Suche
ARCHIV
Allgemeine Weisung Nr. 04/ 2022 im Aufenthaltsrecht;
Anordnung des Ministeriums des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg gem. § 23 Abs. 1 AufenthG zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für syrische Flüchtlinge, die eine Aufnahme durch ihre im Land Brandenburg lebenden Verwandten beantragen (Allgemeine Weisung im Ausländerrecht Nr. 04/2022 - AW-AuslR Nr. 04/2022)
Allgemeine Weisung Nr. 04/ 2022 im Aufenthaltsrecht;
Anordnung des Ministeriums des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg gem. § 23 Abs. 1 AufenthG zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für syrische Flüchtlinge, die eine Aufnahme durch ihre im Land Brandenburg lebenden Verwandten beantragen (Allgemeine Weisung im Ausländerrecht Nr. 04/2022 - AW-AuslR Nr. 04/2022)
vom 13. Dezember 2022
Außer Kraft getreten am 31. Dezember 2023
Die seit September 2013 bestehende Landesaufnahmeanordnung zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge mit verwandtschaftlichen Beziehungen nach Brandenburg lief mit Ablauf des 31.03.2017 aus und wurde angesichts der weiterhin bestehenden dramatischen Lage für die syrischen Flüchtlinge und nach erneuten Abstimmungen auf politischer Ebene mittels Erlass Nr. 02/2017 vom 26.04.2017 neu aufgelegt und jeweils verlängert. Die aktuelle Landesaufnahmeanordnung in Form der Allgemeinen Weisung Nr. 05/2021 vom 21.12.2021 ist bis zum 31.12.2022 gültig.
In Abstimmung mit dem MSGIV und im Einvernehmen mit dem BMI wird die landesrechtliche Aufnahmeanordnung zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für syrische Flüchtlinge, die eine Aufnahme durch ihre im Land Brandenburg lebenden Verwandten beantragen, erneut bis zum 31.12.2023 verlängert.
Die Landesaufnahmeanordnung und die Verfahrenshinweise werden in diesem Zusammenhang aufgrund zwischenzeitlich aufgetretener praktischer Probleme in geringem Umfang modifiziert bzw. aktualisiert.
I. Anordnung zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen
In Abstimmung mit dem MSGIV und im Einvernehmen mit dem BMI ordne ich hiermit die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG an, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt werden:
1. Begünstigter Personenkreis
Eine Aufenthaltserlaubnis wird syrischen Staatsangehörigen erteilt,
1.1. die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten und sich in einem Anrainerstaat Syriens oder noch in Syrien aufhalten, sich weiterhin in Not oder Bedrängnis befinden und
1.2. die eine Einreise zu ihren im Land Brandenburg lebenden Verwandten beantragen, soweit es sich bei diesen um
1.2.1. deutsche Staatsangehörige oder
1.2.2. syrische Staatsangehörige, die im Besitz eines befristeten oder unbefristeten Aufenthaltstitels sind, handelt
und diese zum Zeitpunkt der Antragstellung seit mindestens einem Jahr in Brandenburg wohnhaft sind.
2. Verwandtschaftlicher Bezug zum Land Brandenburg
Begünstigt sind Ehegatten, Verwandte ersten Grades (Eltern, Kinder), Verwandte zweiten Grades (Großeltern, Enkel oder Geschwister) sowie deren Ehegatten und minderjährige Kinder.
Der Ehegattennachzug sollte vorrangig nach den gesetzlichen Regelungen der §§ 27 ff. AufenthG erfolgen, sofern die vollständigen Erteilungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen. Ehegatten können nach dieser Landesaufnahmeanordnung in der Regel nur dann berücksichtigt werden, wenn die Ehe schon vor der Flucht aus Syrien bestanden hat. Auf § 30 Abs. 4 AufenthG wird verwiesen.
Im Übrigen erfolgt die Erteilung für die in S. 1 genannten Familienangehörigen nach § 23 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit dieser Landesaufnahmeanordnung.
Weitere Personensorgeberechtigte begünstigter minderjähriger Kinder können (unter Wahrung der Einheit der Familie) mit einbezogen werden.
