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Inhaltsübersicht

Erster Teil
Allgemeine Bestimmungen

Zweiter Teil
Aufnahmeverfahren

Erster Abschnitt
Durchführung des Aufnahmeverfahrens

Zweiter Abschnitt
Mitteilungen

Dritter Abschnitt
Besonderheiten

Dritter Teil
Verwaltungsgeschäfte im Laufe des Vollzuges

Vierter Teil
Entlassung

Fünfter Teil
Akten

Sechster Teil
Elektronische Erfassung personenbezogener Daten der Gefangenen

Siebter Teil
Justizvollzugsstatistik

Achter Teil
Aufenthalt auf freiwilliger Grundlage

Neunter Teil
Schlussvorschrift

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Geschäftsordnung für den Justizvollzug des Landes Brandenburg (Brandenburgische Vollzugsgeschäftsordnung)

Geschäftsordnung für den Justizvollzug des Landes Brandenburg (Brandenburgische Vollzugsgeschäftsordnung)
vom 27. April 2020
(JMBl/20, [Nr. 5], S.42)

geändert durch Allgemeine Verfügung vom 6. Juli 2021
(JMBl/21, [Nr. 7], S.66)

Erster Teil
Allgemeine Bestimmungen

1
Anwendungsbereich

Diese Vollzugsgeschäftsordnung bestimmt Umfang und Inhalt der Verwaltungsgeschäfte in den brandenburgischen Justizvollzugsanstalten und der Einrichtung für die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, soweit sie sich auf Gefangene und Untergebrachte unmittelbar beziehen und nicht in anderen Bestimmungen geregelt sind.

2
Begriffsbestimmungen

Dieser Vollzugsgeschäftsordnung liegt folgender Sprachgebrauch zugrunde:

Abgang ist, wer

  1. die Anstalt verlässt und nicht vor Ablauf des Tages zurückkehrt,
  2. eine Freiheitsentziehung beendet, jedoch zu weiterer Freiheitsentziehung in der Anstalt – auch nur vorübergehend – verbleibt (Übertritt).

Akten sind Gefangenenpersonalakten (GPA) und Untergebrachtenpersonalakten (UPA).

Anstalten sind Justizvollzugsanstalten, vollzuglich selbstständige Teilanstalten und die Einrichtung für die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung.

Aufnahme ist erfolgt mit der Unterzeichnung der Aufnahmeverfügung. Sie ist Erstaufnahme, wenn die Person sich zuvor in Freiheit oder in einem Gewahrsam außerhalb der Justizverwaltung befunden hat.

Ausantwortung ist das befristete Überlassen von Gefangenen in den Gewahrsam eines Gerichts, einer Staatsanwaltschaft oder einer Polizei-, Zoll- oder Finanzbehörde auf Antrag (§ 49 Absatz 6 Satz 1 BbgJVollzG, § 46 Absatz 2 BbgSVVollzG).

Ausgang ist das Verlassen der Anstalt für bis zu 24 Stunden (§ 46 Absatz 1 Nummer 1 und 2 BbgJVollzG, § 40 Absatz 1 Nummer 1 und 2 BbgSVVollzG).

Austritt ist das endgültige Verlassen der Anstalt, in der die Gefangenen sich befinden. Ein Austritt liegt auch im Fall eines Wechsels von Strafgefangenen der Justizvollzugsanstalt Brandenburg an der Havel in die Einrichtung für die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vor. Gleiches gilt für die Fälle eines Verbleibs in der Sozialtherapeutischen Abteilung nach Antritt der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung. Die Untergebrachten erhalten eine neue Buchungsnummer.

Buchungsnummer ist die mit der Eintragung der Stammdaten in das IT-Fachverfahren automatisch erzeugte, den Gefangenen personenbezogen zugeordnete Nummer.

Durchgangshaft ist die vorübergehende Unterbringung von auf Transport befindlichen Gefangenen in einer Anstalt zum Zwecke des Weitertransports in eine andere Anstalt.

Einweisungsbehörde ist bei

  1. Freiheitsstrafe (auch Ersatzfreiheitsstrafe), Strafarrest und Sicherungsverwahrung die Vollstreckungsbehörde,
  2. Jugendstrafe die Vollstreckungsleiterin oder der Vollstreckungsleiter,
  3. Untersuchungshaft das Gericht,
  4. einstweiliger Unterbringung nach § 275a Absatz 6 StPO das Gericht,
  5. Sicherungshaft gemäß § 453c StPO das Gericht,
  6. Auslieferungshaft nach § 27 Absatz 1 IRG und Durchlieferungshaft nach § 45 Absatz 6 IRG das Gericht oder die Generalstaatsanwaltschaft,
  7. Erzwingungshaft in Straf- und Bußgeldsachen die Vollstreckungsbehörde,
  8. Ordnungs- und Zwangshaft in Straf- und Bußgeldsachen das Gericht, wenn es die Vollstreckung unmittelbar veranlasst, oder die Staatsanwaltschaft als ersuchte Behörde,
  9. gerichtlich angeordneter Ordnungs- und Zwangshaft – außer in Straf- und Bußgeldsachen – sowie Sicherungshaft nach §§ 918, 933 ZPO und Haft nach § 98 Absatz 2 der Insolvenzordnung das Gericht.

Entlassung ist die förmliche Verfügung der Beendigung einer Freiheitsentziehung.

Entweichung ist die Selbstbefreiung oder die Befreiung durch Dritte aus dem Gewahrsam der Anstalt. Eine Nichtrückkehr aus Lockerungen des Vollzuges (§§ 46, 47, 50 BbgJVollzG, §§ 40, 41, 47 BbgSVVollzG) und aus einer Strafunterbrechung sowie die Befreiung oder Selbstbefreiung aus dem tatsächlichen Gewahrsam der Gerichte, der Polizei oder anderer Behörden, an die Gefangene ausgeantwortet sind, gelten nicht als Entweichung.

Erstaufnahme s. Aufnahme

Freigang ist die regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Anstalt ohne Aufsicht (§ 46 Absatz 1 Nummer 4 BbgJVollzG, § 40 Absatz 1 Nummer 4  BbgSVVollzG).

Gefangene sind – abweichend von § 1 Absatz 3 BbgJVollzG – alle Personen, die sich im amtlichen Gewahrsam einer Anstalt befinden. Personen, die nach §§ 53 Absatz 1, 54 Absatz 2
BbgJVollzG, § 50 Absatz 1 BbgSVVollzG (Nummer 58) freiwillig über den Entlassungszeitpunkt hinaus in der Anstalt ver-bleiben oder wieder aufgenommen werden, sind nicht Gefangene.

Gesamtvollzugsdauer s. Vollzugsdauer

Langzeitausgang ist der Aufenthalt außerhalb der Anstalt ohne Aufsicht für mehrere Tage (§ 46 Absatz 1 Nummer 3 BbgJVollzG, § 40 Absatz 1 Nummer 3 BbgSVVollzG).

Lockerungen sind Aufenthalte außerhalb der Anstalt ohne Aufsicht, namentlich Begleitausgang, unbegleiteter Ausgang, Langzeitausgang oder Freigang, im Vollzug der Jugendstrafe auch die Unterbringung in besonderen Erziehungseinrichtungen (§ 46 Absatz 1 BbgJVollzG, § 40 Absatz 1 BbgSVVollzG).

Nichtrückkehr liegt vor, wenn in einer Lockerung, einer Ausantwortung oder einer Strafunterbrechung befindliche Gefangene bis zum Ablauf des Tages, der auf das Ende dieses von Justizvollzugsbediensteten nicht beaufsichtigten Aufenthalts außerhalb der Anstalt folgt, nicht zurückkehren oder vor diesem Zeitpunkt festgenommen werden.

Überhaft ist die Vormerkung einer Freiheitsentziehung, die sich an den laufenden Vollzug anschließen soll.

Überstellung ist die befristete Überführung von Gefangenen in eine andere Anstalt.

Übertritt liegt vor, wenn eine Freiheitsentziehung beendet ist, jedoch im Anschluss daran eine weitere Freiheitsentziehung in der Anstalt – auch nur vorübergehend – vollzogen wird.

Untergebrachte sind alle Personen, die sich im amtlichen Gewahrsam einer Einrichtung für die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung befinden oder nach § 14 Absatz 2 BbgSVVollzG ausnahmsweise in eine Justizvollzugsanstalt verlegt worden sind.

Verlegung ist die unbefristete, auf Dauer angelegte Überführung von Gefangenen in eine andere Anstalt.

Vollzugsdauer ist die Zeit, die Straf- und Jugendstrafgefangene sowie Untergebrachte gemäß der Strafzeitberechnung im Vollzug der aktuell vollstreckten Freiheits- oder Jugendstrafe oder Maßregel zuzubringen haben. Gesamtvollzugsdauer ist die Summe aller unmittelbar aneinander anschließenden Zeiten (einschließlich Untersuchungshaft), die Straf- und Jugendstrafgefangene sowie Untergebrachte im Vollzug zugebracht haben und bis zum Strafende nach der Strafzeitberechnung noch zuzubringen haben.

Vollzugsuntauglichkeit liegt vor, wenn Gefangene so erkrankt sind, dass sie

  1. weder in einer Anstalt
  2. noch in einem Anstaltskrankenhaus
  3. noch durch eine vorübergehende Verbringung in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzuges
  4. noch durch eine ambulante Behandlung außerhalb des Vollzuges

in der erforderlichen Weise behandelt werden können.

Vorläufige Aufnahme ist der Zeitpunkt, in dem eine Person vor ihrer Aufnahme in den Gewahrsam einer Anstalt genommen wird.

Vorübergehende Abwesenheit ist jeder Zeitraum, während dessen Gefangene sich nicht im umwehrten Anstaltsbereich befinden.

Zivilhaft ist der Vollzug einer gerichtlich angeordneten Ordnungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft sowie Sicherungshaft nach §§ 918, 933 ZPO und Haft nach § 98 Absatz 2 der Insolvenzordnung.

Zugang ist, wer

  1. sich zum Vollzug stellt,
  2. zugeführt wird,
  3. nach vorübergehender Abwesenheit, jedoch nicht vor Ablauf des Tages zurückkehrt,
  4. im Anschluss an eine Freiheitsentziehung zu weiterer Freiheitsentziehung in der Anstalt – auch nur vorübergehend – verbleibt (Übertritt) oder
  5. überstellt wird und nicht vor Ablauf des Tages die Anstalt verlässt.

