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Allgemeine Weisung Nr. 07/2019 Aufenthaltsrecht; Ausführungsbestimmungen zu § 3 Nr. 6 und § 4 der Verordnung über die Zuständigkeiten im Ausländerrecht (AW-AuslR 2019.07)

Allgemeine Weisung Nr. 07/2019 Aufenthaltsrecht; Ausführungsbestimmungen zu § 3 Nr. 6 und § 4 der Verordnung über die Zuständigkeiten im Ausländerrecht (AW-AuslR 2019.07)
vom 28. August 2019

Außer Kraft getreten durch Allgemeine Weisung Nr. 9/2020 vom 10. Dezember 2020

1. Anlass für die Regelung

Mit § 3 Nr. 6 i. V. m. § 4 der Verordnung über die Zuständigkeiten im Ausländerrecht vom 9. Juli 2019 (AuslRZV) wurde die Zuständigkeit für den Vollzug von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen auf die Zentrale Ausländerbehörde des Landes Brandenburg (ZABH) übertragen.

Diese Allgemeine Weisung legt Verfahrensschritte und Abläufe fest, welche notwendig sind, um die Durchführung der Aufgabe zu regeln und eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen der ZABH und den kommunalen Ausländerbehörden zu gewährleisten. Sie gibt darüber hinaus einen Überblick über den für die Aufgabenerledigung relevanten Rechtsrahmen. Sie dient der einheitlichen Auslegung der gesetzlichen Tatbestände und, soweit diese ein Ermessen eröffnen, dessen einheitlicher Anwendung im Land Brandenburg.

Das gesamte Verfahren vom Zeitpunkt der Prüfung der Einzelfälle bis zum Vollzug der Ausreisepflicht lässt sich in mehrere Abschnitte gliedern. Den kommunalen Ausländerbehörden und der ZABH kommen hierbei verschiedene Verantwortlichkeiten zu, welche im Folgenden dargestellt werden. Unter Nummer 2 dieser Allgemeinen Weisung wird dargestellt, welche Regelungen aus dem AufenthG und dem AsylG die Ausländerbehörden prüfen, bevor sie eine ausreisepflichtige Person der ZABH für den Vollzug von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen melden. Nummer 3 regelt das Meldeverfahren und die Abstimmung zwischen den Behörden, Nummer 4 enthält Vorgaben zur Vorbereitung und die Nummern 5 bis 7 zum Vollzug der Abschiebung durch die ZABH.

2. Prüfung der Voraussetzungen für eine Meldung an die ZABH gem. § 4 AuslRZV

Die zuständige Ausländerbehörde prüft gemäß § 24 VwVfG vor jeder Anmeldung einer ausländischen Person zur Abschiebung durch die ZABH, ob die vollziehbare Ausreisepflicht im Einzelfall vorliegt und den Betroffenen ggfls. kein Bleiberecht nach dem Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) in der jeweils geltenden Fassung zusteht.

2.1. Prüfung der vollziehbaren Ausreiseverpflichtung

Eine Person ist vollziehbar ausreisepflichtig, wenn einer der Tatbestände des § 58 Absatz 2 AufenthG erfüllt ist. § 58 Absatz 2 S. 1 AufenthG führt hierbei die Fälle auf, in denen die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht unmittelbar kraft Gesetzes eintritt. Die Vollziehbarkeit der aufgrund eines Verwaltungsaktes entstehenden Ausreisepflicht regelt § 58 Absatz 2 S. 2 AufenthG. Diese liegt vor, wenn der Verwaltungsakt, durch den der Ausländer ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist. Bei gerichtlicher Überprüfung ist damit die rechtskräftige gerichtliche Entscheidung (Gerichtsbeschluss, Gerichtsbescheid, Urteil) im asyl- oder aufenthaltsrechtlichen Verfahren abzuwarten. Oder, wenn kein verwaltungsgerichtliches Verfahren anhängig ist, die entsprechende Bestandskraftmitteilung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bzw. die Bestandskraft eines durch die Ausländerbehörde erlassenen Verwaltungsaktes, welcher die Ausreisepflicht begründet.

2.2 Prüfung von Bleibeberechtigungen und Abschiebungshindernissen

Bevor die Ausländerbehörden eine ausreisepflichtige Person gem. § 4 AuslRZV an die ZABH für die Durchführung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen melden, prüfen sie im Rahmen der §§ 24; 25 VwVfG in jedem Einzelfall und soweit Anhaltspunkte für ein mögliches Bleiberecht bestehen, ob den Betroffenen ein Bleiberecht nach dem AufenthG zusteht oder, sofern hierfür eine Zuständigkeit der Ausländerbehörden besteht, ein innerstaatliches Abschiebungshindernis gem. § 60a AufenthG [dies betrifft insbesondere auch die Ausbildungsduldung und Beschäftigungsduldung gem. §§ 60c und 60d AufenthG in der ab dem 1.1.2020 geltenden Fassung des AufenthG] bzw. ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 AufenthG der Abschiebung entgegensteht, soweit entsprechende Anhaltspunkte gegeben sind.

Insbesondere ist wie bisher auch zu prüfen, ob es sich bei den Betroffenen um schutzbedürftige Personen im Sinne des Art. 3 Nr. 9 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie) handelt. Das Ergebnis der Prüfung der Schutzbedürftigkeit ist schriftlich festzuhalten und die ZABH ist in der Meldung zur Abschiebung auf eine etwaig bestehende Schutzbedürftigkeit hinzuweisen.

2.2.1 Bei der Prüfung von Bleiberechten kommen insbesondere die nachfolgend genannten Regelungen in Betracht:

  1. § 25a AufenthG
    § 25a AufenthG sieht auf Antrag des Betroffenen die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an langjährig geduldete und gut integrierte ausländische Jugendliche und Heranwachsende vor. Damit wird ihnen bei erbrachten eigenen Integrationsleistungen, d. h. insbesondere bei erfolgreichem Schulbesuch oder einem anerkannten Schul- oder Berufsabschluss, eine von den Eltern unabhängige, eigene gesicherte Aufenthaltsperspektive eröffnet und ihnen so die weitere Integration in Deutschland ermöglicht. Familienangehörige können unter bestimmten Voraussetzungen ein Aufenthaltsrecht von den Begünstigten ableiten. Auf die Regelung des § 60a Absatz 2b AufenthG wird hingewiesen. Insgesamt ist eine einzelfallgerechte und wohlwollende Prüfung angezeigt, um das integrationspolitische Ziel der Regelung zu fördern. Umfassende Vorgaben zur Anwendung der Regelung finden sich in der allgemeinen Weisung zu § 25a AufenthG.

  2. § 25b AufenthG
    § 25 b AufenthG sieht die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an langjährig geduldete und nachhaltig integrierte Ausländer vor. Wie bei der Prüfung des § 25a AufenthG ist auch hier die integrationspolitische Zielrichtung der Regelung durch eine einzelfallgerechte und wohlwollende Prüfung zu fördern. Die Ausländerbehörden haben beispielsweise bei potenziell begünstigten Personen auf eine sachdienliche Antragstellung hinzuwirken (§ 82 Absatz 3 AufenthG) und dies aktenkundig zu machen. Es wird um Beachtung der Verfahrenshinweise der Information Nr. 19/2016 vom 31.5.2016 gebeten.

  3. § 25 Absatz 4 Satz 2 AufenthG
    Gem. § 25 Absatz 4 S.2 AufenthG können Aufenthaltserlaubnisse auf Antrag verlängert werden, wenn die Aufenthaltsbeendigung eine außergewöhnliche Härte darstellen würde. Dies setzt voraus, dass der Ausländer sich in einer individuellen Sondersituation befindet, aufgrund derer ihn die Aufenthaltsbeendigung nach Art und Schwere des Eingriffs wesentlich härter treffen würde als andere Ausländer, deren Aufenthalt ebenfalls zu beenden wäre (zu den Einzelheiten wird auf die Ziff. 25.4.2.1 – 25.4.2.8 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009 des Bundesministeriums des Innern (AVV BMI) hingewiesen).

  4. § 25 Absatz 5 AufenthG
    Diese Regelung kommt bei längerfristig Geduldeten zum Tragen, wenn die Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall des Abschiebungshindernisses in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden kann. Eine Aufenthaltserlaubnis soll auf Antrag der Betroffenen erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Zu beachten sind jedoch § 25 Absatz 5 Sätze 3 und 4 AufenthG wonach bei selbst verschuldeter Ausreiseverhinderung die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen ist (zu den Einzelheiten wird auf die Ziff. 25.5.– 25.5.9 AVV hingewiesen).

  5. § 23a AufenthG
    In geeigneten Fällen (insbesondere gute Integrationsleistungen trotz Ausreisepflicht) kann der Betroffene auf die Möglichkeit verwiesen werden, sich an ein Mitglied der Härtefallkommission zwecks Einleitung eines Härtefallverfahrens zu wenden. Gem. § 4 Absatz 4 der Brandenburger Härtefallkommissionsverordnung ist – außer bei einem bereits feststehenden Rückführungstermin – für die Dauer der Befassung der Härtefallkommission von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen. Vorgaben zum Verfahren finden sich in der Brandenburger Härtefallkommissionsverordnung. Bei Fragen zu laufenden Härtefallverfahren ist ggfls. die Geschäftsstelle der Härtefallkommission zu kontaktieren.

Es wird darauf hingewiesen, dass die dargestellten Bleiberechtsregelungen regelmäßig nicht in laufenden Verfahren zur Überstellung nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (Dublin-III-VO) Anwendung finden können. Für diese Fälle besteht keine eigene Zuständigkeit der Brandenburger Ausländerbehörden, da die Überstellung in Amtshilfe für den Bund vollzogen wird. Die Überstellung in den anderen Mitgliedstaat genießt hier regelmäßig Vorrang. Personen, bei denen das BAMF eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG erlassen hat, werden der ZABH durch die Ausländerbehörden nach Ablauf der Rechtsmittelfrist des § 34a Absatz 2 Satz 1 AsylG gemeldet, sofern kein Eilantrag nach § 80 Absatz 5 VwGO gestellt wurde und im Übrigen nach rechtskräftiger Entscheidung des Verwaltungsgerichts über den Eilantrag.

2.2.2 Bei der Prüfung von Abschiebungsverboten und Abschiebungshindernissen kommen insbesondere die nachfolgenden Regelungen in Betracht, wobei in der Regel Abschiebungsverbote nicht zu prüfen sind, denn hier besteht die vorrangige Prüfzuständigkeit des BAMF.

Die Ausländerbehörde und die ZABH sind, sofern ein zulässiger Asylantrag beschieden wurde, der eine Abschiebungsandrohung gem. § 34 AsylG enthält, an die Entscheidung des BAMF zu zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten gem. § 60 Absätze 5 und 7 AufenthG gebunden.

Es wird ferner darauf hingewiesen, dass das BAMF im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG – anders als sonst im Asylverfahren – nicht nur alle zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote, sondern auch die innerstaatlichen Abschiebungshindernisse die sowohl bis zur Erstellung des Bescheides als auch nachträglich auftreten, prüft und ggfls. feststellt. Daneben besteht keine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde oder der ZABH. Auf die Ausführungen zu Nummer 5.1 dieser Allgemeinen Weisung wird verwiesen.

a) Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung

Ausreisepflichtigen Personen, die eine qualifizierte Berufsausbildung absolvieren möchten und bei denen alle Erteilungsvoraussetzungen des § 60a Absatz 2 S. 4 ff. AufenthG [bzw. § 60c in der ab dem 1.1.2020 geltenden Fassung des AufenthG] vorliegen, wird auf Antrag eine Ausbildungsduldung erteilt. Diese Möglichkeit besteht gem. § 60a Absatz 6 AufenthG unter anderem nicht bei Personen, die Staatsangehörige eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a AsylG sind und deren nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt wurde [Dieses Beschäftigungsverbot gilt in der ab dem 1.1.2020 geltenden Fassung des AufenthG auch bei zurückgenommenen Asylanträgen, wenn die Rücknahme nicht auf einer Beratung beim BAMF beruhte. Darüber hinaus besteht für diese Personengruppe ab dem 1.1.2020 ein Beschäftigungsverbot auch dann, wenn ein Asylantrag nicht gestellt wurde. Erfolgte bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern die Rücknahme oder Verzicht im Interesse des Kindeswohls, ist die Regelung des § 60a Absatz 6 Nr. 3 Satz 1 AufenthG nicht anwendbar.]. Auch wenn ein Asylantrag im Rahmen eines Dublin-Überstellungsverfahrens gestellt wurde, ist die Ausbildungsduldung wegen bereits eingeleiteter konkreter aufenthaltsbeendender Maßnahmen zu versagen. Gleiches gilt gem. § 60a Absatz 6 Nr. 2 AufenthG, wenn eine ausreisepflichtige Person die Gründe für das Vollzugshindernis, z. B. durch Identitätstäuschung oder sonstige falsche Angaben selbst zu vertreten hat. Detaillierte Hinweise zum Verfahren enthält die Allgemeine Weisung Nr. 6/2019 vom 30.7.2019.

[Auf die ab dem 1.1.2020 geltende Regelung des § 60d AufenthG wird hingewiesen. Mit dem Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung hat der Bundesgesetzgeber mit § 60d AufenthG eine Beschäftigungsduldung eingeführt. Sie ermöglicht ausreisepflichtigen Personen (und deren Familienangehörigen), die vor dem 1. August 2018 eingereist sind, seit über 12 Monaten geduldet sind und seit mindestens 18 Monaten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von mindestens 35 bzw. 20 Stunden ausüben, die Erteilung einer Duldung für die Dauer von 30 Monaten. Für einen Duldungsanspruch müssen die Betroffenen umfangreiche Voraussetzungen erfüllen.]

b) Ermessensduldung gem. § 60a Absatz 2 Satz 3 AufenthG

Ermessensduldungen aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen kommen bspw. zum Abschluss eines Schuljahres oder zum Abschluss des Studiums, oder der Pflege von Angehörigen in Betracht. Dies ist ebenso bei berufsqualifizierenden Maßnahmen oder Helferausbildungen zu beachten (auf die Allgemeine Weisung Nr. 6/2019 vom 30.7.2019 wird verwiesen).

c) Bleiberecht für Opfer rechtsmotivierter Gewalt

Macht ein Ausländer geltend, Opfer rechtsmotivierter Gewalt geworden zu sein, besteht die Möglichkeit ihm ein Bleiberecht zu gewähren. Die Vorschriften der Erlasse Nr. 8/2016 vom 21.12.2016 und Nr. 3/2017 vom 12.05.20017 sind zu beachten.

d) Duldung aus gesundheitlichen Gründen

Eine Duldung aus gesundheitlichen Gründen ist zu erteilen, wenn die Vorrausetzungen des § 60a Absätze 2c und 2d AufenthG vorliegen, das heißt, wenn der Ausländer eine Krankheit, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, anhand einer qualifizierten ärztlichen Bescheinigung nachweist (auf die Allgemeine Weisung Nr. 6/2019 vom 30.7.2019 wird verwiesen).

d) Duldung zur Ermöglichung der gemeinsamen Ausreise einer Familie gem. § 43 AsylG

Ist eine Aussetzung der Abschiebung nicht bereits mit Blick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK aus rechtlichen Gründen geboten und liegt deswegen ein Abschiebungshindernis gem. § 60a Absatz 2 Satz 1 AufenthG vor, soll eine Aussetzung der Abschiebung nach § 43 Absatz 3 AsylG in der Regel erfolgen, wenn

    • die Familienangehörigen i. S. d. § 26 Absatz 1 – 3 AsylG (Ehegatten, Eltern, minderjährige Kinder, Lebenspartner, andere sorgeberechtigte Erwachsene, minderjährige ledige Geschwister) innerhalb von sechs Monaten in das Bundesgebiet eingereist sind und der Asylantrag jeweils zwei Wochen nach der Einreise gestellt wurde und
    • damit zu rechnen ist, dass die Familienangehörigen, deren Aufenthalt noch gestattet ist, in Kürze vollziehbar zur Ausreise verpflichtet sein werden, und
    • durch die Abschiebung eines Ehegatten der andere Ehegatte oder die minderjährigen Kinder öffentliche Leistungen beanspruchen müssten oder
    • dies zur Betreuung eines Ehegatten oder der minderjährigen Kinder erforderlich ist; in diesem Fall kann zur Vermeidung von außergewöhnlichen Härten eine Duldung auch dann erteilt werden, wenn die Einreise nicht innerhalb von sechs Monaten erfolgt ist.

