu erteilen, für den sie beantragt und begründet wurde, im Regelfall für die Dauer von maximal 5 bis 7 Tagen, in begründeten Fällen, z. B. bei großer Entfernung zum Reiseziel, entsprechend länger. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der reibungslose Ablauf des Asylverfahrens gewährleistet bleiben muss.

3.2 Die Verlassenserlaubnis ist, wenn sie für regelmäßig wiederkehrende Termine, Veranstaltungen und Ereignisse erteilt wird, als befristete, zweckgebundene Dauererlaubnis für die Dauer der Aufenthaltsgestattung zu erteilen.

Beispiel:
"Frau/Herr… ist berechtigt, sich jeden Dienstag bei/in …(Name/Anschrift)… zur Teilnahme an …. aufzuhalten."

Im Übrigen ist sie für den konkret bewilligten Zeitraum zu bescheinigen.

3.3 Es sind lediglich Name und Zieladresse und keine weiteren Personendaten wie Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit usw. besuchter Personen zu erheben. Auf die Vorlage einer Meldebescheinigung der besuchten Person ist wegen des für diese unverhältnismäßigen Aufwandes zu verzichten.

3.4 Für die Erteilung von Verlassenserlaubnissen im Einzelfall ist keine Gebühr zu erheben.

V. Geltungsdauer, Aufhebung von Erlassen

Dieser Erlass tritt mit Veröffentlichung in Kraft.

Die Geltungsdauer dieses Erlasses wird bis zum 31. Dezember 2018 befristet.

Der Erlass Nr. 7/2010 vom 29. Juli 2010 wird aufgehoben. Ziffer 5.8 des Organisationserlasses zur Durchführung des Asylverfahrens in Brandenburg vom 6. März 1997 bleibt aufgehoben.

Im Auftrag

Keinath