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Allgemeine Weisung zum Vollzug ausländerrechtlicher Bestimmungen Nummer 1a / 2022, Ankunft von Vertriebenen in Brandenburg im Rahmen des § 24 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) - 1. Anpassung (Allgemeine Weisung im Ausländerrecht Nr. 2022.1a - AW-AuslR Nr. 2022.1a)

Allgemeine Weisung zum Vollzug ausländerrechtlicher Bestimmungen Nummer 1a / 2022, Ankunft von Vertriebenen in Brandenburg im Rahmen des § 24 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) - 1. Anpassung (Allgemeine Weisung im Ausländerrecht Nr. 2022.1a - AW-AuslR Nr. 2022.1a)
vom 21. März 2022

Außer Kraft getreten am 31. August 2022

1. Allgemeiner Hinweis

Mit dem Inkrafttreten des Durchführungsbeschlusses (EU) 2022/382 des Europäischen Rates vom 4. März 2022 zur Feststellung des Bestehens eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG kommt für Vertriebene aus der Ukraine erstmalig ein vorübergehender Schutz nach § 24 AufenthG zur Anwendung.

Mit Schreiben vom 14. März 2022 hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat konkrete Handlungsempfehlungen zur Registrierung der Vertriebenen vorgestellt, die zur Vereinfachung des Registrierungsprozesses und zur Erhöhung der Registrierungskapazitäten beitragen sollen. Entsprechende Vorgaben wurden nunmehr im Rahmen der Anpassung der Allgemeinen Weisung Nr. 1 / 2022 berücksichtigt.

2. Zielgruppen

Folgenden Personengruppen wurde von der EU ein Vertriebenenstatus und damit vorübergehender Schutz zugebilligt:

  • ukrainischen Staatsangehörigen, die vor dem 24.02.2022 ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten,
  • Staatenlosen und Staatsangehörigen anderer Drittländer als der Ukraine, die vor dem 24.02.2022 in der Ukraine internationalen Schutz oder einen gleichwertigen nationalen Schutz genossen haben,
  • Familienangehörigen der o. g. Personengruppen,
  • Staatenlosen und Staatsangehörigen anderer Drittländer, die nachweisen können, dass sie sich vor dem 24.02.2022 auf der Grundlage eines nach ukrainischem Recht erteilten gültigen unbefristeten Aufenthaltstitels rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben, und die nicht in der Lage sind, sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückzukehren. Unter einem nach ukrainischem Recht „gültigen unbefristetem Aufenthaltstitel“ ist ein Aufenthaltstitel zu verstehen, der einer deutschen Niederlassungserlaubnis oder einer Daueraufenthaltserlaubnis EU (§§ 9, 9a AufenthG) vergleichbar ist.

Für die oben genannten Personengruppen besteht nach § 24 AufenthG grundsätzlich ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Gemäß § 24 Abs. 2 AufenthG ist die Aufenthaltserlaubnis aber zu versagen, wenn die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes oder des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG vorliegen. Die Ausschlussgründe des § 24 Abs. 2 AufenthG hindern die Erteilung eines Aufenthaltstitels nur, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen. Bei derartigen Anhaltspunkten ist eine Sicherheitsüberprüfung zu veranlassen.

Zur unbürokratischen Ermöglichung von legaler Einreise und Aufenthalt ukrainischer Staatsangehöriger und auch Drittstaatsangehöriger im Zusammenhang mit der kriegerischen Auseinandersetzung hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat eine Ministerverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG erlassen. Die Verordnung ermöglicht eine Überbrückung der aufenthaltsrechtlichen Situation bis zur Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 24 AufenthG, indem Vertriebene vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind. Die Verordnung gilt bis zum 23. Mai 2022.

3. Verteilung

Die Verteilung der Vertriebenen innerhalb Deutschlands erfolgt durch das BAMF im sogenannten EASY/FREE-Verfahren (Fachanwendung für Registerführung, Erfassung und Erstverteilung zum vorübergehenden Schutz) auf Grundlage des Königsteiner Schlüssels. Es wird auf Grundlage einer tagesaktuell durch das BAMF ausgewerteten EASY/FREE-Übersicht überprüft, welche Länder die jeweilige EASY/FREE-Quote noch nicht erreicht haben und in die mithin eine Verteilung erfolgen kann. Hingegen werden diejenigen Länder bei der Verteilung zunächst nicht berücksichtigt, die bereits ihre EASY/FREE-Quote erfüllt haben.