Eine Duldung nach § 43 Absatz 3 AsylG wird in der Regel nicht erteilt, wenn

    • ein Asylfolgeantrag gestellt wird oder
    • offensichtlich ist, dass die Antragstellung nur erfolgt, um eine Aufenthaltsbeendigung des ausreisepflichtigen Familienangehörigen zu verhindern. Die Betreuung minderjähriger Kinder durch ein Elternteil ist jedoch sicherzustellen.
    • gewichtige öffentliche Interessen an einer zeitnahen Durchsetzung der Ausreisepflicht die privaten Interessen der Ausländerin oder des Ausländers an der Aussetzung der Abschiebung überwiegen. Etwa, wenn der Ausländer straffällig geworden ist und/oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

e) Duldung wegen fehlender Pass- oder Passersatzpapiere

Ist die ausländische Person wegen fehlender Rückreisepapiere geduldet, kommt eine Meldung an die ZABH trotzdem in Betracht. Die ZABH übernimmt auch in diesem Fall die Passersatzpapierbeschaffung in eigener Zuständigkeit.

2.2.3 Die Zuständigkeit für Duldungserteilungen oder Verlängerungen bzw. deren Widerruf bleibt trotz Meldung einer ausreisepflichtigen Person an die ZABH bei der weiterhin örtlich und sachlich zuständigen Ausländerbehörde. Nach Meldung einer Person an die ZABH werden Duldungen grundsätzlich für einen Zeitraum von höchstens vier Wochen verlängert oder erteilt. Sollte die ZABH im Einzelfall einen anderen Duldungszeitraum befürworten, setzt sie sich hierzu mit der zuständigen Ausländerbehörde in Verbindung. Vor Widerruf einer Duldung ist die ZABH zu informieren. Für das Abstimmungsverfahren werden von der ZABH in Abstimmung mit den kommunalen Ausländerbehörden personalressourcenschonende und unkomplizierte Abläufe entwickelt.

2.2.4 Soweit die Ausländerbehörde für die Prüfung von innerstaatlichen Abschiebungshindernissen gem. § 60a AufenthG bzw. zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten gem. § 60 AufenthG zuständig ist, prüft sie auch diese und sieht bei deren Vorliegen von einer Meldung an die ZABH ab.

Ist nach dem Vorhergehenden die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder einer Duldung wegen des Vorliegens eines Vollzugshindernisses geboten, oder liegt ein Abschiebungsverbot vor, sieht die Ausländerbehörde von einer Meldung an die ZABH zur Durchführung von Rückführungsmaßnahmen ab. Betrifft das Vollzugshindernis nur einen absehbaren Zeitraum (bspw. akute Erkrankung), kann eine Meldung auch vor Wegfall des Vollzugshindernisses getätigt werden. Dabei ist die ZABH auf das noch vorliegende Vollzugshindernis gesondert hinzuweisen. Meldet die Ausländerbehörde die Person an die ZABH, wird das Prüfergebnis zu den Bleiberechtsregelungen und Abschiebungsverboten bzw. Abschiebungshindernissen von der zuständigen Ausländerbehörde in der als [Anlage 1] beigefügten Checkliste festgehalten und als letztes Dokument zum Auszug der Ausländerakte beigefügt.

2.3. Vorrang der freiwilligen Rückkehr

2.3.1 Die freiwillige Rückkehr ausreisepflichtiger Personen, insbesondere von Familien mit minderjährigen Kindern, in ihre Herkunftsländer genießt grundsätzlich Vorrang vor der Abschiebung gemäß § 58 AufenthG. Dazu sind alle rechtlichen, finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten zu nutzen, um den Ausreisepflichtigen eine wirkungsvolle Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung der freiwilligen Ausreise zukommen zu lassen. Ein Drittstaatsangehöriger gilt als freiwillig ausgereist, wenn er eigenständig und ohne staatliche Zwangsmaßnahmen Deutschland mit der Absicht verlässt, sich in einem anderen Drittstaat außerhalb der Dublin-Mitgliedstaaten dauerhaft niederzulassen. Eine Ausreisepflicht muss nicht vorliegen.

2.3.2 Die Ausländerbehörde nimmt die Rückkehrberatung gemäß der nachfolgend dargestellten Verfahrensweise vor Meldung an die ZABH vor. Hat im Zeitpunkt der vollziehbaren Ausreisepflicht noch keine Rückkehrberatung stattgefunden und möchte die Ausländerbehörde den Fall trotzdem an die ZABH melden, weist sie auf die ausstehende Rückkehrberatung hin und legt die Gründe hierfür dar. Die ZABH nimmt die Rückkehrberatung in diesen Fällen vor.

Die Ausländerinnen und Ausländer sind im Rahmen von § 25 VwVfG durch die Ausländerbehörde auf die Möglichkeiten und Vorteile einer freiwilligen Ausreise hinzuweisen und entsprechend zu beraten. Gibt eine Ausländerin oder ein Ausländer zu erkennen, dass die Ausreise ernsthaft beabsichtigt ist und ist diese auch tatsächlich möglich, soll grundsätzlich die Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise auch dann eingeräumt werden, wenn die gesetzliche Frist bereits abgelaufen ist.

2.3.3 Die freiwillige Rückkehr ausreisepflichtiger Personen hat grundsätzlich keinen Vorrang, wenn

  1. die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist (§ 58 Absatz 1 Satz 1 AufenthG)

oder

  1. aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint (§ 58 Absatz 1 Satz 1 AufenthG).

2.3.4 Die Zuständigkeit für Verfahren, die unter den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO), fallen, liegt bei dem BAMF. Die nach Landesrecht zuständigen Ausländerbehörden leisten dem BAMF Amtshilfe und die betroffenen Personen sind im Regelfall unter Anwendung von Verwaltungszwang an den zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen. Für Überstellungen nach der Dublin-III-Verordnung ist der „Leitfaden Dublinverfahren“ des BAMF zu beachten. Auf die dortigen Ausführungen zur Möglichkeit der freiwilligen Ausreise in das Herkunftsland bei Dublinverfahren wird verwiesen.

Im Fall einer selbstorganisierten Ausreise in den Herkunftsstaat ist sicherzustellen, dass die gewährte Ausreisefrist zur freiwilligen Ausreise innerhalb der vom BAMF vorgegebenen Frist zur Überstellung in den zur Aufnahme verpflichteten Mitgliedstaat liegt. Die freiwillige Ausreise in den Herkunftsstaat darf nicht die Möglichkeit der Rücküberstellung in einen anderen EU-Mitgliedstaat beeinträchtigen.

2.4 Intensivierung der Rückkehrberatung

2.4.1 Ausreisepflichtige sollten, möglichst noch vor Eintritt der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht, auf die Möglichkeiten der freiwilligen Ausreise, insbesondere der Rückkehrhilfen, und auf die Konsequenzen einer nicht freiwilligen Ausreise hingewiesen werden. Dies sollte idealerweise in einem Gespräch erfolgen, ein schriftlicher Hinweis kann auch genügen, soweit er für die betroffene Person verständlich ist. Zeigt die Ausländerin oder der Ausländer Interesse an einer Ausreise innerhalb der Ausreisefrist, so ermöglicht die Ausländerbehörde eine Beratung zur freiwilligen Rückkehr durch eigene Beschäftigte oder vermittelt an den zuständigen Migrationsdienst.

2.4.2 Dies gilt insbesondere für Ausländerinnen und Ausländern, die aus dem Kreis der sicheren Herkunftsstaaten gemäß Anlage II zu § 29a AsylG stammen. Dieser Personenkreis ohne flüchtlingsrechtlich relevanten Schutzbedarf soll bereits im Rahmen der Registrierung in der Erstaufnahme auf die erfolgten Verschärfungen des AsylG, AsylbLG und AufenthG hingewiesen werden, um seine Rückkehrwilligkeit zu fördern:

  1. Verbleib in der Erstaufnahmeeinrichtung – auch bei Folgeanträgen – bis zum Abschluss des Verfahrens bzw. bis zur Ausreise/Abschiebung (§§ 47 Absatz 1a und 59a AsylG), um eine raschere Beendigung des Aufenthalts aus der Erstaufnahmeeinrichtung heraus zu gewährleisten. In besonderen Ausnahmefällen kann es jedoch in Anwendung der §§ 48 bis 50 AsylG dazu kommen, dass die Asylsuchenden auf die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt werden. In diesen Fällen soll eine erneute Rückkehrberatung nach Eintritt der Rechtskraft der Ablehnungsentscheidung durch die zuständige Ausländerbehörde erfolgen.
  2. Verbot der Ausübung einer Erwerbstätigkeit während des Asylverfahrens, wenn die Einreise nach dem 31.08.2015 erfolgte (§ 61 Absatz 2 Satz 4 AsylG). Dies gilt auch für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) gemäß § 60a Absatz 6 Satz 1 Nr. 3 AufenthG, wenn der nach dem 31.08.2015 gestellte Asylantrag abgelehnt wurde. [Mit Inkrafttreten des Gesetzes über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung gilt ab dem 1.1.2020 das Beschäftigungsverbot des § 60a Absatz 6 Nr. 3 AufenthG auch, wenn der Asylantrag zurückgenommen oder nicht gestellt wurde. Eine Rücknahme, die auf Grund einer Beratung des BAMF erfolgte, führt nicht zu einem Beschäftigungsverbot. Bei unbegleiteten Minderjährigen sind Verzicht und Rücknahme des Asylantrages unschädlich, wenn diese im Interesse des Kindeswohls erfolgten.]
  3. Keine vorherige Androhung und Fristsetzung der Abschiebung (§ 34a Absatz 1 Satz 3 AsylG).
  4. Leistungseinschränkungen für vollziehbar Ausreisepflichtige, die nicht ausgereist sind, obwohl sie unverzüglich zur Ausreise verpflichtet waren. Nach Ablauf des festgesetzten Ausreisetermins erhalten sie nur noch die notwendigsten Leistungen, die außerdem nicht als Geldleistung, sondern als Sachleistungen erbracht werden sollen (§ 1a Absatz 1 Satz 4 AsylbLG). Hiervon nicht betroffen sind nur Leistungsberechtigte, die schuldlos nicht ausgereist sind, weil rechtliche oder tatsächliche Gründe, z. B. Reiseunfähigkeit oder faktisch nicht vorhandene Reisemöglichkeit, die Ausreise verhinderten.

    Die Ausländerbehörden teilen den zuständigen Sozialämtern mit, sobald ein Ausländer oder eine Ausländerin den Ausreisetermin nicht wahrgenommen hat und die Ausreise aus Gründen, die die ausreisepflichtige Person Ausländer zu vertreten hat, nicht stattfinden konnte (§ 90 Absatz 3 AufenthG). Die Mitteilung bezieht sich auf alle bekannten Umstände, welche erheblich sind, damit das Sozialamt eine eigene Einschätzung bezüglich der Leistungskürzung vornehmen kann.
  5. Leistungen in Geld dürfen gemäß § 3 Absatz 6 Satz 3 AsylbLG höchstens für einen Monat im Voraus erbracht werden.

Asylsuchende aus sicheren Herkunftsstaaten sind außerdem darauf hinzuweisen, dass das BAMF nach den Bestimmungen des § 11 Absatz 7 Nr. 1 AufenthG ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für längere Zeit anordnen kann, wenn ihr Asylantrag u. a. nach § 29a Absatz 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Bei einer Rücknahme des Asylantrags, verbunden mit einer freiwilligen Ausreise, bleibt ihnen hingegen die Möglichkeit erhalten, aus ihrem Heimatland einen Aufenthaltstitel zu Arbeitszwecken zu beantragen.

2.4.3 Es wird empfohlen, die erfolgte Rückkehrberatung in der Ausländerakte zu dokumentieren. Aus der Dokumentation soll sich die Art und Weise (gesprächsweise oder schriftlich), der Zeitpunkt und das Ergebnis der Beratung ergeben.

2.4.4 Ergibt die Rückkehrberatung, dass tatsächlich eine freiwillige Ausreise beabsichtigt ist, die jedoch aus nachvollziehbaren Gründen (bspw. besondere Dauer des Aufenthalts, Vorhandensein schulpflichtiger Kinder, oder das Bestehen anderer sozialer, familiärer Bindungen) innerhalb der Ausreisepflicht nicht erfolgen kann, soll die freiwillige Ausreise weiterhin ermöglicht werden. Die Ausreisefrist kann in diesen Fällen angemessen verlängert werden (§ 59 Absatz 1 Satz 4 AufenthG). Auf die Information Nr. 13/2017 vom 28.02.2017 wird hingewiesen.

Im Fall der Rücknahme des Asylantrags oder der Klage oder des Verzichts auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14a Absatz 3 AsylG kann der Ausländerin oder dem Ausländer eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn sie oder er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt (§ 38 Absatz 3 AsylG).

2.4.5 Die Möglichkeiten einer Ausreise über die derzeitigen Programme REAG und GARP, ERRIN sind sowohl bei der Ausländerbehörde als auch bei der ZABH auszuschöpfen. Auf unabhängige Rückkehrberatung durch IOM ist sowohl durch die ZABH als auch durch die Ausländerbehörde in geeigneter Form hinzuweisen.

3. Meldeverfahren und Abstimmung zwischen den Ausländerbehörden und der ZABH

3.1 Zeitpunkt der Meldung einer ausreisepflichtigen Person an die ZABH

Die Meldung erfolgt frühestens, wenn die unter Nummer 2 beschriebenen Verfahrensschritte der Vorprüfung abgeschlossen sind und die Abschiebung zur Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht notwendig ist.

Sie hat spätestens zu erfolgen, wenn die Vorprüfung ohne festgestellte Bleibeberechtigung abgeschlossen ist und Rückreisepapiere für die betroffene Person zur Verfügung stehen. Bei inhaftierten ausreisepflichtigen Personen soll die Meldung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Erlass der Ausweisungsverfügung vorgenommen werden und in der Regel auch die Passersatzpapierbeschaffung von der ZABH koordiniert werden. Bei Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürgern), die in einer Justizvollzugsanstalt inhaftiert sind, erfolgt die Meldung an die ZABH mit Bestandskraft der Verlustfeststellung, bei Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit spätestens mit Zugang des Verwaltungsaktes bei der betroffenen Person.

3.1.1 Form der Meldung

Die Meldung erfolgt anhand des als [Anlage 2] beigefügten Meldeformulars an die [E-Mailadresse: zabh.ausreise@zabh.brandenburg.de]. Grundsätzlich sollen Meldungen von mehreren abzuschiebenden Familienangehörigen gleichzeitig vorgenommen werden.