3
Erledigung der Verwaltungsgeschäfte

(1) Die Verwaltungsgeschäfte können im manuellen oder im automatisierten Verfahren erledigt werden.

(2) Beim Einsatz von automatisierten Verfahren kann systembedingt von dieser Geschäftsordnung abgewichen werden; Verfahren und Inhalt sind gesondert festzulegen. Gleiches gilt, wenn Daten entsprechend den datenschutzrechtlichen Bestimmungen auf elektronischem Wege mit öffentlichen Stellen ausgetauscht werden.

(3) Soweit Schriftstücke mit einem Dienstsiegel zu versehen sind, kann dieses maschinell aufgedruckt werden. Bei Mitteilungen, die im automatisierten Verfahren erstellt werden, kann auf die Unterschrift und das Dienstsiegel verzichtet werden.

4
Auskünfte und Überlassung von Akten an Dritte

(1) Im Vollzug von Freiheitsentziehungen nach dem Brandenburgischen Justizvollzugsgesetz und dem Brandenburgischen Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz erfolgt die Erteilung von Auskünften über Gefangene an öffentliche und nicht-öffentliche Stellen sowie die Überlassung von Akten mit personenbezogenen Daten nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen dieser Gesetze.

(2) Im Vollzug der Zivilhaft erfolgt die Erteilung von Auskünften über Gefangene an öffentliche und nicht-öffentliche Stellen sowie die Überlassung von Akten mit personenbezogenen Daten nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes.

5
Geschäftsbehandlung

(1) Schriftstücke und Aktenvermerke dürfen nur aufgrund einer Sachverfügung, die mit Tagesangabe und leserlichem Namenszeichen zu versehen ist, zu den Akten genommen werden. Änderungen sind mit leserlichem Namenszeichen unter Angabe des Datums der Änderung zu bescheinigen. Für Eingaben in automatisierte Dateien, die zu den elektronisch geführten Bestandteilen der Akten gehören, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(2) Von ausgehenden Schreiben ist ein Doppel mit einer Sachverfügung zu den Akten zu nehmen. Bei Verwendung eines Vordrucks genügt eine Sachverfügung, die die Bezeichnung des Vordrucks und des Empfängers der Mitteilung enthält; Zusätze sind inhaltlich wiederzugeben.

(3) Sofern Schriftstücke von Gefangenen zu unterschreiben sind und diese die Unterschrift verweigern oder nicht leisten können, ist hierüber unter Angabe der Gründe ein Vermerk auf den Schriftstücken anzubringen.

(4) Im Schriftverkehr mit Angehörigen sowie mit engen Bezugspersonen, Arbeitgebern und Ausbildungsstätten der Gefangenen, entlassenen Gefangenen und deren Angehörigen sind Briefumschläge zu verwenden, die die Anstalt nicht als Absender erkennen lassen.

6
Fristen und Termine

Termine und Fristen sind zu erfassen und zu überwachen.

Zweiter Teil
Aufnahmeverfahren

Erster Abschnitt
Durchführung des Aufnahmeverfahrens

7
Grundsätze des Aufnahmeverfahrens

(1) Das Aufnahmeverfahren beginnt regelmäßig mit der Ingewahrsamnahme der betroffenen Person in der Anstalt (vorläufige Aufnahme). Es endet mit der Unterzeichnung der Aufnahmeverfügung gemäß Nummer 13 (Aufnahme). In Ausnahmefällen kann die Ingewahrsamnahme auch in einem Krankenhaus oder einem Gericht erfolgen. 

(2) Bereits zu Beginn des Aufnahmeverfahrens ist die Personengleichheit der vorläufig Aufgenommenen mit den nach den Unterlagen Aufzunehmenden anhand von Ausweisen oder auf andere geeignete Weise festzustellen. Ergibt sich, dass anstatt der aufzunehmenden Person eine andere sich gestellt hat oder zugeführt worden ist oder bestehen begründete Zweifel an der Personengleichheit, sind die Einweisungsbehörde, bei einer vorläufig festgenommenen oder aufgrund eines Haftbefehls oder einer Ausschreibung zur Festnahme ergriffenen Person das Gericht oder die Polizei, unverzüglich zu benachrichtigen. Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter ist unverzüglich zu unterrichten.

(3) Das Aufnahmeersuchen der Einweisungsbehörde ist – außer im Vollzug der Zivilhaft, wenn eine Ausfertigung des Haftbefehls vorliegt (Nummer 9 Absatz 1 Buchstabe c) – die urkundliche Grundlage für die Aufnahme. Es ist jede Person aufzunehmen, für die ein Aufnahmeersuchen vorliegt.

(4) Die Vollzugsgeschäftsstelle unterrichtet den medizinischen Dienst unverzüglich über jede – auch nur vorläufige – Aufnahme.

(5) Eine Vollzugsuntauglichkeit steht der Aufnahme nicht entgegen. Stellt die Ärztin oder der Arzt während der ärztlichen Untersuchung im Aufnahmeverfahren nach § 12 Absatz 3 BbgJVollzG, § 6 Absatz 3 BbgSVVollzG eine Vollzugsuntauglichkeit fest, so ist unter Beifügung der ärztlichen Stellungnahme unverzüglich die Entscheidung der Einweisungsbehörde herbeizuführen.

8
Anlagen zum Aufnahmeersuchen bei (Ersatz-)Freiheitsstrafe, Jugendstrafe und Sicherungsverwahrung

(1) Dem Aufnahmeersuchen sind als Anlagen beizufügen (§§ 31, 53 Absatz 2 Nummer 1 StVollstrO):

  1. eine vollständige Abschrift der zu vollstreckenden Entscheidung mit Ausnahme solcher Teile, die geheimhaltungsbedürftig sind,
  2. ein Auszug aus dem Bundeszentralregister, der nicht älter als sechs Monate ist,
  3. bei Aufnahme von Straf- und Jugendstrafgefangenen eine Übersicht über anhängige Ermittlungs- und Strafverfahren (Nummer 43 der Anordnung über die Mitteilungen in Strafsachen) und
  4. eine Abschrift des Gutachtens über den körperlichen oder geistigen Zustand der verurteilten Person (§ 31 Absatz 2 StVollstrO).

Fehlende Unterlagen sind unverzüglich nachzufordern.

(2) Läuft die im Aufnahmeersuchen angegebene Frist ab, ohne dass sich die verurteilte Person zum Strafantritt stellt, so ist die Einweisungsbehörde alsbald zu verständigen. Hat die verurteilte Person die Strafe einen Monat nach Ablauf der im Aufnahmeersuchen angegebenen Frist noch nicht angetreten, so ist das Aufnahmeersuchen der Einweisungsbehörde mit einem entsprechenden Vermerk zurückzusenden.

9
Vorläufige Aufnahme ohne Aufnahmeersuchen

(1) Ohne Aufnahmeersuchen ist eine Person vorläufig aufzunehmen,

  1. die sich unter Vorzeigen einer auf die Anstalt lautenden Ladung selbst stellt; die Ladung ist zu den Akten zu nehmen,
  2. die der Anstalt unter Übergabe der für den Einzelfall vorgeschriebenen Unterlagen zugeführt wird,
  3. die zum Vollzug von Zivilhaft zugeführt wird, wenn eine Ausfertigung des Haftbefehls vorliegt, und
  4. die vorläufig festgenommen worden ist, wenn eine schriftliche Verfügung des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft vorliegt.

(2) Ohne Aufnahmeersuchen darf eine Person vorläufig aufgenommen werden,

  1. die sich unter Vorzeigen einer auf eine andere Anstalt lautenden Ladung selbst stellt; die Ladung ist zu den Akten zu nehmen,
  2. die sich selbst stellt, ohne eine Ladung vorweisen zu können, wenn durch sofortige fernmündliche Rückfrage bei der zuständigen Behörde festgestellt werden kann, dass die Person dem Vollzug zuzuführen ist,
  3. die aufgrund eines Haftbefehls, eines Unterbringungsbefehls nach § 275a Absatz 6 StPO oder einer Ausschreibung zur Festnahme ergriffen worden ist, wenn die einliefernde Polizeidienststelle im Ausnahmefall im Wege der Amtshilfe den Grund der Festnahme schriftlich darlegt. Die Anstalts-leiterin oder der Anstaltsleiter ist unverzüglich zu verständigen; sie oder er stellt – außer in dem Fall eines Vollstreckungshaftbefehls nach § 457 Absatz 2 StPO – sicher, dass die ergriffene Person unverzüglich, spätestens am Tage nach der Ergreifung, dem Gericht vorgeführt wird.

(3) Auf die vorläufige Aufnahme ohne Aufnahmeersuchen sind die Bestimmungen über die Aufnahme nur anwendbar, wenn dies in dieser Geschäftsordnung ausdrücklich vorgesehen ist.

10
Verlegung bei Unzuständigkeit

(1) Ist die Anstalt nach dem Vollstreckungsplan für den Vollzug der Freiheitsentziehung nicht zuständig, werden die Gefangenen aufgenommen und – erforderlichenfalls im Benehmen mit der Einweisungsbehörde oder der zuständigen Anstalt – unverzüglich in die zuständige Anstalt verlegt.

(2) Ist die Anstalt für den Vollzug einer Freiheits- oder Jugendstrafe lediglich wegen der Vollzugsdauer oder des Alters der Verurteilten nicht zuständig und weicht eine dieser beiden Voraussetzungen, nach dem Tage der Aufnahme berechnet, um nicht mehr als zwei Wochen von den entsprechenden Bestimmungen des Vollstreckungsplans ab, so kann von einer Verlegung abgesehen werden.

11
Hilfsmaßnahmen im Aufnahmeverfahren

(1) Ergibt sich bei oder nach der – auch nur vorläufigen – Aufnahme die Notwendigkeit zu Sofortmaßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige (§ 11 Absatz 1 Nummer 1 StGB), so sind die zuständigen Bediensteten hiervon in Kenntnis zu setzen. Diese benachrichtigen unverzüglich die zuständige Verwaltungsbehörde des Ortes, an dem sich die hilfsbedürftigen Angehörigen aufhalten. Die Anstalt unterrichtet die Gefangenen unverzüglich über diese Mitteilung und über von der Verwaltungsbehörde veranlasste Maßnahmen.

