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Anrechnung von Körperschaftsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) (i. V. m. § 49 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG)) auf die Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer der Anteilseigner
Höhe der anzurechnenden KSt (9/17 oder 3/7) in den VZ 1993 und 1994

Anrechnung von Körperschaftsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) (i. V. m. § 49 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG)) auf die Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer der Anteilseigner
Höhe der anzurechnenden KSt (9/17 oder 3/7) in den VZ 1993 und 1994

vom 6. August 1998

Außer Kraft getreten

Ab Veranlagungszeitraum (VZ) 1994 ist die Ausschüttungsbelastung nach § 27 Abs. 1 KStG von vorher 36 v. H. auf 30 v. H. abgesenkt worden. Entsprechend beträgt die anrechenbare KSt nicht mehr 9/16, sondern 3/7 der Leistungen/Einnahmen, die zur Anrechnung von KSt berechtigen (§§ 36 Abs. 2 Nr. 3, 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Bei Überprüfungen ist in Einzelfällen festgestellt worden, dass in der Übergangsphase fehlerhafte Bescheinigungen (Ausweis von 9/16 statt 3/7) ausgestellt worden sind.

Fälle mit Ausschüttungen in den Jahren 1993 und 1994 sind deshalb nach Maßgabe der folgenden Ausführungen zu überprüfen.

1. Allgemeine Grundsätze

1.1 Ebene der Anteilseigner

Schüttet eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft (AG, GmbH, KGaA) oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft - offen und/oder verdeckt - Gewinn an ihre Anteilseigner aus, so haben die Anteilseigner die Gewinnausschüttung(en) als Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG (i. V. m. § 7 Abs. 1 und 2 , § 8 Abs. 1 KStG) zu versteuern.

Nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG (i. V. m. § 49 Abs. 1 KStG) ist die KSt der ausschüttenden Körperschaft auf die Einkommensteuer/Körperschaftsteuer (im folgenden nur Einkommensteuer) des Anteilseigners anzurechnen, sofern

die Bescheinigung i. S. d. §§ 44 - 46 KStG vorliegt (§ 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe b EStG; die Bescheinigung ist materiell-rechtliche Voraussetzung für die Anrechnung) und
kein Ausschlussgrund zur Anrechnung der KSt nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG gegeben ist.

Nach dem Grundprinzip des KSt-Anrechnungsverfahrens steht die anrechenbare KSt stets in einem festen Verhältnis zur Höhe der Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG. Sie beträgt grundsätzlich 3/7 (bis VZ 1993: 9/16) dieser Einnahmen, soweit diese nicht aus Ausschüttungen stammen, für die Eigenkapital i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 1 KStG (= EK 01) als verwendet gilt (§ 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG); Ausschüttungen, für die Eigenkapital i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG (= EK 04) als verwendet gilt, führen nicht zu Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Die anzurechnende KSt (i. S.  v. angerechneter KSt; vgl. R 213g Abs. 2 EStR 1993/1996) ist (zusätzlich) als Einnahme i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu erfassen (vgl. R 154 Abs. 2 EStR 1993/1996).

Wegen der zeitlich zutreffenden Berücksichtigung von Gewinnausschüttungen sind die allgemeinen steuerlichen Grundsätze zu beachten, je nachdem ob die Beteiligung im Betriebsvermögen (BV) oder im Privatvermögen (PV) gehalten wird. Danach gilt:

Beteiligung im BV: Erfolgswirksame Erfassung des Anspruches auf die Gewinnausschüttung im Zeitpunkt der Beschlussfassung über dieselbe.

(→ Hinweis: Besonderheiten bestehen in Fällen der sogenannten phasengleichen Erfassung von Dividenden bei im BV gehaltenen Mehrheitsbeteiligungen.)

Beteiligung im PV: Hinweis auf H 154 (Zuflusszeitpunkt bei Gewinnausschüttungen) EstH 1993 bis 1996.

Die anzurechnende KSt ist in demselben VZ (und bei derselben Einkunftsart) zu berücksichtigen, in dem (bzw. bei der) auch die der Anrechnung zugrunde liegenden Einnahmen zu erfassen sind (vgl. R 154 Abs. 2 Satz 1 EStR 1993, 1996; [a. n. v.] BFH, Urteil vom 26.11.1997, I R 110/97, BFH/NV 1998, S. 581).