3.1.2 Begleitdokumentation

Neben dem Meldeformular übermittelt die Ausländerbehörde eine Kopie der Ausländerakte an die ZABH. Bei besonders umfangreichen Akten ist ausnahmsweise auch die Übersendung eines Aktenauszugs möglich, welcher die wichtigsten Dokumente enthält. Dies sind bspw. alle Dokumente, welche die vollziehbare Ausreisepflicht belegen, insbesondere Gerichtsentscheidungen, Ordnungsverfügungen, Dokumentationen zur Straffälligkeit und sonstigen sicherheitsrelevanten Sachverhalten, zu den familiären Verhältnissen und bereits gescheiterten Abschiebungsversuchen und der erfolgten Beratung zur freiwilligen Ausreise sowie Ausweispapiere oder alle Unterlagen bzw. Dokumente, welche zur Passersatzpapierbeschaffung dienen können. Die ZABH kann weitere notwendige Dokumente von den Ausländerbehörden anfordern. Die Checkliste zur Prüfung von Bleibeberechtigungen und Abschiebungshindernissen wird als letztes Blatt der Aktenkopie beigefügt.

Später zur Akte genommene Dokumente (wie zum Beispiel gerichtliche Verfügungen, Mitteilungen des BAMF oder Schreiben der Ermittlungsbehörden) sind in Kopie der ZABH zu übersenden, soweit sie für die Abschiebung relevant sein können.

3.2 Verfahren bei der ZABH

Nach Erhalt des per E-Mail übersandten Meldeformulars sowie der kopierten Ausländerakte bzw. dem Aktenauszug bestätigt die ZABH gegenüber der Ausländerbehörde den Eingang der Meldung und die Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen im Hinblick auf die gemeldeten vollziehbar ausreisepflichtige(n) Person(en).  

Das Personal der ZABH gleicht die Ausländerakte mit der von der Ausländerbehörde ausgefüllten Checkliste ab und verifiziert die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht. Es überprüft auch, ob es nach Aktenlage Hinweise für das Vorliegen der unter Nummer 2 dargestellten Vollzugs- bzw. Abschiebungshindernisse gibt. Wenn notwendig, setzt es sich mit der zuständigen Außenstelle des BAMF zu den Einzelfällen in Verbindung, insbesondere um zu verifizieren, dass alle Vollzugsvoraussetzungen gegeben und keine Folgeverfahren oder verwaltungsgerichtliche Eilverfahren anhängig sind.

Kommt die ZABH zu dem Schluss, dass die Abschiebung durchgeführt wird, teilt sie dies der Ausländerbehörde schriftlich mit. Stellen Betroffene nach dieser Mitteilung einen Antrag auf Erteilung einer Ausbildungsduldung gem. § 60a Absatz 2 Satz 4 ff. AufenthG setzt sich die Ausländerbehörde mit der ZABH in Verbindung und erfragt, ob diese bereits konkrete aufenthaltsbeendende Maßnahmen i. S. d. Vorschrift (s. Allgemeine Weisung Nr. 6/2019 vom 30.7.2019 Teil IV Ziff. 4) eingeleitet hat. Ist dies der Fall, ist die Duldungserteilung zu versagen und das Vollziehungsinteresse überwiegt das Bleibeinteresse der Einzelperson. 

Stellt die ZABH Unstimmigkeiten bei Prüfung der Checkliste fest, die im Ergebnis dem Vollzug der Abschiebung entgegenstehen oder treten nach der Meldung Umstände ein, die dem Vollzug der Abschiebung entgegenstehen, nimmt sie Kontakt zur Ausländerbehörde auf, um den Fall zu erörtern. Kommt die ZABH auch nach Konsultation mit der Ausländerbehörde zum Ergebnis, dass die Rückführung nicht durchgeführt werden kann, teilt sie dies der Ausländerbehörde mit den entsprechenden Gründen schriftlich mit. Ist die Ausländerbehörde mit der Begründung der ZABH nicht einverstanden und hält die Abschiebung weiterhin für durchführbar, so legt sie den Fall dem die Sonderaufsicht führenden Fachreferat des Ministeriums des Innern und für Kommunales zur Entscheidung vor, ob mit dem Vollzug der Abschiebung fortzufahren oder die Meldung der betreffenden ausreisepflichtigen Person(en) rückgängig zu machen ist.

3.3 Priorisierung von einzelnen Personengruppen

3.3.1 Die ZABH priorisiert bei der Planung der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die nachstehenden Personenkreise. Auch die Ausländerbehörden werden aufgefordert, diese Personenkreise im Hinblick auf die Meldung bei der ZABH zu priorisieren:

  • Personen, die eine besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eine terroristische Gefahr i. S. d. § 54 Absatz 1 Nr. 2 - 5 AufenthG darstellen.
  • Straf- bzw. Untersuchungshaftfälle, bei denen das Strafverfolgungsinteresse hinter das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung zurücktritt (§ 72 Absatz 4 AufenthG und § 456a Absatz 1 StPO sind zu beachten).
  • Verurteilte ausreisepflichtige (Wiederholungs)Straftäter*innen.
  • Personen, gegen die gem. § 53 ff. AufenthG eine Ausweisungsverfügung erlassen wurde oder bei denen ein Ausweisungsinteresse vorliegt,
  • Personen, die in der Unterkunft und/oder bei den zuständigen Behörden mehrfach und regelmäßig durch ihr störendes ordnungswidriges Verhalten aufgefallen sind sowie Personen, die keinerlei Integrationsbemühungen gezeigt haben.
  • Personen, die in einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 29a Absatz 2 AsylG abgeschoben werden sollen oder deren Asylantrag als offensichtlich unbegründet gem. § 30 AsylG abgelehnt wurde oder für die ein Überstellungsverfahren gem. der Dublin-III-VO in einen anderen Mitgliedstaat vorgesehen ist oder deren Folgeantrag gem. § 71 AsylG oder Zweitantrag gem. § 71a AsylG abgelehnt wurde.
  • Aufgriffsfälle der Polizei (für die bisher schon eine Zuständigkeit einer kommunalen Ausländerbehörde gegeben war/für die die ZABH zuständig ist)

3.3.2 Bei den ersten drei Fallgruppen wird darauf hingewiesen, dass beim BAMF ein priorisiertes Asylverfahren angeregt werden kann, was in der Regel nur während des Aufenthalts der Delinquenten in der Erstaufnahmeeinrichtung für die ZABH in Betracht kommt, ausnahmsweise aber auch bei erheblicher Verzögerung des Asylverfahrens noch nach der Verteilung von der dann zuständigen Ausländerbehörde erfolgen kann.

Asylanträge von straffälligen Asylbewerbern können priorisiert behandelt werden, um einen schnelleren Abschluss des Asylverfahrens zu erwirken. Hierfür ist das bekannte Formular des BAMF auszufüllen und die Verfahrenshinweise sind zu beachten. Bevor die Ausländerbehörden Asylbewerber für das priorisierte Verfahren melden, soll die Behörde folgende Aspekte berücksichtigen:

a) Einschätzung der Rückführungsperspektive

Das priorisierte Verfahren ist nur dann zweckdienlich, wenn auch eine realistische Chance auf eine Aufenthaltsbeendigung besteht. Liegen für die betroffene Person keine Heimatpässe vor, sind die Aussichten der Rückführung insbesondere danach zu beurteilen, ob die Identität der Person geklärt ist, ob sie bei der Identitätsklärung mitwirkt und ob die Person aus einem Herkunftsstaat stammt, der bei der Rückführung seiner Staatsangehörigen kooperiert (z. B. durch Akzeptieren von Rückführungen mit EU-Laissez-Passer).

b) Vermeidung unerwünschter Bevorzugung

Zu beachten ist auch, dass das priorisierte Verfahren nicht in allen Fällen zu dem gewünschten Zweck der schnelleren Abschiebung von straffälligen Asylbewerbern und der damit verbundenen Signalwirkung beiträgt.

Stammt die betroffene Person aus einem Herkunftsstaat mit einer hohen Anerkennungsquote, kann das beschleunigte Asylverfahren dazu führen, dass die straffällige Person gegenüber nicht straffälligen Asylbewerbern bevorzugt wird.

Mit dem aufgrund einer Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung erteilten Aufenthaltstitel besteht z. B. ein Anspruch auf SGB-Leistungen sowie dem Grunde nach auf Kindergeld, Kinderzuschlag, Elterngeld, Unterhaltsvorschuss und Ausbildungsförderung. Die Betroffenen haben uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, haben – unabhängig von der Frage der Lebensunterhaltsicherung – Anspruch auf Familiennachzug und können unter bestimmten Voraussetzungen ihren Wohnort frei wählen. Bei Personen aus Herkunftsstaaten wie Syrien, Eritrea, Irak und Somalia liegt diese unerwünschte Bevorzugung auf der Hand.

c) Berücksichtigung von Schwere und/oder Häufigkeit der vorliegenden Delinquenz

Eine übermäßige Nutzung der Möglichkeit der priorisierten Asylverfahren würde den Wert der Unterstützungsmaßnahme mindern.

Schwere und Häufigkeit der Delinquenz sollten deswegen in die Gesamtabwägung mit einbezogen werden. Eine rechtskräftige Verurteilung ist nicht Voraussetzung für die Bitte um Verfahrensbeschleunigung. Entscheidend ist, ob durch die Meldung eine im öffentlichen Interesse stehende Beendigung des Aufenthaltes schneller realisiert werden kann.

3.3.3 Übergangsregelung nach dem Inkrafttreten der AuslRZV

Mit Inkrafttreten der AuslRZV sind die kommunalen Ausländerbehörden nicht mehr zuständig für die Durchführung von Aufenthaltsbeendigungen. Dennoch sollten Zuständigkeitswechsel in laufenden Verwaltungsvollstreckungsverfahren vermieden werden. Laufende Rückführungsvorgänge, bei denen die Ausländerbehörde bereits vor dem 1.9.2019 in die Planung von operativen Maßnahmen eingetreten ist, sollen regelmäßig noch von der kommunalen Ausländerbehörde durchgeführt werden. Bei schon gebuchten Transportmitteln und insbesondere bei begleiteten Rückführungen, für die ein Abschiebungstermin schon feststeht, soll die Abschiebung deswegen noch durch die ursprünglich zuständige Ausländerbehörde vollzogen werden. Damit werden Abstimmungsschwierigkeiten mit dritten Behörden vermieden. Die ZABH wird für diese Fälle ein Amtshilfeersuchen an die zuständige Ausländerbehörde stellen. Die kommunalen Ausländerbehörden werden gebeten, die entsprechenden Fälle der ZABH mitzuteilen.

Die Ausländerbehörden werden darüber hinaus gebeten, in der Anfangszeit der Aufgabenübernahme eine Priorisierung vorzunehmen. Prioritär sollen Personen gemeldet werden, die ab dem 1.9.2019 ausreisepflichtig geworden sind und bei denen kein längerfristiges Abschiebungshindernis vorliegt oder zu erwarten ist. Bei langen Duldungszeiten und bereits gescheiterten Abschiebungsversuchen werden die Ausländerbehörden gebeten, eine Meldung an die ZABH erst dann vorzunehmen, wenn sich die Zusammenarbeit zwischen den Behörden eingespielt hat. Erwerbstätige Personen, die am 1.1.2020 voraussichtlich die Voraussetzungen für eine Beschäftigungsduldung gem. § 60d AufenthG erfüllen, sollen ebenfalls nicht prioritär gemeldet werden. Steht hingegen die Abschiebung einer (inhaftierten) straffällig gewordenen Person, oder einer Person, die eine Gefahr für die innere Sicherheit, oder eine terroristische Gefahr darstellt, bevor, sind diese Fälle prioritär zu melden.

Werden Aufenthaltsbeendigungen im Übergangszeitraum in Amtshilfe für die ZABH durchgeführt, erstattet die ZABH der Ausländerbehörde die Personalkosten durch Zahlung der in Nr. 8.4 festgelegten Pauschale. Fallen darüber hinaus bei der Ausländerbehörde erstattungsfähige Kosten gem. § 67 AufenthG an, so kann sie diese gegenüber der ZABH auf der Grundlage von § 44 Absatz 2 OBG geltend machen und erhält diese erstattet.

4. Vorbereitung der Abschiebung

Die ZABH ist nach Meldung der Ausländerbehörde gem. § 4 AuslRZV für die Planung und Durchführung der Abschiebung der gemeldeten vollziehbar ausreisepflichtigen Person(en) zuständig. Durch die Meldung an die ZABH wird deren spezielle Zuständigkeit für die Vorbereitung, Koordinierung und den Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen einschließlich der Geltendmachung der Kosten der Abschiebung bezogen auf den konkreten Einzelfall begründet. Da die grundsätzliche aufenthaltsrechtliche Zuständigkeit aber bei der Ausländerbehörde verbleibt, ist eine Abstimmung zwischen ZABH und Ausländerbehörde notwendig. Die Ausländerbehörden und die ZABH benennen hierfür feste Ansprechpartner.

Die ZABH beachtet das Formblatt „Vorbereitung der Abschiebung [Anlage 3].

4.1. Informationspflichten der Ausländerbehörden

Die Ausländerbehörde erteilt der ZABH Auskunft zum Sachverhalt, soweit diese darum bittet. Sie leitet der ZABH unverzüglich den Schriftverkehr mit der betroffenen Person, deren Prozessbevollmächtigten und anderen Behörden und Gerichten weiter. Dies gilt insbesondere, sobald die Ausländerbehörde Kenntnis von laufenden Asylfolgeantragsverfahren, eingelegten Rechtsmitteln sowie Bestands-, Vollzugs- oder Rechtskraftmitteilungen des BAMF erhält. Sie teilt der ZABH ebenfalls unverzüglich mit, wenn sie nach der Meldung an die ZABH Kenntnis von möglichen Vollzugs- oder Abschiebungshindernissen wie Krankheit des Betroffenen oder eines Familienangehörigen, fortgeschrittene Schwangerschaft, Geburt eines Kindes etc. erhält. Es ist abzusichern, dass Rückführungsmaßnahmen nur bei vollziehbarer Ausreisepflicht betrieben werden.

4.2 Maßnahmen zur Aufenthaltsermittlung

Die ZABH ergreift erforderlichenfalls Maßnahmen zur Aufenthaltsermittlung des Betroffenen. Stellt sich heraus, dass die Person untergetaucht ist, bereitet sie die Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung in den Fahndungsmitteln der Polizei gem. § 50 Absatz 6 Satz 1 AufenthG vor. Besteht ein Abschiebungshaftgrund, wird die Person zur Festnahme ausgeschrieben und ein Abschiebungshaftantrag durch die ZABH vorbereitet. Die Ausschreibung zur Fahndung nimmt die Ausländerbehörde nach Aufforderung durch die ZABH vor.

4.3 Passersatzpapierbeschaffung

Die ZABH plant die Abschiebungsmaßnahme. Dafür leitet sie – soweit dies notwendig ist und durch die Ausländerbehörde noch nicht veranlasst wurde – die Passersatzpapierbeschaffung ein. Insbesondere bei Personen aus Herkunftsstaaten, die sich in der Regel der Rücknahme ihrer Staatsangehörigen verweigern oder bei denen die Passersatzpapierbeschaffung besonders langwierig bzw. praktisch unmöglich ist, kann das temporäre Absehen von einer Meldung sinnvoll sein, um die derzeit vorhandenen personellen Ressourcen der Ausländerbehörden und der ZABH nicht mit ausweglosen Fällen zu belasten. Besonders langwierig ist die Passersatzpapierbeschaffung dann, wenn sie bereits länger als sechs Monate andauert. Sogenannte Gefährder und Intensivstraftäter werden trotzdem an die ZABH gemeldet. Die ZABH wird nach Erweiterung ihrer personellen Ressourcen eine Einheit ausschließlich für die Behandlung dieser Einzelfälle einrichten.

