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Vollzugshinweise zur Zuordnung von Abfällen zu den Abfallarten eines Spiegeleintrages in der Abfallverzeichnis-Verordnung

Vollzugshinweise zur Zuordnung von Abfällen zu den Abfallarten eines Spiegeleintrages in der Abfallverzeichnis-Verordnung
vom 2. Juli 2020
(ABl./20, [Nr. 31], S.699)

Außer Kraft getreten durch Erlass des MLUK vom 1. März 2023
(ABl./23, [Nr. 13], S.243)

Diese Vollzugshinweise sind zur Zuordnung von Abfällen zu den Abfallarten eines Spiegeleintrages gemäß Abfallverzeichnis-Verordnung anzuwenden und dienen damit der Bestimmung der Gefährlichkeit von Abfällen. Sie sind inhaltsgleich zwischen den obersten Abfallwirtschaftsbehörden der Länder Berlin und Brandenburg abgestimmt.

Gliederung

1 Grundlagen

2 Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten

3 Vorgehensweise
3.1 Zuordnung auf Grund gefahrstoffrechtlicher Einstufung
3.2 Zuordnung auf Grund von Vollzugserfahrungen
3.3 Zuordnung nach Ergebnissen analytischer Untersuchungen

4 Probenahme- und Analysenverfahren

5 Inkrafttreten, Außerkrafttreten von Vorschriften

Anlagen

I. Rechtsgrundlagen und Quellen

II. Gefahrenrelevante Eigenschaften der Abfälle und diesbezügliche Konzentrationsgrenzen

III. Tabelle 1 Liste der Spiegeleinträge

Tabelle 2 Herkunftsspezifische Zuordnungshinweise

IV. Tabelle 1 Schwellenwerte für Schadstoffgehalte in der Originalsubstanz

Tabelle 2 Schwellenwerte für Schadstoffgehalte im Eluat

Tabelle 3.1  Schwellenwerte für Parameter, die aus der EU-POP-VO resultieren (in der Originalsubstanz) und unter Nummer 2.2.3 der Einleitung der Anlage zur AVV fallen

Tabelle 3.2 Schwellenwerte für Parameter, die aus der EU-POP-VO resultieren (in der
Originalsubstanz) und nicht unter Nummer 2.2.3 der Einleitung der Anlage zur AVV fallen

Tabelle 4 Schwellenwerte für die mineralischen Abfälle Boden und Bauschutt

V. Probenahme- und Analysenverfahren

1 Grundlagen

Im Jahre 2000 und nachfolgend wurde mit der Entscheidung der Europäischen Kommission 2000/532/EG über ein Abfallverzeichnis und der deutschen Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) der europarechtlich harmonisierte Abfallkatalog eingeführt beziehungsweise überarbeitet. In 20 herkunfts- beziehungsweise entstehungsprozessspezifischen Kapiteln werden 842 Abfallschlüssel aufgeführt. Darunter sind etwa 400 paarweise Abfallarten (das heißt etwa 200 Paare, sogenannte Spiegeleinträge) zu finden, die sich nur durch den Hinweis auf im Abfall enthaltene gefährliche Stoffe unterscheiden.

Zur Unterscheidung zwischen gefährlichen und nicht gefährlichen Abfällen wird in der Abfallverzeichnis-Verordnung auf 15 gefahrenrelevante Eigenschaften verwiesen, die zur Bewertung herangezogen werden und die ihren Ursprung im Gefahrstoffrecht haben.

Im Rahmen eines bundesweiten Erfahrungsaustausches der Abfallbehörden unter Beteiligung der Länder Brandenburg und Berlin zur Harmonisierung des Vollzugs der AVV wurden „Technische Hinweise zur Einstufung von Abfällen nach ihrer Gefährlichkeit“ erarbeitet. Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) hat die finale Fassung der Technischen Hinweise vom 4. Dezember 2018 in ihrer 112. Vollversammlung im Jahr 2019 zur Veröffentlichung freigegeben und den Ländern zur Anwendung empfohlen. Daher war zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Aktualisierung der bisherigen Fassung der „Vollzugshinweise zur Zuordnung von Abfällen zu den Abfallarten eines Spiegeleintrages in der Abfallverzeichnis-Verordnung“ erforderlich.