1.2 Ebene der ausschüttenden Körperschaft

Eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft hat im Fall einer offenen und/oder verdeckten Gewinnausschüttung nach § 27 Abs. 1 KStG die Ausschüttungsbelastung herzustellen. Diese beträgt 30 v. H. (bis 1993: 36 v. H.) und hat - je nach Tarifbelastung - eine KSt-Minderung und/oder KSt-Erhöhung zur Folge.

1.3 Rechtslage bis VZ 1993/Änderung der Rechtslage ab VZ 1994

Auf der Ebene der (ausschüttenden) Körperschaft betrug nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des Standortsicherungsgesetzes - StandOG - vom 13.09.1993 (BStBl I 1993, S. 774) die Ausschüttungsbelastung 36 v. H. Durch das StandOG ist dieser Satz auf 30 v. H. abgesenkt worden.

Für die Ebene der Anteilseigner ist korrespondierend in § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG der Betrag, mit dem die KSt auf die Einkommensteuer anzurechnen ist, von 9/16 (der Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG) auf 3/7 herabgesetzt worden (§ 52 Abs. 25 a EStG i. d. F. StandOG).

Durch das Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz - StMBG - vom 21.12.1993, (BStBl I 1994, S. 50) ist § 54 Abs. 10 a KStG neu gefasst und in Satz 2 eine Übergangsregelung eingeführt worden, nach der (nur !) die ausschüttende Körperschaft für Ausschüttungen (und sonstige Leistungen) ein Wahlrecht hinsichtlich des Steuersatzes von 36 v. H. bzw. 30 v. H. (Herstellung der Ausschüttungsbelastung) hatte bzw. haben sollte.

§ 54 Abs. 10 a KStG i. d. F. StMBG lautet:

 Die Vorschriften des Vierten Teils gelten erstmals

  1. für Ausschüttungen, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden  Gewinnverteilungsbeschluss für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr beruhen und die in dem ersten nach dem 31. Dezember 1993 endenden Wirtschaftsjahr erfolgen,
  2. für andere Ausschüttungen und sonstige Leistungen, die in dem letzten vor dem 1. Januar 1994 endenden Wirtschaftsjahr erfolgen.

Auf Antrag der ausschüttenden Körperschaft sind für alle Ausschüttungen und sonstigen Leistungen i. S. d. Satzes 1 Buchstabe a), die in dem ersten nach dem 31. Dezember 1993 endenden Wirtschaftsjahr erfolgen, sowie i. S. d. Satzes 1 Buchstabe b), die in dem letzten vor dem 1. Januar 1994 endenden Wirtschaftsjahr erfolgen, die Vorschriften des Vierten Teils in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. März 1991 (BGBl I 1991, S. 638), zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, S. 297), anzuwenden.

Nach der ab VZ 1994 geltenden gesetzlichen Neuregelung (§ 27 Abs. 1 KStG i. d. F. StMBG) ist für Ausschüttungen grundsätzlich die Tarifbelastung i. H. v. 30 v. H. herzustellen, wenn nicht die ausschüttende Körperschaft nach § 54 Abs. 10 a Satz 2 KStG die Anwendung des Steuersatzes von 36 v. H. beantragt.

Das Wahlrecht (- Ausschüttungsbelastung i. H. v. 36 v. H. anstelle 30 v. H.) ist (im Ergebnis) zeitlich auf die Jahre 1993 und 1994 begrenzt. Maßgebend ist dabei, in welchem Wirtschaftsjahr der ausschüttenden Körperschaft der Abfluss der Ausschüttungen erfolgt ist.

Für die Anrechnung auf der Ebene der Anteilseigner ist in § 52 Abs. 27 Satz 1 EStG i. d. F. StMBG eine korrespondierende Regelung betreffs § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG aufgenommen worden (9/16 oder 3/7 der betreffenden Einnahmen als Anrechnungsbetrag).

Für die VZ 1993 und 1994 verlangt das Gesetz für eine 3/7-Anrechnung ausdrücklich (auch) einen Ausweis der anrechenbaren KSt mit 3/7 (§ 52 Abs. 27 Satz 2 EStG i. d. F. StMBG).

§ 52 Abs. 27 EStG i. d. F. StMBG lautet:

§ 36 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 Satz 1 bis 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 13. September 1993 (BGBl I 1993, S. 1569) gelten erstmals

  1. für Ausschüttungen, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr beruhen und die in dem ersten nach dem 31. Dezember 1993 endenden Wirtschaftsjahr der ausschüttenden Körperschaft erfolgen, und
  2. für andere Ausschüttungen und sonstige Leistungen, die in dem letzten vor dem 1. Januar 1994 endenden Wirtschaftsjahr der ausschüttenden Körperschaft erfolgen.