Die ZABH (nach landesinterner Verteilung tritt an die Stelle der ZABH bis zur Meldung der vollziehbar ausreisepflichtigen Person zwischenzeitlich die Ausländerbehörde) prüft bereits während des laufenden Asylverfahrens die Vollständigkeit und Gültigkeit der benötigten Rückreisedokumente (§ 15 Absatz 2 Nr. 4 und 5 und Absatz 3 AsylG). Sie veranlasst so früh wie möglich die Beschaffung neuer oder die Verlängerung bereits vorhandener Pass- oder Passersatzpapiere. Sie berücksichtigt dabei die Verhältnisse im jeweiligen Herkunftsland und die voraussichtliche Verfahrensdauer. Sie fertigt den entsprechenden Antrag unter Beteiligung der asylsuchenden bzw. abzuschiebenden Person mit besonderer Sorgfalt. Das Herkunftsland soll nicht erkennen können, dass es sich um eine Asylbewerberin oder einen Asylbewerber handelt.

Für das Land Brandenburg übernimmt das BAMF sukzessive die gesamte Passersatzpapierbeschaffung. Die Clearingstelle der ZABH ist zentraler Ansprechpartner für das BAMF, andere Bundesbehörden und ausländische Vertretungen. Passersatzpapiere sind ausschließlich über die Clearingstelle der ZABH zu beschaffen. Sie übermittelt die notwendigen Anträge an das BAMF. Wurde die Person der ZABH noch nicht zur Rückführung gemeldet, wird die ZABH im Wege der Amtshilfe (§§ 4 ff. VwVfG) tätig, ansonsten in eigener Zuständigkeit.

4.4 Buchung von Transportmitteln

Die ZABH unternimmt die notwendigen Schritte, um den Transport ins Heimatland zu organisieren. Sie ist zuständig für die Buchung von Flugtickets oder sonstigen Beförderungsmitteln und die Buchung von durch die Bundespolizei begleiteten Rückführungen. Rückführungen mit einem Charter werden ausschließlich durch die ZABH vorbereitet.

Liegt Bedarf für eine Chartermaßnahme vor, meldet die ZABH diesen der Bundespolizei und organisiert den Charterflug gemeinsam mit der Bundespolizei und gegebenenfalls Frontex. Die ZABH kann Sammelbusse für die Beförderung zum Flughafen organisieren. Bedarf für eine Chartermaßnahme ist regelmäßig anzunehmen, wenn der ZABH landesweit mindestens 30 in denselben Zielstaat abzuschiebende Personen gemeldet wurden.

4.5 Vorbereitung von Ordnungsverfügungen, Schriftsätzen und Anträgen

Wird im Zuge der Planung der Abschiebungen deutlich, dass als ultima ratio zur Durchsetzung der Ausreisepflicht die Beantragung von Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam notwendig ist, oder hält die ZABH den Erlass von Ordnungsverfügungen zur Durchsetzung der Ausreisepflicht für notwendig, bereitet sie die Texte der entsprechenden Verfügungen und Anträge so vor, dass die zuständige Ausländerbehörde diese nur noch ausfertigen und dem Betroffenen, seinem Prozessvertreter sowie erforderlichenfalls dem zuständigen Gericht übersenden muss. Die ZABH übernimmt in diesen Fällen nach entsprechender Bevollmächtigung durch die Ausländerbehörde deren Prozessvertretung. Das Kostenrisiko liegt für diese Fälle bei der ZABH.

4.6 Einsatzplanungsbesprechung

Sind alle Vorbereitungen für die Durchführung der Abschiebung getroffen, findet eine Einsatzplanungsbesprechung zwischen der ZABH und der zuständigen Ausländerbehörde statt. Bei der Durchführung der Maßnahme berücksichtigt die ZABH die Hinweise und Anregungen der Ausländerbehörde angemessen. Insbesondere werden von der Ausländerbehörde Hinweise zu sicherheitsrelevanten Sachverhalten und lokalen Besonderheiten mitgeteilt, damit die ZABH über die Notwendigkeit einer begleiteten Rückführung entscheiden kann. Es liegt in der Verantwortung der Ausländerbehörde, während der gesamten Zeit der Vorbereitung und der Durchführung der Maßnahme die ZABH über zwischenzeitlich eingetretene Abschiebungsverbote oder Abschiebungshindernisse zu informieren.

4.7 Keine Ankündigung des Abschiebungstermins

4.7.1 Steht der Rückführungstermin fest, teilt die ZABH diesen den Ansprechpartnern in der Ausländerbehörde mit. § 59 Absatz 1 S. 8 AufenthG legt das Verbot der Ankündigung des Abschiebungstermins fest. Danach darf der Ausländerin oder dem Ausländer der Termin der Abschiebung nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise nicht mehr angekündigt werden. Die Androhung der Abschiebung, die der Ausländerin oder dem Ausländer bekannt gegeben wird, enthält unmissverständlich die Ankündigung, dass nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise die Ausreisepflicht zwangsweise durchzusetzen ist. Den Betroffenen ist daher bewusst, dass sie innerhalb der freiwilligen Ausreisefrist das Land verlassen müssen, da sonst die Abschiebung droht. Sie können sich mithin auf die jederzeitige Abschiebung einstellen. Mit der Regelung soll verhindert werden, dass Ausreisepflichtige an dem mitgeteilten Termin nicht zur Verfügung stehen und sich der mit hohem Verwaltungsaufwand geplanten Maßnahme entziehen. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird Rechnung getragen, da die Ausreisepflichtigen mit der Abschiebungsandrohung eindeutig über die Rechtsfolge einer nicht rechtzeitig erfolgten freiwilligen Ausreise informiert worden sind.

Gleiches gilt für einen erneuten Abschiebungsversuch nach einer gescheiterten Rückführungsmaßnahme. Auch in diesem Fall darf der Abschiebungsversuch terminlich nicht angekündigt werden.

Soll die Abschiebung einer Ausländerin oder eines Ausländers gemeinsam mit anderen Ausreisepflichtigen erfolgen, z. B. im Zuge einer Rückführung mit einem Charterflug, so hat die Bekanntgabe des Termins ebenfalls zu unterbleiben, um zu verhindern, dass der Termin vorzeitig bekannt wird und sich ein Großteil der Rückzuführenden der Maßnahme entziehen kann.

4.7.2 § 59 Absatz 1 Satz 8 AufenthG gilt nicht für vollziehbar Ausreisepflichtige, deren Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt war. Die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung ist gem. § 60a Absatz 5 Satz 4 AufenthG mindestens einen Monat vorher anzukündigen. Ein konkreter Abschiebungstermin muss nicht bekanntgegeben werden. Die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Das Ankündigungsschreiben der ZABH fertigt die Ausländerbehörde aus und stellt es der betroffenen Person zu. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn die ausreisepflichtige Person die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzliche falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt. Das Verbot der Ankündigung der Abschiebung gilt ebenfalls gem. § 59 Absatz 5 Satz 2 AufenthG nicht bei Haftfällen. Die Abschiebung von inhaftierten Personen soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

4.7.3 In den Fällen, in welchen eine Ausreisepflicht nach der Dublin-III-VO besteht, findet § 59 Absatz 1 Satz 8 AufenthG keine zwingende Anwendung.

4.8 Abstimmungen mit der Bundespolizei

Die ZABH kündigt der Bundespolizei eine vorgesehene Abschiebung rechtzeitig vorher an und klärt die erforderlichen organisatorischen Maßnahmen (z. B. Flugbegleitung durch Bundespolizeibeamte) mit dieser ab. Bei Flügen innerhalb des Bundesgebietes (Anschlussflüge oder Flüge mit einer Zwischenlandung auf einem anderen deutschen Flughafen) entscheidet die ZABH über die Erforderlichkeit von Flugbegleitungen. Die Begleitung erfolgt in diesen Fällen grundsätzlich durch Bedienstete der ZABH, es sei denn, die Bundespolizei erklärt sich zu einer Flugbegleitung bereit.

4.9 Abstimmungen mit der Landespolizei

Besteht die Notwendigkeit, dass der Transport zum Flughafen oder zur Grenzübergangsstelle von der Landespolizei begleitet wird, stellt die ZABH gem. § 50 BbgPolG ein Vollzugshilfeersuchen an die Koordinierungsstelle für Rückführungen im Polizeipräsidium. Die Verfahrensschritte und Voraussetzungen hierfür sind zu Nummer 7 geregelt. Die ZABH übernimmt grundsätzlich für die Landespolizei die Buchung von Transportmitteln und Unterkünften, soweit die Verwaltungsvollstreckungsmaßnahme nicht innerhalb eines Tages realisiert werden kann. Sie stimmt sich hierzu mit der Koordinierungsstelle Rückführungen der Landespolizei ab.

5. Vollzug der Rückführungsmaßnahme

Der Vollzug der Abschiebung liegt in der Zuständigkeit der ZABH. Es ist nicht erforderlich, dass Vertreter der Ausländerbehörden beim Vollzug der Maßnahme vor Ort anwesend sind. Werktags sollte zwischen 8:00 Uhr und 17:00 Uhr sichergestellt sein, dass eine Ansprechperson erreichbar ist.

Die Abschiebung ist eine spezialgesetzlich geregelte Form des unmittelbaren Zwanges. Sie ist daher als letzte Maßnahme zur Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht nur zulässig, wenn keine von der Ausländerbehörde zu prüfenden inlandbezogenen Hindernisse bestehen. Die ZABH hat im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Abschiebungsvorbereitung anhand der Aktenlage (oder durch ein Gespräch) erneut zu überprüfen, ob es sich bei den Ausreisepflichtigen um schutzbedürftige Personen im Sinn des Art. 3 Nr. 9 der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) handelt. Es wird empfohlen, das Ergebnis der Prüfung schriftlich festzuhalten. Die beteiligten Behörden sind im Rahmen der ihnen bei der Vorbereitung und Durchführung der Abschiebung obliegenden Aufgaben verpflichtet, ihre Maßnahmen so zu gestalten, dass die Belastungen für die abzuschiebenden Personen so gering wie möglich gehalten werden. Es ist bei der Vorbereitung der Abschiebung sicherzustellen, dass die Interessen der Betroffenen umfassend berücksichtigt werden, insbesondere wenn es sich um schutzbedürftige Personengruppen wie Familien oder alleinerziehende Elternteile mit schulpflichtigen oder minderjährigen Kindern, Schwangere, lebensältere, behinderte oder erkrankte Personen handelt. Unbegleitete Minderjährige sind nur abzuschieben, soweit ihre Betreuung dadurch sichergestellt ist, dass sie im Rückkehrstaat einem Mitglied ihrer Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben werden (§ 58 Absatz 1a AufenthG).

Gem. § 58 Absatz 4 AufenthG ist das Personal der ZABH befugt, die abzuschiebende Person zum Zweck der Abschiebung kurzfristig festzuhalten, um sie zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen. Die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit sind zu wahren.

Für die Durchführung der Abschiebung setzt die ZABH besonders geschultes Personal ein, bei der Durchführung der Abschiebung beachtet die ZABH das Formblatt „Durchführung der Abschiebung“ [Anlage 4].

5.1 Überstellungen nach der Dublin-III-VO

Reist eine Ausländerin oder ein Ausländer aus einem sicheren Drittstaat ein, kann sie oder er sich grundsätzlich nicht auf Artikel 16a Abatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes berufen (§ 26a AsylG). Sie oder er wird nicht als Asylberechtigte bzw. Asylberechtigter anerkannt. In diesem Fall ordnet das BAMF gemäß § 34a AsylG die Abschiebung in den zuständigen Mitgliedstaat, in einen anderen sicheren Drittstaat gemäß Anlage I zu § 26a AsylG oder in einen nach § 29 Absatz 1 Nr. 1 AsylG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

Das BAMF prüft im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG – anders als sonst im Asylverfahren – nicht nur alle zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote, sondern auch innerstaatliche Abschiebungshindernisse, die sowohl bis zur Erstellung des Bescheides als auch nachträglich auftreten. Daneben besteht keine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde oder der ZABH. Sie sind an die Entscheidung des BAMF gebunden. Das BAMF hebt die Abschiebungsanordnung ggfls. auf oder weist die ZABH an, die Vollziehung auszusetzen.

Werden Reiseunfähigkeit oder sonstige medizinische Belange (z. B. Suizid-Gefahr) als Abschiebungshindernisse begründet und schlüssig vorgetragen, ist eine erforderliche ärztliche Untersuchung durch die ZABH in Amtshilfe für das BAMF zu veranlassen. Die Kosten für die Beauftragung von Ärzten zur Feststellung der Reisefähigkeit oder Prüfung sonstiger gesundheitlicher Fragestellungen, die Abschiebungshindernisse betreffen, trägt das BAMF.

Bei Überstellungen nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.6.2013 (Dublin-III-VO) sind gem. Art. 30 Absatz 1 und 3 der Verordnung keine Sicherheitsleistungen zu erheben.

Einzelheiten zum Verfahren sind der Information Nr. 16/2015 vom 08.5.2015 zu entnehmen. Darüber hinaus ist der Dublin-Leitfaden des BAMF (Information Nr. 58/2019 vom 19.8.2019) zu beachten.

5.2 Betreten und Durchsuchen der Wohnung während des Abschiebungsvollzuges

Weigert sich die abzuschiebende Person, die Tür zu öffnen, und liegt die Vermutung nahe, dass sich in einer Wohnung abzuschiebende Personen verborgen halten, kann es notwendig werden, die Wohnung gegen den Willen des Wohnungsinhabers zu betreten oder zu durchsuchen.

Beide Verhaltensweisen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie einen Eingriff in das Grundrecht der Betroffenen aus Art. 13 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) darstellen und deswegen besonderer Sorgfalt bedürfen.

Während für die Durchsuchung der Wohnung immer ein richterlicher Beschluss notwendig ist (Ausnahme Gefahr im Verzug s. § 58 Absatz 8 AufenthG), stellt das Betreten der Wohnung einen sonstigen Eingriff nach Art. 13 Absatz 7 GG dar und ein gerichtlicher Beschluss ist hierfür nicht notwendig.

Wohnung

Der Begriff der Wohnung i. S. d. Art. 13 GG umfasst alle zu privaten Wohnzwecken gewidmete Räumlichkeiten. Hierzu können auch Räumlichkeiten in Gemeinschaftsunterkünften zählen, soweit sie einzelnen Bewohner zur Verfügung gestellt worden sind und zur Entfaltung der Privatsphäre geeignet sind. Dies ist bei einem Schlafsaal, der 10 oder mehr Personen zur Verfügung steht, jedoch nicht anzunehmen (AG Kerpen, Beschluss vom 22.01.2004 – 68 XIV 3/04).

Betreten der Wohnung

Es handelt sich beim bloßen Betreten der Wohnung zum Zweck der Abschiebung um einen unter Art. 13 Absatz 7 fallenden sonstigen Eingriff, der in § 58 Absatz 5 AufenthG eine spezialgesetzliche Grundlage findet. Voraussetzung für das Betreten der Wohnung sind Tatsachen, aus denen zu schließen ist, dass sich die abzuschiebende Person dort befindet. Beim Betreten zur Nachtzeit müssen gem. § 58 Absatz 7 AufenthG zudem Tatsachen vorliegen, die befürchten lassen, dass die Abschiebung des Betroffenen ansonsten vereitelt werden würde. Allein die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache in diesem Sinne. Unter Nachtzeit versteht man gem. § 12 VwVGBbg und einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12.3.2019 (Az. 2 BvR 675/14) die Zeit zwischen 21 Uhr abends und 6 Uhr morgens.

Wohnungsdurchsuchung

Kennzeichnend für den Begriff der Wohnungsdurchsuchung ist das ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen zur Ermittlung eines Sachverhaltes, um etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung nicht von sich aus offenlegen oder herausgeben will (BVerfG, Beschluss vom 3.4.1979 – 1 BvR 994/76).