Die nachfolgenden Vollzugshinweise sind auf die in der Liste der Spiegeleinträge in Anlage III Tabelle 1 aufgeführten Abfallarten bis zum Vorliegen einheitlicher europa- oder bundesrechtlicher Regelungen anzuwenden.

Darüber hinaus können sie als Anhaltspunkt bei Entscheidungen über eine abweichende Einstufung von Abfällen nach § 3 Absatz 3 der Abfallverzeichnis-Verordnung herangezogen werden.

Die Abfallart mit dem Verweis auf gefährliche Stoffe ist als gefährlicher Abfall eingestuft. Die Abfallart ohne diesen Verweis ist als nicht gefährlicher Abfall eingestuft.

Bei den Spiegeleinträgen stellt dabei ein uneingeschränkter Verweis auf gefährliche Stoffe (nachfolgende Tabelle 1 Beispiel 1) den Regelfall dar, seltener wird auf eine Gruppe gefährlicher Stoffe verwiesen (Tabelle 1 Beispiel 2) und in Ausnahmefällen wird ein gefährlicher Stoff direkt benannt (Tabelle 1 Beispiel 3).

Beispiel Abfallschlüssel Abfallbezeichnung nach Abfallverzeichnis-Verordnung
1 17 05 07* Gleisschotter, der gefährliche Stoffe enthält
17 05 08 Gleisschotter mit Ausnahme desjenigen, der unter 17 05 07 fällt
2 10 12 11* Glasurabfälle, die Schwermetalle enthalten
10 12 12 Glasurabfälle mit Ausnahme derjenigen, die unter 10 12 11 fallen
3 17 03 01* kohlenteerhaltige Bitumengemische
17 03 02 Bitumengemische mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 03 01 fallen

Tabelle 1: Beispiele für Spiegeleinträge in den Abfallkatalogen

Praktische Bedeutung gewinnt die korrekte Zuordnung durch die damit verbundenen Rechtsfolgen. Hingewiesen sei hier beispielhaft auf die Nachweisführung (§ 50 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, §§ 2 ff. der Nachweisverordnung), Andienungspflichten (§ 3 der Sonderabfallentsorgungsverordnung - SAbfEV) und Überlassungspflichten.

Folgende Anmerkung soll den Ausführungen vorangestellt werden:

Für die Entscheidung, ob es sich um einen gefährlichen Abfall oder nicht handelt, und die Auswahl eines ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgungsweges sind häufig unterschiedliche Untersuchungen erforderlich. Zur Klärung des Entsorgungsweges sind die Zulassungsanforderungen der Anlage zu berücksichtigen, die gegebenenfalls zusätzliche Untersuchungen erfordern.

2 Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten

Die Zuordnung von Abfällen zu den Abfallarten der Abfallverzeichnis-Verordnung liegt in der Verantwortung des Erzeugers oder Besitzers von Abfällen (Abfallerzeuger).

Es wird darauf hingewiesen, dass der Abfallerzeuger für die Folgen einer möglichen Falschdeklaration haftet. Die vorsätzliche oder fahrlässige Einstufung eines gefährlichen Abfalls als nicht gefährlichen Abfall führt unter anderem zu Ordnungswidrigkeiten nach § 29 der Nachweisverordnung, wenn in diesem Zusammenhang erforderliche Nachweise nicht oder nicht ordnungsgemäß geführt werden.

Weiterhin zieht eine Falschdeklaration eines Abfalls eine Verletzung der Andienungspflichten nach den Sonderabfallentsorgungsverordnungen der Länder Berlin und Brandenburg nach sich und kann dementsprechend einen Bußgeldtatbestand verwirklichen (§ 12 Nummer 1 SAbfEV).

Es besteht außerdem das Risiko der Strafbarkeit nach § 326 des Strafgesetzbuches, wenn Abfälle, die die in den Nummern 1 bis 4 des § 326 StGB genannten Eigenschaften aufweisen, auf Grund der Falschdeklaration zum Beispiel außerhalb einer dafür zugelassenen Anlage oder unter wesentlicher Abweichung von einem vorgeschriebenen oder zugelassenen Verfahren behandelt, verwertet, gelagert, abgelagert, abgelassen, beseitigt, gehandelt, gemakelt oder sonst bewirtschaftet werden. Auch eine Strafbarkeit gemäß § 327 StGB kommt in Betracht, wenn beispielsweise die Entsorgungsanlage nicht für gefährliche Abfälle zugelassen ist.