Für die Veranlagungszeiträume 1993 und 1994 ist weitere Voraussetzung für die Anwendung des Satzes 1, dass eine Steuerbescheinigung vorliegt, die die nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 und 2 anrechenbare Körperschaftsteuer in Höhe von 3/7 sowie die Höhe der Leistung, für die der Teilbetrag i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 1 KStG als verwendet gilt, ausweist.

Die Auswirkungen der (geänderten) Herstellung der Ausschüttungsbelastung auf die zutreffende Bescheinigung nach §§ 44-46 KStG und die Anrechnung der KSt auf der Ebene der Anteilseigner stellen sich im Überblick wie folgt dar:

Nach § 54 Abs. 10 a Satz 1 KStG (allgemeine gesetzliche Anwendungsregelung)
Wirtschaftsjahr des Abflusses bei der Körperschaft1993 (Wj. = Kj.) bzw. 1992/1993 (abweichendes Wj.)1994 bzw. 1993/1994
offene Gewinnausschüttung (oGA) für abgelaufenes Wj. 9/16 3/7
verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)/Vorabausschüttung 3/7 3/7
Bei Ausübung des Wahlrechts (Antragstellung) nach § 54 Abs. 10 a Satz 2 KStG
Wirtschaftsjahr des Abflusses bei der Körperschaft1993 bzw. 1992/19931994 bzw. 1993/1994
oGA für abgelaufenes Wj. 9/16
(unverändert)
9/16
vGA/Vorabausschüttung 9/16 3/7
(unverändert)

Aus dem Schaubild zuist ersichtlich, dass das Wahlrecht (mit der Folge einer KSt-Anrechnung von 9/16 anstelle von 3/7) lediglich in folgenden Fällen ausgeübt werden konnte:

  1. oGA für abgelaufene Wj., die in dem ersten nach dem 31.12.1993 endenden Wj. (der ausschüttenden Körperschaft) erfolgen;
  2. andere Ausschüttungen (insbesondere vGA/Vorabausschüttungen), die in dem letzten vor dem 01.01.1994 endenden Wj. (der ausschüttenden Körperschaft) erfolgen.

2. Überprüfung wegen zutreffenden Herstellens der Ausschüttungsbelastung (§ 27 Abs. 1 KStG) und Ausstellens der Bescheinigung i. S. v. §44 KStG in 1993 und 1994

Die Überprüfung beginnt auf der Ebene der Anteilseigner ausgehend von der Anrechnung von KSt nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG (ggf. i. V. m. § 49 Abs. 1 KStG).

2.1 Ebene der Anteilseigner

Die Finanzämter erhalten für die VZ 1993 und 1994 zu Überprüfungszwecken Listen derjenigen Fälle, in denen bei der ESt- bzw. KSt-Veranlagung anrechenbare KSt i. H. v. mehr als 10.000 DM berücksichtigt wurden (- Kz. 26.34 bei der Einkommensteuer bzw. Kz. 19.30 bei der Körperschaftsteuer). Die Listen sind vom KSt-HSgebl an die VST, ggf. ANST weiterzuleiten.

Die VST/ANST haben die Fälle zunächst daraufhin durchzusehen, ob in den vorliegenden Bescheinigungen die anrechenbare KSt mit 9/16 der Leistungen, die zur Anrechnung von KSt berechtigen, ausgewiesen worden ist. Wurde die KSt mit 3/7 der Leistungen, die zur Anrechnung von KSt berechtigen, ausgewiesen, ist eine weitere Überprüfung nicht erforderlich.

→ Hinweis: Soweit die KSt-Anrechnung (auch) aufgrund einer ESt 4 B - Mitteilung erfolgte, ist die Information „Überprüfungsfall“ an das für den Erlass des Feststellungsbescheides zuständige Finanzamt weiterzuleiten, das seinerseits tätig wird.

