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Erlass Nr. 01/2010 im Aufenthaltsrecht
Anschlussregelung auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 S. 1 AufenthG für bisherige Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis auf Probe gem. § 104a Abs. 1 S. 1 AufenthG

Erlass Nr. 01/2010 im Aufenthaltsrecht
Anschlussregelung auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 S. 1 AufenthG für bisherige Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis auf Probe gem. § 104a Abs. 1 S. 1 AufenthG

vom 26. Januar 2010

Außer Kraft getreten durch Allgemeine Weisung Nr. 01/2018 vom 20. Februar 2018

1. Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) vom 03./04.12.2009
2. Meine Information Nr. 056/2009 vom 21.10.2009; Az: II/1-802-10/104a;104b
3. Mein Erlass Nr. 04/2009 vom 09.12.2009; Az: II/1-802-10/104a;104b

Mit dem Erlass Nr. 04/2009 vom 09.12.2009 wurde Ihnen der Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren des Bundes und der Länder (IMK) vom 03./04.12.2009 bezüglich einer Anschlussregelung zur gesetzlichen Altfallregelung für bisherige Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis auf Probe gem. § 104a Abs. 1 S. 1 AufenthG, die die gesetzlichen Voraussetzungen der Verlängerung nach § 104a Abs. 5 AufenthG und § 104a Abs. 6 AufenthG nicht erfüllen, übersandt. Gleichzeitig wurde bestimmt, dass für die durch die IMK beschlossene Anschlussregelung § 81 Abs. 4 AufenthG zur Anwendung kommen kann und den betreffenden Antragstellern zunächst Fiktionsbescheinigungen für die Dauer von drei Monaten auszuhändigen sind.

Eine Prüfung der Voraussetzungen der IMK-Anschlussregelung kommt erst dann in Betracht, wenn die gesetzlichen Verlängerungsvoraussetzungen des § 104a Abs. 5 AufenthG sowie der Ausnahmeregelung des § 104a Abs. 6 AufenthG nicht erfüllt werden.

Angesichts der durch den IMK-Beschluss eröffneten nochmaligen Möglichkeit, die noch ausstehende wirtschaftliche Integration in den nächsten zwei Jahren nachzuholen, ist der durch die großzügige IMK-Anschlussregelung vorgegebene Rahmen weitestmöglich auszuschöpfen.

In Umsetzung des Beschlusses der IMK vom 03./04.12.2009 ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern folgende Anordnung nach § 23 Abs. 1 S. 1 AufenthG:

1. Begünstigter Personenkreis

Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 S. 1 AufenthG ist zu erteilen an bisherige Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis auf Probe (§ 104a Absatz 1 Satz 1 AufenthG), denen mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen zur Lebensunterhaltssicherung zum 31.12.2009 die Aufenthaltserlaubnis nicht gem. § 104a Abs. 5 AufenthG bzw. § 104a Abs. 6 AufenthG verlängert werden konnte,

1.a die jedoch am 31.12.2009 mindestens für die letzten sechs Monate zumindest eine Halbtagsbeschäftigung nachweisen oder bis zum 31.01.2010 für die kommenden sechs Monate die Aufnahme einer Halbtagsbeschäftigung glaubhaft nachweisen können.

Unter Halbtagsbeschäftigung ist mindestens die Hälfte der regulären wöchentlichen branchenüblichen Arbeitszeit zu verstehen. Lässt sich die branchenübliche Arbeitszeit nicht ermitteln, ist von einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden auszugehen. Der Nachweis des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses ist durch Vorlage des Arbeitsvertrages und geeigneter Einkommensnachweise zu erbringen.

Entsprechend der Intention der Altfallregelung muss es sich bei der Halbtagsbeschäftigung um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handeln. Geringfügige Beschäftigungen (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV), die ein regelmäßiges monatliches Entgelt von 400 € nicht überschreiten, genügen den Anforderungen nicht. Ausreichend sind jedoch mehrere geringfügige Beschäftigungen auch bei verschiedenen Arbeitgebern, wenn das monatliche Entgelt insgesamt die 400-Euro-Grenze übersteigt und somit die Beschäftigungen sozialversicherungspflichtig sind.