(2) Ist Habe Gefangener außerhalb der Anstalt sicherzustellen, so sind die zuständigen Bediensteten hiervon zu unterrichten.

(3) Kann ein noch nicht drei Jahre altes Kind mit Zustimmung der oder des Aufenthaltsbestimmungsberechtigten gemeinsam mit seiner Mutter oder seinem Vater in einer Eltern-Kind-Abteilung einer Anstalt untergebracht werden, ist vor der Unterbringung das Jugendamt zu hören (§ 21 Absatz 1 Satz 2 BbgJVollzG). Erforderlichenfalls ist die Zustimmung der oder des Aufenthaltsbestimmungsberechtigten einzuholen. Die oder der für das Kind Unterhaltspflichtige ist über die Pflicht zur Übernahme der Kosten (§ 21 Absatz 2 Satz 1 BbgJVollzG) zu unterrichten.

(4) Ist die Unterbringung des Kindes in der Anstalt nicht zulässig oder nicht möglich, so ist das Jugendamt am Sitz der Anstalt aufzufordern, sich des Kindes anzunehmen.

12
Aufnahmeverhandlung, Personal- und Vollstreckungsblatt

(1) In einer Aufnahmeverhandlung sind die Voraussetzungen für die Aufnahme Gefangener zu prüfen. Es werden personenbezogene Daten der Gefangenen verarbeitet, soweit deren Kenntnis für vollzugliche Zwecke (§ 122 Absatz 1 BbgJVollzG, § 107 Absatz 1 BbgSVVollzG) erforderlich ist.

(2) Die Gefangenen sind darauf hinzuweisen, dass die Aufnahme in einer öffentlichen Urkunde festgestellt wird und dass sie sich einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzen, wenn sie zur Täuschung im Rechtsverkehr unrichtige Angaben über ihre Person machen. Sie sind darauf hinzuweisen, dass die Beantwortung der Frage nach dem religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnis freiwillig ist.

(3) Über die Aufnahmeverhandlung ist eine Niederschrift anzufertigen.

(4) Die über die Gefangenen erhobenen Daten werden im Personal- und Vollstreckungsblatt festgehalten. Die Anzahl der Vorstrafen bzw. früheren Maßregeln ist nach Eingang der Auskunft aus dem Bundeszentralregister zu überprüfen und erforderlichenfalls zu berichtigen.

(5) In der Aufnahmeverhandlung unterrichtet die Vollzugsgeschäftsstelle die Straf- und Jugendstrafgefangenen über die in § 24 Absatz 2 StVollstrO vorgesehenen Möglichkeiten der Beantragung einer Verlegung in die für den Wohnort zuständige Anstalt.

(6) Bei Gefangenen, die aus dem Ausland zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Strafvollstreckung nach Deutschland ausgeliefert worden sind (Nummer 100 der Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten), ist der Vermerk „Festnahme im Ausland, Grundsatz der Spezialität beachten“ bei den Gefangenendaten zu speichern und auf dem Personal- und Vollstreckungsblatt anzubringen. Haben Gefangene gegenüber der Staatsanwaltschaft auf den Grundsatz der Spezialität verzichtet und liegt der Anstalt eine entsprechende Mitteilung vor, ist stattdessen der Vermerk „Festnahme im Ausland, auf den Grundsatz der Spezialität verzichtet“ anzubringen.

13
Entscheidung über die Aufnahme

Die Entscheidung über die Aufnahme von Gefangenen ist schriftlich zu verfügen. Die Aufnahmeverfügung wirkt unabhängig davon, wann sie ergeht, auf den Zeitpunkt der Ingewahrsamnahme zurück.

14
Unterrichtung der Gefangenen

Bei der Erstaufnahme sind die Gefangenen über die Auswirkungen der Freiheitsentziehung auf die Sozialversicherung und die Arbeitslosenversicherung zu unterrichten. Sie werden nach §§ 5 und 7 BbgPJMDSG in allgemeiner und verständlicher Form über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten, insbesondere über die Zwecke der Verarbeitung, ihre Rechte sowie die Erreichbarkeit der behördlichen und der Landesdatenschutzbeauftragten, unterrichtet.

15
Erkennungsdienstliche Maßnahmen

(1) Bei der Erstaufnahme – erforderlichenfalls bereits bei einer vorläufigen Aufnahme – ist die Person mit ihrer Kenntnis zu beschreiben und sind von ihr Lichtbilder aufzunehmen. Für die Beschreibung der Person ist der Krankenpflegedienst, für die Anfertigung der Lichtbilder sind die Bediensteten der Kammer zuständig. Die Personenbeschreibung ist zu aktualisieren, wenn sich äußerliche körperliche Merkmale entscheidend verändert haben oder neue hinzugekommen sind.

(2) Lichtbilder und weitere erkennungsdienstliche Unterlagen sind zu den Akten zu nehmen und in personenbezogenen Dateien zu speichern.

(3) Der Tag der Lichtbildaufnahme ist im IT-Fachverfahren zu vermerken. Die Lichtbilder sind nach Ablauf von jeweils drei Jahren zu erneuern. Hat sich das Aussehen der Gefangenen entscheidend verändert, so sind ebenfalls neue Lichtbilder anzufertigen. In diesen Fällen beginnt die Frist des Satzes 2 von Neuem. Früher angefertigte Lichtbilder sind aufzubewahren.

16
Berechnung der Straf- und Unterbringungszeit

(1) Die vorläufige Berechnung der Strafzeit erfolgt anhand der Bestimmungen der Strafvollstreckungsordnung. Zu der Berechnung der Strafzeit gehört auch die Errechnung der Zeitpunkte, zu denen die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt werden kann, und zwar

  1. bei zeitigen Freiheitsstrafen nach § 57 StGB,
  2. bei lebenslangen Freiheitsstrafen nach § 57a Absatz 1 StGB,
  3. bei einer Jugendstrafe von mehr als einem Jahr nach § 88 Absatz 2 Satz 2 JGG,
  4. bei der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach §§ 67d Absatz 3, 67e Absatz 2 StGB, § 53 Absatz 4 StVollstrO.

(2) Den Straf- und Jugendstrafgefangenen ist die vorläufige Berechnung der Strafzeit in der Aufnahmeverhandlung oder später gegen Unterschrift bekannt zu geben. Ihnen ist zu eröffnen, dass die Vollstreckungsbehörde für die endgültige Berechnung der Strafzeit zuständig ist und sie über Abweichungen der endgültigen von der vorläufigen Strafzeitberechnung unterrichtet werden. Jede Änderung der Strafzeitberechnung ist den Straf- und Jugendstrafgefangenen gegen Unterschrift mitzuteilen.

(3) Die Straf- und Jugendstrafgefangenen sind darauf hinzuweisen, dass sie die Strafzeitberechnung nach § 458 StPO gerichtlich überprüfen lassen können.

(4) Die beiden Stücke des Aufnahmeersuchens sind hinsichtlich der Strafzeitberechnung zu ergänzen.

(5) Umstände, die zu einer Änderung der Strafzeitberechnung führen könnten, sind der Vollstreckungsbehörde mitzuteilen.

17
Anforderung und Rücksendung von Unterlagen aus dem Vollzug vorangegangener Freiheitsentziehungen

Die Anforderung und Rücksendung von für die Durchführung des Diagnoseverfahrens erforderlichen Unterlagen (Akten, Gutachten, etc.) aus dem Vollzug vorangegangener Freiheitsentziehungen (§ 13 Absatz 3 Satz 2 BbgJVollzG, § 7 Absatz 3 BbgSVVollzG) erfolgt durch die Vollzugsgeschäftsstelle.

Zweiter Abschnitt
Mitteilungen

18
Mitteilung der Aufnahme an die Einweisungsbehörde, Anforderung fehlender Unterlagen

(1) Die Aufnahme von Gefangenen ist der Einweisungsbehörde nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 mitzuteilen. Sofern ein Aufnahmeersuchen nicht vorliegt und die Anstalt zuständig ist, ist die vorläufige Aufnahme der Einweisungsbehörde mit dem Vermerk „Aufnahmeersuchen dringend erbeten!“ mitzuteilen.

(2) Ist die Anstalt für den Vollzug der Freiheitsentziehung zuständig, so erfolgt die Mitteilung durch Rücksendung eines der beiden Stücke des ergänzten Aufnahmeersuchens (Nummer 16 Absatz 4). Eine Strafzeitberechnung und erforderlichenfalls eine Bescheinigung über die Aushändigung einer Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift eines öffentlich zugestellten Beschlusses über

  1. den Widerruf der Aussetzung der Strafe,
  2. den Widerruf der Aussetzung des Strafrestes,
  3. den Widerruf der Aussetzung der Unterbringung,
  4. den Widerruf des Straferlasses oder
  5. die nach § 67c Absatz 2 StGB angeordnete Vollstreckung der Unterbringung

sind beizufügen.

(3) Die Aufnahme von Jugendstrafgefangenen ist unter Beifügung eines der beiden Stücke des ergänzten Aufnahmeersuchens

  1. der Einweisungsbehörde und
  2. nach Übergang der Vollstreckung nach § 85 Absatz 2 oder 3 JGG der neuen Vollstreckungsleiterin oder dem neuen Vollstreckungsleiter als Einweisungsbehörde

mitzuteilen. Der Mitteilung zu b) sind zusätzlich zwei der mit dem Aufnahmeersuchen übersandten Urteilsabschriften beizufügen.

(4) Der Einweisungsbehörde ist mitzuteilen, wenn Gefangene aus dem Ausland zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Strafvollstreckung nach Deutschland ausgeliefert worden sind.

(5) Liegt dem Aufnahmeersuchen bei Untersuchungshaft, bei einstweiliger Unterbringung nach § 275a StPO und bei Sicherungshaft nach § 453c StPO eine Abschrift des Haftbefehls oder des Unterbringungsbefehls nicht bei, so ist sie in der Aufnahmemitteilung umgehend anzufordern.