Für die weitere Verfahrensweise sind zwei Hauptgruppen zu unterscheiden:

Die Bescheinigung wurde von einem Kreditinstitut/von einem Investmentfonds ausgestellt
eine weitere Überprüfung ist nicht erforderlich
Die Bescheinigung (Vordruck VE 8) wurde von der ausschüttenden Körperschaft selbst ausgestellt
der Fall ist wie folgt zu bearbeiten:

Dem für die Besteuerung der ausschüttenden Körperschaft zuständigen Finanzamt ist eine Kopie der Bescheinigung zu Kontrollzwecken zu übersenden; das Muster einer solchen Kontrollmitteilung ist als Anlage 1 beigefügt. ( Hinweis: Die Angaben über das zuständige Finanzamt müssen grundsätzlich in der Bescheinigung vorhanden sein. Ist die Anrechnung trotz fehlender Angaben erfolgt, muss das zuständige Finanzamt ermittelt werden, beispielsweise anhand der Anschrift der ausschüttenden Körperschaft oder durch - ggf. telefonische - Rückfrage beim Steuerpflichtigen).

Die Überprüfung ist

  1. in der Liste zu vermerken ( ESt 4 B: Fall mit ESt 4 B - Mittlg./Information weitergeleitet; oB: Überprüfung ohne Beanstandung; KM: Überprüfung/KM gefertigt) und
  2. in den Steuerakten (ESt-, KSt- bzw. F-Akte) in einfacher Form zu dokumentieren.

Unter Beachtung der Änderungs- und Berichtigungsvorschriften der AO ist eine Änderung der  Steuerfestsetzung und/oder der Anrechnungsverfügung (nur) dann vorzunehmen, wenn

durch den Steuerpflichtigen eine berichtigte Bescheinigung eingereicht wird (Hinweis: Diese muss als solche gekennzeichnet sein, § 44 Abs. 4 Satz 2 KStG)
oder  
der Aussteller der Bescheinigung das für den Empfänger (der Bescheinigung) zuständige Finanzamt benachrichtigt, dass die Bescheinigung berichtigt und die zurückgeforderte unzutreffende Bescheinigung nicht innerhalb eines Monats zurückgegeben wurde (§ 44 Abs. 4 Satz 3 KStG).

Wegen der Bindungswirkung der Bescheinigung i. S. d. § 44 KStG (für die Ebene des Anteilseigners) verweise ich ergänzend auf das BFH-Urteil vom 06.10.1993 (BFH, Urteil vom 06.10.1993, BStBl II 1994, S. 191.)

Hinweis: Erfolgt eine Änderung (der Bescheinigung), ist das für die Besteuerung der ausschüttenden Körperschaft zuständige Finanzamt unverzüglich zu benachrichtigen. Denn nach § 44 Abs. 5 Satz 3 KStG haftet der Aussteller der fehlerhaften Bescheinigung nicht (mehr), wenn er die ihm nach § 44 Abs. 4 KStG obliegenden Verpflichtungen (Rückforderung und Berichtigung der unrichtigen Bescheinigung; ggf. Benachrichtigung des für den Empfänger zuständigen Finanzamtes) erfüllt hat.

Die Bearbeitung der Listen hat Vorrang vor allen übrigen Arbeiten und ist (spätestens) bis zum 15.09.1998 abzuschließen. Die Liste ist von SBearb und Sgebl abzuzeichnen und an KSt-HSgebl zur Aufbewahrung (Frist: 31.12.1999) zu übergeben; vgl. auch Tz. 3.1.

2.2 Ebene der ausschüttenden Körperschaft

Geht eine Kontrollmitteilung bei dem für die Besteuerung der ausschüttenden Körperschaft zuständigen Finanzamt ein, ist wie folgt zu verfahren:

 Im ersten Schritt ist zu prüfen, ob die Angaben in der/den Bescheinigung(en) nach § 44 KStG zutreffend sind, insbesondere wegen der anrechenbaren KSt i. H. v. 9/16 „der Leistungen, die zur Anrechnung von Körperschaftsteuer berechtigen" (vgl. Vordruck VE 8). Der Ausweis der anrechenbaren KSt i. H. v. 9/16 kann aus folgenden Gründen zutreffend sein (vgl. Schaubilder und unter 1.3):

  • Die anrechenbare KSt i. H. v. 9/16 (korrespondierend mit einer Ausschüttungsbelastung nach § 27 Abs. 1 KStG i. H. v. 36 v. H.) entspricht bereits der (allgemeinen) Gesetzeslage nach § 54 Abs. 10 a Satz 1 KStG i. d. F. des StBMG.
Beispiel 1:

Eine GmbH (mit Wj. = Kj.) nimmt in 1993 eine oGA für Wj. 1992 (und/oder frühere Wj.) vor

⇒ Ausschüttungsbelastung ist i. H. v. 36 v. H. herzustellen;

⇒ KSt-Anrechnung von 9/16.