Die Zuordnung von Abfällen zu den Abfallarten der Abfallverzeichnis-Verordnung durch den Abfallerzeuger unterliegt der allgemeinen Überwachung der zuständigen Abfallbehörden. Sie sollen - sofern sich im Rahmen der Überwachung Anhaltspunkte für eine falsche Zuordnung durch den Abfallerzeuger ergeben - die Richtigkeit der Zuordnung prüfen und gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen veranlassen. Dabei obliegt es dem Abfallerzeuger, die behördlichen Ansatzpunkte mit geeigneten Argumenten zu entkräften.

Ist im Rahmen der Überwachung eine behördliche Einstufung erforderlich, obliegt diese für Abfälle, die im Land Brandenburg angefallen sind, gemäß Nummer 1.23.2 der Anlage zu § 1 der Abfall- und Bodenschutz-Zuständigkeitsverordnung (AbfBodZV) in der Regel dem Landesamt für Umwelt (LfU) oder - für Abfälle, die der Bergaufsicht unterliegen - dem Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg (LBGR).

Soweit es sich bei dem zu beurteilenden Abfall um einen in der Abfallverzeichnis-Verordnung als Spiegeleintrag gelisteten Abfall handelt, hat die behördliche Einstufung des LfU/LBGR nach Beteiligung und im Einvernehmen mit der SBB Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin mbH zu erfolgen. Stellt eine Untere Abfallwirtschaftsbehörde außerhalb der Überwachung der Kleinmengenerzeuger den Verdacht einer Falschdeklaration fest, übergibt sie den Vorgang an das LfU/LBGR zur weiteren Veranlassung der erforderlichen Maßnahmen.

Die zuständige Behörde für die Einstufung der Abfälle, die im Land Berlin angefallen sind, ist die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, I B 2 (Telefon: 030 9025-2192, Telefax: 030 9025-2979).

Die SBB Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin mbH ist gemäß § 2 Absatz 3 der Sonderabfallentsorgungsverordnung des Landes Berlin sowie § 3 Absatz 1 der Sonderabfallentsorgungsverordnung des Landes Brandenburg befugt, festzustellen, ob Abfälle der Andienungspflicht unterliegen, und die Andienung zu verlangen. In diesem Zusammenhang kann auch die Vorlage von Prüfergebnissen durch den Abfallerzeuger gefordert werden, damit die erforderliche Nachprüfung der ordnungsgemäßen Einstufung von Abfällen vorgenommen werden kann.

3 Vorgehensweise

Die Zuordnung von Abfällen zu einer Abfallart eines Spiegeleintrages erfordert eine mehrstufige Vorgehensweise, die in einem Ablaufschema visualisiert werden kann (Bild 1).

Bild 1: Ablaufschema zur Zuordnung von Abfällen zu Abfallarten eines Spiegeleintrages

Ablaufschema zur Zuordnung von Abfällen zu Abfallarten eines Spiegeleintrages

Zunächst ist der Abfall einem Spiegeleintragspaar zuzuordnen. Zu diesem Zweck enthält Anlage III Tabelle 1 eine Auflistung aller Spiegeleinträge. Zur Vereinfachung der Handhabung wurden dabei

  • Mehrfach-Spiegeleinträge aufgelöst,
  • die beiden Abfallarten eines Spiegeleintrages direkt gegenübergestellt und
  • die Spiegeleinträge nach aufsteigenden Schlüsseln der Abfallarten sortiert.