19
Mitteilung an die Einweisungsbehörde bei Verlegung wegen Unzuständigkeit

Ist die Anstalt für den Vollzug der Freiheitsentziehung unzuständig und die Verlegung in die zuständige Anstalt veranlasst, ist an die Einweisungsbehörde unverzüglich eine Mitteilung mit dem Zusatz „Für den Vollzug der Freiheitsentziehung unzuständig! Verlegung in die zuständige JVA ... ist veranlasst!“ zu übermitteln. Der Grund für die Unzuständigkeit ist mitzuteilen.

20
Unterrichtung ausländischer konsularischer Vertretungen, Belehrung der Straf- und Jugendstrafgefangenen, Untergebrachten und Personen in Zivilhaft

(1) Ausländische Straf- und Jugendstrafgefangene, Untergebrachte und Personen im Vollzug der Zivilhaft sind bei der – auch vorläufigen – Aufnahme bzw. beim Übertritt aus der Untersuchungshaft darüber zu belehren, dass sie die Unterrichtung ihrer konsularischen Vertretung verlangen können. Verlangen sie dies, so hat die entsprechende Unterrichtung unverzüglich zu erfolgen (Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe b des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen).

(2) Sind Straf- und Jugendstrafgefangene, Untergebrachte oder Personen im Vollzug der Zivilhaft Angehörige eines Staates, bei dem die Unterrichtung auch ohne oder gegen ihren Willen zu erfolgen hat (Nummer 135 Absatz 2 der Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten), sind sie auch hierüber zu belehren. Die Unterrichtung der konsularischen Vertretung ist unverzüglich vorzunehmen.

(3) Im Vollzug der Untersuchungshaft ist das Aufnahmeersuchen daraufhin zu überprüfen, ob die Belehrung erfolgt und die konsularische Vertretung unterrichtet worden ist. Erforderlichenfalls ist dies nachzuholen.

21
Mitteilung der Aufnahme an die Polizeidienststelle, die Ausländerbehörde, das Jugendamt und die Personensorgeberechtigten

Mitzuteilen sind

    1. der Polizeidienststelle die Aufnahme von Gefangenen zum Vollzug einer Freiheitsentziehung mit Ausnahme des Vollzuges von Zivilhaft,
    2. nach § 74 Absatz 2 AufenthV in Verbindung mit § 99 Absatz 1 Nummer 14 Buchstabe e AufenthG der für den Sitz der Anstalt zuständigen Ausländerbehörde die Erstaufnahme von Ausländern zum Vollzug von Auslieferungshaft, Untersuchungshaft, Freiheitsstrafe und Jugendstrafe,
    3. nach § 12 Absatz 6 BbgJVollzG dem Jugendamt die Aufnahme von jungen Gefangenen (§ 1 Absatz 5 BbgJVollzG) zum Vollzug einer Freiheitsentziehung; dem Jugendamt ist auch eine Änderung der Strafzeit mitzuteilen, wenn das neue Strafende vor der Vollendung des 21. Lebensjahres liegt. Bei jungen Gefangenen ist in der Mitteilung um Übersendung eines Ermittlungsberichtes der Jugendgerichtshilfe (§ 13 Absatz 3 Satz 2 BbgJVollzG) zu bitten,
    4. nach § 12 Absatz 6 BbgJVollzG den Personensorgeberechtigten die Aufnahme von Minderjährigen.

22
Mitteilung der Aufnahme an die Meldebehörde

(1) Die Aufnahme von Gefangenen zum Vollzug einer Freiheitsentziehung ist nach § 27 Absatz 4 Satz 1 und 2 des Bundesmeldegesetzes (BMG) innerhalb von zwei Wochen der Meldebehörde mitzuteilen, wenn die Gefangenen nach ihren Angaben oder aufgrund der vorliegenden Unterlagen

  1. nicht für eine Wohnung im Inland gemeldet sind und der Aufenthalt in der Anstalt drei Monate übersteigt (§ 27 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 BMG),
  2. für eine Wohnung im Inland gemeldet sind und der Aufenthalt in der Anstalt zwölf Monate übersteigt (§ 27 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 BMG).

Übersteigt der Aufenthalt in der Anstalt bei der Aufnahme voraussichtlich nicht drei oder zwölf Monate oder ist die Dauer der Freiheitsentziehung bei Aufnahme, wie beispielsweise beim Vollzug der Untersuchungshaft, nicht bekannt, tritt eine Mitteilungspflicht erst dann ein, wenn durch sich anschließende oder fortdauernde Freiheitsentziehung die Dauer von drei oder zwölf Monaten überschritten wird; die Mitteilung hat sodann innerhalb von zwei Wochen zu erfolgen.

(2) Die in der Mitteilung an die Meldebehörde vorgesehenen Daten sind insoweit zu übermitteln als sie der Anstalt bekannt sind. Der Meldebehörde sind der Familienname, die Vornamen, das Geburtsdatum und die letzte bekannte Anschrift der Gefangenen sowie die Anschrift der Justizvollzugsanstalt zu übermitteln. Zum Zwecke der Erfüllung der Meldepflicht werden Daten nicht gesondert erhoben.

(3) Die Gefangenen sind über die Mitteilung an die Meldebehörde zu unterrichten (§ 27 Absatz 4 Satz 2 BMG).

23
Anregung einer Überstellung zur weiteren Vollstreckung in den Heimatstaat

(1) Beträgt die Strafzeit ausländischer Straf- oder Jugendstrafgefangener noch mehr als ein Jahr und haben sie ihren Lebensmittelpunkt im Heimatstaat, so regt die Anstalt bei der Rechtshilfeabteilung der zuständigen Einweisungsbehörde die Prüfung der Voraussetzungen einer Überstellung zur weiteren Strafvollstreckung im Heimatstaat und für diesen Fall ein entsprechendes Ersuchen an.

(2) Sind Straf- oder Jugendstrafgefangene für eine Wohnung im Heimatstaat gemeldet, so ist davon auszugehen, dass diese Wohnung ihr Lebensmittelpunkt ist.

24
Bezug von Sozialleistungen

Erhält die Anstalt davon Kenntnis, dass Gefangene von öffentlichen Stellen Leistungen beziehen oder bei öffentlichen Stellen Leistungen beantragt haben, die für die Dauer des Vollzuges entfallen oder sich mindern, hat sie die Gefangenen aufzufordern, die Leistungsträger unverzüglich darüber zu unterrichten, dass und seit wann sie sich im Vollzug befinden. Die Gefangenen erhalten Gelegenheit, die Erfüllung ihrer Unterrichtungspflicht nachzuweisen. Erbringen die Gefangenen diesen Nachweis nicht unverzüglich, erfolgt die Unterrichtung der Leistungsträger durch die Anstalt. Den Gefangenen ist eine Abschrift der Mitteilung unter Hinweis auf § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I) auszuhändigen.

Dritter Abschnitt
Besonderheiten

25
Abwendung des Vollzuges durch Zahlung eines Geldbetrages

(1) Will eine zu einer Geldstrafe verurteilte Person den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe durch Zahlung eines Geldbetrages abwenden, ist ihr dazu unverzüglich Gelegenheit zu geben. Führt die Zahlung nicht zur Entlassung, da zum Beispiel Überhaft notiert ist oder die Geldstrafe nur teilweise gezahlt wird, kann die Person auf die Geschäftszeiten der Vollzugsgeschäftsstellen verwiesen werden.

(2) Im Vollzug der Zivilhaft, die die Vollstreckung von Erzwingungshaft nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (§ 87 StVollstrO) zum Gegenstand hat, oder der gerichtlich erkannten Ordnungs- oder Zwangshaft, die anstelle eines uneinbringlichen Ordnungs- oder Zwangsgeldes vollstreckt wird, gilt Absatz 1 entsprechend.

26
Auslieferungshaft, Durchlieferungshaft

Die Aufnahme zur Haft im Auslieferungs- oder Durchlieferungsverfahren setzt ein Ersuchen des Gerichts oder der Generalstaatsanwaltschaft voraus. Nummer 9 Absatz 1 Buchstabe d und Absatz 2 Buchstabe c findet entsprechende Anwendung.

27
Mehrere Freiheitsentziehungen

(1) Schließt sich an eine Freiheitsentziehung eine weitere an, so sind mit dem Ende des laufenden Vollzuges die Gefangenen für die neue Freiheitsentziehung aufgenommen. Die nach den Absätzen 2, 3 und 5 getroffenen Maßnahmen sind zu dokumentieren.

(2) Ist eine Freiheitsstrafe, Jugendstrafe oder Sicherungsverwahrung in Unterbrechung einer Untersuchungshaft zu vollziehen, so sind Gefangene mit Beginn der Strafzeit und Untergebrachte mit Beginn der Unterbringung zum Vollzug der entsprechenden Freiheitsentziehung aufgenommen; mit dem Ende der Strafzeit oder Unterbringung gelten Gefangene und Untergebrachte als wieder zur Untersuchungshaft aufgenommen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Dem Gericht, das die Untersuchungshaft ver-hängt hat, und der Staatsanwaltschaft, in deren Verfahren sie angeordnet wurde, ist ein Vollstreckungsblatt mit aktualisierter Strafzeitberechnung zu übersenden.

(3) Ist Untersuchungshaft, eine Freiheitsstrafe oder eine Jugendstrafe in Unterbrechung des Vollzuges einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe oder Sicherungsverwahrung zu vollziehen, so ist Absatz 2 sinngemäß anzuwenden.

(4) Nummer 7 Absatz 2 und Nummer 12 Absatz 2, 3, 5, 6 sowie Nummer 21 Buchstabe a, c und d sind nicht anzuwenden.

(5) Die Gefangenen sind jeweils von der neuen Situation gegen Unterschrift in Kenntnis zu setzen. Nummer 16 Absatz 2, Nummer 33 Absatz 3 und § 24 Absatz 2 StVollstrO bleiben unbe-
rührt.

28
Überstellung, Durchgangshaft

(1) Bei Überstellungen und Durchgangshaft tritt an die Stelle des Aufnahmeersuchens der Transportschein (Nummer 8 Absatz 2 der Gefangenentransportvorschrift) mit dem Personal- und Vollstreckungsblatt.

(2) Für Überstellungen gelten von den Bestimmungen des ersten und zweiten Abschnitts des zweiten Teils nur die Nummer 12 Absatz 1 und Nummer 13, und nur dann, wenn absehbar ist, dass eine Rückkehr in die Stammanstalt nicht am selben Tag erfolgt. Auf Durchgangshaft finden die Bestimmungen dieses Abschnitts keine Anwendung.