  • Der Ausweis der anrechenbaren KSt mit 9/16 ist - im Ergebnis - zutreffend, weil die ausschüttende Körperschaft den Antrag nach § 54 Abs. 10 a Satz 2 KStG gestellt hat (vgl. Kurzinformation auf dem Gebiet der Ertragsteuern vom 02.02.1998, Ausgabe 09/98).
Beispiel 2:

Eine GmbH (mit Wj. = Kj.) nimmt in 1993 eine Vorabausschüttung für das Wj. 1993 vor; Antrag nach § 54 Abs. 10 a Satz 2 KStG ist gestellt:

⇒ Ausschüttungsbelastung wäre nach § 54 Abs. 10 a Satz 1 Buchstabe b) KStG (grundsätzlich) i. H. v. 30 v. H. herzustellen, aber aufgrund des Antrages nach § 54 Abs. 10 a Satz 2 KStG ist die Ausschüttungsbelastung i. H. v. 36 v. H. herzustellen;

⇒ KSt-Anrechnung von 9/16 (§ 52 Abs. 27 Satz 2 EStG i. d. F. StMBG).

Es muss deshalb zunächst geprüft werden, ob bei der seinerzeitigen KSt-Veranlagung ein Antrag vorlag und zutreffend berücksichtigt worden ist (vgl. Ausführungen in der Kurzinformation vom 02.02.1998).

Folgende Varianten sind dabei möglich und zu unterscheiden:

  1. Die (bereits erfolgte) Antragstellung wurde bisher nicht zutreffend berücksichtigt, eine Berichtigung des KSt-Bescheides nach den Berichtigungsvorschriften der AO ist (noch) zulässig
    der KSt-Bescheid ist umgehend zu ändern.
  2. Die (erfolgte) Antragstellung wurde bisher nicht zutreffend berücksichtigt, eine Berichtigung des KSt-Bescheides nach den Berichtigungsvorschriften der AO ist jedoch nicht mehr zulässig
    das Ergebnis der Prüfung ist in den Steuerakten kurz zu dokumentieren (durch SBearb und Sgebl), eine weitere Bearbeitung erfolgt dann nicht mehr.

Ergibt die Prüfung, dass der Ausweis von 9/16 in der Bescheinigung zutreffend ist, ist die Prüfung und deren Ergebnis aktenkundig festzuhalten ( Ende der Bearbeitung). Ist der Ausweis in der Bescheinigung fehlerhaft, ist weiter nachzu verfahren.

Erweist sich die Bescheinigung als fehlerhaft, ist die ausschüttende Körperschaft anzuschreiben und - unter Fristsetzung von 3 Wochen - auf folgendes hinzuweisen (ein Muster für das Anschreiben ist als Anlage 2 beigefügt):

Die ausgestellte Bescheinigung (ausgewiesene anrechenbare KSt i. H. v. 9/16) entspricht nicht der allgemeinen gesetzlichen Anwendungsregelung des 54 Abs. 10 a Satz 1 KStG (Bescheinigung der anrechenbaren KSt mit 3/7, § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KStG) und ist unzutreffend. Folge:

  • Der Aussteller (einer unzutreffenden Bescheinigung) ist verpflichtet, diese zurückzufordern und durch eine berichtigte Bescheinigung zu ersetzen; die berichtigte Bescheinigung ist als solche zu kennzeichnen (§ 44 Abs. 4 Sätze 1, 2 KStG).
  • Wird die Bescheinigung nicht innerhalb eines Monats an den Aussteller zurückgegeben, hat dieser das nach seinen Unterlagen für den Empfänger (der Bescheinigung) zuständige Finanzamt schriftlich zu benachrichtigen (§ 44 Abs. 4 Satz 3 KStG).
  • Nach § 44 Abs. 5 Satz 1 KStG haftet der Aussteller der unzutreffenden Bescheinigung für die beim Empfänger (i. d. R. Anteilseigner; § 20 Abs. 2a EStG) aufgrund der Bescheinigung verkürzten Steuern oder zu Unrecht gewährten Steuervorteile (- Hinweis: Die Haftung setzt grundsätzlich kein Verschulden/keine grobe Fahrlässigkeit des Ausstellers voraus).
  • Die Haftung ist jedoch ausgeschlossen, 1. wenn der Aussteller die ihm bei Erkennen der unrichtigen Bescheinigung obliegenden Verpflichtungen (Berichtigung und Rückforderung der Bescheinigung etc.) erfüllt hat oder 2. wenn die ausschüttende Körperschaft (Aussteller der Bescheinigung) das Wahlrecht nach § 54 Abs. 10 a Satz 2 KStG nachträglich ausübt. Der Antrag nach § 54 Abs. 10 a Satz 2 KStG hat zur Folge:
    • Die Ausschüttungsbelastung ist i. H. v. 36 v. H. herzustellen.
    • Der KSt-Bescheid ist bis Eintritt der Verjährung zu ändern (nach § 164 Abs. 2 AO, wenn die Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, und/oder nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 a AO).
    • Die Bescheinigung entspricht nunmehr der gesetzlichen Bestimmung des § 44 Abs. 1 Nr. 4 KStG; eine Rückforderung und Berichtigung der Bescheinigung nach § 44 Abs. 4 Satz 1 KStG ist nicht erforderlich.
    • Eine Haftung nach § 44 Abs. 5 KStG entfällt.