Die Abfalleinstufung richtet sich nach den gefahrenrelevanten Eigenschaften von Abfällen (§ 1 Nummer 2, § 3 Absatz 2 und Nummer 2 der Einleitung zur Anlage zur Abfallverzeichnis-Verordnung). In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben kann die Ermittlung der Abfallart eines Spiegeleintrages nach drei gestuften unterschiedlichen Varianten erfolgen. Liegt eine gefahrstoffrechtliche Einstufung des Abfalls vor, sind zunächst diese Erkenntnisse zu verwenden (Kapitel 3.1). Andernfalls sind vorliegende Vollzugserfahrungen für den Abfall zu nutzen (Kapitel 3.2). Führt dieser Weg zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis, ist die Einstufung nach analytischen Untersuchungen vorzunehmen (Kapitel 3.3). Die drei Varianten stellen Vereinfachungen einer aufwändigen, aber möglichen grundlegenden Betrachtung eines Abfalls durch den Abfallerzeuger hinsichtlich der 15 gefährlichen Merkmale von Abfällen dar.

  • Zuordnung auf Grund gefahrstoffrechtlicher Einstufung (Kapitel 3.1)

    Abfälle unterliegen gefahrstoffrechtlichen Einstufungs- und gegebenenfalls Kennzeichnungspflichten. Damit kann festgehalten werden: Jeder Abfall, der unter Berücksichtigung gefahrstoffrechtlicher Merkmale seiner Bestandteile als gefährlicher Stoff oder gefährliches Gemisch zu bewerten ist, ist ein gefährlicher Abfall. Für die Zuordnung ausreichende gefahrstoffrechtliche Kenntnisse werden insbesondere für solche Abfälle vorliegen, die als Produkt entsprechend eingestuft waren.

  • Zuordnung auf Grund von Vollzugserfahrungen (Kapitel 3.2)

    Bei bestimmten Spiegeleinträgen liegen sehr umfangreiche Erfahrungen über Herkunfts- und Abfallspezifika vor. Anhand dieser Erfahrungen konnten entsprechende Zuordnungshinweise erarbeitet werden, die der Anlage III Tabelle 1 sowie 2 zu entnehmen sind.

    Für eine Reihe von Spiegeleinträgen liegen keine oder nicht ausreichende Erfahrungen vor, für diese Fälle kann die korrekte Zuordnung nicht mit dieser Variante erfolgen.

  • Zuordnung nach Ergebnissen analytischer Untersuchungen (Kapitel 3.3)

    Die Zuordnung kann auch nach den Ergebnissen analytischer Untersuchungen vorgenommen werden. Die diesbezüglichen Schwellenwerte sind dazu der Anlage IV Tabelle 1, 2, 3.1, 3.2 und 4 zu entnehmen.

Nach Prüfung des Abfalls entsprechend dem Stufenmodell der Kapitel 3.1, 3.2 und 3.3 erfolgt eine Aussage hinsichtlich des Vorliegens gefahrenrelevanter Eigenschaften für den konkreten Abfall. Soweit eine oder mehrere gefahrenrelevante Eigenschaften vorliegen, ist der Abfall der gefährlichen Abfallart des Spiegeleintrages zuzuordnen.

3.1 Zuordnung auf Grund gefahrstoffrechtlicher Einstufung

Das System zur Bewertung der Gefährlichkeit von Abfällen ist eng an das Gefahrstoffrecht angelehnt. Insofern erlauben ausreichende Kenntnisse über die gefahrstoffrechtliche Bewertung des zu Abfall gewordenen ehemaligen Produktes beziehungsweise über die gefahrstoffrechtliche Einstufung und Kennzeichnung des Abfalls die abschließende Zuordnung. Hier wird auf die Regelungen der TRGS 201 verwiesen.

Jeder Abfall, der auf Grund seiner Zusammensetzung nach dem Gefahrstoffrecht einzustufen und zu kennzeichnen ist, ist ein gefährlicher Abfall.

Die gefahrstoffrechtliche Einstufung hat nach aktuellen Erkenntnissen der Wissenschaft zu erfolgen, insbesondere ist die Selbstermittlungspflicht bei bislang nicht oder nicht vollständig nach dem Gefahrstoffrecht eingestuften Stoffen zu beachten, das betrifft beispielsweise sogenannte Altstoffe oder neue Stoffe/Gemische, die bislang noch nicht oder nicht vollständig eingestuft sind.