Für Wohnungsdurchsuchungen zum Zwecke der Abschiebung gelten die Vorschriften des § 58 Absatz 6 bis 10 AufenthG. Wohnungsdurchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde (ZABH) angeordnet werden. Wurde der Ausländer beim Betreten der Wohnung nicht angetroffen, so kann allein darauf nicht die Annahme von Gefahr in Verzug begründet werden. § 58 Absatz 9 AufenthG legt die Rechte des Inhabers der zu durchsuchenden Wohnung und die Beiziehungspflichten sowie Niederschriftspflichten der Behörde fest. Die Ausführungen zum Betreten von Wohnungen zur Nachtzeit gelten auch für Wohnungsdurchsuchungen zwischen 21 Uhr und 6 Uhr.

5.3 Abschiebungen von Familien

Bei der Abschiebung von Familien sind besonders die Bedürfnisse von minderjährigen Kindern besonders zu berücksichtigen. Ein möglichst schonender Abschiebungsvollzug ist sicherzustellen. Wenn nicht unbedingt notwendig, ist auf eine Begleitung durch die Polizei zu verzichten.

Grundsätzlich wird davon abgesehen, zum Vollzug einer Abschiebungsmaßnahme die betroffenen Personen aus der Kindertagesstätte, der Schule, der Jugendhilfeeinrichtung, dem Krankenhaus oder von der Arbeitsstelle abzuholen. Ist die Abholung aus einer der o. g. Einrichtungen notwendig, um eine Person, die eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt oder die bereits mehrmals straffällig in Erscheinung getreten ist, abzuschieben, können Abweichungen von der Regelung verhältnismäßig sein.

Werden bei einer Abschiebung nicht alle Familienangehörige angetroffen und droht somit eine Trennung minderjähriger Kinder von ihren Familien, sind die eingeleiteten Maßnahmen auszusetzen und die eingeleitete Abschiebung abzubrechen, wenn nicht sichergestellt ist, dass minderjährige Kinder in der Obhut eines Elternteils verbleiben. Auch im Übrigen sind bei drohenden, nicht nur vorübergehenden Familientrennungen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung die Grundsätze des Art. 6 GG (besonderer Schutz der Familie) sowie aus Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu berücksichtigen. Für die Beurteilung, welcher Zeitraum als vorübergehend angesehen wird, sind die Umstände des Einzelfalls zu beachten. Bei einer beabsichtigten Familientrennung im Rahmen von Dublin-Überstellungen ist der Dublin-Leitfaden des BAMF (Information 58/2019 vom 19.8.2019) zu beachten, es muss eine Abstimmung mit dem Überstellungsreferat des BAMF stattfinden.

5.4 Abholungen zur Nachtzeit

Die Abholung der Betroffenen wird vorzugsweise für die Tageszeit geplant. Grundsätzlich gilt, dass die Vollstreckung der Ausreisepflicht in der Zeit zwischen 21 und 6 Uhr sowie an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen nur mit schriftlicher Erlaubnis der Vollstreckungsbehörde erfolgen darf. Eine Vollstreckung in dem genannten Zeitraum bzw. an den genannten Tagen ist dann in Erwägung zu ziehen, wenn dies im Hinblick auf den Abflugtermin aus Zeitgründen erforderlich ist. Als erforderliche Vorlaufzeit ist insbesondere der Zeitraum einzurechnen, der notwendig ist, damit sich die abzuschiebende Person ohne unverhältnismäßige Eile reisefertig machen und das Begleitgepäck packen kann. Weiter sind die Zeiten für eine eventuelle Aufenthaltsermittlung und eine Zusammenführung von Familien zum Flughafen, die Fahrtzeiten zum Flughafen inklusive etwaiger verkehrsbedingter Verzögerungen sowie die Wartezeiten, die üblicherweise bei einer entsprechenden Flugreise von einem sonstigen Fluggast zu beachten sind oder die aus der Sicht der Bundespolizei für die Durchführung der Formalitäten am Flughafen erforderlich sind, zu berücksichtigen. Regelmäßig ist die abzuschiebende Person mindestens zwei Stunden vor dem geplanten Abflugtermin der Bundespolizei zu überstellen. Außerdem kann noch ein Spielraum von maximal einer Stunde für außergewöhnliche Vorkommnisse berücksichtigt werden.

Wird ausnahmsweise eine Vollstreckung zur Nachtzeit erforderlich, trifft die ZABH als Vollstreckungsbehörde die Entscheidung. Diese und die sie tragenden Gründe sind schriftlich festzuhalten. Die Vollstreckung zur Nachtzeit darf nur aus den in den vorstehend aufgeführten Gründen vorgenommen werden. Dass abzuschiebende Personen während der Nachtzeit, insbesondere in den frühen Morgenstunden erfahrungsgemäß am besten zu Hause erreicht werden, rechtfertigt die Maßnahme allein nicht. Mit der Abschiebung selbst darf frühestens zu dem Zeitpunkt begonnen werden, der zur Gewährleistung der vorstehend aufgeführten Vorlaufzeit erforderlich ist. Zum Betreten und Durchsuchen von Wohnungen gegen den Willen der betroffenen Person zur Nachtzeit wird auf die Regelung des § 58 Absatz 7 AufenthG hingewiesen.

5.5 Ausschreibung zur Fahndung

Wird die abzuschiebende Person zum Zeitpunkt des vorgesehenen Beginns der Abschiebungsmaßnahme nicht zu Hause angetroffen und bleibt die weitere Aufenthaltsermittlung erfolglos, veranlasst die ZABH über die Ausländerbehörde die Ausschreibung zur Fahndung.

5.6 Mitnahme von Gepäck

Der abzuschiebenden Person ist die Mitnahme solchen Gepäcks zu ermöglichen, das im Transportmittel ohne Erschwerung der Abschiebung befördert werden kann und durch dessen Mitnahme dem Land keine zusätzlichen Kosten entstehen. Die Mitnahme weiteren Gepäcks (z. B. Gepäck, das den von den Fluggesellschaften für einen kostenlosen Transport zugelassenen Gewichtsrahmen überschreitet) kommt nur dann in Betracht, wenn die abzuschiebende Person für die zusätzlichen Kosten aufkommt oder wenn ersichtlich ist, dass der Betrag aus einer etwaig einbehaltenen Sicherheitsleistung (vgl. Punkt 8.2) bestritten werden kann.

Will oder muss die abzuschiebende Person bei einer Abschiebung oder Ausreise Eigentum zurücklassen, ist sie zur Abgabe einer schriftlichen Erklärung zu veranlassen, durch die sie

  1. entweder eine verfügungsberechtigte Person benennt, der sie die weitere Sorge für ihr Eigentum überträgt und die gegebenenfalls die Verwertung ihres Eigentums übernimmt oder
  2. auf ihr Eigentum verzichtet.

Um den reibungslosen Ablauf der Rückführungsmaßnahme zu gewährleisten, kann diese Erklärung auch schon im Vorhinein erwirkt werden, beispielsweise anlässlich einer Vorsprache der ausreisepflichtigen Person zu Duldungsverlängerung.

Wird eine solche Erklärung nicht abgegeben, muss auf Grund der Umstände des Einzelfalls entschieden werden, ob die Ausländerin oder der Ausländer den Besitz der Sache in der Absicht aufgegeben hat, auf das Eigentum zu verzichten. Unter Umständen hat die Ausländerin oder der Ausländer eine Sache auch verloren. Sie unterliegt dann den fundrechtlichen Vorschriften. Die Verwertung des Eigentums im Rahmen der Vollstreckung bleibt unberührt.

Die ZABH trägt dafür Sorge, dass Eigentum bis zur Übergabe an den Verfügungsberechtigten oder bis zur Verwertung nicht abhandenkommt und ordnungsgemäß gelagert wird. Sachen, die am Flughafen zurückgelassen werden müssen, sind von der ZABH zurückzunehmen und bis zu ihrer Übergabe an den Verfügungsberechtigten oder bis zu ihrer Verwertung sachgemäß einzulagern.

Sind öffentlich-rechtliche Forderungen gegen die abzuschiebende Person offen, ist das Eigentum nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg durch die für die jeweilige Forderung zuständige Vollstreckungsbehörde zu verwerten. Hat die abzuschiebende Person nicht auf ihr Eigentum verzichtet, ist ihr der Erlös – soweit möglich – zu überlassen. Sofern dies nicht möglich sein sollte, ist der Erlös des verwerteten Eigentums zu hinterlegen (Rechtsgedanke des § 372 S. 2 BGB).

5.7 Dolmetscher, Vertrauenspersonen und Bevollmächtigte

Wünscht die abzuschiebende Person, eine Dolmetscherin oder einen Dolmetscher hinzuzuziehen, ist dem durch die ZABH zu entsprechen, wenn die Abschiebung nicht verhindert oder verzögert wird und die Hinzuziehung ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist. Der abzuschiebenden Person ist auf Wunsch Gelegenheit zu geben, ihren Rechtsanwalt, ihre Rechtsanwältin oder eine sonstige Vertrauensperson telefonisch zu informieren. Wird entweder von der abzuschiebenden Person, von ihrem Rechtsbeistand oder einer sonstigen Vertrauensperson begehrt, ein persönliches Gespräch zu ermöglichen, ist dem nur zu entsprechen, soweit die Abschiebung dadurch nicht verhindert oder verzögert wird.

5.8 Gesundheitliche Abschiebungshindernisse

Trägt die abzuschiebende Person gesundheitliche Abschiebungshindernisse vor, gelten die Regelungen der Allgemeinen Weisung Nr. 1/2019 vom 22.01.2019 „Allgemeine Anwendungshinweise des BMI zur Duldungserteilung gem. § 60a AufenthG“. Die Ausländerbehörde informiert die ZABH unverzüglich, wenn die abzuschiebende Person ein gesundheitliches Abschiebungshindernis geltend macht.

5.9 Reisegeld

Sofern keine Eigenmittel vorhanden sind, kann bei Bedarf zur Deckung der Heimreisekosten im Heimatland ein Reisegeld in Höhe von maximal 100 Euro pro Person gezahlt werden. Es besteht jedoch kein Anspruch auf Reisegeld. Die Zahlung ist zu dokumentieren und als Nachweis der Abrechnung beizufügen.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Bundespolizei erwartet, dass den abzuschiebenden Personen Verpflegungspakete mitgegeben werden.

5.10 Asylfolgeantrag

Bringt die abzuschiebende Person während der Abschiebung unmissverständlich zum Ausdruck, dass sie einen Asylfolgeantrag stellen will, klärt die ZABH unter Hinzuziehung des BAMF und persönlicher Kontaktaufnahme mit der abzuschiebenden Person, ob die Abschiebung fortzuführen oder abzubrechen ist. Befürchtet die ZABH, dass es kurz vor der Abschiebung noch zu einem Folgeantrag der betroffenen Person kommen wird, wird empfohlen, vor der Abschiebung das BAMF zu kontaktieren um zu erörtern, ob die Anwesenheit von entscheidungsbefugtem Personal des BAMF am Flughafen möglich und notwendig ist. Dieses kann ggfls. über den Folgeantrag noch vor Ort entscheiden.

5.11 Wiedereinreiseverbot

Die gem. § 77 Absatz 1 S. 1 Nr. 9 AufenthG schriftlich zu erteilende Befristungsentscheidung nach § 11 Absatz 1 und 2 AufenthG ist im Falle der Ausweisung mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. In sonstigen Fällen soll sie regelmäßig zusammen mit der Abschiebungsandrohung erlassen werden, soweit diese von der Ausländerbehörde oder der ZABH erlassen wird. In Fällen des § 15a AufenthG erlässt die ZABH - wenn notwendig – die Abschiebungsandrohung. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit der aufschiebenden Bedingung der Abschiebung zu versehen. Die Ausländerin oder der Ausländer hat so die Möglichkeit, effektiven Rechtsschutz gegen die Befristungsentscheidung zu erlangen. Die Ausgestaltung als Soll-Vorschrift führt dazu, dass die Behörde lediglich in einem atypischen Fall von der Regelung abweichen kann (intendiertes Ermessen). Wird die Befristung also zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben, ist das Vorliegen des atypischen Falls gesondert zu begründen.

Über die Länge des Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbots entscheidet die Ausländerbehörde gem. § 11 Absatz 3 AufenthG nach eigenem Ermessen, die Länge darf – außer beim Vorliegend der Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 Absätze 5 – 5b AufenthG – fünf Jahre nicht überschreiten. Zu unterscheiden ist zwischen der Ausweisung oder Abschiebung aufgrund aufenthaltsrechtlicher Verstöße und der Aufenthaltsbeendigung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Oft werden sich beide Konstellationen überschneiden.

Bei der Ermessensentscheidung geht die Ausländerbehörde in zwei Schritten vor.

Sie trifft in einem ersten Schritt eine Prognoseentscheidung über den voraussichtlichen Zeitpunkt der Zweckerreichung der zugrundeliegenden Maßnahme.

Zweck eines Aufenthalts- und Einreiseverbots bei aufenthaltsrechtlichen Verstößen ist die Sanktionierung der Nichtbeachtung der Ausreisepflicht durch Fernhaltung vom Bundesgebiet und die generalpräventive Zielrichtung, andere Ausländer zur Einhaltung der Ausreisepflicht anzuhalten. Trägt der Ausländer keine Anhaltspunkte vor, die für diese Prognoseentscheidung erheblich sein können und liegt der Behörde als entscheidungserheblicher Anhaltspunkt lediglich die Missachtung der Ausreiseverpflichtung vor, so erachtet die Rechtsprechung ein Aufenthalts- und Einreiseverbot von 30 Monaten als angemessen (OVG Münster Beschluss vom 01.06.2017 – 4 A 1252/17). Ebenfalls herangezogen werden kann die Tatsache, dass die Person bereits mehrmals ausgewiesen oder abgeschoben wurde oder gegen die Mitwirkungspflichten aus § 48 AufenthG verstoßen hat.

Bei einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung können weitere Erwägungen eine Rolle spielen. Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ergibt sich nicht nur aus der Verurteilung wegen begangener Straftaten, sondern kann auch dann vorliegen, wenn andere schutzwürdige Belange betroffen sind. Zu nennen wären beispielsweise Belange des Arbeitsmarkts wie die Verhinderung von Lohndumping oder die Verringerung der finanziellen Belastung durch steuerfinanzierte Sozialleistungen. Bei schweren Straftaten kann die Ausländerbehörde eine Gefahrenprognose zu weiteren Straffälligkeit vornehmen, sie muss hierbei jedoch die Persönlichkeit der betroffenen Person insgesamt in den Blick nehmen. Bei der Ausweisung wegen strafrechtlicher Verurteilungen oder wenn von der Person eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, soll die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes zehn Jahre nicht überschreiten (§ 11 Absatz 5 AufenthG). § 11 Absatz 5a AufenthG zählt Fallkonstellationen auf, in denen das Einreise- und Aufenthaltsverbotes 20 Jahre betragen soll. In diesen Fällen ist eine Verkürzung der Frist oder eine Aufhebung des Aufenthalts- und Einreiseverbotes grundsätzlich ausgeschlossen. Ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot kann nur in den Fällen des § 11 Absatz 5b AufenthG erlassen werden.

Für eine kürzere Befristungsentscheidung kann beispielsweise die konkrete Möglichkeit einer Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland und die damit einhergehende legale Migration sprechen.

In einem zweiten Schritt ist das Ergebnis der Prognoseentscheidung an höherrangigem Recht zu messen und die Fristbemessung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ggf. zu relativieren. Insbesondere Art. 2 und 6 GG und Art. 8 EMRK spielen hier eine Rolle. Familiäre Bindungen finden regelmäßig nur Berücksichtigung, wenn es sich um die Belange von Eltern und minderjährigen Kindern handelt oder in anderen Fällen, wenn die verwandtschaftlichen Beziehungen von gegenseitiger Verantwortung geprägt sind (Beistandsgemeinschaft) (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2016 – 21 K 7126/15.A).

