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Rundschreiben zur Erläuterung der Finanzierung von Fraktionen in Vertretungen kommunaler Körperschaften
Aufhebungsrunderlass 1/2019
Rundschreiben zur Erläuterung der Finanzierung von Fraktionen in Vertretungen kommunaler Körperschaften
Aufhebungsrunderlass 1/2019
vom 28. Mai 2019
Das Ministerium des Innern und für Kommunales hat zuletzt mit Runderlass 03/2013 Hinweise für eine rechtskonforme Gewährung von Zuwendungen für Fraktionen kommunaler Vertretungen gegeben.
Der Landtag Brandenburg hat die Landesregierung mit Beschluss vom 15. November 2018 aufgefordert, eine Überarbeitung des Runderlasses zur Fraktionsfinanzierung mit dem Ziel einer höheren Flexibilität des Einsatzes der Fraktionsmittel vorzunehmen und zudem in geeigneter Weise ausdrücklich die Möglichkeit zur Beschäftigung hauptamtlicher Mitarbeiter von Fraktionen insbesondere in den Kreistagen und kreisfreien Städten hervorzuheben (Drucksache 6/9895 (2. ND)- B).
Da die Hinweise des Ministeriums des Innern und für Kommunales im o. a. Runderlass im Wesentlichen auf die hierzu ergangene Rechtsprechung Bezug nehmen und diese stets zu beachten ist, ist der Bedarf für zusätzliche Hinweise in Form eines Runderlasses nicht mehr gegeben. Die folgenden Hinweise beschränken sich daher auf die Erläuterung der Rechtslage und berücksichtigen die hierzu ergangene neuere Rechtsprechung.
I
- Fraktionen sind Zusammenschlüsse von Mitgliedern einer Vertretungskörper- schaft, die nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck gebildet werden und auf gemeinsamen Grundanschauungen beruhen. Sie sind notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens und maßgebliche Faktoren der politischen Willensbildung. Ihre Bildung beruht auf der in Ausübung des freien Mandats getroffenen Entschei- dung der Abgeordneten (BVerfGE 84, 304). Als Gliederungen der Vertretung die- nen sie dazu, den Willensbildungsprozess in der Vertretung vorzubereiten und zu strukturieren und damit effektiver zu gestalten (BVerwG, Urt. v. 5. 7. 2012, NVwZ 2013, 442).
- Die Finanzierung der Fraktionsarbeit kann aus unterschiedlichen Quellen erfolgen. Insbesondere sind zu nennen:
- Finanzmittel der Partei bzw. Wählervereinigung,
- Spenden an die Partei mit entsprechender Zweckbindung für eine Fraktion,
- Umlagen der Fraktionsmitglieder und
- Zuwendungen aus kommunalen Haushaltsmitteln.
- Die kommunalhaushaltsrechtlichen Vorschriften des Landes Brandenburg enthalten keine Regelungen für die Gewährung oder den Nachweis über die Verwendung von Zuwendungen an Fraktionen aus kommunalen Haushaltsmitteln. Insoweit ist auf eine grundsätzlich mögliche Einschränkung der kommunalen Finanzhoheit verzichtet worden.
- Zuwendungen dürfen nur für Wahrnehmung von organschaftlichen Aufgaben der Fraktionen gewährt werden und unterliegen einer Zweckbindung. Zuwendungsfähig sind nur die tatsächlich geleisteten oder konkret beabsichtigten Aufendungen der Fraktion zur Koordinierung ihrer Arbeit in der Vertretung (keine fiktiven Beträge).
- Die für Zuwendungen erforderlichen Mittel sind im Haushaltsplan zu veranschlagen. Hierzu ist die "Verwaltungsvorschrift über die produktorientierte Gliederung der Haushaltspläne, die Kontierung der kommunalen Bilanzen und der Ergebnis- und Finanzhaushalte sowie über die Verwendung verbindlicher Muster zur Kommunalen Haushalts- und Kassenverordnung (VV Produkt- und Kontenrahmen)" vom 18. März 2008 (ABl. S. 939) zu beachten.