Entscheidend für eine Entlastung der Ausländerbehörden ist hierbei, dass eine Erfassung der Personen in EASY/FREE bereits vor der PIK Registrierung möglich ist, so dass eine Registrierung der Vertriebenen auf Grundlage des § 49 Abs. 5 Nr. 6 AufenthG erst im Zielbundesland erfolgen soll, auf Nummer 4 dieser Allgemeinen Weisung wird verwiesen.

Die Zuweisung und Verteilung innerhalb Brandenburgs erfolgt durch die ZABH nach dem Landesaufnahmegesetz und der festgelegten kommunalen Aufnahmequote.

4. Registrierung in den kommunalen Ausländerbehörden

Aufgrund der derzeitigen Lage, in welcher täglich eine große Anzahl von schutzsuchenden Personen aus der Ukraine in Brandenburg ankommen, müssen Maßnahmen ergriffen werden, reguläre Registrierungsprozesse vorübergehend zu verkürzen und zu vereinfachen. Insoweit wird auf die entsprechende Regelung in der AW 1/2022 verwiesen.

Rechtsgrundlage für die Registrierung der oben genannten Personengruppe durch die kommunale Ausländerbehörde bei Äußerung eines Schutzbegehrens, gerichtet auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG, ist § 49 Absatz 5 Nr. 6 AufenthG. Der Umfang des vorzunehmenden Registrierungsprozesses durch die kommunale Ausländerbehörde richtet sich danach, ob eine Zuweisungsentscheidung durch das BAMF an Brandenburg hinsichtlich der Geflüchteten aus der Ukraine ergeht oder diese in andere Länder verteilt werden.

a. Registrierungsprozess bis zur Zuweisungsentscheidung

Zunächst hat die kommunale Ausländerbehörde bei sämtlichen schutzsuchenden Personen eine Erfassung der Grunddaten vorzunehmen. Wenn sich die von Nummer 1 der Allgemeinen Weisung erfassten Personen, ohne über die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Brandenburg registriert worden zu sein, in Privatunterkünften oder Gemeinschaftsunterkünften der Landkreise und kreisfreien Städte wohnen, bei der örtlichen Ausländerbehörde melden, nimmt diese alle Personen fortlaufend in der beigefügten Tabelle (s. Anlage Excel-Tabelle) auf. Die Übersendung der Tabelle hat täglich bis Dienstschluss an die Zentrale Ausländerbehörde zu erfolgen. Hierfür nutzen Sie bitte das Postfach:

ZABH.Sonderprogramme@zabh.brandenburg.de.

Mit den übersandten Daten werden die Personen im AZR erfasst, im EASY/FREE-Verfahren auf das Land Brandenburg optioniert und im Anschluss dem jeweiligen Landkreis/kreisfreien Stadt zugewiesen. Soweit bereits durch die kommunale Ausländerbehörde ein Eintrag im AZR generiert wurde, ist dies durch Erfassung der AZR-Nummer in der als Anlage beigefügten Excel-Tabelle zur Meldung an die ZABH kenntlich zu machen.

Die Zuweisungsentscheidung wird ausschließlich als PDF-Dokument an ein E-Mail-Funktionspostfach des Landkreises / der kreisfreien Stadt übersandt.  

Sinn und Zweck einer ersten grundlegenden Erfassung der Daten besteht darin, zunächst einen Eintrag in das Ausländerzentralregister sicherzustellen. Ferner kann durch ein Ankreuzen der nunmehr aufgenommenen Spalte „Verbleib bei meldender ABH“ durch die ZABH direkt eine Zuweisungsentscheidung an den jeweiligen Landkreis ergehen, der dann sachlich und örtlich für die Entgegennahme und Bearbeitung eines Schutzersuchens nach § 24 AufenthG zuständig ist.