3. Verpflichtungserklärung
3.1. Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis setzt voraus, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abgegeben wurde.
3.2. Die Verpflichtungserklärung ist für jede einreisewillige Person getrennt abzugeben.
4. Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis
Die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG wird für bis zu zwei Jahre erteilt und ggfs. verlängert. Sie berechtigt zur Ausübung einer Beschäftigung. Die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis richtet sich nach § 8 AufenthG. Bei der Verlängerung ist es im Einzelfall möglich, die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Sinne des § 21 Abs. 6 AufenthG zu erlauben. Die Wohnsitzregelung richtet sich nach § 12a AufenthG.
5. Verfahren
Die einreisewilligen Personen haben vor der Einreise ein Visumverfahren durchzuführen, in welchem
5.1. eine Überprüfung der Personen durch die Sicherheitsbehörden stattfindet,
5.2. der verwandtschaftliche Bezug nach Ziffer 2 nachzuweisen ist und
5.3. das vollständige Vorliegen der Allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen geprüft wird.
Ausnahmen von der Passpflicht nach § 3 Abs. 2 AufenthG können zugelassen werden, sofern der vorgelegte Reisepass der einreisewilligen Person nicht anerkannt wird, die Identität der einreisewilligen Person aber durch andere Dokumente (z.B. Identitätskarte, Staatsangehörigkeitsnachweis, Geburtsurkunde) nachgewiesen ist.
Kann die einreisewillige Person keinen Reisepass vorlegen, ihre Identität aber anderweitig nachweisen, kann ein Reiseausweis für Ausländer nach den Voraussetzungen der §§ 5 und 7 AufenthV durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung ausgestellt werden.
6. Ausschluss
Von dieser Regelung sind Personen ausgeschlossen, die wegen Delikten, die in Deutschland als vorsätzliche Straftat anzusehen sind, verurteilt worden sind oder bei denen tatsächliche Anhaltspunkte die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass Verbindungen zu kriminellen Organisationen oder terroristischen Vereinigungen bestehen oder dass sie in sonstiger Weise Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder unterstützt haben, die gegen die Gedanken der Völkerverständigung verstoßen oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind.
Ebenfalls ausgeschlossen ist ein Zuzug von syrischen Familienangehörigen zu einer im Land Brandenburg lebenden Person, wenn diese Bezugsperson wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig verurteilt wurde; § 36a Abs. 3 Nr. 2 AufenthG ist analog anzuwenden.
7. Frist für die Antragstellung
Visaanträge müssen bis zum 31. Dezember 2023 bei einer zuständigen deutschen Auslandsvertretung vorliegen.
Diese Frist wird auch mit einer vollständigen Interessenbekundung (einschließlich der abgegebenen Verpflichtungserklärung) des in Deutschland lebenden Gastgebers gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde gewahrt.
8. Statistische Erfassung
Ich bitte um statistische Erfassung und um Übersendung mindestens der Gesamtanzahl der Vorabzustimmungen sowie der Gesamtanzahl der Einreisen (seit Beginn der LAO im September 2013) regelmäßig monatlich (Stichtag: letzter Tag des Monats) zum 10. Tag des Folgemonats.
II. Verfahrenshinweise
zu 1. Begünstigter Personenkreis
Aufnahmeberechtigt sind syrische Staatsangehörige, die sich in Syrien oder in einem Anrainerstaat Syriens aufhalten. Als Anrainerstaaten gelten Libanon, Jordanien, Irak, Türkei sowie Ägypten.
In besonderen Ausnahmefällen ist eine Aufnahme aus anderen Staaten nicht ausgeschlossen. Auf diesen besonderen Fall sollte die Auslandsvertretung im Rahmen der Vorabzustimmung hingewiesen werden. Um die erforderliche Fluchteigenschaft beurteilen zu können, ist zu prüfen, wann die syrischen Personen aus Syrien in den betreffenden Staat gezogen sind.
Neben der Flucht aus Syrien oder innerhalb Syriens müssen sich die syrischen Staatsangehörigen im Zeitpunkt der Antragstellung weiterhin in Not oder Bedrängnis befinden (in Anlehnung an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. März 2022 (1 A 1.21)).
