Suche

Suche innerhalb der Norm

ARCHIV

Link zur Hilfe-Seite

Allgemeine Weisung in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten Nummer 2014.16; Besondere Integrationsleistungen im Sinne des § 10 Absatz 3 Satz 2 StAG (Allgemeine Weisung in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten Nummer 2014.16 - AW-StAG 2014.16)

Allgemeine Weisung in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten Nummer 2014.16; Besondere Integrationsleistungen im Sinne des § 10 Absatz 3 Satz 2 StAG (Allgemeine Weisung in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten Nummer 2014.16 - AW-StAG 2014.16)
vom 18. März 2014

zuletzt geändert durch Allgemeine Weisung vom 19. August 2021

Außer Kraft getreten am 29. Juli 2024 durch Allgemeine Weisung vom 1. August 2024

Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg

Allgemeine Weisung in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten Nummer 2014.16

an die Staatsangehörigkeitsbehörden
der Landkreise und kreisfreien Städte im Land Brandenburg

Besondere Integrationsleistungen im Sinne des § 10 Absatz 3 Satz 2 StAG

Vom 19. August 2021

Gz.: 21-813-46

 

Zur Gewährleistung einheitlicher Standards in den Einbürgerungsverfahren der Staatsangehörigkeitsbehörden und gleicher Einbürgerungsbedingungen für die Ausländer*innen im Land Brandenburg weise ich Folgendes allgemein an:

1 Sprachkenntnisse, die die in § 10 Absatz 4 StAG genannten Anforderungen für eine Erfüllung der Einbürgerungsanspruchsvoraussetzung des § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 StAG übersteigen, sind nachgewiesen

1.1 mit einem der unter Nummer 2.2 meiner Allgemeinen Weisung in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten Nummer 2014.15 genannten Sprachprüfungszeugnisse;

1.2 mit den Voraussetzungen, unter denen gemäß Nummern 1.1, 1.2, 1.51, 1.7, 1.9 und 1.10 meiner Allgemeinen Weisung in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten Nummer 2014.15 ein Sprachprüfungszeugnis nicht beizubringen ist;

1.3 mit den Voraussetzungen, unter denen gemäß Nummern 1.3 und 1.4 meiner Allgemeinen Weisung in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten Nummer 2014.15 ein Sprachprüfungszeugnis nicht beizubringen ist, wenn in dem letzten Versetzungszeugnis oder in dem Abschlusszeugnis die Leistungen im Fach Deutsch mit jeweils mindestens der Note "gut" bewertet wurden oder eine Versetzung in die zehnte Klasse einer weiterführenden deutschsprachigen Schule erfolgt ist2.

2 Bei der Ausübung des Entscheidungsermessens nach § 10 Absatz 3 Satz 2 StAG ist Folgendes zu beachten:

2.1 Ein Anspruch auf Verkürzung der in § 10 Absatz 1 Satz 1 StAG bestimmten Frist  – das heißt, der für eine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband in der Regel notwendigen mindestens achtjährigen Dauer eines rechtmäßig gewöhnlichen Aufenthalts im Inland –  besteht grundsätzlich nicht.

2.2 1Auch bei Nachweis einer oder mehrerer besonderer Integrationsleistungen, ist über eine Verkürzung der in § 10 Absatz 1 Satz 1 StAG bestimmten Frist unter Abwägung aller dafür maßgeblichen Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. 2Dabei können als beachtliche Integrationsdefizite, beispielsweise, eine unzureichende wirtschaftliche Integration ebenso berücksichtigt werden wie solche Verurteilungen, die gemäß § 12a Absatz 1 StAG nur bei der Einbürgerung außer Betracht bleiben. 3Die durch mehr als ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache (§ 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 und Absatz 4 StAG) indizierte Annahme einer schon gelungenen oder jedenfalls gelingenden Integration darf nicht auf Grund anderer Umstände ausgeschlossen sein.

2.3 1Nach § 10 Absatz 3 Satz 2 StAG kann die in § 10 Absatz 1 Satz 1 StAG bestimmte achtjährige Frist auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden3. 2Dazu ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der zusätzlich erbrachten besonderen Integrationsleistungen mit allen anderen maßgeblichen Umständen des Einzelfalles (Nummer 2.2) abzuwägen, ob und in welchem Umfang eine Verkürzung der Voraufenthaltszeiten, das heißt, die entsprechend frühere Einbürgerung durch die besondere Integrationsleistung gerechtfertigt ist4.

2.4 1Sind Sprachkenntnisse nachgewiesen, die die in § 10 Absatz 4 StAG genannten Anforderungen für eine Erfüllung der Einbürgerungsanspruchsvoraussetzung des § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 StAG übersteigen (Nummer 1), wird die in § 10 Absatz 1 Satz 1 StAG bestimmte achtjährige Frist ohne weiteres allein deshalb auf sechs Jahre verkürzt, es sei denn, dass in die Abwägung der Staatsangehörigkeitsbehörde (Nummern 2.2 und 2.3) beachtliche Integrationsdefizite einzustellen sind. 2Kenntnisse der deutschen Sprache auf der Kompetenzstufe B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen übersteigen im Sinne des § 10 Absatz 3 Satz 2 StAG die in § 10 Absatz 4 StAG genannten Anforderungen für eine Erfüllung der Einbürgerungsanspruchsvoraussetzung des § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 StAG nicht deshalb, weil gegebenenfalls nachgewiesen ist, dass sie nicht nur in der Gesamtnote, sondern sowohl im mündlichen als auch in allen drei Fertigungsbereichen ("Hören", "Lesen", "Schreiben") des schriftlichen Teils der Prüfung, insbesondere auch im aktiven Teil ("Schreiben") des schriftsprachlichen Fertigungsbereichs, dieser Kompetenzstufe entsprechen5. 3Bei Minderjährigen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, ist der nach § 10 Absatz 4 Satz 1 StAG für Erwachsene geltende Maßstab anzulegen, § 10 Absatz 4 Satz 2 StAG6.