Dritter Teil
Verwaltungsgeschäfte im Laufe des Vollzuges

29
Korrektur unrichtig gewordener Daten

Sind in den nach den Nummern 18, 20 bis 23 übermittelten Daten von Gefangenen Änderungen eingetreten, so sind diese nach §§ 14 Absatz 1 Satz 1, 13 Absatz 4 BbgPJMDSG mitzuteilen.

30
Nachweise über Besuche

(1) Besuche sind im IT-Fachverfahren nachzuweisen. Nach Verlegung oder Entlassung der Gefangenen ist ein Ausdruck des Nachweises zu den Akten zu nehmen.

(2) Erledigte Besuchserlaubnisse des Gerichts nach § 119 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 StPO sowie Einzelsprechscheine sind zu den Gefangenenpersonalakten zu nehmen.

31
Übersendung von im Vollzug der Untersuchungshaft ein- und ausgehenden Schreiben an Gericht und Staatsanwaltschaft

Soweit der Schriftwechsel Untersuchungsgefangener von dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft überwacht wird, sind ein- und ausgehende Schreiben unter Verwendung eines Begleitumschlags unverzüglich dorthin zu übersenden. Begleitumschläge zu eingehenden Schreiben sind zu den Akten zu nehmen, soweit sich auf diesen Verfügungen über Einlagen oder sonstige Vermerke oder Verfügungen befinden, deren Inhalt für den Vollzug der Freiheitsentziehung von Bedeutung ist und daher eine Auf-bewahrung in den Akten erfordert.

32
Rück- und Nachsenden von Post

(1) Postsendungen, die für entlassene, verlegte und überstellte Gefangene eingehen, sind nachzusenden. Bei Überstellungen ist deren Dauer zu berücksichtigen. Ist die Entlassungsanschrift nicht bekannt oder nicht mehr aktuell, ist die Sendung an den Postdienst zurückzugeben.

(2) Bei der Nachsendung von Post an Entlassene hat die Anstalt dafür Sorge zu tragen, dass die Sendung keinen Hinweis auf die vormalige Freiheitsentziehung enthält. Bei Bedarf ist ein Deckumschlag zu verwenden.

33
Überhaft

(1) Auf ein Ersuchen, im Anschluss an den laufenden Vollzug eine weitere Freiheitsentziehung zu vollziehen, ist Überhaft im Personal- und Vollstreckungsblatt und in der Fristenkontrolle (Nummer 6) zu vermerken. Der Überhaftvermerk ist zu löschen, wenn das Ersuchen zurückgenommen wird.

(2) Die Vormerkung und Löschung einer Überhaft sind unter Beifügung eines Vollstreckungsblattes der ersuchenden Behörde, der für die laufende Freiheitsentziehung zuständigen Einweisungsbehörde, wenn weitere Überhaftersuchen vorliegen, auch den hierfür zuständigen Behörden und – bei ausländischen Gefangenen – der zuständigen Ausländerbehörde sowie – wenn die Aufnahme nach Nummer 21 mitgeteilt wurde – dem zuständigen Jugendamt anzuzeigen. In der Mitteilung über die Vormerkung einer Überhaft an die ersuchende Behörde sind alle vorliegenden Aufnahme- und Überhaftersuchen unter Beifügung eines Vollstreckungsblattes anzugeben. Eine Mitteilung an die ersuchende Behörde unterbleibt, wenn bereits eine diesbezügliche Aufnahmemitteilung ergangen ist.

(3) Bei Gefangenen, die aus dem Ausland zum Zweck der Strafverfolgung, der Strafvollstreckung oder der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach Deutschland ausgeliefert worden sind, ist bei den Mitteilungen nach Absatz 2 jeweils der Vermerk „Festnahme im Ausland, Grundsatz der Spezialität beachten“ bei dem Verfahren, für das die Auslieferung bewilligt wurde, anzubringen. Haben Gefangene gegenüber der Staatsanwaltschaft auf den Grundsatz der Spezialität verzichtet und liegt der Anstalt eine entsprechende Mitteilung vor, ist stattdessen der Vermerk „Festnahme im Ausland, auf den Grundsatz der Spezialität verzichtet“ anzubringen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Mitteilungen an die Ausländerbehörde und das Jugendamt.

(4) Den Gefangenen ist die Vormerkung oder Löschung einer Überhaft schriftlich bekannt zu geben; sie haben die Kenntnisnahme schriftlich zu bestätigen.

34
Vorführung oder Ausführung zu einem Gerichtstermin

(1) Werden Gefangene zu einem Gerichtstermin aus- oder vorgeführt, ist den begleitenden Bediensteten eine Mitteilung, auch über Auffälligkeiten der Gefangenen, mitzugeben. Werden nach Erstellung der Mitteilung nach Satz 1 Auffälligkeiten oder eine Änderung der Haftzeit bekannt, ist das Gericht unverzüglich zu unterrichten. Im Falle einer Hauptverhandlung oder Haftprüfung ist auf eine sofortige schriftliche Mitteilung über deren Ergebnis zu dringen.

(2) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter stellt sicher, dass den zuständigen Bediensteten Mitteilungen des Gerichts über Verlauf und Ergebnis des Termins unmittelbar zur Kenntnis gegeben werden.

35
Überstellung

(1) Bei der Überstellung von Gefangenen erhält die aufnehmende Anstalt eine Ausfertigung des Transportscheins sowie des Personal- und Vollstreckungsblattes. Eine länger als zwei Wochen andauernde Überstellung zur Teilnahme an einer Maßnahme (z. B. schulische oder berufliche Qualifizierung, Moti-vierung, Erprobung) ist wie eine Verlegung zu behandeln.

(2) Werden nach Erstellung der Unterlagen nach Absatz 1 Satz 1 Umstände bekannt, die in diesen Unterlagen aufzuführen wären, sind diese unverzüglich den beteiligten Anstalten mitzuteilen, soweit sie dort zur Aufgabenerfüllung erforderlich sind.

(3) Werden Gefangene während der Überstellung entlassen oder erfolgt aus sonstigen Gründen keine Rückführung in die Stammanstalt, erhält diese von der Anstalt, in die die Gefangenen überstellt worden sind, eine entsprechende Mitteilung.

(4) Vor einer Überstellung Untersuchungsgefangener aus wichtigem Grund nach § 24 Absatz 1 Satz 2 BbgJVollzG ist dem Gericht und der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (§ 24 Absatz 4 Satz 1 BbgJVollzG). Überstellung und Rückkehr sind der Einweisungsbehörde mitzuteilen.

36
Verlegung

(1) Vor einer Verlegung Untersuchungsgefangener aus den Gründen des § 24 Absatz 1 BbgJVollzG oder des § 87 Satz 1 BbgJVollzG ist dem Gericht und der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (§§ 24 Absatz 4 Satz 1, 87 Satz 2 BbgJVollzG).

(2) Die Verlegung von Gefangenen ist der Einweisungsbehörde unter Angabe der Gründe unverzüglich mitzuteilen (§ 35 Absatz 1 Nummer 5 StVollstrO). Der Ausländerbehörde, der Polizeidienststelle und dem Jugendamt ist die Verlegung von Gefangenen anzuzeigen, wenn ihnen die Aufnahme nach Nummer 21 mitzuteilen war.

(3) Die Personensorgeberechtigten werden von der Verlegung minderjähriger Gefangener unverzüglich unterrichtet (§ 24 Absatz 5 BbgJVollzG).

(4) Im Fall einer länderübergreifenden Verlegung ist dem aufnehmenden Land mit dem Verlegungsantrag eine Übersicht über die monetären Ansprüche der Straf- und Jugendstrafgefangenen zuzuleiten.

37
Verbringen in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzuges

(1) Vor einer Verbringung Untersuchungsgefangener in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzuges ist dem Gericht und der Staatsanwaltschaft nach Möglichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (§ 75 Absatz 1 Satz 3 BbgJVollzG).

(2) Werden Gefangene in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzuges verbracht, so ist dieses darauf hinzuweisen, dass, wenn die Vollstreckung der Strafe oder Maßregel während der Behandlung unterbrochen oder beendet wird oder Untersuchungsgefangene während der Behandlung aus der Haft entlassen werden, das Land nur die Kosten derjenigen Leistungen trägt, die bis zur Unterbrechung oder Beendigung der Vollstreckung oder bis zur Entlassung erbracht sind.

(3) Bei Straf- und Jugendstrafgefangenen sowie Untergebrachten ist dem Krankenhaus der Entlassungszeitpunkt, sofern er voraussichtlich in die Zeit des Krankenhausaufenthaltes fällt, unverzüglich mitzuteilen.

(4) Die Verbringung und die Rückkehr sind der Einweisungsbehörde, bei Untersuchungsgefangenen auch der Staatsanwaltschaft und bei jungen Gefangenen zudem den Personensorgeberechtigten und dem Jugendamt (§ 75 Absatz 1 Satz 2 BbgJVollzG) mitzuteilen.

(5) Ist anzunehmen, dass die Einweisungsbehörde die Vollstreckung unterbrechen oder den Haftbefehl aufheben oder außer Vollzug setzen wird, so ist ihre Entschließung möglichst herbeizuführen, bevor Gefangene in das Krankenhaus verbracht werden.

(6) Das Verbringen von Untersuchungsgefangenen in ein psychiatrisches Krankenhaus zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand (§ 81 StPO) und die spätere Rückkehr sind der Einweisungsbehörde anzuzeigen.

38
Lockerungen des Vollzuges, Unterbrechung der Strafvollstreckung

(1) Über Lockerungen des Vollzuges oder eine Unterbrechung der Strafvollstreckung wird eine Bescheinigung ausgestellt. Im offenen Vollzug können anstelle der Bescheinigung nach Satz 1 auch Gefangenenausweise ausgestellt werden.

(2) Soweit nicht um Mitteilung einzelner Langzeitausgänge, Ausgänge und Freigänge ersucht wird, sind zumindest die Zulassung zu Lockerungen und deren Widerruf der für die Anstalt zuständigen Polizeidienststelle unverzüglich mitzuteilen. Hat die Polizei um Mitteilung einzelner Langzeitausgänge, Aus-gänge oder Freigänge ersucht, erfolgt die Mitteilung auch an die Polizeidienststelle des von den Gefangenen angegebenen Aufenthaltsortes.