Es ergeht eine Optionierung im EASY/FREE-Verfahren. Eine Verteilung auf andere Bundesländer erfolgt, soweit die Aufnahmequote übererfüllt ist. Im Falle eines Verbleibs der Schutzsuchenden in Brandenburg erlässt die ZABH eine landesinterne Verteilung (siehe Nummer 3 der Allgemeinen Weisung). Falls eine Verteilung in andere Bundesländer stattfindet, wird dort vor Ort der weitere Registrierungsprozess durchgeführt.

b. Registrierungsprozess nach der Zuweisungsentscheidung

Auf eine biometriebasierte Registrierung darf aus Sicherheitsgründen sowie zur Vermeidung von Mehrfachregistrierungen nach Auffassung des BMI nicht verzichtet werden.

Allerdings erfolgt erst nach einer Zuweisungsentscheidung durch die ZABH bei Personen, die vom Anwendungsbereich des § 24 AufenthG umfasst sind, eine erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 Abs. 5 Nr. 6 AufenthG.

Zur Erfassung genügt hilfsweise eine Abnahme von vier Fingerabdrücken der rechten Hand (Zeige-, Mittel, Ring- und kleiner Finger). Diese Möglichkeit ist jedoch auf Situationen zu begrenzen, in denen es – infolge des hohen Zustroms Geflüchteter aus der Ukraine – zu einer erheblichen Überlastung der Registrierungskapazitäten kommen würde. Eine vollständige erkennungsdienstliche Behandlung ist in diesem Fall nachzuholen.

Im Übrigen gilt für den genannten Personenkreis Folgendes:

  • Registrierungen sollen nur erfolgen, wenn legal aufhältige Personen Leistungen begehren. Legal aufhältige Personen auf der Durchreise, die nur kurzweilige Verpflegungen oder Unterkünfte benötigen, müssen hingegen nicht registriert werden. Ob ein Asylschutzgesuch bereits gewollt ist, bedarf einer Auslegung im Einzelfall im Wege einer Gesamtbetrachtung sämtlicher Umstände. Um eine Leistungsgewährung nach § 1 Abs.1 Nr.1a AsylbLG zu ermöglichen, ist grundsätzlich eine weite Auslegung des Gesuchs vorzunehmen.
  • Bei (durch einen für sie verantwortlichen Erwachsenen) begleiteten Kindern unter 14 Jahren kann eine erkennungsdienstliche Behandlung im Rahmen der Registrierung zunächst auf die Abnahme eines biometrischen Lichtbildes beschränkt werden. Die Erfassung der Fingerabdrücke ist dann im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen.
  • Vorerst nicht zu registrieren sind Personen, die zwar einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 AufenthG gestellt haben, aber keine weitergehenden staatlichen Leistungen oder Unterstützungen benötigen. Eine Registrierung für diese Personengruppe erfolgt erst im Zeitpunkt der Titelerteilung, da der Aufenthalt im Bundesgebiet für diese Personen noch bis zum 23. Mai 2022 legal ist. Bis zur Titelerteilung ist eine Fiktionsbescheinigung gem. § 81 Abs. 3 AufenthG auszuhändigen, auf der die Erlaubnis einer selbstständigen Beschäftigung und einer Erwerbstätigung zu erteilen sind sowie eine Wohnsitzauflage zu vermerken ist.

Eine Registrierung mittels Personalisierungsinfrastrukturkomponente (PIK) soll zunächst in den kommunalen Ausländerbehörden vorgenommen werden. Sollten hierfür keine Kapazitäten vorhanden sein, kann die Registrierung im PIK-Workflow auch bei Bedarf in Amtshilfe bei der ZABH in Eisenhüttenstadt, Schönefeld, Oranienburg und Wünsdorf erfolgen.

  • falls eine Registrierung in Amtshilfe erfolgen soll, ist hierfür vorab ein Termin in der ZABH zu vereinbaren.
  • Eine sofortige Registrierung ist nicht vonnöten, vielmehr kann nach einer Terminvergabe der Bedarf sukzessive abgearbeitet werden.

Für Personen, die nicht unter den Anwendungsbereich des § 24 AufenthG fallen und unter Umständen in das Asylverfahren gehen, gilt der normale Registrierungsprozess über die Erstaufnahmeeinrichtung.