Gem. § 11 Absatz 6 AufenthG kann auch für freiwillig ausgereiste Personen ein Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Voraussetzung ist, dass die Ausreise nicht innerhalb der Ausreisefrist stattgefunden hat und die Fristüberschreitung erheblich und schuldhaft ist. Die Beurteilung, ob die Überschreitung der Ausreisepflicht erheblich ist, entscheidet sich am Einzelfall. Laut Gesetzesbegründung ist bei einer Ausreisefrist von 30 Tagen, eine Fristüberschreitung von 10 Tagen als erheblich anzusehen. Fehlendes Verschulden liegt beispielsweise bei Krankheit oder falscher Zustellung durch die Behörde vor.

5.12 Überstellung an die Bundespolizei

Nach Überstellung der abzuschiebenden Person an die Bundespolizei ist diese für die weitere Durchführung der Abschiebung verantwortlich. Für die ggfls. begleitende Landespolizei ist die Vollzugshilfe beendet, falls keine Voraussetzungen für eine zwangsweise Rückverbringung vorliegen. Das Personal der ZABH, das die abzuschiebende Person zum Flughafen gebracht hat, bleibt jedoch grundsätzlich bis zum Abflug des Flugzeuges am Flughafen. Ergeben sich kurzfristig Hindernisse für die Abschiebung, stimmt die ZABH das weitere Vorgehen mit der Bundespolizei und der ggfls. begleitenden Landespolizei ab. Mit den vor Ort zuständigen Beamten der Bundespolizei wird ebenfalls abgestimmt, was im Falle des Abbruchs der Rückführung und der Abwesenheit von Personal der ZABH veranlasst werden soll. Es können beispielsweise Kontaktnummern hinterlegt werden, damit die Person wieder abgeholt wird oder Reisemittel für eine etwaige Rückreise hinterlassen werden.

Muss die Abschiebung abgebrochen werden, entscheidet die ZABH, ob Abschiebungshaft bis zu einem weiteren Abschiebungsversuch beantragt wird. Ist dies nicht der Fall, ist die Ausländerin oder der Ausländer unverzüglich, das heißt noch vor der Rückfahrt, auf freien Fuß zu setzen. Unterliegt eine ausländische Person einer räumlichen Beschränkung, ist sie – gegebenenfalls zwangsweise und unter Einbeziehung der zuständigen Polizeidienststelle – an den ursprünglichen Aufenthaltsort zurückzubringen. Eine erneute Anmeldung der Person zum Vollzug der Abschiebung bei der ZABH ist nicht notwendig. Die ZABH informiert die Ausländerbehörde über den Abbruch der Maßnahme. Die betroffene Person bleibt im Rückführungspool der ZABH und diese plant die weiteren Abschiebungsmaßnahmen.

5.13 Nachbesprechung

Die ZABH informiert die Ausländerbehörde über die Aufenthaltsbeendigung und übermittelt dieser sämtliche Informationen und Dokumente für die Komplettierung der Ausländerakte. Anlassbedingt finden zwischen der ZABH und den Ausländerbehörden Regionalkonferenzen statt, um die Verwaltungsabläufe abzustimmen.

6. Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam

6.1 Grundsatz

Abschiebungen sind grundsätzlich aus der Freiheit heraus durchzuführen (Direktabschiebung). Die mit der Anordnung von Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam verbundene Freiheitsentziehung ist nur als letztes Mittel zur Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung zu betrachten.

Eine Ausländerin oder ein Ausländer darf nicht ohne richterliche Entscheidung in Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam genommen werden (vgl. Artikel 104 Absatz 2 Satz 1 GG, § 62, § 62b AufenthG). Dies gilt auch dann, wenn eine Freiheitsentziehung nur kurzfristig andauert. Im Fall einer vorläufigen Ingewahrsamnahme gemäß § 62 Absatz 5 AufenthG ist die richterliche Entscheidung unverzüglich herbeizuführen.

Abschiebungshaft ist nur solange zulässig, wie sinnvolle Maßnahmen zur Vorbereitung der Abschiebung getroffen werden können. Die Abschiebung aus der Haft heraus ist deshalb unverzüglich zu betreiben.

6.2 Beantragung von Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam; Zuständigkeiten

Die Beantragung von Abschiebungshaft ist nach § 62 AufenthG sowohl zur Vorbereitung der Ausweisung (Absatz 2) als auch zur Sicherung der Abschiebung (Absatz 3), als auch zur Durchführung von Maßnahmen nach § 82 Absatz 4 Satz 1 AufenthG für die Dauer von höchstens 14 Tagen (Mitwirkungshaft nach Absatz 6) möglich. In jedem Fall darf Abschiebungshaft nur beantragt werden, wenn die Abschiebung ohne die Inhaftierung wesentlich erschwert oder vereitelt würde.

Die Beantragung von Ausreisegewahrsam kann gem. § 62b AufenthG anstelle der Sicherungshaft ebenfalls zur Sicherung der Durchführbarkeit der Abschiebung für einen Zeitraum von längstens 10 Tagen erfolgen.

Das Verfahren über die Anordnung der Abschiebungshaft und des Ausreisegewahrsams richtet sich gemäß § 106 Absatz 2 Satz 1 AufenthG nach Buch 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Gemäß § 417 Absatz 1 FamFG kann die Freiheitsentziehung durch das zuständige Amtsgericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde angeordnet werden. Die ZABH formuliert den Abschiebungshaftantrag bzw. den Ausreisegewahrsamsantrag und die jeweils zuständige Ausländerbehörde stellt diesen bei Gericht. Die ZABH übernimmt im Rahmen der erteilten Prozessvollmacht in den jeweiligen Einzelfällen die Prozessvertretung für die Ausländerbehörde in den Abschiebungshaft- und Gewahrsamsverfahren.

Soweit Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam im Einzelfall erforderlich ist, sind zu allen Tatsachen des § 417 Absatz 2 Nr. 1 – 5 FamFG Angaben zu machen. Insbesondere ist die Erforderlichkeit der Abschiebungshaft bzw. des Ausreisegewahrsams darzulegen. Hierzu gehört auch, dass kein milderes Mittel zur Verfügung steht, um die Abschiebung zu sichern.

Als mildere Mittel kommen in Betracht:

  • die Direktabschiebung,
  • bei Minderjährigen die Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung (auf die Ausführungen zum Umgang mit besonders schutzbedürftigen Personen unter Nummer 5 wird verwiesen),
  • die Beschlagnahme von Pässen oder sonstigen Reisedokumenten,
  • die räumliche Beschränkung des Aufenthaltes, verknüpft mit der Erteilung von Wohnsitz- und Meldeauflagen,
  • die Nutzung eines Ausreisegewahrsams bei Haftanträgen,
  • die Vereinbarung von Sicherheitsleistungen oder Garantien durch Vertrauenspersonen.

Mit dem Antrag zur Anordnung von Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam ist dem anordnenden Gericht die Ausländerakte des oder der Ausreisepflichtigen vorzulegen. Damit die ZABH im Rahmen der Prozessvollmacht die Vertretung der Ausländerbehörde vor Gericht vornehmen kann, muss sie spätestens zu diesem Zeitpunkt über eine vollständige Kopie der Ausländerakte verfügen.

Für die Modalitäten der Einlieferung einer Ausländerin oder eines Ausländers in eine Abschiebungshafteinrichtung oder Ausreisegewahrsamseinrichtung ist die für die Einrichtung geltende Gewahrsamsordnung in ihrer jeweils geltenden Fassung maßgeblich. 

Die ZABH hat sich zu vergewissern, dass die abzuschiebende Person, die in einer Abschiebungshafteinrichtung oder einer Ausreisegewahrsamseinrichtung untergebracht wird, im Besitz des Haft- bzw. Gewahrsamsbeschlusses ist. Die ZABH hat sie während der Dauer der Haft ausländer- und asylverfahrensrechtlich, einschließlich der Gewährung von Asylbewerberleistungen nach dem AsylbLG zu betreuen und sie – soweit rechtlich zulässig – rechtzeitig über den Zeitpunkt der Abschiebung zu informieren.

Die ZABH hat die abzuschiebende Person ferner über ihre Rechte nach Art. 36 Absatz 1b) des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen zu unterrichten. Die Belehrung der abzuschiebenden Person, seine Reaktion hierauf und, sofern verlangt, die unverzügliche Unterrichtung der konsularischen Vertretung von der Inhaftierung sind aktenkundig zu machen (BGH, Beschl. v. 18.11.2010 – V ZB 165/10). 

Zuständig für die Festnahme der abzuschiebenden Personen ist die ZABH. Für die Beantragung der Abschiebungshaft und des Ausreisegewahrsams sind gemäß § 417 Absatz 1 FamFG unbeschadet des § 71 Absatz 3 und 5 AufenthG die Ausländerbehörden (§ 71 Absatz 1 AufenthG und § 2 Absatz 3 letzter Satz AuslRZV) zuständig, wobei die ZABH alle hierfür erforderlichen Schriftsätze entwirft und der jeweils zuständigen Ausländerbehörde zwecks Ausfertigung und Zustellung zuleitet. Die ZABH führt nach der Antragstellung das Verfahren nach dem FamFG einschließlich etwaiger Haftprüfungen auf der Grundlage einer erteilten Prozessvollmacht der Ausländerbehörde in deren Vertretung weiter. Das Prozesskostenrisiko liegt bei der ZABH.

Es wird angeregt, dass die Ausländerbehörden der ZABH für die Beantragung in Eilfällen Vollmachten für die Vertretung bei den Amtsgerichten in Abschiebungshaftsachen und Freiheitsentziehungen nach § 62b AufenthG geben, damit die ZABH jederzeit, insbesondere aber an Wochenenden oder auch sonst außerhalb der Bürozeiten Anträge zur Sicherung der Abschiebung stellen kann.

6.3 Abschiebung aus der Untersuchungs- und Strafhaft

Wird eine abzuschiebende Ausländerin oder ein abzuschiebender Ausländer in Untersuchungs- oder Strafhaft genommen, unterrichtet die Justizvollzugsanstalt die für den Sitz der Justizvollzugsanstalt zuständige Ausländerbehörde. Diese stellt die für die abzuschiebende Person zuständige Ausländerbehörde fest und teilt ihr mit, dass sich die Ausländerin oder der Ausländer in der Justizvollzugsanstalt in Haft befindet. Die zuständige Ausländerbehörde meldet die Person der ZABH, damit diese Vorbereitungen für die Abschiebung treffen kann.

Die Justizvollzugsanstalt teilt im Rahmen der Unterrichtung der für den Sitz der Justizvollzugsanstalt zuständigen Ausländerbehörde den voraussichtlichen Entlassungstermin mit, die diesen der für die abzuschiebende Person zuständigen Ausländerbehörde meldet. Diese gibt die Information unverzüglich an die ZABH weiter.

Für den Fall, dass die Entlassung kurzfristig erfolgt, teilt die Justizvollzugsanstalt dies der für den Sitz der Justizvollzugsanstalt zuständigen Ausländerbehörde – gegebenenfalls fernmündlich – mit. Diese unterrichtet hierüber unverzüglich die für die abzuschiebende Person zuständige Ausländerbehörde und die ZABH.

Eine abzuschiebende Person, die sich in Untersuchungs- oder Strafhaft befindet, ist, soweit möglich, direkt aus der Haft abzuschieben. Die Meldung an die ZABH für die Einleitung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ist so rechtzeitig vorzunehmen, dass die Abschiebung ohne Beantragung von Abschiebungshaft aus der Strafhaft durchgeführt werden kann (vgl. § 59 Absatz 5 AufenthG). Dies wird insbesondere in Fällen, in denen sich die Ausländerin oder der Ausländer längere Zeit in Strafhaft befindet, möglich sein. Insbesondere ist von der Ausländerbehörde rechtzeitig bei der Staatsanwaltschaft nachzufragen, ob gemäß § 456a Absatz 1 der Strafprozessordnung von der weiteren Strafvollstreckung abgesehen wird. Auf die Allgemeine Verfügung des Ministers der Justiz vom 20. März 1997 (JMBl/97, [Nr. 4], S. 38), zuletzt geändert durch Allgemeine Verfügung des Ministers der Justiz vom 2. Februar 2011 (JMBl/11, [Nr. 3], S. 18) wird hingewiesen.

Sicherungshaft kann ausnahmsweise im Anschluss an die Strafhaft oder Untersuchungshaft nach Maßgabe des § 62 Absatz 3 Sätze 1 und 2 AufenthG angeordnet werden. Das Ende der Strafhaft muss jedoch feststehen, da die Sicherungshaft nicht auf Vorrat angeordnet werden darf. Voraussetzung ist allerdings, dass die Abschiebung aus von der ZABH nicht zu vertretenden Gründen (z. B. fehlende Flugverbindung u. a.) ausnahmsweise nicht bis zum Ende der Strafhaft durchgeführt werden kann. Die Anordnung von Sicherungshaft entspricht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit nur, wenn von der Ausländerbehörde oder von der ZABH mit der in solchen Fällen gebotenen Beschleunigung zuvor vergeblich versucht wurde, die Abschiebung aus der Strafhaft heraus zu ermöglichen. Im Haftantrag sind entsprechende Angaben zu machen und zu belegen.

6.4 Vorbereitungshaft

Die Anordnung von Vorbereitungshaft (§ 62 Absatz 2 AufenthG) ist nur dann zulässig, wenn nach dem Ergebnis der Sachverhaltsermittlung eine Ausweisung nach § 53 AufenthG oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG rechtlich möglich und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, über die erforderliche Ausweisung jedoch nicht sofort entschieden werden kann, z. B. weil die erforderlichen Nachweise zur Stützung eines begründeten Verdachts auf Ausweisungsgründe noch erbracht werden müssen. Diese Voraussetzungen liegen z. B. dann nicht vor, wenn mit einer Ausweisung grundsätzlich nicht zu rechnen ist, weil die Ausländerin oder der Ausländer bereits wegen unerlaubter Einreise nach § 58 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG kraft Gesetzes vollziehbar ausreisepflichtig ist.

Vorbereitungshaft ist insbesondere zulässig, wenn die Ausweisung innerhalb von sechs Wochen nach Antritt der Haft verfügt und die Abschiebung in dieser Zeit durchgeführt werden kann. Die Abschiebung, die auf Grund der beabsichtigten Ausweisung vollzogen werden soll, muss außerdem rechtlich und tatsächlich möglich und ohne die Vorbereitungshaft wesentlich erschwert oder gefährdet sein. Ob wesentliche Erschwerung, Gefährdung oder Vereitelung der Abschiebung angenommen werden können, ist anhand konkreter Verdachtsmomente festzustellen. Im Haftantrag sind die hierfür maßgebenden Umstände anzugeben.

Die unmittelbar bevorstehende Entlassung der abzuschiebenden Person aus der Untersuchungshaft kann Anlass für die Beantragung von Vorbereitungshaft geben (vgl. Nr. 62.1 AVV BMI).

Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten (§ 62 Absatz 2 Satz 2 AufenthG). Sie darf nur ausnahmsweise darüber hinaus verlängert werden, wenn sich der Erlass aus besonderen, nicht vorhersehbaren Gründen verzögert. Gemäß Nr. 62.1.3 der AVV BMI ist eine längere Dauer z. B. denkbar, wenn der Erlass der Ausweisungsverfügung durch Umstände hinausgezögert wird, die von der abzuschiebenden Person zu vertreten sind. Ist die Überschreitung der regulären Höchstdauer von vornherein absehbar, kommt Vorbereitungshaft i. d. R. von Anfang an nicht in Betracht. Es wäre unverhältnismäßig, die Freiheitsentziehung sofort auf eine längere Dauer festzulegen (vgl. BGH, B. v. 09.02.2012 – V ZB 305/10).