Liegt für den Abfall keine gefahrstoffrechtliche Einstufung aus der früheren Nutzung des Produktes vor, muss die Einstufung nach der Variante 3.2 oder 3.3 erfolgen. Eine Nichteinstufung entsprechend dem Gefahrstoffrecht führt nicht automatisch zu einer Einstufung als nicht gefährlicher Abfall.

Bild 2: Ablaufschema zur Zuordnung nach gefahrstoffrechtlicher Einstufung

Ablaufschema zur Zuordnung nach gefahrstoffrechtlicher Einstufung

3.2 Zuordnung auf Grund von Vollzugserfahrungen

Gemäß Nummer 3 der Einleitung in der Anlage der AVV (Abfallverzeichnis) erfolgt die Zuordnung von Abfällen zu den einzelnen Abfallarten nach der prozessartspezifischen Herkunft (Kapitel 01 bis 12 und 17 bis 20) beziehungsweise nach abfallspezifischen Kriterien (Kapitel 13 bis 16). Dieses Zuordnungssystem, die Abfälle entsprechend ihrer Herkunft zu gruppieren, greifen diese Vollzugshinweise auf und konkretisieren es für große Bereiche der Abfälle mit Spiegeleinträgen. Ausgehend vom allgemeinen fachlichen Erkenntnisstand werden generelle oder nach einzelnen Herkunfts- und Abfallspezifika differenzierte Regelvermutungen der einzelnen Abfälle benannt.

Dabei sind folgende Fälle zu unterscheiden:

  • Anlage III Tabelle 1 Spalte 4 enthält den weitergehenden Zuordnungshinweis „gefährlich“:

    Dies bedeutet, dass Abfälle, die diesem Spiegeleintrag zuzuordnen sind, in der Regel gefahrenrelevante Eigenschaften aufweisen und daher der gefährlichen Abfallart zuzuordnen sind.

  • Anlage III Tabelle 1 Spalte 4 enthält den weitergehenden Zuordnungshinweis „X“:

    Für diese Spiegeleinträge sind in Anlage III Tabelle 2 differenzierte Hinweise in Bezug auf Herkunft und Gebrauch des Abfalls aufgeführt. Danach lässt sich der Abfall entweder dem gefährlichen oder dem nicht gefährlichen Spiegelpartner zuordnen.

Findet sich in der Anlage III Tabelle 1 in Spalte 4 kein Eintrag, liegen dafür keine allgemeingültigen Erfahrungen vor. Somit kann der Abfall nach Variante 3.2 nicht beurteilt werden und es kann nur Variante 3.3 zur Anwendung kommen.

Bei Anwendung der Variante 3.2 ist zwar keine analytische Untersuchung des Abfalls erforderlich, jedoch für die nachfolgende Auswahl eines geeigneten Entsorgungsweges.

Soweit ein Abfallerzeuger entgegen der Regelvermutung für seinen Abfall die jeweils andere Abfallart des Spiegeleintrages in Anspruch nehmen will, ist dies in geeigneter Weise, insbesondere nach einer der beiden anderen Zuordnungsvarianten, zu belegen. Es sind nur die Einstufungen maßgeblich, die in Anlage III Tabelle 2 genannt werden. In diesem Sinne ist ein Umkehrschluss nicht zulässig.

Bild 3: Ablaufschema zur Zuordnung nach Vollzugserfahrungen

Ablaufschema zur Zuordnung nach Vollzugserfahrungen

3.3 Zuordnung nach Ergebnissen analytischer Untersuchungen

Mit den in der Abfallwirtschaft üblichen Analysenverfahren werden häufig Summenparameter (zum Beispiel MKW, LHKW) und Elemente (zum Beispiel Blei, Kupfer) analysiert. Ausgehend von relevanten abfalltypischen Schadstoffen und ihrer stoffrechtlichen Bewertung wurden daher Schwellenwerte abgeleitet, deren Überschreitung einen gravierenden Verdacht auf gefahrenrelevante Eigenschaften des Abfalls begründet.