(3) Eine Strafunterbrechung ist unverzüglich der für die Anstalt zuständigen Polizeidienststelle sowie der Einweisungsbehörde mitzuteilen. Bei Jugendstrafgefangenen erfolgt die Mitteilung der Strafunterbrechung auch an das zuständige Jugendamt, bei Minderjährigen zudem an die Personensorgeberechtigten.

39
Entweichung, sonstiger unberechtigter Aufenthalt außerhalb der Anstalt

(1) Entweichen Gefangene, so ist – ohne das Ergebnis einer Verfolgung abzuwarten – sofort die zuständige Polizeidienststelle in geeigneter Weise um Fahndung zu bitten. Dabei sind insbesondere mitzuteilen:

  1. Personalien und Personenbeschreibung,
  2. Wohnort, letzter Aufenthaltsort,
  3. Anschriften der nächsten Angehörigen und von Personen, zu denen enge Beziehungen bestehen,
  4. Angaben über Tat und Urteil oder Tatverdacht,
  5. Ort und Zeitpunkt der Entweichung,
  6. sonstige sachdienliche Hinweise.

Dem Ersuchen ist das aktuelle Lichtbild der entwichenen Person beizufügen.

(2) Die Entweichung ist unter Angabe des Zeitpunktes und der zur Wiederergreifung getroffenen Maßnahmen unverzüglich der Einweisungsbehörde anzuzeigen. Die Anzeige hat per Telefax oder in sonst geeigneter Weise mit dem Zusatz „Sofort vorlegen!“ zu erfolgen. War die Aufnahme der entwichenen Person nach Nummer 21 der Polizeidienststelle, der Ausländerbehörde oder dem Jugendamt mitzuteilen, so sind diese Behörden auch über die Entweichung zu informieren. Die Entweichung Minderjähriger ist zudem den Personensorgeberechtigten mitzuteilen.

(3) Halten Gefangene sich außer im Fall der Entweichung unberechtigt außerhalb der Anstalt auf (z. B. nicht rechtzeitige Rückkehr aus Lockerungen oder aus einer Strafunterbrechung), so entscheidet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter unverzüglich über Art und Umfang der zu ergreifenden Maßnahmen und über eine Unterrichtung der in Absatz 2 genannten Behörden und Personensorgeberechtigten. Soll eine Unterrichtung erfolgen, so ist unverzüglich entsprechend Absatz 2 Satz 1 und 2 zu verfahren.

(4) Eine Rückkehr oder Wiederergreifung ist den in Absatz 1 bis 3 genannten Behörden und Personensorgeberechtigten, soweit diesen die Entweichung oder Nichtrückkehr mitgeteilt worden war, unter Angabe des Zeitpunkts sowie der Dauer der Abwesenheit anzuzeigen.

40
Mitteilungen bei Geburten

(1) Die Geburt des Kindes einer Gefangenen in der Anstalt ist dem Standesamt nach § 20 Satz 2 in Verbindung mit § 18 Absatz 1 Nummer 2 des Personenstandsgesetzes (PStG) binnen einer Woche schriftlich anzuzeigen.

(2) Die Anstalt hat bereits vor der Geburt des Kindes einer Gefangenen dafür Sorge zu tragen, dass nach der Geburt entweder eine Strafunterbrechung erfolgt, Mutter und Kind in einer Eltern-Kind-Einrichtung aufgenommen werden oder die Unterbringung des Kindes außerhalb des Vollzuges sichergestellt ist.

41
Mitteilungen bei Todesfällen und schweren Erkrankungen

(1) Der Tod von Gefangenen ist dem Standesamt nach § 30 Absatz 1 in Verbindung mit § 28 Absatz 1 Nummer 2 PStG spätestens am dritten auf den Tod folgenden Werktag schriftlich anzuzeigen.

(2) Der Tod von Gefangenen ist der Einweisungsbehörde mitzuteilen (VV Nummer 1 Absatz 3 zu § 80 BbgJVollzG). Die Polizeidienststelle, die Ausländerbehörde und das Jugendamt sind über den Tod von Gefangenen zu unterrichten, wenn die Aufnahme mitzuteilen war (Nummer 21). Über den Tod ausländischer Gefangener ist unverzüglich die konsularische Vertretung des Heimatstaates (Artikel 37a des Wiener Übereinkommens, VV Nummer 1 Absatz 2 zu § 80 BbgJVollzG) zu unterrichten.

(3) Im Fall einer schweren Erkrankung erfolgt eine nach § 80 BbgJVollzG vorgesehene Benachrichtigung Angehöriger nur, wenn die Gefangenen hierin eingewilligt haben.

(4) Erkrankungen Untersuchungsgefangener, die Einfluss auf das Strafverfahren haben können, sind dem Gericht und der Staatsanwaltschaft gemäß § 114e StPO unverzüglich mitzuteilen. Gleiches gilt, wenn die Untersuchungshaft als Überhaft notiert ist.

Vierter Teil
Entlassung

42
Grundsatz

(1) Gefangene sind zu entlassen, wenn

  1. die Zeit der Freiheitsentziehung abgelaufen ist,
  2. die Einweisungsbehörde, eine ihr übergeordnete Aufsichtsbehörde, ein Gericht oder eine Gnadenbehörde die vorzeitige Beendigung oder unbefristete Unterbrechung der Freiheitsstrafe angeordnet hat,
  3. der Haftbefehl aufgehoben oder außer Vollzug gesetzt worden ist oder das Gericht oder die Staatsanwaltschaft die Freilassung aus der Untersuchungshaft angeordnet hat,
  4. bei Zivilhaft ein weiterer Vollzug nicht mehr zulässig ist,
  5. bei Ersatzfreiheitsstrafe der ausstehende Betrag der Geldstrafe gezahlt, die Geldstrafe durch Ableistung freier Arbeit (Artikel 293 EGStGB) vollstreckt oder die Ableistung freier Arbeit von der Vollstreckungsbehörde für die Zeit nach der Entlassung aus der Haft bewilligt worden ist (§ 49 Absatz 1 Satz 2 StVollstrO).

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Buchstabe b und c dürfen Gefangene grundsätzlich nur auf schriftliche Anordnung entlassen werden. Die Anordnung muss mit dem Dienstsiegel versehen sein. Dieses kann aufgedruckt sein. Im besonderen Einzelfall steht einer solchen Anordnung ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Vertrauensdienstegesetz versehen ist, sowie eine telefonisch oder per Telefax übermittelte Anordnung gleich, wenn deren Echtheit vor der Entlassung durch einen unverzüglichen, spätestens innerhalb von 30 Minuten zu tätigenden Rückruf bestätigt wird. Der Rückruf und sein Ergebnis sind in den Akten zu vermerken. Sollte bei der anordnenden Stelle trotz unverzüglichen Rückrufs niemand erreicht werden können, wird die durch ein elektroni-sches Dokument nach Satz 4, telefonisch oder per Telefax übermittelte Anordnung bis zur Klärung, die unverzüglich herbeizuführen ist, nicht ausgeführt. Nach einer aufgrund eines elektronischen Dokumentes nach Satz 4, telefonisch oder per Telefax ergangenen Anordnung erfolgten Entlassung ist zu überwachen, dass die Anordnung nachträglich schriftlich auf dem Postweg bestätigt wird.

43
Vorbereitung der Entlassung

(1) Zur Vorbereitung der Entlassung von Gefangenen sind die innerhalb der Anstalt hiervon betroffenen Stellen rechtzeitig zu unterrichten.

(2) Rechtzeitig, in Eilfällen auch fernmündlich, mitzuteilen sind die vorgesehenen und festgesetzten Termine für die bevorstehende Entlassung

  1. den Ausländerbehörden, wenn die Aufnahme nach Nummer 21 anzuzeigen war,
  2. dem Jugendamt, wenn die Aufnahme nach Nummer 21 anzuzeigen war; liegt der Entlassungszeitpunkt nach Vollendung des 21. Lebensjahres, genügt die Mitteilung über die erfolgte Entlassung (Nummer 46),
  3. der oder dem Disziplinarvorgesetzten der Bundeswehr, wenn Gefangene der Bundeswehr angehören,
  4. den Personensorgeberechtigten minderjähriger Gefangener und
  5. der Bewährungshilfe oder der Führungsaufsichtsstelle, wenn die zu Entlassenden voraussichtlich deren Aufsicht unterstellt werden.

44
Ärztliche Entlassungsuntersuchung

(1) Vor der Entlassung bietet die Ärztin oder der Arzt den Gefangenen ein Gespräch an, in dem medizinische Probleme besprochen und Hilfe angeboten werden. Die Gefangenen sind ärztlich zu untersuchen.

(2) Ist in den Fällen einer Sofortentlassung oder einer Entlassung nach einer Vollzugsdauer von nicht mehr als drei Monaten eine Ärztin oder ein Arzt nicht erreichbar, so befragen Bedienstete des Krankenpflegedienstes, notfalls andere Bedienstete, die zu Entlassenden nach etwaigen gesundheitlichen Einschränkungen. Ergibt sich die Notwendigkeit einer ärztlichen Untersuchung, so ist eine externe Ärztin oder ein externer Arzt hinzuzuziehen.

(3) Das Ergebnis des ärztlichen Gesprächs und der Untersuchung nach Absatz 1 sowie der Befragung und Untersuchung nach Absatz 2 sind in der Gesundheitsakte zu dokumentieren. Insbesondere sind  

  1. die Angaben der Gefangenen zum aktuellen Gesundheitszustand,
  2. das Angebot einer Blutuntersuchung auf HIV, Hepatitis B und Hepatitis C, für den Fall, dass die Gefangenen die Befürchtung äußern, sich während der Haft infiziert zu haben,
  3. die Ausgabe einer Impfbescheinigung über während der Haft durchgeführte Impfungen, eines Röntgenpasses und eines Bonusheftes über zahnärztliche Untersuchungen,
  4. die Mitgabe von notwendigen Medikamenten für eine kurze Übergangszeit,
  5. die Sicherstellung einer erforderlichen Weiterbehandlung, zum Beispiel durch Vereinbarung von Arztterminen, insbesondere bei psychiatrisch erkrankten oder substituierten Gefangenen,
  6. die Mitgabe von wichtigen Befunden,
  7. die Feststellung der Reisetauglichkeit oder Transportfähigkeit,
  8. eine Bescheinigung über eine während der Haft eingetretene Minderung der Erwerbsfähigkeit,
  9. die Belehrung von Suchtpatientinnen und -patienten über die während einer Abstinenz in Haft eingetretene Minderung der Toleranz gegenüber früher konsumierten Drogen,
  10. ein Verzicht auf das ärztliche Gespräch und die Entlassungsuntersuchung

zu dokumentieren.