6.7 Sicherungshaft

Bei der Sicherungshaft handelt es sich um eine Maßnahme zur Sicherung der Abschiebung. Sie stellt weder eine Strafhaft noch eine Beugemaßnahme oder eine Ersatzfreiheitsstrafe dar.

§ 62 Absatz 3 AufenthG regelt abschließend, aus welchen Gründen eine Ausländerin oder ein Ausländer zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen sind. Die Haft ist grundsätzlich erforderlich, wenn einer oder mehrere der genannten Haftgründe vorliegen. Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nr. 2 AufenthG kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn die abzuschiebende Person glaubhaft macht, dass sie sich der Abschiebung nicht entziehen will (§ 62 Absatz 3 Satz 2 AufenthG). Fluchtgefahr gem. § 62 Absatz 3 Nr. 1 AufenthG wird widerleglich vermutet, wenn ein Sachverhalt gem. § 62 Absatz 3a AufenthG vorliegt. Absatz 3b der Regelung zeigt Sachverhalte auf, die als konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen von Fluchtgefahr gewertet werden können.

Bei der Beantragung von Sicherungshaft ist zu berücksichtigen, dass § 62 Absatz 3 Satz 3 AufenthG eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips darstellt. Im Regelfall darf die Dauer von drei Monaten Haft nicht überschritten werden und eine Haftdauer von sechs Monaten (§ 62 Absatz 4 Satz 1 AufenthG) nicht ohne weiteres als verhältnismäßig angesehen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 14.04.2011 – V ZB 76/11). Die Verlängerung der Sicherungshaft um bis zu zwölf Monate ist zulässig, wenn es die abzuschiebende Person zu vertreten hat, dass die ZABH einen längeren Zeitraum für die Durchführung der Abschiebung benötigt (§ 62 Absatz 4 Satz 2 AufenthG), z. B. wenn die abzuschiebende Person ihren Pass vernichtet hat oder sich weigert, an der Beschaffung eines Passes mitzuwirken.

Sicherungshaft darf jedoch nicht beantragt werden, wenn von vornherein feststeht, dass die Abschiebung aus Gründen, die die Ausländerin oder der Ausländer nicht zu vertreten hat, innerhalb der nächsten drei Monate nicht durchgeführt werden kann (§ 62 Absatz 3 Satz 3 AufenthG). Dies kann der Fall sein, wenn eine Reiseunfähigkeit wegen stationärer Krankenhausbehandlung vorliegt.

Diese Regelungen erfordern eine Prognose, dass die Abschiebung innerhalb von drei Monaten durchgeführt werden kann. Hierzu sind dem Haftrichter konkrete Angaben zum Ablauf des Verfahrens und zu dem Zeitraum, in welchem die einzelnen Schritte unter normalen Bedingungen durchlaufen werden können, vorzulegen. Anzugeben ist, ob und innerhalb welchen Zeitraums Abschiebungen in das betreffende Land üblicherweise möglich sind, welchen Zeitraum beispielsweise eine Pass- oder Passersatzbeschaffung, die organisatorische Abwicklung, die Flugbuchung oder die erforderliche Durchführung eines Rückübernahmeverfahrens voraussichtlich in Anspruch nimmt, von welchen Voraussetzungen dies abhängt und ob diese im konkreten Fall vorliegen. Diese konkreten Angaben sind erforderlich, damit das Gericht in die Lage versetzt wird, eine eigene Prognoseentscheidung zu treffen. Eine derartige Prognose hat auch dann zu erfolgen, wenn die abzuschiebende Person eine ihr obliegende Mitwirkung verweigert hat. Liegt eine schuldhafte Mitwirkungsverweigerung vor, ist in die Prognose einzustellen, wie das weitere Verfahren bei einer pflichtmäßigen Mitwirkung der Ausländerin oder des Ausländers üblicherweise abgelaufen wäre. Verbleibt dann im Ergebnis der Prognose eine Ungewissheit, geht diese bei der erstmaligen Anordnung der Haft für drei Monate zu Lasten des Betroffenen (vgl. BGH – Beschluss vom 01.3.2012, V ZB 206/11).

Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

6.8 Mitwirkungshaft

Um die Identitätsklärung oder die Feststellung der Reisefähigkeit durch eine ärztliche Untersuchung zu ermöglichen, kann die betroffene Person höchstens für die Dauer von 14 Tagen gem. § 62 Absatz 6 AufenthG in Mitwirkungshaft genommen werden. Die Mitwirkungshaft ist als letztes Mittel nur zulässig, wenn bereits Mitwirkungspflichten, auf die die betroffene Person bereits hingewiesen wurde, verletzt wurden. Die Mitwirkungshaft dient ausschließlich der Durchsetzung von Anordnungen nach § 82 Absatz 4 Satz 1 AufenthG und darf nicht zu anderen Zwecken, wie beispielsweise der Sanktion, gebraucht werden. Für den Haftvollzug gelten die Vorschriften des § 62a AufenthG entsprechend.

6.9 Vorläufiger Gewahrsam ohne vorherige richterliche Anordnung zur Sicherstellung der Sicherungshaft

§ 62 Absatz 5 Satz 1 AufenthG sieht vor, dass die für den Haftantrag zuständige Behörde eine Ausländerin oder einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen kann, wenn die Voraussetzungen der Sicherungshaft (§ 62 Absatz 3 Satz 1 AufenthG) vorliegen, die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und der begründete Verdacht vorliegt, dass sich die Ausländerin oder der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will. Mit dieser Bestimmung soll die richterliche Vorführung zur Anordnung von Sicherungshaft von vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern sichergestellt werden. Die Voraussetzungen für eine Gewahrsamnahme nach § 62 Absatz 5 Satz 1 AufenthG liegen nämlich nicht vor, wenn eine vorherige richterliche Anordnung, ggf. im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 427 FamFG, eingeholt werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt jede Freiheitsentziehung und damit auch eine Gewahrsamnahme nach § 62 Absatz 5 Satz 1 AufenthG grundsätzlich eine vorherige richterliche Anordnung voraus. Eine nachträgliche richterliche Entscheidung ist nur dann zulässig, wenn der mit der Freiheitsentziehung verfolgte verfassungsrechtlich zulässige Zweck nicht erreichbar wäre, sofern der Festnahme die richterliche Entscheidung vorangehen müsste. In diesem Fall fordert Art. 104 Absatz 2 Satz 2 GG, dass die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen ist. Nach § 62 Absatz 5 Satz 2 AufenthG ist die abzuschiebende Person unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen. Damit sind konkret geplante Festnahmen nicht ohne vorherige Einschaltung eines Richters zulässig; § 62 Absatz 5 Satz 1 AufenthG ist in diesen Fällen nicht anwendbar.

Eine richterliche Anordnung zur vorläufigen Freiheitsentziehung ist dann entbehrlich, wenn die Inhaftnahme nicht planbar, der Aufenthalt der ausreisepflichtigen Person nicht bekannt oder sie in den polizeilichen Fahndungsregistern zur Festnahme ausgeschrieben ist und die Voraussetzungen des § 62 Absatz 5 AufenthG erfüllt sind.

6.10 Haft bzw. Gewahrsamsantrag

Im Hinblick auf die Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Absatz 1 GG) ist es regelmäßig erforderlich, dass der Haft- bzw. Gewahrsamsantrag der betroffenen Person rechtzeitig vor ihrer Anhörung in Kopie ausgehändigt und spätestens im Rahmen der Anhörung übersetzt wird (BGH - Beschluss vom 21.7.2011, V ZB 141/11). In Abstimmung mit den Gerichten veranlasst die ZABH die Vorführung so rechtzeitig, dass vor der Anhörung der Haft- bzw. Gewahrsamsantrag ausgehändigt und durch für die Anhörung regelmäßig hinzuzuziehende Dolmetscher übersetzt werden kann.

Bei der Beantragung einer Verlängerung der Abschiebungshaft soll die Akte der Ausländerin oder des Ausländers vorgelegt werden. Für die Zulässigkeit des Antrages gelten die Voraussetzungen für die erstmalige Anordnung nach § 425 Absatz 3, 417 Absatz 2 FamFG entsprechend. Es ist auszuführen, dass die maßgeblichen Gründe, die zur Anordnung der Haft geführt haben, weiterhin vorliegen und zusätzlich die Voraussetzungen für eine Verlängerung gegeben sind. Dieses setzt voraus, dass die Abschiebung aus Gründen, die die Ausländerin oder der Ausländer zu vertreten hat, nicht durchgeführt werden konnte. Im Verlängerungsantrag ist deshalb darzustellen,

  1. welche Maßnahmen bisher zur Vorbereitung der Abschiebung getroffen wurden (mit Datum und konkreter Bezeichnung),
  2. aus welchen Gründen die Abschiebung während der bisherigen Haftdauer nicht möglich war,
  3. wann mit der Abschiebung voraussichtlich zu rechnen ist und
  4. weshalb die Verlängerung der Haft noch verhältnismäßig ist.

Die ZABH prüft von Amts wegen in regelmäßigen Abständen, ob die rechtlichen Voraussetzungen der Abschiebungshaft noch vorliegen und vermerkt dies in den Akten. Der Vollzug der Abschiebungshaft ist von der ZABH unverzüglich bis zu einer Woche auszusetzen (§ 424 Absatz 1 Satz 3 FamFG) und die Aufhebung der Freiheitsentziehung unverzüglich zu beantragen, wenn die für deren Anordnung maßgebenden Gründe entfallen sind (§ 426 Absatz 2 FamFG). Dazu zählen beispielsweise der nachträgliche Wegfall des Haftgrundes, der Wegfall der vollziehbaren Ausreisepflicht oder die längerfristige oder dauerhafte Unmöglichkeit der Abschiebung.

Eine Verlängerung des Ausreisegewahrsams ist dagegen nicht möglich.

6.11 Fortbestehen der Haftanordnung bei Scheitern der Abschiebung

Nach § 62 Absatz 4a AufenthG bleibt die Anordnung der Sicherungshaft bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, wenn die Abschiebung gescheitert ist. Zu prüfen ist, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Haftanordnung weiter vorliegen.

6.12 Abschiebungshaftvollzug

Abschiebungshaft wird in Brandenburg grundsätzlich in der Abschiebungshafteinrichtung des Landes vollzogen, sofern eine solche in Betrieb ist. Ausreisegewahrsam wird ebenfalls in einer Landeseinrichtung vollzogen, sofern hierfür ausreichend landeseigene Plätze zur Verfügung stehen. Das Verfahren des Vollzuges regelt dann die Gewahrsamsordnung (GewahrsO) der jeweiligen Landeseinrichtung.

Stehen in Brandenburg keine Abschiebungshaft- oder Ausreisegewahrsamsplätze zur Verfügung, kann unter Inanspruchnahme von Amtshilfe ein Haft- oder Gewahrsamsplatz in den Einrichtungen der anderen Länder gesucht werden. Auf die Möglichkeit der Haftplatzsuche über das ZUR wird hingewiesen (Information Nr. 71/2017 vom 23.10.2017). Es gelten dann zusätzlich die entsprechenden Regelungen am Sitz der jeweiligen Einrichtungen. Für die Haftplatzsuche ist die ZABH zuständig.

Darüber hinaus ist sowohl für die Abschiebungshaft als auch für den Ausreisegewahrsam Folgendes zu beachten:

  1. Bei der Inhaftierung schutzbedürftiger Personen im Sinne des Art. 3 Nr. 9 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie) ist auf die spezielle Situation dieser Personen besondere Rücksicht zu nehmen. Auf die Ausführungen zu den milderen Mitteln unter Punkt 6.2 wird verwiesen. Steht kein milderes Mittel zur Verfügung, ist den altersgemäßen Bedürfnissen Minderjähriger in der Haft bzw. dem Gewahrsam angemessen Rechnung zu tragen.

    Es sind besondere Anstrengungen zu unternehmen, um Minderjährige aus der Haft zu entlassen und in ihrem Alter gemäßen Unterkünften unterzubringen. In Haft oder Gewahrsam befindliche Familien müssen eine gesonderte Unterbringung erhalten, die ein angemessenes Maß an Privatsphäre gewährleistet. Schwangere bzw. Mütter innerhalb der gesetzlichen Mutterschutzvorschriften (§ 3 MuSchG) sollen grundsätzlich nicht in Abschiebungshaft genommen werden (Nr. 62.0.5 AVV BMI). Bei Hinweisen zum Vorliegen einer Schwangerschaft ist die Gewahrsams- bzw. Haftfähigkeit in jedem Einzelfall durch eine ärztliche Untersuchung feststellen zu lassen. Bei Anhaltspunkten für eine Gewahrsams- bzw. Haftunfähigkeit zu Inhaftierender (z. B. schwere körperliche Erkrankungen, bei denen in der Haft- bzw. Gewahrsamseinrichtung keine adäquate Unterbringung und medizinische Versorgung sichergestellt werden kann, sowie psychische Störungen mit dem Risiko einer relevanten Eigen- oder Fremdgefährdung sowie Betäubungsmittelabhängigkeit mit Entzugsproblematiken oder Suizidalität) ist die Gewahrsams- bzw. Haftfähigkeit ebenfalls durch ärztliche Untersuchung festzustellen.
     
  2. Liegen Hinweise für eine gesundheitliche Beeinträchtigung (z. B. körperliche Erkrankungen, Behinderungen, psychische Störungen, Betäubungsmittelabhängigkeit) vor, so ist vor Stellung eines Haft- bzw. Gewahrsamsantrages eine Hafttauglichkeitsuntersuchung durch die ZABH zu veranlassen. Diese hat durch eine Ärztin oder einen Arzt mit entsprechender Qualifizierung zu erfolgen.
     
  3. Führt die gesundheitliche Beeinträchtigung nicht zur Gewahrsams- bzw. Haftunfähigkeit, zu einem zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbot oder einem innerstaatlichen Vollzugshindernis, ist die Gewahrsams- bzw. Abschiebungshafteinrichtung darüber zu unterrichten. Das Vorliegen des besonderen Ausnahmefalls ist im Gewahrsams- bzw. Haftantrag zu begründen. Insbesondere ist darzustellen, aus welchen Gründen Gewahrsam bzw. Abschiebungshaft geboten ist und weshalb mildere Mittel nicht zur Verfügung stehen.

7. Zuständigkeiten der Polizei im Rahmen von Abschiebungen

7.1 Vollzugshilfe

Die Polizei leistet grundsätzlich nach Anforderung der ZABH gem. § 50 BbgPolG Vollzugshilfe bei der Durchführung von Abschiebungen. Das Verfahren der Vollzugshilfe richtet sich nach § 51 BbgPolG. Das Formular „Vollzugshilfe gem. § 50 BbgPolG“ [Anlage 5] ist von der ZABH auszufüllen und an die Koordinierungsstelle für Rückführungen zu senden. Die ZABH weist die Polizei auf alle Sachverhalte hin, die für die erfolgreiche und sichere Durchführung der Maßnahme notwendig sind.