Bestehen Zweifel, ob es sich um eine geringfügige oder um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handelt, kann die gesetzliche Krankenversicherung oder die Minijobzentrale bei der Knappschaft-Bahn-See (Deutsche Rentenversicherung, Knappschaft-Bahn-See, Minijob-Zentrale, 45115 Essen) befragt werden.

Der glaubhafte Nachweis einer Halbtagsbeschäftigung bis zum 31.01.2010 für die kommenden sechs Monate kann insbesondere durch Vorlage eines entsprechenden Arbeitsvertrages oder einer verbindlichen Arbeitsplatzzusage erfolgen. In begründeten Einzelfällen (z. B. kurzfristige Probezeiten, keine vorherigen Bemühungen um Sicherung des Lebensunterhalts) kann die Aufenthaltserlaubnis mit der auflösenden Bedingung “Erlischt, wenn das [oder ein anderes adäquates] Arbeitsverhältnis nicht innerhalb von 3 Monaten aufgenommen wird oder bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ versehen werden. Es wird empfohlen, hierzu je nach Sachverhalt (nach mindestens 3 Monaten) Überprüfungen vorzunehmen.

1.b die zwischen dem 01.07.2007 und dem 31.12.2009 entweder ihre Schul- oder Berufsausbildung mit einem Abschluss erfolgreich beendet haben oder sich derzeit in einer Berufsausbildung befinden und bei denen deshalb erwartet werden kann, dass sie sich in unsere Gesellschaft erfolgreich integrieren und sie zukünftig ihren Lebensunterhalt selbstständig sichern werden.

Für Jugendliche und junge Erwachsene, die sich in Ausbildung oder Berufsvorbereitung befinden, enthält die gesetzliche Altfallregelung bereits die vorrangig zu prüfende Regelung des § 104a Abs. 6 S. 2 Nr. 1 AufenthG. Diese Regelung gilt entsprechend auch für Schüler an Oberstufen der allgemeinbildenden Schulen und Studenten an (Fach-)Hochschulen. Auf die Ziffer 104a.6.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des BMI zum AufenthG wird verwiesen.

Für eine positive Prognoseentscheidung ist neben einer erfolgreichen schulischen bzw. beruflichen Integration auch die soziale und rechtliche Integration zu berücksichtigen. Das Begehen von nicht unerheblichen und vorsätzlichen Straftaten steht einer positiven Integrationsprognose in der Regel entgegen.

1.c die sich um die Sicherung des Lebensunterhalts für sich und etwaige Familienangehörige durch eigene Erwerbstätigkeit bemüht haben, und wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Lebensunterhalt nach zwei Jahren eigenständig durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gesichert sein wird.

Die geforderten Bemühungen um eine Sicherung des Lebensunterhalts setzen grundsätzlich eine aktive Arbeitssuche spätestens seit Erst-Erteilung der Aufenthaltserlaubnis auf Probe nach § 104a Abs. 1 S. 1 AufenthG voraus.

Der Nachweis des ernsthaften und nachhaltigen Bemühens kann z. B. durch bereits frühere oder bestehende Beschäftigungsverhältnisse, Bescheinigungen der Arbeitsagentur, konkrete Arbeitsplatzbewerbungen, aktuelle Arbeitsplatzangebote, Eingliederungsvereinbarungen nach § 15 SGB II oder Belege über berufliche Qualifizierungs- oder sonstige Fortbildungsmaßnahmen erbracht werden.

Gründe, die zu einer Absenkung bzw. zum Wegfall der ALG II gem. § 31 SGB II geführt haben, sollten nicht außer Betracht bleiben.

Im Rahmen der erforderlichen Prognoseentscheidung hinsichtlich der (vollständigen) Sicherung des Lebensunterhalts durch eigene Erwerbstätigkeit sind die schulische und berufliche Qualifikation, der bisherige Verlauf der wirtschaftlichen Integration, aber auch die bisherigen und voraussichtlich zukünftigen Bemühungen bei der Arbeitssuche zu berücksichtigen.