Ein syrischer Staatsangehöriger befindet sich in Not und Bedrängnis, wenn es ihm am aktuellen Aufenthaltsort nicht möglich ist, sich zu integrieren und ein neues Leben aufzubauen. Anhaltspunkte für eine Integration am aktuellen Aufenthaltsort sind z.B. ein Aufenthaltstitel, Einkommen aus Erwerbstätigkeit, Studien- oder Ausbildungsverhältnis, Schulbesuch der Kinder, angemessene Unterkunft, Gesundheitsversorgung, Religionsausübung. Ist von einer gelungenen Integration im Aufnahmeland bzw. am aktuellen Aufnahmeort auszugehen, besteht keine Kausalität mehr zwischen der Flucht infolge des Bürgerkriegs und einer Aufnahme nach der Landesaufnahmeanordnung für syrische Flüchtlinge. In diesem Fall sind für einen Familiennachzug die gesetzlichen Regelungen der §§ 27 ff. AufenthG einschlägig.
Die Einreise erfolgt zu den im Land Brandenburg seit mindestens einem Jahr wohnhaften Verwandten. Hierbei ist auf den melderechtlichen Begriff der alleinigen bzw. Hauptwohnung abzustellen. Der hier lebende Verwandte muss also seinen gewöhnlichen Aufenthalt/seinen Lebensmittelpunkt seit mindestens einem Jahr im Land Brandenburg haben. Ein Nebenwohnsitz in Brandenburg zieht keine örtliche Zuständigkeit nach sich.
Der Familiennachzug kann nur zu dem in Brandenburg lebenden Verwandten erfolgen, der auch die Aufnahme des syrischen Familienangehörigen beantragt hat. Der Familiennachzug erfolgt somit in den Zuständigkeitsbereich der für den vorgesehenen Aufenthaltsort örtlich zuständigen Ausländerbehörde, die auch die Vorabzustimmung im Visumverfahren erteilt hat.
zu 2. Verwandtschaftlicher Bezug zum Land Brandenburg
Als Verwandte ersten oder zweiten Grades in Bezug auf den im Land Brandenburg lebenden Gastgeber gelten:
- Ehegattin/Ehegatte
- Kind
- Mutter/Vater
- Großmutter/Großvater
- Enkel
- Schwester/Bruder (auch Halbgeschwister)
- Ehegattin/Ehegatte der Kinder/der Enkel/der Schwester/des Bruders/des Elternteils/des Großelternteils
- minderjähriges Kind der Schwester/des Bruders/des Enkels/des Ehepartners.
Personensorgeberechtigte begünstigter minderjähriger Kinder können mit einbezogen werden. Die Einreise von Minderjährigen ist nur zu oder mit ihren Personensorgeberechtigten zulässig.
Der Ehegattennachzug sollte vorrangig nach den gesetzlichen Regelungen der §§ 27 ff. AufenthG erfolgen, sofern die vollständigen Erteilungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen. Ehegatten können nach dieser Landesaufnahmeanordnung in der Regel nur dann berücksichtigt werden, wenn die Ehe schon vor der Flucht aus Syrien bestanden hat. Auf § 30 Abs. 4 AufenthG wird verwiesen.
Im Übrigen erfolgt die Erteilung für die in S. 1 genannten Familienangehörigen nach § 23 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit dieser Landesaufnahmeanordnung.
Verwandt sind nicht Personen, die lediglich verschwägert (§ 1590 BGB) sind.
Der verwandtschaftliche Bezug ist grundsätzlich durch Urkundenvorlage gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde nachzuweisen.
In begründeten Ausnahmefällen, in denen der verwandtschaftliche Bezug von den in Deutschland lebenden Verwandten ausnahmsweise nicht durch erforderliche Nachweise erbracht werden kann, kann die Ausländerbehörde die Auslandsvertretung bitten, entsprechende Prüfungen vorzunehmen. Hierzu werden dem AA in aller Regel eingescannte Dokumente übermittelt, sofern nicht aufgrund begründeter Echtheitszweifel die Vorlage von Originaldokumenten geboten ist. Die Auslandsvertretung kann jedoch von der Ausländerbehörde gebeten werden, die Echtheit eines Original-Dokuments bei Visumantragstellung zu überprüfen.