Plant die ZABH eine unbegleitete Rückführung, prüft sie sorgfältig, ob auf das Vollzugshilfeersuchen an die Landespolizei verzichtet werden kann. Ein Verzicht kommt insbesondere in den folgenden Fallkonstellationen in Frage:

  • Die Person ist seit mehr als drei Wochen unbekannten Aufenthaltes, so dass es unwahrscheinlich ist, dass sie am Tag der Rückführung an ihrer Meldeadresse angetroffen wird.
  • Die Person ist bisher nicht durch gewalttätige Handlungen aufgefallen, insbesondere ist sie nicht wegen Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit oder Bedrohung in Erscheinung getreten, so dass davon ausgegangen werden kann, dass unmittelbare Zwangsanwendung im Zuge der Abschiebung nicht notwendig wird.
  • Die Person hat in den vergangenen sechs Monaten bereits schriftlich oder durch einen Anwalt die Mitwirkung an der Ausreise verweigert.

Im letzten Fall soll eine begleitete Rückführung vorbereitet werden.

Im Interesse der polizeilichen Einsatzplanung stellt die ZABH das Vollzugshilfeersuchen so früh wie möglich. Eine spätere Stornierung des Vollzugshilfeersuchens ist für die Polizei weniger belastend, als die Durchführung einer zeitnahen Maßnahme und das damit verbundene Erfordernis, kurzfristig Personal zur Verfügung zu stellen.

Die Vollzugshilfe beinhaltet insbesondere

  • die Überstellung des Ausländers von dem von der ZABH angegebenen Ort zur Grenzbehörde (z. B. Grenzübergangsstelle oder Flughafen),
  • das Festhalten der ausreisepflichtigen Person während der Überstellung (freiheitsbeschränkende Maßnahme, die ihre Rechtsgrundlage in § 58 Absatz 4 AufenthG findet),
  • die Überstellung der ausreisepflichtigen Person zu Gerichtsterminen,
  • die Vorführung der ausreisepflichtigen Person bei der Auslandsvertretung zum Zweck der Ausstellung von Heimreisedokumenten,

7.2 Eigene Transportzuständigkeit der Polizei

In Anwendung des § 71 Absatz 5 AufenthG liegt die Zuständigkeit für die Durchführung von Abschiebungen, den Transport betreffend, bei den folgenden Personengruppen bei der Polizei:

  • Ausländerinnen und Ausländer, für die ein gerichtlicher Haftbeschluss (Abschiebungshaft) vorliegt.
  • Ausländerinnen und Ausländer, die aus der Strafhaft abgeschoben werden.
  • Intensivstraftäterinnen und Intensivstraftäter (Personen, die wiederholt strafrechtlich auffällig geworden sind (mindestens 5 Fälle pro Jahr – ohne Straftaten gegen das AufenthG bzw. AsylG) sowie Personen, die wegen der Begehung besonders schwerwiegender Gewalt- und Eigentumsdelikte aufgefallen sind.
  • Personen, gegen die eine Ausweisungsverfügung aufgrund der Ausweisungsinteressen des § 54 Absatz 1 und Absatz 2 Nr. 1-7 AufenthG oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG ergangen ist.
  • Personen, die die Sicherheitsbehörden als Gefährder oder relevante Personen eingestuft haben.
  • Vollziehbar ausreisepflichtige Personen, die von der Ausländerbehörde wegen Untertauchens zur Fahndung ausgeschrieben sind.

Diese polizeiliche Zuständigkeit betrifft allein die anfallenden Transporte (z. B. Verbringung zum jeweiligen Überstellungsort, zur Abschiebungshafteinrichtung und zu Gerichtsterminen). Ein Vollzugshilfeersuchen muss hierfür bei den oben genannten Personengruppen nicht gesondert gestellt werden. Dessen ungeachtet übermittelt die ZABH der Polizei alle für die Durchführung des Transports relevanten Informationen – auch zu dort vorliegenden Gefährdungserkenntnissen – rechtzeitig vorab.

Das weitere gemeinsame Vorgehen wird in Zusammenarbeit der beiden Stellen koordiniert. Mitarbeitende der ZABH begleiten den Transport nur, sofern dies, z. B. bei Ferntransporten, erforderlich ist, um ggf. Entscheidungen nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz zu treffen. Die Zuständigkeit für alle Maßnahmen, die nicht den Transport betreffen, verbleibt bei der ZABH. Sofern die Mitarbeitenden der ZABH den Transport nicht unmittelbar begleiten, müssen sie jedoch bei Beginn der Maßnahme sowie bei der Übergabe der Abzuschiebenden an die Bundespolizei oder andere zuständige in- oder ausländische Behörden anwesend sein. Scheitert die Übergabe, so ergreifen die Mitarbeitenden der ZABH die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung der Rückreise in die letzte Unterkunft oder veranlassen, sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen, Sicherungshaft oder andere geeignete Sicherungsmaßnahmen nach dem AufenthG.

7.3 Kosten der polizeilichen Vollzugshilfe

Das Polizeipräsidium zeigt den bei der Begleitung von Rückführungsmaßnahmen angefallenen Aufwand (gefahrene Kilometer und die Anzahl der eingesetzten Personen) gegenüber der ZABH an, damit diese die Kosten beim Kostenschuldner feststellen und einziehen kann. Können Rückführungskosten von einem Kostenschuldner nach § 66 AufenthG beigetrieben werden, ist der anteilige Betrag für die Vollzugshilfemaßnahme von der ZABH einzubehalten und an die Polizei zu überweisen.

8. Kosten der Abschiebung

8.1 Zuständigkeit der ZABH

Die ZABH ist zuständige Stelle, für die Feststellung und Einziehung der Kosten gegenüber dem Kostenschuldner nach § 66 AufenthG.

8.2. Kostenschuldner; Sicherheitsleistung

Die Kosten der Zurückschiebung oder Abschiebung sind gemäß § 66 Absatz 1 AufenthG von der abzuschiebenden Person zu tragen.

Neben der abzuschiebenden Person haften für die Kosten der Zurückschiebung oder Abschiebung die in § 66 Absatz 2 bis 4 AufenthG genannten Personen.

Die ZABH hat nach § 67 Absatz 3 Satz 1 AufenthG die Kosten der Vorbereitung und Durchführung der Rückführung bei den Kostenschuldnern nach § 66 AufenthG zu erheben.       

Von dem Kostenschuldner kann gemäß § 66 Absatz 5 AufenthG eine Sicherheitsleistung verlangt werden.

Vorhandene Barmittel des Ausländers, die die Höhe eines monatlichen Taschengeldes nach § 3 Absatz 1 AsylbLG übersteigen, können bei der Abschiebung durch die ZABH bis zur Höhe der voraussichtlich gemäß § 67 AufenthG zu erhebenden Kosten als Sicherheitsleistung gemäß § 66 Absatz 5 AufenthG eingezogen werden. Erfolgt die Einziehung am Flughafen, wird die Ermessensentscheidung in Abstimmung mit den anwesenden Beamten der Bundespolizei getroffen.

Als Sicherheitsleistung können auch verwertbare Sachwerte einbehalten werden. Hierbei handelt es sich im Regelfall um pfändbare bewegliche Sachen, deren Pfändung in einem angemessenen Verhältnis zu dem entstehenden Verwaltungsaufwand steht und deren Verwertung mit geringem Aufwand möglich scheint.

Auf die Unpfändbarkeit des Eingliederungsgeldes nach § 73 BbgJVollzG wird hingewiesen.

Die ZABH prüft, ob eine Inanspruchnahme der abgeschobenen Person oder Dritter (§§ 66 bis 68 AufenthG) in Betracht kommt, und erlässt im Einzelfall einen Leistungsbescheid. Die ZABH fordert hierbei auch Abschiebungskosten an. Abschiebungskosten, die weder durch die Ausländerin oder den Ausländer noch durch Dritte gedeckt sind, werden dokumentiert.

8.3 Umfang der Kostenhaftung gem. § 67 AufenthG

Der Umfang der Kostenhaftung ist in § 67 AufenthG geregelt. Die ZABH erhebt diese durch Leistungsbescheid in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten (§ 67 Absatz 3 AufenthG).

8.4 Kostenerstattung gegenüber der Ausländerbehörde

Die etwaigen bei der Ausländerbehörde entstehenden Personalkosten für die Kommunikation und Abstimmung mit der ZABH werden im Rahmen einer Fallpauschale erstattet (§ 44 Absatz 2 OBG). Für die Berechnung der Pauschale wird auf der Grundlage der Erfahrungen der ZABH mit Abschiebungen, die bisher in Amtshilfe für eine kommunale Ausländerbehörde durchgeführt worden sind, von einem Arbeitsaufwand von drei Stunden pro Abschiebungsfall ausgegangen. Dies berücksichtigt den Abstimmungsbedarf zwischen der ZABH und der jeweiligen Ausländerbehörde zur Aktenvollständigkeit, zum Aufenthalt der Person, zu Haft- Gewahrsams- und Ordnungsverfügungen, zu Abschiebungshindernissen, zur Passersatzpapierbeschaffung, zur Ausreisefähigkeit, zur Einsatzplanungsbesprechung, zum Abschiebungsvollzug und zur Fallnachbereitung. Das Stundenentgelt richtet sich nach der Entgeltgruppe 8, Stufe 6 TVöD-Tarifgebiet Ost. Die Fallpauschale wird den Ausländerbehörden unabhängig vom Erfolg der jeweiligen Rückführungsmaßnahme erstattet. Die Berechnung und Höhe der Fallpauschale unterliegt der unter Nr. 10 niedergeschriebenen Evaluation.

Fallen darüber hinaus ausnahmsweise bei der Ausländerbehörde erstattungsfähige Kosten gem. § 67 AufenthG an, so kann sie diese gegenüber der ZABH auf der Grundlage von § 44 Absatz 2 OBG geltend machen und erhält diese erstattet. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass gem. § 3 Nr. 6 AuslRZV grundsätzlich keine Zuständigkeit der Ausländerbehörde für die Vorbereitung und Durchführung von Abschiebungsmaßnahmen besteht. Aus diesem Grund ist die Notwendigkeit der kostenverursachenden Maßnahme gegenüber der ZABH zu begründen. Es gelten für die nachfolgenden Positionen die angegebenen Pauschalen. Sofern im Einzelfall höhere und notwendige Kosten als die nachfolgenden Sätze nachgewiesen werden, werden diese erstattet. Die Abrechnung der Ausländerbehörden gegenüber der ZABH erfolgt quartalsweise.

8.4.1 Beförderungskosten

  1. Öffentliche Verkehrsmittel
    Hierzu gehören Kosten durch Flug, Eisenbahn, Bus und andere öffentliche Verkehrsmittel. Diese Kosten sind in tatsächlicher Höhe erstattungsfähig und durch detaillierte Rechnung bzw. die Kopie des Tickets nachzuweisen.
     
  2. Dienstkraftfahrzeuge
    Grundlagen für die Erstattung der Kosten bei der Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen sind die bei der ZABH entstandenen und durch Kostenblätter nachgewiesenen bzw. mit Hilfe der Kapitalwertmethode/Barwertmethode (VV zu § 7 LHO) ermittelten Kosten. Werden mit einem Dienstfahrzeug Fahrten zum Zwecke der Ab- und Zurückschiebung durchgeführt, so werden folgende Entschädigungssätze erstattet:

    Pkw                               0,45 Euro/km
    Transporter                     0,58 Euro/km

    Voraussetzung für eine Erstattung ist die Vorlage der Ablichtung des Fahrtenbuches.
     
  3. Dienstleistungsunternehmen
    Bei Inanspruchnahme eines Dienstleistungsunternehmens werden als Höchstsatz für Personalkosten 20 Euro pro Stunde und 0, 65 Euro pro gefahrenen Kilometer erstattet. Diese Höchstsätze verstehen sich inklusive der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

    Die detaillierten Abrechnungen sind beizufügen.
    Die haushaltsrechtlichen Grundsätze sind bei der Auswahl und dem Einsatz des Dienstleistungsunternehmens zu beachten.

    Personalkosten, die nicht durch eine erforderliche amtliche Begleitung entstanden sind, sind nicht erstattungsfähig.

8.4.2 Dolmetscherkosten

Die Erstattung der Dolmetscherkosten erfolgt nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

Bei der Abrechnung der Dolmetscherkosten ist in geeigneter Form nachzuweisen, dass diese im Rahmen einer Anhörung gemäß § 28 Absatz 1 VwVfG angefallen sind. Weiterhin sind Kosten erstattungsfähig, welche für vorbereitende Maßnahmen einer Abschiebung entstehen (z. B. nochmalige Selbstangabe, Bestätigung der Reisefähigkeit durch einen Arzt) und Kosten für Maßnahmen, die den Abbruch einer Abschiebung verhindern, z. B. bei Renitenz der abzuschiebenden Person.

8.4.3 Kosten für Passpapiere

Auslagen für Passersatzpapiere und Passbilder werden in tatsächlicher Höhe erstattet, soweit sie keine Verwaltungsgebühren enthalten. Die Kostenerstattung erfolgt nach Vorlage entsprechender Belege.

8.4.4 Nicht erstattungsfähige Kosten

Nicht erstattungsfähig gem. § 44 Absatz 2 OBG sind die nachfolgend aufgeführten Kosten:

  1. Verwaltungsgebühren, die bei der Beschaffung von Passersatzpapieren anfallen (§ 8 Absatz 1 VwVfG). Diese Leistungen sind im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) erstattungsfähig. Im Übrigen werden Auslagen unter 35,00 Euro gemäß § 8 Absatz 1 Satz 2 VwVfG nicht erstattet.
  2. Kosten, die durch einen anderen Rechtsträger zu erstatten sind (z. B. Polizei, Bundespolizei oder Gerichte).
  3. Kosten der Heimunterbringung; dies sind Leistungen nach dem AsylbLG. Kostenträger ist das örtlich zuständige Sozialamt.
  4. Kosten für eine medizinische Betreuung; dies sind Leistungen nach dem AsylbLG. Kostenträger ist das örtlich zuständige Sozialamt.
  5. Kosten für Übergepäck der abzuschiebenden Person.

8.4.5 Kosten der Vollzugshilfe

Wird eine kostenpflichtige Maßnahme im Wege der Amtshilfe durchgeführt, erfolgt die Durchführung der Amtshilfe nach dem für die ersuchte Behörde geltenden Recht (§ 7 VwVfG). Nr. 7.3. bleibt unberührt.

Abschiebungskosten, die der Ausländerbehörde eines anderen Bundeslandes durch eine Abschiebung im Wege der Amtshilfe tatsächlich entstehen, sind dieser durch die ZABH auf Antrag nach Maßgabe des § 8 VwVfG zu erstatten. Stehen auf Grund einer von der Ausländerin oder dem Ausländer einbehaltenen Sicherheitsleistung ausreichende Mittel zur Verfügung oder ist ersichtlich, dass die Abschiebungskosten von der Ausländerin oder dem Ausländer oder einem anderen Kostenschuldner durch Leistungsbescheid erhoben werden können, sind der Ausländerbehörde des anderen Bundeslandes auch sonstige Abschiebungskosten nach § 67 Absatz 1 AufenthG zu erstatten (§ 8 Absatz 2 VwVfG).

Führt die ZABH eine Abschiebung im Wege der Amtshilfe für eine Behörde aus einem anderen Bundesland durch, beantragt sie bei der ersuchenden Behörde die Erstattung der Kosten entsprechend den vorstehenden Grundsätzen.

9. Statistik

Die ZABH erstellt im Auftrag des MIK eine Ausreisestatistik nach beigefügter [Anlage 6]. Die Ausländerbehörden berichten der ZABH bis zum 10. des Folgemonats in Form der ausgefüllten Anlage 7 über stattgefundene freiwillige Ausreisen.

10. Inkrafttreten

Diese Allgemeine Weisung tritt mit Bekanntgabe in Kraft. Gleichzeitig tritt der Erlass Nr. 12/2017 vom 19. Dezember 2017 außer Kraft.

Die Regelungen dieser Allgemeinen Weisung werden innerhalb von drei Jahren ab Inkrafttreten auf ihre Wirksamkeit evaluiert.