Da diese Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 1 Satz 1 AufenthG erneut "auf Probe" erteilt wird, ist eine ablehnende Prognoseentscheidung in der Regel jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn mit hinreichender Sicherheit davon auszugehen ist, dass der Ausländer eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts nach den zwei Jahren nicht erreichen wird.

Diese erneute Aufenthaltserlaubnis "auf Probe" nach § 23 Absatz 1 Satz 1 AufenthG wird mit der Maßgabe erteilt, dass wie bisher zum Inhaber kein zusätzlicher Familiennachzug zulässig ist (§ 29 Absatz 3 Satz 3 AufenthG) und der Inhaber wie bisher von der Aufenthaltsverfestigung (Erteilung einer Niederlassungserlaubnis) ausgeschlossen ist.

2. Weitere Voraussetzungen

Im Übrigen müssen jeweils die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 6 AufenthG sowie die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG mit Ausnahme der Lebensunterhaltssicherung weiter vorliegen.

Die Passpflicht muss erfüllt sein. Nachträglich eingetretene Versagungsgründe sind zu berücksichtigen.

Die Verwaltungsvorschrift Nr. 06/06 vom 25.04.2006 zur Beteiligung der Sicherheitsbehörden bei der Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels nach dem Aufenthaltsgesetz ist zu beachten.

3. Einbeziehung

Im Bundesgebiet lebende Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner und minderjährige Kinder, sofern sie mit diesen in häuslicher Gemeinschaft leben, können einbezogen werden.

4. Erteilung der Aufenthaltserlaubnis

Eine Aufenthaltserlaubnis wird nur auf Antrag erteilt. Verlängerungsanträge nach der gesetzlichen Altfallregelung sind zugleich als Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser Anordnung zu werten.

Nach dem Erlass Nr. 04/2009 vom 09.12.2009 ist allen Antragstellern bis zum 31.12.2009 eine Fiktionsbescheinigung für die Dauer von drei Monaten ausgehändigt worden. Ich bitte, die Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser Anordnung innerhalb dieses Zeitraums abzuschließen. Eine Verlängerung der Fiktionsbescheinigung soll nur in Ausnahmefällen erfolgen.

Maximaler Bearbeitungszeitraum sämtlicher Anträge nach dieser Anordnung (einschließlich Kulanzzeit für Ausnahmefälle) ist das 1. Halbjahr 2010.

Aufenthaltserlaubnisse nach Nr. 1.a sind grundsätzlich bis zum 31.12.2011 zu befristen.

Aufenthaltserlaubnisse nach den Nr. 1.b und 1.c sind in der Regel für die Dauer von zwei Jahren zu erteilen. Eine Befristung bis zum 31.12.2011 kann ausnahmsweise, z. B. bei einer mutwilligen Verfahrensverzögerung des Antragstellers, gerechtfertigt sein.

Allgemein kommt eine kürzere Geltungsdauer nur in Ausnahmefällen (z. B. früherer Ablauf des Reisepasses) in Betracht. Auflösende Bedingungen sind im Einzelfall (siehe Nr. 1.a) möglich. (Der Eintritt einer auflösenden Bedingung bei Aufenthaltserlaubnissen nach Nr. 1.a kann die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Nr. 1.c zur Folge haben.)

Wohnsitzbeschränkende Auflagen sind zu verfügen, solange Leistungen nach dem SGB II oder XII in Anspruch genommen werden.

Ich bitte, in den Aufenthaltstitel neben der Rechtsgrundlage des § 23 Abs. 1 S. 1 AufenthG zusätzlich die jeweilige Fallgruppe des IMK-Beschlusses zu vermerken. Demnach gibt es:

  • Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 Abs. 1 S. 1 AufenthG Nr. 1.a,
  • Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 Abs. 1 S. 1 AufenthG Nr. 1.b und
  • Aufenthaltserlaubnisse “auf Probe“ nach § 23 Abs. 1 S. 1 AufenthG Nr. 1c.

Inhabern einer Aufenthaltserlaubnis “auf Probe“ nach § 23 Abs. 1 S. 1 AufenthG (siehe Nr. 1.c) ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gestattet.