2.5 1Für eine Verkürzung der in § 10 Absatz 1 Satz 1 StAG bestimmten Frist müssen keine die in § 10 Absatz 4 StAG genannten Anforderungen übersteigenden Kenntnisse der deutschen Sprache nachgewiesen sein. 2Die Frist kann auch bei Vorliegen nur anderer besonderer Integrationsleistungen verkürzt werden, beispielsweise bei einem bürgerschaftlichen Engagement (Nummer 4).

3 Das in § 10 Absatz 3 Satz 2 StAG bestimmte Regelbeispiel für eine besondere Integrationsleistung "besonders gute schulische, berufsqualifizierende oder berufliche Leistungen" wird nach den folgenden objektiven Maßstäben konkretisiert7:

3.1 1Schulische, berufsqualifizierende oder berufliche Leistungen sind im Sinne des § 10 Absatz 3 Satz 2 StAG nur "besonders gut", wenn sie sich vom Durchschnitt guter schulischer, berufsqualifizierender oder beruflicher Leistungen in der jeweils relevanten Vergleichsgruppe deutlich nach oben abheben. 2Bei schulischen und berufsqualifizierenden Leistungen muss dies in der Regel durch eine entsprechende Benotung der Leistung ausgewiesen sein und in allen Fällen einer als "besonders gut" geltend gemachten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistung durch Zeugnisse oder sonstige Bescheinigungen einer schulischen, be­rufsqualifizierenden oder beruflichen Einrichtung nachgewiesen werden. 3Die Staatsangehörigkeitsbehörde bewertet schulische, berufsqualifizierende oder berufliche Leistungen nicht selbst. 4Zwar muss sie zur Ermittlung einer belastbaren Leistungsbewertung durch schulische, berufsqualifizierende oder berufliche Einrichtungen gegebenenfalls auch eigene Sachverhaltsermittlungen anstellen (§ 24 Absatz 1 und 2 VwVfG, § 1 Absatz 1 VwVfGBbg). 5Dabei trifft sie jedoch primär nur eine Hinweis- und Anstoßpflicht. 6Die Antragstellenden selbst unterliegen dagegen im Hinblick auf die Klärung der ihre eigene Sphäre unmittelbar berührenden Leistungsbewertung gemäß § 37 Absatz 1 Satz 2 StAG iVm § 82 Absatz 1 AufenthG einer umfassenden Initiativ- und Mitwirkungsobliegenheit. 7Sie tragen das Risiko, im Falle einer von ihnen nicht belastbar zu belegenden Leistungsbeurteilung mit ihrem Begehren einer Fristverkürzung daran zu scheitern, dass ihnen auch für die Erfüllung der in § 10 Absatz 3 Satz 2 StAG bestimmten objektiven Ermessensausübungsvoraussetzungen die materielle Nachweislast (Feststellungslast) obliegt8.

3.2 1Die schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistung dürfen nicht nur punktuell in den Blick genommen werden, beispielsweise nur in einzelnen Fächern, sie müssen sich vielmehr in zumindest einem repräsentativen und angemessen gewichteten Ausschnitt und damit schwerpunktmäßig insgesamt als besonders gut darstellen. 2Die besonders guten Leistungen müssen gegebenenfalls über einen Zeitraum erbracht worden sein, der mindestens der Dauer der beabsichtigten Verkürzung der in § 10 Absatz 1 Satz 1 StAG bestimmten Frist entspricht.

4 1Zur Inhaltsbestimmung des in § 10 Absatz 3 Satz 2 StAG genannten Regelbeispiels für eine besondere Integrationsleistung "bürgerschaftliches Engagement" ist die Legaldefinition dieses Rechtsbegriffs in § 2 Absatz 2 Nummer 1 EhrenamtStiftG9 heranzuziehen10. 2Bürgerschaftliches Engagement ist danach der freiwillige, unentgeltliche und am Gemeinwohl orientierte Einsatz einer oder mehrerer Personen auf Basis der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. 3Die Dauer eines bürgerschaftlichen Engagements muss mindestens der Dauer der beabsichtigten Verkürzung der in § 10 Absatz 1 Satz 1 StAG bestimmten Frist entsprechen.



1 Vgl. dazu Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. November 2012 – 19 E 1259/11, juris mwN.

2 Siehe Rechtsprechungsnachweis zu Nummer 1.2.

3 Vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung für das Vierte Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes, BT-Drs. 19/28674 vom 19. April 2021, S. 20.

4 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Heimat, BT-Drs. 19/30939 vom 22. Juni 2021, S. 17.

 5 Vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung für das Vierte Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes, BT-Drs. 19/28674 vom 19. April 2021, S. 20.

6 Vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. November 2012 – 19 E 1259/11, juris mwN.

7 Beachte: Der Gesetzgeber hat zu diesem Regelbeispiel keine eigenen Maßstäbe und Kriterien für dessen Konkretisierung angegeben; vgl. BT-Drs. 19/28674 vom 19. April 2021, S. 20 und BT-Drs. 19/30939, S. 17.

8 Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 11. September 2011, Rn 25, und vom 23. September 2020, Rn 21.

9 Gesetz zur Errichtung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt vom 25. März 2020 (BGBl. I S. 712).

10 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Heimat, BT-Drs. 19/30939 vom 22. Juni 2021, S. 17.