Anlage IV Tabelle 1, 2, 3.1, 3.2 und 4 enthält eine Zusammenstellung solcher Schwellenwerte für übliche Parameter. Die 2019 getroffenen bundeseinheitlichen Festlegungen zu Schwellenwerten hinsichtlich der Gefährlichkeitseinstufung (siehe Kapitel 1) wurden entsprechend in die aktuelle Version dieser Vollzugshinweise übernommen. Nur vereinzelt wurden länderspezifisch ergänzende Regelungen getroffen. In den vorgenannten Tabellen sind neben den Schwellenwerten zusätzlich die gefahrenrelevanten Eigenschaften (HP-Kriterien) je Parameter aufgeführt. Diese beziehen sich auf das ausschlaggebende Gefahrenmerkmal der jeweils „gefährlichsten“ (worst case) Parameter-Verbindung, aus denen die Schwellenwerte zur Einstufung gefährlich/nicht gefährlich abgeleitet wurden. Führen bei einem Parameter mehrere gefahrenrelevante Merkmale zum gleichen Schwellenwert, werden entsprechend auch mehrere HP-Kriterien angegeben.

Für die Beurteilung müssen nicht in jedem Einzelfall alle angegebenen Parameter untersucht werden. Eine Verringerung des Untersuchungsumfanges ist mit der für die Einstufung zuständigen Behörde abzustimmen. Soweit dem Abfallerzeuger Hinweise auf weitere gefährliche Stoffe vorliegen, sind diese außerdem in die Untersuchung und Bewertung einzubeziehen. Genauso kann im Einzelfall bei konkreten Hinweisen auf weitere Kontaminationen von der zuständigen Behörde die Untersuchung zusätzlicher Parameter gefordert werden.

Zur Bewertung der Ergebnisse ist auch der Trockenmasse-Gehalt anzugeben.

Im Einzelnen ist entsprechend dem Schema nach Bild 4 wie folgt vorzugehen:

Bild 4: Ablaufschema zur Zuordnung nach Ergebnissen analytischer Untersuchungen

Ablaufschema zur Zuordnung nach Ergebnissen analytischer Untersuchungen

  • Wenn die analytisch ermittelten Konzentrationen im Abfall die Feststoff-Schwellenwerte aus Anlage IV Tabelle 1 überschreiten, weist der Abfall mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mindestens eine gefahrenrelevante Eigenschaft auf und ist daher der gefährlichen Abfallart zuzuordnen (Schritt 1).

  • Bei Unterschreitung der Feststoff-Schwellenwerte der Einzelparameter ist nachfolgend in Bezug auf die gefahrenrelevante Eigenschaft HP14 - ökotoxisch/bezogen auf die aquatische Umwelt zu prüfen, ob möglicherweise die Summation relevanter Parameter bezüglich 2.500 mg/kg überschritten wird.

  • Dazu sind die Feststoff-Konzentrationen des Abfalls für die mit „X“ in den Tabellen der Anlage IV gekennzeichneten Parameter, die den Berücksichtigungsgrenzwert1 von 1.000 mg/kg überschreiten, aufzusummieren und zu prüfen, ob 2.500 mg/kg überschritten werden. Bei Überschreitung der Summation ist der Abfall ebenfalls als gefährlich einzustufen (Schritt 2).

  • Wenn die analytisch ermittelten Konzentrationen im Abfall die Eluat-Schwellenwerte aus Anlage IV Tabelle 2 Spalte 2 nicht einhalten, weist der Abfall mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mindestens eine gefahrenrelevante Eigenschaft auf und ist daher der gefährlichen Abfallart zuzuordnen (Schritt 3).

  • Wenn Hinweise auf Verunreinigungen mit Schadstoffen, die in der EU-POP-Verordnung aufgeführt sind, vorliegen, sind diese entsprechend im Abfall zu untersuchen. Dazu sind zwei gesonderte Fälle zu betrachten:

    (1) Sogenannte „alte“ persistente organische Schadstoffe (POP): Schwellenwerte für Parameter, die aus der EU-POP-Verordnung resultieren (in der Originalsubstanz) und unter Nummer 2.2.3 der Einleitung der Anlage zur AVV fallen (Untere Konzentrationsgrenzwerte nach Anhang IV der EU-POP-Verordnung entsprechen den Schwellenwerten gefährlich/nicht gefährlich)

    (2) Sogenannte „neue“ persistente organische Schadstoffe (POP): Schwellenwerte für Parameter, die aus der EU-POP-Verordnung resultieren und nicht unter Nummer 2.2.3 der Einleitung der Anlage zur AVV fallen (Untere Konzentrationsgrenzwerte nach Anhang IV der EU-POP-Verordnung entsprechen nicht den Schwellenwerten gefährlich/nicht gefährlich)

    Erreichen oder überschreiten die Gehalte sogenannter „alter“ POP (obiger Fall 1) die Konzentrationsgrenzen in Anhang IV der EU-POP-Verordnung (siehe Anlage IV Tabelle 3.1 Spalte 2), so sind diese als gefährlich einzustufen (Schritt 4b).