Sofern ausnahmsweise eine Prüfung der verwandtschaftlichen Beziehungen oder eine Prüfung der Echtheit eines Originaldokuments durch die Auslandsvertretung erforderlich ist, ist dies auf der Vorabzustimmung in der Spalte „Verwandtschaftsverhältnis nachgewiesen/glaubhalft gemacht“ oder „Originaldokumente vorgelegt“ zu vermerken. Das AA weist jedoch darauf hin, dass die Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit von Dokumenten durch die Auslandsvertretung nur mit erheblichen Einschränkungen möglich ist.
Sollten Passangelegenheiten im Inland zu klären sein, wird auf die in Dialog bekanntgegebene Anerkennungslage für Syrien verwiesen.
zu 3. Verpflichtungserklärung
Zur Sicherung des Lebensunterhalts der aufzunehmenden syrischen Flüchtlinge ist die Abgabe einer Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG durch die in Brandenburg lebenden Verwandten erforderlich.
Zur finanziellen Entlastung der Verpflichtungsgeber hat sich das Land Brandenburg dazu entschlossen, den Umfang der Verpflichtungserklärung zu beschränken. Die Versorgung im Krankheitsfall und bei Pflegebedürftigkeit, die normalerweise ebenfalls Bestandteil einer Verpflichtungserklärung ist, entfällt bei Abgabe einer Verpflichtungserklärung im Rahmen dieser Aufnahmeanordnung.
Die Kosten für die Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt sowie bei Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 4 und 6 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) werden von den zuständigen Behörden übernommen. Der Nachranggrundsatz des § 8 Abs. 1 S. 2 AsylbLG greift in diesem Fall ausnahmsweise nicht. Der diesbezügliche aktuelle Erlass des zuständigen MSGIV wird zeitnah zur Kenntnisnahme übermittelt.
Daher sind die entsprechenden Passagen auf dem Vordruck der Verpflichtungserklärung auf der Seite 2 zu streichen und im Feld „Bemerkungen“ auf die landeseigene Regelung Brandenburgs im Rahmen dieser Aufnahmeanordnung hinzuweisen.
Sollte der hier lebende Verwandte nicht in der Lage sein, den Lebensunterhalt vollumfänglich zu finanzieren, ist die Abgabe einer weiteren Verpflichtungserklärung - auch von Dritten - möglich. In diesem Fall ist auf dem Vordruck der Verpflichtungserklärung hinsichtlich der finanziellen Leistungsfähigkeit ausdrücklich zu vermerken, dass diese nur im Zusammenhang mit der ergänzenden Verpflichtungserklärung gegeben ist. Das Formular der Vorabzustimmung ist ebenfalls mit einem entsprechenden Vermerk zu versehen.
Im begründeten Ausnahmefall ist auch die Abgabe einer Verpflichtungserklärung nur von Dritten möglich. Die Umstände, die einen begründeten Ausnahmefall im Einzelfall rechtfertigen, sind im Vorgang zu dokumentieren.
Die Verpflichtungserklärung ist für jede einreisende Person abzugeben.
Grundsätzlich wird auf die Allgemeine Verwaltungsvorschrift des BMI zum AufenthG (AVV) sowie auf das bundeseinheitliche Merkblatt zur Verwendung des bundeseinheitlichen Formulars der Verpflichtungserklärung zu § 68 i.V.m. §§ 66 und 67 AufenthG – mit Ausnahme der Versorgung im Krankheitsfall und bei Pflegebedürftigkeit – verwiesen.
Bei der Bonitätsprüfung sind die aktuellen Pfändungsfreigrenzen gem. § 850c der Zivilprozessordnung und die jeweils aktuellen Regelbedarfssätze nach dem AsylbLG zu beachten.