II
Fraktionszuwendungen sind zweckgebundene Zuwendungen. Sie dienen dazu, die sächlichen und personellen Aufwendungen der Fraktionen für ihre Geschäftsführung ganz oder teilweise zu decken und sind hierauf begrenzt (vgl. BVerfGE 80, 188 [231]). Hieraus folgt, dass Fraktionszuwendungen nicht zum Ersatz von Aufwendungen dienen dürfen, die dem einzelnen Mitglied der Vertretung entstehen und die bereits durch die persönliche Aufwandsentschädigung abgegolten sind (Verbot der Doppelentschädigung). Darüber hinaus dürfen sie nicht zu einer verfassungswidrigen verdeckten Parteienfinanzierung führen (vgl. BVerfGE 20, 56).
Zulässig ist auch die Beschäftigung von Fraktionsmitarbeitern, sofern dies mit Blick auf die Größe der Gebietskörperschaft und der mit ihr zusammenhängenden Komplexität der Aufgaben oder ggf. unter Berücksichtigung kommunalspezifischer Besonderheiten gerechtfertigt ist (siehe auch Schumacher u.a., Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, Stand: Dezember 2015, Rdnr. 11.6.3 zu § 32 BbgKVerf).
III
Zuwendungen dürfen kein Ersatz für Aufwendungen sein, die einzelnen Mitgliedern der Vertretung und ihrer Ausschüsse entstehen und bereits durch die persönliche Aufwandsentschädigung abgegolten sind.
Die Zuwendungen dürfen daneben den Parteien oder Wählergruppen nicht als verfassungswidrige verdeckte Parteienfinanzierung dienen. Dies gilt insbesondere auch für die Öffentlichkeitsarbeit, bei der zwischen der zulässigen Öffentlichkeitsarbeit für die Tätigkeit der Fraktion und der nicht zulässigen Öffentlichkeitsarbeit für eine Partei oder Wählergruppe zu trennen ist. Nach der insoweit übertragbaren
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Zuwendungen an Parlamentsfraktionen liegt ein entsprechender Missbrauch vor, wenn den Fraktionen Haushaltsmittel in einer Höhe zugewendet werden, die den Bedarf infolge der Fraktionsgeschäftsführung erkennbar übersteigen und damit zu einer „verschleierten Parteienfinanzierung führen (OVG Saarlouis, Urteil vom 17.09.2015 BeckRS 2015, 54651).
IV
Bei der Entscheidung der Vertretung, ob und in welcher Höhe den Fraktionen Zuwendungen gewährt werden, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die unter Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gebietskörperschaft und unter Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung zu treffen ist. Fraktionen haben keinen Anspruch auf Fraktionszuwendungen aus Haushaltsmitteln oder auf volle Erstattung ihrer Kosten. Vielmehr besteht ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Verteilung der für die Fraktionszuwendungen vorgesehenen Mittel auf die verschiedenen Fraktionen. Die Verteilung von Haushaltsmitteln für die Zuwendungen an Fraktionen ist am allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG in der besonderen Ausprägung als Grundsatz der Chancengleichheit zu bemessen. Fraktionszuwendungen wahren die Chancengleichheit der Fraktionen, wenn sie sich in dem beschriebenen Sinne nach ihrem gesetzlichen Zweck bemessen und hierauf beschränken (BVerwG a.a.O.).
Für die Verteilung der Mittel auf die einzelnen Fraktionen ist ein Maßstab zu wählen, der einerseits dem Bedarf gerecht wird, andererseits aber auch dem Gebot der Chancengleichheit Rechnung trägt. Dabei kann sich schon der Bedarf unterschiedlich darstellen: So werden Fraktionen, die neu in der Vertretung sind, eine Erstausstattung benötigen, über die andere bereits verfügen.
Bei der Bemessung der Fraktionszuwendungen hat sich in der Praxis - mit Blick auf den Grundsatz der Chancengleichheit - ein Kombinationsmodell bewährt, das neben einer Mindestausstattung für alle Fraktionen eine Differenzierung nach deren Größe im Einzelfall vorsieht (OVG Saarlouis a.a.O).