45
Durchführung der Entlassung

(1) Die Entlassung Gefangener ist schriftlich zu verfügen. Über die Entlassungsverhandlung ist eine Niederschrift aufzunehmen. Den Gefangenen ist ein Entlassungsschein auszuhändigen. Ein Doppel ist zu den Akten zu nehmen.

(2) Beim Übertritt ist eine Sachverfügung über die Entlassung zu treffen und mit der Verfügung nach Nummer 27 Absatz 1 Satz 2 zu verbinden. In der verbüßten Sache ist die Einweisungsbehörde durch eine schriftliche Verbüßungsanzeige zu informieren.

(3) Sieht die Vollstreckungsbehörde von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, einer Jugendstrafe, einer Ersatzfreiheitsstrafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung ab, wenn die Verurteilten wegen einer anderen Tat einer ausländischen Regierung ausgeliefert, an einen internationalen Strafgerichtshof überstellt oder wenn sie aus dem Geltungsbereich der Strafprozessordnung ausgewiesen werden, sind die Gefangenen über die Rechtsfolgen im Falle einer Rückkehr zu belehren (§ 456a Absatz 2 Satz 4 StPO in Verbindung mit § 17 Absatz 2 Satz 2 StVollstrO), sofern die Pflicht zur Belehrung nach § 17 Absatz 2 Satz 4 StVollstrO auf die Anstalt übertragen worden ist. Sind die Gefangenen der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig, ist ihnen zugleich eine Übersetzung in eine ihnen verständliche Sprache auszuhändigen.

(4) Die Gefangenen sind unmittelbar vor der Entlassung mündlich über die Bedeutung der Aussetzung des Strafrests zur Bewährung (§ 454 Absatz 4 Satz 2 StPO) zu belehren, sofern der Anstalt die Belehrung übertragen ist. Sind die Gefangenen der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig, erfolgt die Belehrung in einer ihnen verständlichen Sprache, erforderlichenfalls unter Hinzuziehung eines Dolmetschers.

(5) Wenn Gefangene nur deshalb in eine für sie unzuständige Anstalt verlegt werden, um von dort entlassen zu werden, sind sie als Durchgangsgefangene zu behandeln. Es bedarf weder einer Übersendung der Akten noch einer Aufnahme in der Anstalt, in die die Gefangenen verlegt worden sind. Die Vorbereitung der Entlassung und der Entlassungsunterlagen ist in diesem Fall von der Stammanstalt, die Entlassung selbst von der Anstalt vorzunehmen, in die die Gefangenen verlegt worden sind. Werden in der die Gefangenen entlassenden Anstalt Unterlagen zur Entlassung gefertigt oder vervollständigt, sind diese an die Stammanstalt zu übersenden und dort zu den Akten zu nehmen.

46
Mitteilung der Entlassung

(1) Jede Entlassung von Gefangenen ist der Einweisungsbehörde mitzuteilen.

(2) Jede Entlassung von Gefangenen ist mitzuteilen

  1. der Polizeidienststelle, wenn die Aufnahme nach Nummer 21 mitzuteilen war,
  2. dem Jugendamt, wenn die Aufnahme nach Nummer 21 mitzuteilen war und nicht die vorgesehenen und festgesetzten Termine der Entlassung nach Nummer 43 Absatz 2 Buchstabe b angezeigt wurden,
  3. den Personensorgeberechtigten minderjähriger Gefangener,
  4. der Meldebehörde innerhalb von zwei Wochen, wenn die Aufnahme nach Nummer 22 mitzuteilen war; die Gefangenen sind über die Mitteilung an die Meldebehörde zu unterrichten,
  5. der Bewährungshilfe und der Führungsaufsichtsstelle, sofern Gefangene nach der Entlassung unter Bewährungs- oder Führungsaufsicht gestellt sind.

(3) Ist eine Belehrung gemäß Nummer 45 Absatz 3 oder Absatz 4 durch die Anstalt erfolgt, so ist dies in den Fällen des Absatzes 1 und des Absatzes 2 Buchstabe e in der Entlassungsmitteilung zu vermerken.

Fünfter Teil
Akten

47
Führung und Bestandteile der Akten

(1) Über alle Gefangenen sind Akten zu führen. Zu den Akten zählen auch die automatisierten Dateien, soweit sie in einer den papiergebundenen Akten vergleichbaren Weise nach Gefangenen geordnet geführt werden. Für papiergebundene Akten ist ein grauer Aktendeckel zu verwenden.

(2) Akten werden bei der Erstaufnahme angelegt. Ihr Verbleib ist nachzuweisen. Für den Schutz der Daten in Akten und Dateien gelten § 20 Absatz 3 BbgPJMDSG und die Datenschutzbestimmungen der brandenburgischen Justizvollzugsgesetze.

(3) Werden Akten vorübergehend versandt, so sind Notakten mit einem aktuellen Personal- und Vollstreckungsblatt anzulegen, in denen auch die anfallenden Schriftstücke zu sammeln sind. Nach Rückkehr der Akten sind die Notakten aufzulösen. Bei Durchgangshaft und Überstellungen reichen als Unterlagen in der Regel der Transportschein mit je einem Ausdruck des Personal- und Vollstreckungsblattes aus.

(4) Beim Einsatz von automatisierten Verfahren ist bei Bedarf, spätestens bei Übersendung der Akten an die Aufsichtsbehörde oder an andere Stellen und beim Austritt, der aktuelle Datenbestand auszudrucken und in den Akten abzuheften.

(5) Zu den Akten sind alle Niederschriften, Verfügungen und sonstigen Schriftstücke zu nehmen, die sich auf die Gefangenen beziehen und nicht ausschließlich in gesonderte Akten (z. B. Gesundheitsakte, Verwaltungsvorgänge) gehören. Vorgänge der ersten und zweiten Heftnadel, die sich nicht auf Disziplinarverfahren oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt beziehen (z. B. Vollzugs- und Eingliederungspläne, Gutachten) können in einer Teilakte geführt werden. Die Bildung von Teilakten ist auf dem Deckel der Akten zu vermerken.

(6) In die Akten werden nach folgender Ordnung aufgenommen:

1. Heftnadel:

Unterlagen über die persönlichen Daten der Gefangenen, insbesondere die Formblätter

  • Personalblatt
  • Vollstreckungsblatt
  • Aufnahmeverhandlung
  • Aufnahmeverfügung
  • Personenbeschreibung
  • Ergebnisse ärztlicher Untersuchungen
  • Zugangsgespräch gemäß § 12 Absatz 1 Satz 1 BbgJVollzG
  • Unterlagen zum und Ergebnisse des Diagnoseverfahrens
  • Erstellung und Fortschreibung des Vollzugs- und Eingliederungsplans sowie diese vorbereitende Stellungnahmen
  • Übersicht über Vollzugsmaßnahmen (z. B. Disziplinarmaßnahmen, besondere Sicherungsmaßnahmen)
  • Übersicht über Ausführungen
  • Übersicht über Lockerungen des Vollzuges
  • Abwesenheitsnachweis
  • Belehrungen nach den gesetzlichen Vorschriften.

2. Heftnadel:

Vollstreckungsunterlagen, insbesondere Ladung zum Strafantritt, Aufnahmeersuchen, Haftbefehl, Anklageschrift, Beschlüsse zum Verfahren, Überhaftersuchen, Strafzeitberechnungen, Entscheidungen über eine Herausnahme aus dem Jugendstrafvollzug, Entscheidungen gemäß § 119a StVollzG, Entscheidungen über vorzeitige Entlassungen, Entlassungsersuchen, Absehen von der weiteren Vollstreckung gemäß § 456a StPO mit Belehrung, Beschlüsse und Belehrungen über die Führungsaufsicht gemäß § 68 StGB, Unterlagen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung.

3. Heftnadel:

Sonstige Schriftstücke in der Reihenfolge ihres Entstehens, insbesondere

  • Anträge der Gefangenen
  • Disziplinarverfahren
  • besondere Sicherungsmaßnahmen
  • einvernehmliche Streitbeilegung
  • erzieherische Maßnahmen
  • Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge
  • Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelgebrauch
  • Anordnung einer mit Entkleidung verbundenen körperlichen Durchsuchung
  • Besuchsnachweise.

(7) Schriftstücke der Nadel 2 sind getrennt nach jeder Haftsache unter Verwendung eines mit der laufenden Nummer des Vollstreckungsblattes versehenen Trennblattes in der Reihenfolge ihres Eingangs abzulegen. Eingehende Schriftstücke werden fortlaufend unter der jeweiligen Haftsache abgelegt. Jede Haftsache erhält in der Reihenfolge ihres Eingangs eine römische Ziffer. Alle sich auf diese Haftsache beziehenden Schriftstücke werden mit dieser römischen Ziffer und einer fortlaufenden arabischen Ziffer versehen. Unter einem Trennblatt „weitere Verfahren“ können Schriftstücke geführt werden, die sich nicht auf eine in der Vollstreckung befindliche Sache beziehen (z. B. Ermittlungsverfahren, Strafverfahren ohne Aufnahmeersuchen, Strafanzeigen).

(8) Schriftstücke der Nadel 3 sind mit fortlaufenden arabischen Ziffern zu foliieren. Die dritte Heftnadel soll 250 Blatt nicht überschreiten. Ist das Anlegen eines weiteren Bandes erforderlich, so ist das unter der ersten und zweiten Heftnadel abgeheftete Schriftgut in den neuen Band umzuheften.

(9) Die Foliierung ist stets in roter Farbe vorzunehmen.