Sollte den syrischen Flüchtlingen kein kostenloser (im Sinne von § 2 Abs. 4 AufenthG ausreichender) Wohnraum zur Verfügung gestellt werden können, sind auch die Mietkosten entsprechend zu berücksichtigen sowie ggf. sonstige individuelle finanzielle Gegebenheiten (z.B. bei Abgabe mehrerer Verpflichtungserklärungen).
Ausreichender Wohnraum ist gem. Ziffer 2.4.2 der AVV stets vorhanden, wenn für jedes Familienmitglied über sechs Jahren zwölf Quadratmeter und für jedes Familienmitglied unter sechs Jahren zehn Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung stehen und Nebenräume (Küche, Bad, WC) in angemessenem Umfang mitbenutzt werden können. Eine Unterschreitung dieser Wohnungsgröße um etwa zehn Prozent ist unschädlich. Wohnräume, die von Dritten mitbenutzt werden, bleiben grundsätzlich außer Betracht; mitbenutzte Nebenräume können berücksichtigt werden.
Die Voraussetzung „ausreichend“ bezieht sich gem. Ziffern 2.4.1 AVV auf zwei Faktoren: die Beschaffenheit und Belegung, d. h. die Größe der Wohnung im Hinblick auf die Zahl der Bewohner. Daher ist in jedem Fall eine Einzelfallbetrachtung unter Würdigung der Gesamtumstände erforderlich. Die Anforderungen an den Wohnraum sind im Verhältnis zur vorgesehenen Aufenthaltsdauer zu prüfen.
Gem. § 68 Abs. 1 S. 1 AufenthG gilt eine Verpflichtungserklärung für einen Zeitraum von fünf Jahren. Gem. § 68 Abs. 1 S. 3 AufenthG beginnt der Zeitraum von fünf Jahren mit der durch die Verpflichtungserklärung ermöglichten Einreise des Ausländers. Somit ist nicht das Datum der Abgabe der Verpflichtungserklärung, sondern das Einreisedatum entscheidend.
Dies ist besonders relevant für die Übergangsvorschrift des § 68 a AufenthG, nach der § 68 Abs. 1 S. 1 bis 3 AufenthG auch für vor dem 06.08.2016 abgegebene Verpflichtungserklärungen gilt, jedoch mit der Maßgabe, dass anstelle des Zeitraums von fünf Jahren ein Zeitraum von drei Jahren tritt.
Die Verpflichtungserklärung kann vor Ablauf des fünf- bzw. dreijährigen Zeitraums auch nicht durch ein erfolgreiches Asylverfahren oder einen anderen Aufenthaltstitel nach dem 5. Abschnitt des 2. Kapitels des AufenthG beendet werden (§ 68 Abs. 1 S. 4 AufenthG).
zu 4. Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis
Bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ist (ggf. auf dem Beiblatt) als Rechtsgrundlage „§ 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. Landesaufnahmeanordnung BB“ anzugeben.
Diese eindeutige Zuordnung zur Landesaufnahmeanordnung BB stellt klar, dass die Personen wegen des Krieges im Heimatland aufgenommen wurden, somit dem Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes unterliegen und dementsprechend Gesundheits- und Pflegeleistungen erhalten, deren Kosten vom Land Brandenburg übernommen werden.
Angesichts der nunmehr befristeten Geltungsdauer der Verpflichtungserklärungen ist bei anstehenden Verlängerungen der Aufenthaltserlaubnisse Folgendes zu beachten:
Die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis richtet sich nach § 8 AufenthG. Ist die Verpflichtungserklärung aufgrund der Neuregelung des § 68 bzw. 68 a AufenthG ausgelaufen, kann eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG nur erfolgen, wenn der Lebensunterhalt des Betreffenden (und seiner Familie) durch Abgabe einer neuen Verpflichtungserklärung oder durch eigene Erwerbstätigkeit gesichert ist.
Sofern die Voraussetzungen für eine Verlängerung nach § 23 Abs. 1 AufenthG nicht (mehr) vorliegen, wäre zu prüfen, ob der Aufenthalt zu einem anderen Zweck erlaubt werden kann. Im Einzelfall käme bei Vorliegen der (engen) Voraussetzungen ggf. auch eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 4 S.2 oder gem. § 25 Abs. 4 S.1 AufenthG (siehe AVV zu Ziffer 25.4ff) in Betracht oder die Erteilung einer Duldung gem. § 60a AufenthG.