Die danach notwendige Differenzierung der Fraktionszuwendungen kann so aussehen, dass der Grundbetrag in einem für alle Fraktionen gleichen Sockelbetrag zusammengefasst wird und daneben ein bestimmter Kopfbetrag pro Mitglied der Fraktion gezahlt wird.
V
Zu den Grundsätzen einer geordneten Haushaltswirtschaft gehört die Prüfung der zweckentsprechenden Mittelverwendung, insbesondere dann, wenn die Haushaltsmittel den Fraktionen zur Selbstbewirtschaftung zugewiesen werden.
- Festzustellen ist, ob die Mittel bestimmungsgemäß für die zulässigen Zwecke und nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung verwendet worden sind.
- Als örtliche Kontrollinstanz kann der Hauptverwaltungsbeamte bestimmt werden, der die Prüfung selbst oder durch Mitarbeiter vornimmt, die nicht dem Rechnungsprüfungsamt angehören. Weder der Rechnungsprüfungsausschuss noch das Rechnungsprüfungsamt sind einzuschalten, da diese der Vertretung unterstehen und verhindert werden soll, dass sich die Fraktionen selbst oder gegenseitig kontrollieren.
- Werden Verstöße festgestellt, sind die nicht oder nicht bestimmungsgemäß verwendeten Mittel zurückfordern oder mit künftigen Zuwendungen zu verrechnen.
- Die Übertragbarkeit von Fraktionszuwendungen richtet sich haushaltsrechtlich nach § 24 Abs. 1 KomHKV (für laufende Aufwendungen) bzw. nach § 24 Abs. 2 KomHKV (für investive Auszahlungen).
VI
Im Fall einer Rückforderung von gewährten Mitteln oder Sachleistungen ist zu beachten, dass eine Fraktion nur bis zu ihrer Auflösung existiert. Spätestens mit dem Ablauf des kommunalen Mandats ihrer Mitglieder; also mit dem Zusammentritt einer neuen Vertretung ist eine Fraktion nicht mehr existent. Die Bildung einer neuen Fraktion unter identischem Namen hat darauf keinen Einfluss, denn diese Fraktion beruht auf einem neuen Vertrag ihrer Mitglieder zu deren Bildung.
Für eine Liquidationsangelegenheit ist eine Fraktion sowohl nach ihrer Auflösung als auch nach Ablauf der Wahlperiode der kommunalen Vertretung als fortbeste- hend anzusehen. Die Gewährung und Rückforderung von Zuwendungen an Fraktionen in einer kommunalen Vertretung erfolgt mangels Außenwirkung nicht durch Verwaltungsakt; diesbezügliche Rechtsstreitigkeiten sind im Kommunalverfas- sungsstreitverfahren auszutragen. Die Geltendmachung eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs wegen nicht verausgabter oder nicht bestimmungsgemäß verwendeter Zuwendungen genügt nur dann den kommunalverfassungsrechtlichen Anforderungen, wenn ihr ein Beschluss der Vertretung zugrunde liegt. (VG Hannover, Urteil vom 13.12.2017, BeckRS 2017, 137561).
Zu der Frage der Haftung der - ehemaligen - Fraktionsmitglieder ist anzumerken, dass diese nach der wohl vorherrschenden Meinung im Ergebnis ausgeschlossen ist und für Verbindlichkeiten einer Fraktion diese grundsätzlich mit ihrem Vermögen haftet (vgl. nur LAG Hamm, Urteil vom 12.12.2002, 1 (11) Sa 1813/01 unter Verweis auf OLG Schleswig vom 03.05.1995, 15 U 16/94 - juris).
Für das Land Brandenburg ist keine Rechtsprechung zur Fraktionsfinanzierung bekannt.
VII
Der Runderlass Nr. 03/2013 vom 4. Dezember 2013 wird mit sofortiger Wirkung aufgehoben.