    Erreichen oder überschreiten die Gehalte sogenannter „neuer“ POP (obiger Fall 2) die Konzentrationsgrenzen nach Anhang III der Abfall-Rahmen-RL (siehe Anlage IV Tabelle 3.2 Spalte 2), sind die Abfälle als gefährlich einzustufen (Schritt 4c).

  • In Bezug auf die gefahrenrelevante Eigenschaft HP14 - ökotoxisch/bezogen auf die terrestrische Umwelt ist zu prüfen, ob bei mineralischen Abfällen die Z2-Werte (Eluat und Feststoff) der LAGA-TR „Mineralische Abfälle“ eingehalten werden (Schritte 5a und 5b). Sofern das nicht der Fall ist, ist diese gefahrenrelevante Eigenschaft vorhanden - der Abfall ist als gefährlich einzustufen.

    Werden die Z2-Werte eingehalten, ist die gefahrenrelevante Eigenschaft HP14 - ökotoxisch/bezogen auf die terrestrische Umwelt nicht gegeben und der Abfall ist als nicht gefährlich anzusehen.

    Für die Abfallarten Boden und Bauschutt sind die dazu relevanten Schwellenwerte der Anlage IV Tabelle 4 zu entnehmen. Für die mineralischen Abfälle
    • Schlacken und Aschen aus Verbrennungsanlagen für Siedlungsabfälle (HMV),
    • Gießereisande,
    • Schlacken aus Eisen-, Stahl- und Tempergießereien und
    • Aschen und Schlacken aus steinkohlebefeuerten Kraftwerken, Heizkraftwerken und Heizwerken
    sind die Festlegungen zu Z2-Werten der LAGA-TR „Mineralische Abfälle“ (Stand 06.11.1997) zu beachten.

  • Da nicht alle gefahrenrelevanten Eigenschaften mit derartigen analytisch bestimmbaren Schwellenwerten untersetzt werden können, ist vor der Zuordnung des Abfalls zur nicht gefährlichen Abfallart des Spiegeleintrages vom Abfallerzeuger zusätzlich das Nichtvorliegen der verbal einzuschätzenden gefahrenrelevanten Eigenschaften (HP1, HP2, HP3, HP9, HP12, bei nicht-mineralischen Abfällen auch HP14 - ökotoxisch/bezogen auf die terrestrische Umwelt) darzulegen (Schritt 6).

Grundsätzlich gilt für die Bewertung der Analysenergebnisse Folgendes:

Soweit ein Abfallerzeuger nachweist, dass die analytisch ermittelte Konzentration auf ungefährliche Verbindungen/Stoffe des jeweiligen Parameters zurückzuführen ist, ist der Abfall der nicht gefährlichen Abfallart des Spiegeleintrages zuzuordnen.

Es ist zu belegen, welche ungefährliche Einzelverbindung oder welcher ungefährliche Stoff konkret vorliegt. Dies kann auf analytischem Wege oder mittels Argumentation erfolgen.

Ist der Nachweis weder analytisch noch argumentativ möglich, sind die Prüfmethoden aus der EG-Verordnung Nr. 440/2008 vom 30. Mai 2008 anzuwenden - beispielsweise für die gefahrenrelevante Eigenschaft

  • ökotoxisch/bezogen auf die aquatische Umwelt über die Methode C.2. (Daphnientest),
  • ökotoxisch/bezogen auf die terrestrische Umwelt über die Methode C.8. (Toxizität für Regenwürmer etc.) oder
  • ätzend/reizend über die Methode nach YOUNG (als Vortest) sowie über die Methode B.40 (TER-Test) oder B.40 bis (Test mit menschlichem Hautmodell).