Die Aufenthaltserlaubnis ist mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage auf das Land Brandenburg zu versehen, siehe § 12a AufenthG.
Bei einem beabsichtigten Wohnsitzwechsel in ein anderes Bundesland ist zu beachten, dass die Leistungen im Krankheitsfall und bei Pflegebedürftigkeit nicht mehr vom Land Brandenburg übernommen werden und der Lebensunterhalt vollständig (einschließlich der Krankheits- und Pflegekosten) gesichert sein muss.
Die Erteilung eines unbefristeten Aufenthaltstitels richtet sich nach § 26 Abs. 4 AufenthG. Die Pflichten des Betreffenden nach § 48 AufenthG bleiben unberührt.
Ist die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG z.B. aufgrund eines längeren Auslandsaufenthalts erloschen (§ 51 AufenthG), müssten bei einem „Zweitantrag“ alle Voraussetzungen der Landesaufnahmeanordnung wieder vorliegen. In der Regel wird es dabei an der erforderlichen Fluchteigenschaft aus dem syrischen Wohnort und dem Aufenthalt in einem Anrainerstaat Syriens oder noch in Syrien fehlen, da die Personen bereits einen sicheren Aufenthalt in Deutschland hatten. Die erforderliche Fluchteigenschaft ist jedoch Bestandteil der Prüfung im Visumverfahren durch die jeweilige Auslandsvertretung.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nach der Kommentierung und herrschenden Rechtsprechung zu § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG bei einem mehr als 6-monatigem Auslandsaufenthalt aufgrund der gesetzlichen Ausschlussfrist ebenfalls nicht anwendbar. Selbst im Falle eines zwangsweise andauernden Auslandsaufenthalts sei es einem Ausländer in aller Regel möglich, die zuständige Ausländerbehörde, wenn nicht selbst, so doch über Verwandte, Bekannte, Rechtsanwälte oder notfalls diplomatische oder konsularische Vermittlung zu kontaktieren, um die gesetzliche Ausschlussfrist zu unterbrechen. Eine Ausnahme sei nur in extremen Ausnahmekonstellationen, etwa in Bezug auf schwerstkranke oder verunfallte Alleinreisende oder Entführungsopfer, anzunehmen (BeckOK AuslR/ Fleuß, 26. Ed. 1.7.2020, AufenthG § 51 Rn. 43).
zu 5. Verfahren
Das Aufnahmeverfahren soll in aller Regel durch eine Interessenbekundung der in Deutschland lebenden Personen (Gastgeber), die ihre geflüchteten syrischen Familienangehörigen aufnehmen möchten, gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde eingeleitet werden.
Die zuständige Ausländerbehörde prüft in eigener Verantwortung die antragsbegründenden Voraussetzungen und übermittelt der für das Visumverfahren zuständigen Auslandsvertretung eine umfassende Vorabzustimmung. Hierbei ist das bundeseinheitliche Formular für die Vorabzustimmungen im Rahmen dieser Länderaufnahmen zu verwenden (Anlage).
Die Vorabzustimmung zur Visumerteilung soll vor allem auch enthalten:
- die Feststellung, dass das Bestehen eines in der Aufnahmeanordnung vorgesehenen Familienverhältnisses geprüft und nachgewiesen wurde
- ggf. im Ausnahmefall die Bitte um Prüfung der verwandtschaftlichen Beziehungen oder eine Prüfung der Echtheit eines Originaldokuments durch die Auslandsvertretung,
- die Feststellung, dass die für die Aufnahme in das Land Brandenburg erforderliche Bonität des Verpflichtungsgebers nachgewiesen wurde,
- die Kontaktdaten des Gastgebers und der aufzunehmenden Personen im Anrainerstaat zwecks Terminvereinbarung zur Visumantragstellung durch die Auslandsvertretung (Namen, Vornamen, Anschriften (bzw. Aufenthaltsort der Flüchtlinge), Geburtsdaten und Staatsangehörigkeiten der aufzunehmenden Flüchtlinge, Telefonnummern oder eine sonstige Erreichbarkeit sowie mindestens eine funktionierende E-Mail-Adresse des Flüchtlings oder des Gastgebers, um das Terminangebot der Auslandsvertretung an den Flüchtling weiterzuleiten),
- ggf. eine Befristung des Visums, falls auf Wunsch der Ausländerbehörde von der Regeldauer von 3 Monaten abgewichen werden soll.