(10) Mit Übertritt in die Sicherungsverwahrung ist eine gesonderte Untergebrachtenpersonalakte anzulegen, für die ein Aktendeckel in anderer Farbe zu verwenden ist. Für Untergebrachtenpersonalakten gelten die Bestimmungen zu den Gefangenenpersonalakten entsprechend, soweit nicht Abweichendes geregelt ist. Vollstreckungsunterlagen zur Unterbringung in der Sicherungsverwahrung werden aus der zweiten Heftnadel der Gefangenenpersonalakte auf die zweite Heftnadel der Untergebrachtenpersonalakte umgeheftet. Die Umheftung ist in der Gefangenenpersonalakte zu vermerken.

48
Fortführung und Verbleib der Akten

(1) Werden Gefangene verlegt, sind die Akten an die aufnehmende Anstalt abzugeben. Dies gilt nicht in den Fällen der Nummer 45 Absatz 5.

(2) Die aufnehmende Anstalt hat die Akten mit Ausnahme des Personal- und Vollstreckungsblatts fortzuführen. Das neue Personalblatt ist auf der ersten Heftnadel als erstes Blatt abzuheften.

(3) Die bei einer Überstellung dem Transportschein beigefügten Unterlagen (Nummer 35 Absatz 1 Satz 1) werden nach Rückkehr in die Stammanstalt vernichtet. Neu hinzugekommene Schriftstücke, die beim Rücktransport in die Stammanstalt mitzugeben sind, werden zu den Akten genommen. Verzögert sich bei einer Überstellung der Weitertransport oder die Rückführung, so sind bei Bedarf die Akten bei der Stammanstalt anzufordern und fortzuführen. Bei einer Entlassung überstellter Personen werden die Akten an die Stammanstalt zurückgegeben.

(4) Verlassen Gefangene endgültig die Anstalt, so werden die Akten weggelegt, es sei denn, dass sie von einer anderen Anstalt fortzuführen sind.

49
Gesundheitsakte

(1) Der Medizinische Dienst führt für alle Gefangenen Gesundheitsakten, für die ein grüner Aktendeckel zu verwenden ist. Sie sind gegen unbefugten Zugang und unbefugten Gebrauch besonders zu sichern.

(2) Die Gesundheitsakte ist bei einer Verlegung der Gefangenen in einem verschlossenen Umschlag mitzugeben und von dem Medizinischen Dienst der aufnehmenden Anstalt nach Beifügung eines neuen Personalblatts fortzuführen. Bei einer Überstellung oder einer Durchgangshaft fügt der Medizinische Dienst der Stammanstalt erforderlichenfalls dem Transportschein einen verschlossenen, für den Medizinischen Dienst der aufnehmenden Anstalt bestimmten Umschlag mit Angaben für eine während des dortigen Aufenthaltes notwendig werdende Behandlung oder Medikation bei. Für die Unterrichtung des Medizinischen Dienstes der Stammanstalt über eine während einer Überstellung oder einer Durchgangshaft in der aufnehmenden Anstalt erfolgte Behandlung oder Medikation gilt Satz 2 entsprechend.

(3) Die Fortführung der Gesundheitsakte entfällt für die Dauer des Aufenthalts der Gefangenen in einem Anstaltskrankenhaus. Während der Unterbringung in einem externen Krankenhaus verbleibt die Gesundheitsakte in der Anstalt. Die von dem Krankenhaus im Rahmen der Entlassung erstellte Epikrise ist zur Gesundheitsakte zu nehmen.

(4) Nach Entlassung der Gefangenen sind die Gesundheitsakten abzuschließen und getrennt von den übrigen Akten aufzubewahren.

(5) In die Gesundheitsakten werden nach folgender Ordnung aufgenommen:

  1. Heftnadel: Personalblatt
  2. Heftnadel: Schriftstücke, die nicht Befunde, Diagnosen, Medikationen, etc. enthalten
                    (z. B. ärztliche Stellungnahmen zu Beschwerden)
  3. Heftnadel: Befunde (z. B. Röntgen- oder Laborbefunde, Arzt- und Krankenhausberichte;
                    für die einzelnen Fachgebiete sind Trennblätter zu verwenden)
  4. Heftnadel: Risikodiagnosen
                    Gesundheitsblatt
                    Medikation
                    Behandlungsblatt.

Es können auch die in Krankenhäusern gebräuchlichen Heftnadeln (Schlaufensystem) verwendet werden.

Sechster Teil
Elektronische Erfassung personenbezogener Daten der Gefangenen

50
Übersicht

Personenbezogene Daten Gefangener werden in einem IT-Fachverfahren erfasst, insbesondere

  1. Stammdaten,
  2. Veränderungen im Bestand (Bewegungsdaten),
  3. Disziplinarmaßnahmen,
  4. erzieherische Maßnahmen,
  5. besondere Sicherungsmaßnahmen,
  6. Ausführungen,
  7. Außenbeschäftigung,
  8. Ausgänge und Begleitausgänge,
  9. Freigänge,
  10. Langzeitausgänge,
  11. Entweichungen,
  12. Nichtrückkehr,
  13. einvernehmliche Streitbeilegung,
  14. Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge,
  15. Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelgebrauch,
  16. Anordnung einer mit Entkleidung verbundenen körperlichen Durchsuchung,
  17. Maßnahmen nach § 119 Absatz 1 StPO.

51
Erfassung der Stammdaten

Die Stammdaten der Gefangenen sind am Tage der vorläufigen Aufnahme unverzüglich in das IT-Fachverfahren einzutragen. Mit der Eintragung erhalten die Gefangenen eine Buchungsnummer. Die Eintragung im Transportbuch (Nummer 11 GTV) bleibt unberührt.

52
Veränderungen im Bestand

(1) Veränderungen im Bestand sind im IT-Fachverfahren durch Erfassung des Datums und der Uhrzeit von vorläufiger Aufnahme, Aufnahme, Zugang, Abgang, Austritt und Entlassung der Gefangenen auszuweisen.

(2) Die Weiterbeförderung von Durchgangsgefangenen am Tag des Zugangs und die Überstellung von Gefangenen, die noch am selben Tag zurückkehren, sind in das IT-Fachverfahren einzutragen.

53
Frühbericht

Über die Zusammensetzung des Gefangenenbestandes ist täglich aus dem IT-Fachverfahren ein Frühbericht zu fertigen und der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter sowie den von ihr oder ihm bestimmten Bediensteten in geeigneter Weise zugänglich zu machen.

Siebter Teil
Justizvollzugsstatistik

54
Aufbau und Umfang

Die Justizvollzugsstatistik besteht aus folgenden Tabellen:

StV 1 Bestand, Aufnahmen und Austritte der Gefangenen nach Anstalten pro Monat (Monatsstatistik),
StV 2 Gefangene nach Alter sowie nach Art und Dauer des Vollzuges,
StV 3 Gefangene nach Art des Vollzuges, Alter, sowie nach Familienstand, Staatsangehörigkeit und Wohnsitz,
StV 4 Gefangene nach Art und Häufigkeit der Vorstrafen sowie nach Wiedereinlieferungsabständen,
StV 5 Gefangene nach der strafbaren Handlung und nach Art der Strafen und Maßregeln der Besserung und Sicherung,
StV 6 Entweichungen,
StV 7 Langzeitausgänge,
StV 8 Ausgänge und Begleitausgänge,
StV 9 Freigänge,
StV 10 Disziplinarmaßnahmen, erzieherische Maßnahmen, Tätlichkeiten Gefangener gegen Bedienstete oder Mitgefangene,
StV 11 Besondere Sicherungsmaßnahmen,
StV 12 Todesfälle.

55
Tabelle StV 1 (Monatsstatistik)

Die Anstalten stellen der Aufsichtsbehörde jeweils bis zum vierten Werktag eines jeden Monats die Monatsstatistik zur Verfügung. Die Aufsichtsbehörde leitet dem Statistischen Landesamt Berlin-Brandenburg die landesweit zusammengefassten Daten zur Erstellung der Statistik StV 1 weiter.

56
Übersicht Gefangenendaten, Tabellen StV 2 bis StV 5 (Stichtagserhebung)

Die Daten Gefangener, die sich am 31. März des Jahres um 24:00 Uhr im Justizvollzug befinden oder zu diesem Zeitpunkt vorübergehend abwesend sind, werden in der Übersicht „Gefangenendaten“ erfasst. Diese wird dem Statistischen Landesamt Berlin-Brandenburg zur Erstellung der Tabellen StV 2 bis StV 5 bis zum vierten Werktag des Monats April übermittelt.

57
Tabellen StV 6 bis StV 12 (Jahresstatistik)

Die Anstalt übermittelt die Tabellen StV 6 bis StV 12 für das jeweils vorangegangene Kalenderjahr bis zum 20. Januar des Folgejahres der Aufsichtsbehörde.

Achter Teil
Aufenthalt auf freiwilliger Grundlage

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Verbleib oder Wiederaufnahme auf freiwilliger Grundlage

(1) Bei Verbleib oder Wiederaufnahme auf freiwilliger Grundlage (§ 53 BbgJVollzG, § 50 BbgSVVollzG) tritt an die Stelle des Aufnahmeersuchens ein Antrag der oder des früheren Straf- oder Jugendstrafgefangenen oder Untergebrachten in Verbindung mit den früheren Vollstreckungsunterlagen. Eine wieder-holte Aufnahme ist zulässig. Im IT-Fachverfahren erfolgt die Erfassung als Durchgangshaft mit dem Hinweis „Aufnahme auf freiwilliger Grundlage“. Die Sätze 1 und 3 gelten auch für Untersuchungsgefangene, die nach § 54 Absatz 2 BbgJVollzG auf Antrag freiwillig in der Anstalt verbleiben.

(2) Auf ihren Antrag ist den freiwillig in der Anstalt verbliebenen oder wieder aufgenommenen Personen zu gestatten, die Anstalt unverzüglich zu verlassen.

(3) Im Übrigen sind die Bestimmungen dieser Geschäftsordnung entsprechend anzuwenden, soweit nicht Eigenart und Zweck des Aufenthalts in der Anstalt auf freiwilliger Grundlage entgegenstehen.

Neunter Teil
Schlussvorschrift

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Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Die Brandenburgische Vollzugsgeschäftsordnung tritt am 1. Juni 2020 in Kraft. Gleichzeitig tritt die mit Allgemeiner Verfügung vom 22. September 2009 (JMBl. S. 137) in Kraft gesetzte Vollzugsgeschäftsordnung außer Kraft.

Potsdam, den 27. April 2020

Die Ministerin der Justiz

Susanne Hoffmann