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Allgemeine Weisung Nr. 03/2022 Aufenthaltsrecht; Aufenthaltsrecht; Vorgriffsregelung; Erteilung einer Ermessensduldung im Vorfeld zur Neuregelung der Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration (§ 25b AufenthG) und bei gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden (§ 25a AufenthG) sowie der Aufenthaltsgewährung im Rahmen eines Chancen-Aufenthaltsrechts (Allgemeine Weisung Nr. 03/2022 Aufenthaltsrecht - AW-AuslR Nr. 2022.03)
Allgemeine Weisung Nr. 03/2022 Aufenthaltsrecht; Aufenthaltsrecht; Vorgriffsregelung; Erteilung einer Ermessensduldung im Vorfeld zur Neuregelung der Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration (§ 25b AufenthG) und bei gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden (§ 25a AufenthG) sowie der Aufenthaltsgewährung im Rahmen eines Chancen-Aufenthaltsrechts (Allgemeine Weisung Nr. 03/2022 Aufenthaltsrecht - AW-AuslR Nr. 2022.03)
vom 20. Juli 2022
Außer Kraft getreten am 31. Dezember 2022
1. Vorbemerkung
Die Bundesregierung hat am 6. Juli den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts beschlossen (Anlage). Mit dem Gesetzentwurf verbunden ist eine umfassende Modernisierung des Einwanderungsrechts. Die im Gesetzentwurf geregelte einjährige Aufenthaltserlaubnis (sogenanntes Chancen-Aufenthaltsrecht, § 104c AufenthGE) soll langjährig Geduldeten die Möglichkeit geben, die notwendigen Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland zu erfüllen. Ziel dieser Gesetzesänderung ist, die bisherige Praxis der Kettenduldungen zu beenden. Von der Regelung profitieren langjährig geduldete Menschen, die am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen in Deutschland leben, nicht straffällig geworden sind, sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung sowie zur Rechts- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennen, auf die Ausschlusstatbestände wird hingewiesen. Inhabern des Chancen-Aufenthaltsrechts soll so ermöglicht werden, die Voraussetzungen für einen erlaubten langfristigen Aufenthalt in Deutschland zu schaffen.
Daneben erfolgen auch Anpassungen in den Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 25a und 25b AufenthG.
Im Wesentlichen wurden mithin folgende Änderungen beschlossen – es wird für Details auf den beigefügten Gesetzentwurf verwiesen:
a)
§ 25a AufenthG (Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden)
Gut integrierte Jugendliche und junge Volljährige sollen nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland und bis zur Vollendung des 27. Lebensjahr die Möglichkeit für ein Bleiberecht bekommen.
b)
§ 25b AufenthG (Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration)
Geduldete mit besonderen Integrationsleistungen sollen bereits nach sechs bzw. nach vier Jahren bei Familien ein Bleiberecht erhalten.
c)
Neue einjährige „Aufenthaltserlaubnis auf Probe“ – § 104c AufenthGE
Geduldete Personen, die sich am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten haben, sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen und nicht wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat verurteilt wurden, sollen eine einjährige Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten können, um in dieser Zeit die übrigen Voraussetzungen für ein Bleiberecht zu erfüllen (insbesondere Lebensunterhaltssicherung, gute deutsche Sprachkenntnisse und Identitätsnachweis). Die Kernfamilie der begünstigten Person soll eine Aufenthaltserlaubnis auch dann erhalten, wenn diese sich noch nicht seit fünf Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat.
2. Regelung zur Erteilung von Ermessensduldungen
Bis zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung ist im Übergangszeitraum die Prüfung der Erteilung einer Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG an die Personen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Anwendungsbereich der künftigen bundesgesetzlichen Regelungen fallen werden, geboten. Andere Duldungsgründe bleiben unberührt. Bestehende Duldungen sind entsprechend bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Inkrafttreten des Gesetzes zu verlängern. Von der Vorbereitung und Durchführung von Rückführungsmaßnahmen ist bei der im Gesetzentwurf genannten Personengruppe mit Blick auf den Zweck der Gesetzesänderung vorerst abzusehen; es erfolgt insoweit eine Rückpriorisierung. Etwaige bereits erfolgte Meldungen an die Zentrale Ausländerbehörde zur Einleitung von Rückführungsmaßnahmen sind zurückzunehmen.
Die Voraussetzungen für die Ermessensduldung orientieren sich hierbei inhaltlich an den Voraussetzungen der geltenden gesetzlichen Bleiberechtsregelungen unter Einbeziehung der verkürzten Aufenthaltszeiten (drei, vier und sechs Jahre) und der avisierten neuen Altersgrenze des § 25a AufenthG (bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres) sowie den im Gesetzentwurf genannten Voraussetzungen für ein „Chancen-Aufenthaltsrecht“.
a)
Geduldeten Person ist danach eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu erteilen, wenn sie zum Zeitpunkt der Prüfung
- sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhalten,
- das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und
- eine Begünstigung gem. § 25a Abs. 1 AufenthGE aufgrund des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen in Betracht kommen könnte.
Im Kontext zur verkürzten Aufenthaltsdauer ist abweichend von § 25a Abs. 1 Nr. 2 AufenthGE ein dreijähriger erfolgreicher Schulbesuch ausreichend. Für die Eltern oder einen allein sorgeberechtigten Elternteil und die minderjährigen Geschwister sind Rückführungsmaßnahmen ebenfalls auszusetzen. Für Familienangehörige ist eine mögliche Begünstigung gem. § 25a Abs. 2 AufenthGE und damit verbundene Ermessensduldung zu prüfen.
b)
Dasselbe gilt für geduldete Personen, die
- sich seit mindestens sechs Jahren oder – falls sie zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben – seit mindestens vier Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhalten und eine Begünstigung gemäß § 25b AufenthGE aufgrund des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen in Betracht kommen könnte, oder
- sich am 01.01.2022 seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen, geduldet, oder aufgrund eines humanitären Aufenthaltstitels erlaubt im Bundesgebiet aufgehalten haben, bisher nicht straffällig geworden sind und sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie zur Rechts- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennen. Die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen sowie Ausschlussgründe des § 104c AufenthGE sind zu beachten. Auf das entsprechend für die Kernfamilie geltende Aufenthaltsrecht wird hingewiesen.
3. Belehrung, Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Bei Erteilung der Duldung sind die Betroffenen schriftlich darauf hinzuweisen, dass die Duldung ausschließlich im Vorgriff auf die geplante Änderung bzw. Erweiterung der bundesgesetzlichen Bleiberechtsregelungen erfolgt und nach Inkrafttreten der bundesgesetzlichen Regelung auf Antrag über die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ausschließlich nach den dann geltenden gesetzlichen Voraussetzungen entschieden werden wird. Insbesondere im Rahmen des § 25a AufenthG wird zum Zeitpunkt der Entscheidung auf das dann maßgebliche Alter abzustellen sein.
Soweit erforderlich, sind darüber hinaus Begünstigte der Regelung zum Chancen-Aufenthaltsrecht darüber zu belehren, dass die Duldungserteilung mit der Erwartung verbunden ist, dass bereits im Zeitraum der Geltung der Vorgriffsregelung eine zumutbare Mitwirkung bei der Identitätsklärung und Passbeschaffung erfolgt.
Diese Regelung ist ab sofort anzuwenden und tritt mit Inkrafttreten der gesetzlichen Regelungen außer Kraft.