5. Altfallregelung im Registrierungsprozess

Personen, die vor Inkrafttreten der Allgemeinen Weisung Nr. 1/2022 am 14.03.2022 auf Grundlage der Information Nr. 13/2022 vom 03.03 eine Anlaufbescheinigung einer kommunalen Ausländerbehörde mit der Auflage erhalten haben, sich zwecks Registrierung bei der ZABH zu melden, werden sukzessive von der ZABH an den Standorten Schönefeld, Wünsdorf, Frankfurt (Oder) und Oranienburg registriert. Die biometriebasierte Registrierung ist erst nach Zuweisungsentscheidung von der dann örtlich zuständigen Ausländerbehörde vorzunehmen Auch hier gilt, dass bei Bedarf eine Registrierung an den benannten Standorten der ZABH erfolgen kann.

6. Registrierung in der Zentralen Ausländerbehörde

Registrierungen für den oben genannten Personenkreis werden in der Erstaufnahmeeinrichtung der ZABH in Eisenhüttenstadt und auch in den Außenstellen in Wünsdorf und Schönefeld sowie in Oranienburg durchgeführt. Hierbei gilt das oben genannte Verfahren. Insbesondere ist ein biometriebasierter Registrierungsprozess nur dann notwendig, wenn die Personen durch das BAMF im Rahmen des EASY/FREE-Verfahrens nach dem Königsteiner Schlüssel Brandenburg zugewiesen wurden.

7. Ausnahmen vom vereinfachten Registrierungsverfahren

Das vorgenannte vereinfachte Verfahren zur Registrierung ankommender Personen, die aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen aus der Ukraine geflohen sind, gilt nicht für Personen, bei denen begründete Zweifel

  • hinsichtlich ihrer Identität oder
  • ihres bisherigen tatsächlichen gewöhnlichen Aufenthalts in der Ukraine bestehen.

Begründete Zweifel liegen insbesondere vor, wenn keine Ausweisdokumente vorgelegt werden können, aus denen sich hinreichend sicher die Identität des Schutzsuchenden ergibt. Zur alternativen Glaubhaftmachung können andere Dokumente, die eine eindeutige Zuordnung der angegebenen Personalien zur vorsprechenden Person erlauben, hinzugezogen werden.

Bei den genannten Personen ist grundsätzlich das reguläre Registrierungsverfahren inklusive Erfassung über PIK durchzuführen.

8. Nutzung PIK-Station - Workflow Erstregistrierung nach § 16 AsylG

Soweit eine reguläre Registrierung durch die kommunale Ausländerbehörde über eine PIK-Station erfolgt, ist die Person entsprechend der Fluchtursache (Krieg in der Ukraine) zu kennzeichnen. Hierzu ist der Workflow Erstregistrierung nach § 16 AsylG zu nutzen. Unter dem Button „Erweiterte Daten“, im Bereich „Personendaten“, für das Feld „Volkszugehörigkeit“ ist hierfür der Wert „Kriegsflucht-UKR“ im Drop-Down-Menü auszuwählen. Dies betrifft ukrainische Staatsangehörige mit oder ohne biometrischen Pass sowie Drittstaatsangehörige, die seit dem 24. Februar 2022 als Folge der militärischen Invasion Russlands aus der Ukraine vertrieben worden sind.

Mit Auswahl des Felds „Kriegsflucht-UKR“ in der Rubrik Volkszugehörigkeit wird bei der nachfolgenden Ausstellung des Ankunftsnachweises oder der Anlaufbescheinigung automatisiert der Hinweis „UKR-“ im Feld „Amtliche Vermerke“ generiert.

Dieser Server Patch bewirkt die automatisierte Erstellung eines Aktenzeichens im AZR, anhand dessen dieser Personenkreis im Ausländerzentralregister identifiziert werden kann. Die erfassten Daten stehen den Ausländerbehörden über das Ausländerzentralregister im Zusammenhang mit einem Verfahren nach § 24 AufenthG unmittelbar zur Verfügung. Die Möglichkeit zur Kennzeichnung beschränkt sich auf den Workflow Erstregistrierung nach § 16 AsylG.

9. Außerkrafttreten

Diese Allgemeine Weisung tritt am 31. August 2022 außer Kraft.

Nicht veröffentlichte Anlagen:

  • EU-Ratsbeschluss
  • Verordnung des Bundes nach § 99 AufenthG
  • Excel Tabelle zur Meldung von Personen an die ZABH
  • Schreiben des BMI vom 14. März 2022