Die Eingangsadressen für Vorabzustimmungen in den deutschen Auslandsvertretungen lauten:
Über die in der Vorabzustimmung angegebene E-Mail-Adresse des Flüchtlings oder des Gastgebers wird die Auslandsvertretung dem Flüchtling ein Terminangebot zur Antragstellung des Visums unterbreiten. Trotz bereits jetzt erheblicher Terminnachfrage mit Wartezeiten an den Auslandsvertretungen wird eine möglichst zeitnahe Terminierung durch die Auslandsvertretung bei Vorliegen der Vorabzustimmung angestrebt.
Die Prüfung der Auslandsvertretungen im Visumverfahren beschränkt sich in der Regel auf die Identitätsfeststellung der Antragsteller, das KZB-Verfahren sowie die Erfassung biometrischen Daten der Antragsteller. Die Visa sollen so rasch wie möglich nach Antragstellung erteilt werden.
Die Einleitung eines Visumverfahrens über eine Antragstellung in der Auslandsvertretung ohne Vorabzustimmung ist nach Mitteilung des AA derzeit aufgrund der Gesamtsituation in der Regel nicht möglich.
zu 7. Frist für die Antragstellung
Auch wenn die Auslandsvertretungen bemüht sind, möglichst zeitnah Termine für die Visaantragstellung zu vergeben, sollten zeitliche Verzögerungen nicht zu Lasten der betreffenden Antragsteller gehen. Daher wird die Frist für die Antragstellung bereits mit der Interessenbekundung (einschließlich der abgegebenen Verpflichtungserklärung) der in Deutschland lebenden Gastgeber gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde gewahrt.
zu 8. Statistische Erfassung
Das AA führt eine monatliche Statistik über die im Rahmen der Landesaufnahmeanordnungen durch die Auslandsvertretungen in den Anrainerstaaten erteilten Visa.
Ich bitte, Ihre statistischen Daten ebenfalls regelmäßig monatlich zum 10.Tag des Folgemonats zu übersenden. Dabei sind jeweils die (Gesamt)Personenanzahl der Vorabzustimmungen und die (Gesamt)Personenanzahl der Einreisen kumulativ (seit 2013) mitzuteilen.
Sonstige Hinweise:
Gebühren
Laut Auskunft des AA werden die Visa im Rahmen dieser Aufnahmeanordnung gebührenfrei erteilt.
Für die Anerkennung einer Verpflichtungserklärung wird nach § 47 Abs. 1 Nr. 12 AufenthV eine Gebühr in Höhe von 29 € erhoben. Da es sich um eine Aufnahme aus humanitären Gründen handelt, steht es gem. § 52 Abs. 7 AufenthV im Ermessen, die zu erhebende Gebühr zu ermäßigen oder zu erlassen, z.B. weil für mehrere Personen Verpflichtungserklärungen abgegeben wurden.
Integrationskurse
Nach Auskunft des BAMF haben syrische Flüchtlinge mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG zwar keinen Anspruch auf Teilnahme an einem Integrationskurs, jedoch stehen für die syrischen Flüchtlinge genügend freie Kursplätze bei den vom BAMF zugelassenen Integrationskursträgern im Land Brandenburg zur Verfügung. Um die Kursplätze in Anspruch zu nehmen, müssen sich die Flüchtlinge an die vor Ort vorhandenen Integrationskursträger wenden.
Die Landesaufnahmeanordnung in Form dieser Allgemeinen Weisung tritt mit Ablauf des 31.12.2023 außer Kraft (sofern sie nicht rechtzeitig verlängert wird).