Durch den IMK-Beschluss ausdrücklich ausgeschlossen ist bei Inhabern einer Aufenthaltserlaubnis “auf Probe“ nach § 23 Abs. 1 S. 1 AufenthG (siehe Nr. 1.c) der Familiennachzug sowie die Aufenthaltsverfestigung (Erteilung einer Niederlassungserlaubnis).

Bei Personen, die eine Aufenthaltserlaubnis nach den Nr. 1.a oder 1.b erhalten haben, gelten bezüglich des Familiennachzugs bzw. der Niederlassungserlaubnis die gesetzlichen Voraussetzungen, u. a. der Nachweis einer vollständigen Lebensunterhaltssicherung.

5. Erweiterung des Anwendungsbereichs

Um Benachteiligungen zu vermeiden, wird der Anwendungsbereich dieser Anordnung auf Inhaber einer bisherigen Aufenthaltserlaubnis nach anderen Rechtsgrundlagen der gesetzlichen Altfallregelung

(§ 23 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 104a Abs. 1 S. 2 AufenthG,
(§ 23 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 104a Abs. 2 S. 1 AufenthG,
(§ 23 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 104a Abs. 2 S. 2 AufenthG,
(§ 23 Abs. 1 S. 1 i. V. m. bzw. § 104b AufenthG)
und nach der IMK-Bleiberechtsregelung vom 17.11.2006

erweitert, sofern die jeweiligen Verlängerungsvoraussetzungen, insbesondere die Lebensunterhaltssicherung, nicht (mehr) erfüllt sind.

6. Erfassung im AZR

Da alle Aufenthaltserlaubnisse, die im IMK-Beschluss aufgeführt sind, “nach § 23 Abs. 1 S. 1 AufenthG erteilt werden sollen und § 104a AufenthG für diese Fallgruppen keine Rechtsgrundlage darstellen soll, sind die nach dem IMK-Beschluss erteilten Aufenthaltserlaubnisse unter dem Speichersachverhalt der Tabelle 10 (Anlage zur AZRG-DV)

„Aufenthaltserlaubnis:
c) Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen nach ...
cc) § 23 Abs. 1 AufenthG (Aufnahme durch Land) erteilt am... befristet bis...“

zu erfassen.

7. Statistische Erfassung

Angesichts des veränderten Verfahrens im Umgang mit Verlängerungen von Aufenthaltserlaubnissen nach der gesetzlichen Altfallregelung haben sich auch die Inhalte der statistischen Erhebung geändert.

In Abänderung der Ziffer 11 der Information Nr. 056/2009 bitte ich um Fortführung der bekannten, jedoch nochmals etwas modifizierten Statistik, die diesem Erlass als Anlage 1 beigefügt ist.

Diese Statistik dient der Dokumentation der Verlängerungsanträge nach den sonstigen Rechtsgrundlagen der gesetzlichen Altfallregelung, jedoch ohne Berücksichtigung der bisherigen Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis auf Probe, sowie der Dokumentation der Verlängerungen nach der IMK-Bleiberechtsregelung vom 17.11.2006.

Darüber hinaus bittet das BMI um eine weitere statistische Erhebung zu den Aufenthaltserlaubnissen nach dem Beschluss der IMK vom 03./04.12.2009 mit dem als Anlage 2 beigefügten bundeseinheitlichen Vordruck. Ich bitte zu beachten, dass in dieser Statistik nur der Personenkreis berücksichtigt werden soll, der zum Stichtag 31.12.2009 Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis auf Probe nach § 104a Abs. 1 S. 1 AufenthG war.

(Personen, die bereits eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 S. 1 AufenthG i. V. m. den jeweils einschlägigen Vorschriften des § 104a AufenthG inne hatten, sind in dieser Statistik nicht zu erfassen, sondern in dem als Anlage 1 beigefügten Vordruck.)

Ich bitte, die statistischen Angaben unter Verwendung der jeweiligen Vordrucke quartalsmäßig, jeweils bis zum 10. Tag des Folgemonats, erstmals zum 10. April 2010, an das Ministerium des Innern zu übersenden.

Anlagen: liegen den zuständigen Ausländerbehörden vor