Der MKW-Schwellenwert von 1.000 mg/kg ist nur anzuwenden, sofern auf Grund der Historie des Abfalls davon auszugehen ist, dass die MKW-Verbindungen karzinogene Inhaltsstoffe (beispielsweise Mineralöle aus alter Produktion, PAK-Verbindungen, Benzol) aufweisen. Davon ist zum Beispiel auszugehen, wenn die Abfälle aus Altlastensanierungsvorhaben stammen.

Andernfalls gilt der MKW-Schwellenwert von 2.500 mg/kg.

In die Bewertung des MKW-Gehaltes sind entsprechend der LAGA-Richtlinie „Bestimmung des Gehaltes an Kohlenwasserstoffen in Abfällen“ (KW/04) das Chromatogramm beziehungsweise das Beiblatt zur Ergebnisübermittlung einzubeziehen.

Abfälle mit sehr niedrigem oder sehr hohem pH-Wert sind als gefährlich einzustufen.

Bei pH-Werten von kleiner 5,5 sowie größer 13 weist der Abfall die gefahrenrelevante Eigenschaft HP15 („Abfall, der eine der oben genannten gefahrenrelevanten Eigenschaften entwickeln kann, die der ursprüngliche Abfall nicht unmittelbar aufweist“) auf.

Bei pH-Werten von kleiner/gleich 2 sowie größer/gleich 11,5 ist davon auszugehen, dass die gefahrenrelevante Eigenschaft HP8 - „ätzend“ oder HP4 - „reizend“ vorliegt (vgl. TRGS 2012 sowie CLP-Verordnung3). Das gilt auf Grund der nachgewiesenermaßen vorhandenen Pufferkapazität nicht für Bauschutt mit erhöhtem pH-Wert.

Somit ist bei Abfällen, die einen pH-Wert von kleiner 5,5 sowie größer/gleich 11,5 zeigen, davon auszugehen, dass diese als gefährlich einzustufen sind.

Bei der Einstufung von Abfällen, die Metalle in elementarer Form enthalten, ist Folgendes zu beachten: Eine Vielzahl von Metallen sind in elementarer Form als gefährlich eingestuft (zum Beispiel Quecksilber, Blei, Arsen, Cadmium, Nickel, Selen, Thallium, Zink etc.). Die Abfälle, die derartige Metalle in entsprechender Konzentration enthalten, können als nicht gefährlich eingestuft werden, wenn durch eine kompakte Form dieser Metalle keine physikalisch-chemische Gefahr besteht, keine Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt erfolgt.

4 Probenahme- und Analysenverfahren

Soweit nach diesen Vollzugshinweisen Probenahmen und Analysen durchzuführen sind, sind die in Anlage V genannten Vorgaben zu Probenahme- und Analysevorschriften einzuhalten. Eine Abweichung hiervon bedarf der vorherigen Bestätigung durch die zuständige Behörde.

5 Inkrafttreten, Außerkrafttreten von Vorschriften

Diese Vollzugshinweise treten für das Land Brandenburg am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft. Gleichzeitig tritt der Erlass „Vollzugshinweise zur Zuordnung von Abfällen zu den Abfallarten eines Spiegeleintrages in der Abbfallverzeichnis-Verordnung“ vom 8. April 2016 (ABl. S. 507) außer Kraft.


1 Der „Berücksichtigungsgrenzwert“ bezeichnet, gemäß Definition nach CLP-Verordnung, jenen Schwellenwert für eingestufte Verunreinigungen, Beimengungen oder einzelne Stoff- oder Gemischbestandteile (hier: Abfallbestandteile), bei dessen Überschreitung diese Verunreinigungen, Beimengungen oder Bestandteile bei der Ermittlung, ob der Stoff beziehungsweise das Gemisch (hier: der Abfall) eingestuft werden muss, zu berücksichtigen sind.

2 siehe Anhang 2, Kapitel 2.2.2 (Fassung vom 10.04.2018)

3 siehe Anhang I, Kapitel 3.2.2.2.5 (konsolidierte Fassung vom 01.12.2018)

Anlagen