Je nach Reaktion auf das Anschreiben sind folgende Fallgestaltungen möglich:

  1. Antragstellung nach § 54 Abs. 10 a Satz 2 KStG
    Wird das Wahlrecht ausgeübt, sind der KSt-Bescheid sowie die vEK-Feststellungsbescheide (§ 47 Abs. 1 KStG) nach § 164 Abs. 2 AO und/oder § 172 Abs. 1 Nr. 2 a AO) zu ändern. Folge: Die Bescheinigung entspricht nunmehr der gesetzlichen Bestimmung des § 44 Abs. 1 Nr. 4 KStG (- Ende der Bearbeitung).
  2. Keine Antragstellung nach § 54 Abs. 10 a Satz 2 KStG, aber Berichtigung/Rückforderung der unzutreffenden Bescheinigung (ggf. Benachrichtigung des für den Anteilseigner zuständigen Finanzamts) nach § 44 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 KStG
    Die Bescheinigung ist nunmehr zutreffend (- Ende der Bearbeitung).
  3. Keine Reaktion der ausschüttenden Körperschaft/des Ausstellers der Bescheinigung
    Erfolgt keine Reaktion der ausschüttenden Körperschaft, ist das Haftungsverfahren fortzuführen und über den Erlass eines Haftungsbescheids nach § 191 Abs. 1 AO i. V. m. § 44 Abs. 5 KStG zu entscheiden.
    Dann (Haftungsfall) müssen jedoch zunächst die tatsächlichen steuerlichen Auswirkungen aufgrund der unzutreffenden Bescheinigung beim Anteilseigner ermittelt werden.

    → Hinweis: Da die anrechenbare KSt zusätzlich als Einnahme i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu erfassen ist/war, führt(e) die unzutreffende Bescheinigung (9/16 anstelle von 3/7) insofern auch zu einer unzutreffenden Erfassung von (zu hohen) Einnahmen.

    Sollte ein Haftungsbescheid zu fertigen sein, kann hier ein Muster angefordert werden.

Die Bearbeitung und Auswertung eingehender Kontrollmitteilungen hat Vorrang vor allen übrigen Arbeiten. Sie ist nach beiliegendem Muster Anlage 3 zu dokumentieren ( Ablage in der KSt-Akte).

Im Hinblick auf die drohende Festsetzungsverjährung (für die Änderung/KSt-Bescheid: § 169 AO; für den Erlaß eines Haftungsbescheides: § 191 Abs. 3 AO) sind die Arbeiten bis zum 31.11.1998 abzuschließen. Konnte bis dahin keine Klärung erfolgen, ist zur Sicherung des Haftungsanspruchs - ohne weiteren Zeitverzug - ein Haftungsbescheid zu erlassen.

3. Ergebnismeldung

3.1 Ebene der Anteilseigner

Über den Abschluss/das Ergebnis der unter Tz. 2.1 genannten Arbeiten hat eine gesonderte Meldung nicht zu erfolgen.

3.2 Ebene der ausschüttenden Körperschaft

Das Ergebnis der Überprüfung zu Tz. 2.2 ist mir nach Muster Anlage 4 mitzuteilen. Die Abschlussmeldung durch KSt-HSgebl erbitte ich bis zum 10.01.1999. Über auftretende Zweifelsfragen und Schwierigkeiten bitte ich mich unverzüglich - ggf. telefonisch - zu unterrichten.

Anlagen